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Veröffentlicht am 15.09.2016

Spannender Krimi mit einem ernsten Thema.

Apostelwasser
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Klappentext: „Eine Dreifachkreuzigung am Ufer der Ilz erschüttert ganz Passau. Ist es das Werk eines Irren? Kriminalhauptkommissar Kroner macht sich auf die Suche nach der Wahrheit. Doch jemand ist nicht ...

Klappentext: „Eine Dreifachkreuzigung am Ufer der Ilz erschüttert ganz Passau. Ist es das Werk eines Irren? Kriminalhauptkommissar Kroner macht sich auf die Suche nach der Wahrheit. Doch jemand ist nicht an der Aufdeckung der Morde interessiert, und das Dickicht aus Schweigen und Scheinheiligkeit, durch das sich Kroner kämpfen muss, scheint undurchdringlich . . .Eine Geschichte von Martyrium, Schweigen und Vergeltung, behutsam und eindringlich erzählt.“

Der KT fasst das Wesentliche prima zusammen.
Ein schwieriges Thema, das diesem Krimi zugrunde liegt: Kindermissbrauch in kirchlichen Einrichtungen in 60-ger-80ger Jahren, der in 2014 für große mediale Aufmerksamkeit gesorgt hat, wird hier eingehend unter die Lupe genommen.

Dem Krimi sieht man eine umfangreiche Recherche und eine fundierte wie ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema an. Der Missbrauch und seine Folgen werden hier von diversen Seiten geschildert: aus der Sicht der Opfer, damals und heute, derjenigen, die damit leben und derjenigen, die Missbrauch nicht verarbeiten konnten. In kleinen Häppchen von 1-2 Seiten wird die Geschichte des kleinen Karls erzählt, der damals von der Mutter nach Etterzhausen in eine kirchliche Einrichtung geschickt wurde. Den Kindermissbraucht erlebt man schon hautnah, denn die Schilderungen sind zwar knapp, hinterlassen aber bleibenden Eindruck. Aus der Perspektive des Missbrauchsopfers erfährt der Leser, wie so etwas in etwa abgelaufen war. Welche psychischen Probleme dann im erwachsenen Alter folgten, was aus der Forderung nach Aufklärung geworden ist, wird dem Leser u.a. mithilfe von Gesprächen mit ehemaligen Domspatzen klargemacht.

Es wird auch von der Warte der Psychologen erklärt, wie und warum manche katholische Geistliche dazu kommen, warum überhaupt so eine Häufung der Pädophile in der kath. Kirche möglich ist und wie die Männer nach Einschätzung der Psychologen zur Pädophilie kommen. Da stehen nicht nur die Missbrauchsopfer, sondern auch die Täter als Opfer des Systems, z.B. es Zölibats da. Auch der Umgang damit, innerhalb und außerhalb der Kirche wird eingehend geschildert, denn all diese Dinge gehören zu den polizeilichen Ermittlungen. Wie man den Recherchen der Ermittler entnimmt: Die Aufarbeitung dieser Fälle wird bis heute aktiv verhindert, der Missbrauch vertuscht und das Ganze unter den Teppich gekehrt. In dem Part gibt es also nicht viel zu lachen.

Und trotzdem schafft die Autorin Regina Ramstetter die Balance zwischen dem Ernst des Hauptthemas und dem Alltag der Ermittler prima zu meistern. Dort herrscht ein humorig-ironisch abgeklärter Ton voller Sprüche, die fürs gelegentliche Auflachen und vergnügtes Grinsen sorgen. Im privaten Bereich kracht auch mal ordentlich, aber aus ganz andern Gründen.

Hier lassen sich zwei Ebenen erkennen: die der etwa Dreißigjährigen mit den typischen Problemen dieses Alters wie Partner fürs Leben finden, Arbeit und Privatleben unter einen Hut zu bringen, Kinderkriegen, Vater bzw. Mutterwerden, und die Probleme der älteren Generation wie Kroner, seine Lebensgefährtin, der Künstlerin Babsi Dorsch, etc. wie Sorge um die erwachsenen Kinder, Probleme bei der Arbeit, in der Familie und Umgang damit, auch Liebe und Partnerschaft, uvm. Die Probleme im privaten Bereich wirkten auf mich leider etwas gewollt, z.T. überdehnt, manche Reaktionen überzogen und fragwürdig.

Kroner, der Hauptermittler, ist ein uriger Typ, der mitunter auch gerne die Fäuste sprechen lässt, wenn das Verhalten anderer ihm wenig adäquat erscheint. Sein Co-Ermittlers Ben, ein Preuße in Bayern, Anfang dreißig und mit einer Heidenangst Vater zu werden, obwohl in einigen Betten seit geraumer Zeit aktiv, kriegt es bis zum Schluss nicht hin, sich und anderen zu gestehen, dass es doch soweit ist. Seine gegenwärtige Flamme, Psychologin von Beruf, blickt bis zum Schluss nicht durch, dass er etwas Wichtiges von ihr verbirgt und wandert lieber auf etlichen Nebenpfaden, die sie so weit wie möglich vom Kern der Sache bringen.

Zwei Ebenen lassen sich auch in Bezug auf die Versorgung der Leser mit den ermittlungstechnischen Details erkennen. Ben hat die Angewohnheit, die Essenz aus dem vorher Gesagten, z.B. Ausführungen der Psychologin zum Thema Pädophilie, nochmals in einfachen Worten wiederzugeben. Da kommen alle mit, auch diejenigen, die nach Pausen nicht mehr ganz im Bilde sind und diejenigen, die nicht so ganz aufmerksam gelesen haben. Für aufmerksame Leser sind solche Kunstgriffe jedoch etwas frustrierend.

Niederbayerisches Flair ist ein fester Bestandteil dieser Geschichte. Es werden die bekannten Lokale besucht, wie der Fisch-Imbiss, die berühmten Persönlichkeiten treten auf und sorgen für Lokalkolorit, z.B. Die Künstlerin Barbara Dorsch, die ihren Hund morgens früh ausführt und die Gekreuzigten entdeckt. Frau Dorsch steht einem so lebendig vor Augen, dass man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, man kenne sie persönlich. Das Gleiche gilt für den letzten Fischer.

Der Erzählstil ist schon recht fetzig-humorig und ans Niederbayrische angepasst. Die Dialektausdrücke stehen an der Tagesordnung. Anfangs haben sie mir das Lesen erschwert. Die Übersetzung/Erklärungen hierfür gibt es hinten im Buch im „Guide für Preußen und andere Ahnungslose“, wobei der Sinn ergibt sich oft aus dem Kontext.

Fazit: Ein solider, gekonnt geschriebener Krimi, der das Thema Kindermissbrauch in kirchlichen Einrichtungen eingehend untersucht und trotz des Ernstes der Sache recht unterhaltsam und humorig daherkommt. Wer sich für das Thema interessiert, ist hier goldrichtig.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein atmosphärischer, spannender Krimi aus Niederbayern. Kelten, Mörder und familiäre Verwicklungen.

Niederbayerische Göttinen
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Ein guter, atmosphärischer, spannender Krimi aus Rottal. Nette Unterhaltung.

Klappentext: „Das Rottal steht kopf: Eine im Wald vergrabene Leiche wirbelt fünfzig Jahre alten Staub auf. Dann wird ein weiterer ...

Ein guter, atmosphärischer, spannender Krimi aus Rottal. Nette Unterhaltung.

Klappentext: „Das Rottal steht kopf: Eine im Wald vergrabene Leiche wirbelt fünfzig Jahre alten Staub auf. Dann wird ein weiterer Toter gefunden; der Mann wurde erstochen. Was haben die beiden Todesfälle miteinander zu tun? Schräge Vögel und dubiose Verdächtige: Karin Schneider stößt auf eine heiße Spur, und ihr wird klar, dass sie diesen Fall nur auf keltische Art lösen kann . . . Sympathisch-urige Figuren, unorthodoxe Ermittlungen und keltische Göttinnen – ein herrlicher Krimispaß!“

Der Krimi besticht vom Anfang an durch sein niederbayrisches Flair. Es geht einem so, als ob man im Rottal Urlaub gemacht und dieser skurrilen Geschichte beigewohnt hat. Nur eine Woche, vom Sonntag, 08 Mai bis Sonntag 15 Mai ist man dabei. Die Kapitel, ein Kapitel pro Tag, beschreiben Tage voller spannenden Ereignisse, unerwarteten Wendungen und unorthodoxen Ermittlungsschritte, in denen nicht nur zwei Morde aufgeklärt werden, sondern einige Beziehungen auf den Prüfstand gestellt oder auch angefangen werden. Die leicht humorig-ironische Erzählweise trägt zum Unterhaltungsfaktor bei.

Themen wie Familie und Familienzusammenhalt, Freundschaft, Liebe, ethisches oder auch weniger ethisches Verhalten bei Geschäfteabschlüssen sind gekonnt in den Erzählteppich eingewoben worden.

Erzählt wird in Präsens, prima passend zu dieser Geschichte, hpts. aus der Sicht der Protagonistin Karin Schneider. Sie ist alleinerziehende Mutter und Heilpraktikerin, eine sympathische und hilfsbereite Person, in sicherer Entfernung von Perfektion in vielerlei Hinsicht: Manchmal verrennt sie sich in etwas, was gar nicht da ist, stellt unmögliche Sachen an, was sie aber noch menschlicher erscheinen lässt und die Ermittlungen ganz nebenbei weiterbringt. Im Hotel gibt sie Entspannungskurse und so kommt sie auch von Berufswegen mit dem Geschehen und den Menschen, die im Hotel arbeiten und wohnen, in Kontakt. Karin ermittelt nicht allein, sie hat ihr Team auf ihrer Seite. Der Max, ein Mann Mitte dreißig, im Rollstuhl, da ein amputiertes Bein, steht ihr mit Rat und Tat zur Seite. Auch ihre Tochter Susa und ihr neuer Freund Finn spielen mit, auch weil sie selbst in die Verwicklungen voll involviert sind.

Zu den niederbayerischen Göttinnen führt Karin entweder ihre Tochter Susa, die sich neuerdings für Kelten und ihre Bräuche brennend interessiert oder auch ihre Hündin Runa, die an der älteren Apollonia einen Narren gefressen zu haben scheint, so gut gefällt ihr auf ihrem Hof. Sehr schön übrigens, dass auch ein Hündin eine Rolle im Geschehen spielt.

Die drei Göttinnen sind schon sehr gut gelungen. Spannende Persönlichkeiten, jede auf ihre Art. Ich habe sie gerne kennengelernt. Apollonia ist eine charismatische Person, die auch größeres Publikum mit Leichtigkeit zu beherrschen weiß. Sie hat ein keltisches Museum auf ihrem Hof und pflegt die keltischen Bräuche wie keine andere. Ihre Tochter und Enkelin helfen ihr nach Kräften aus. Hier erfährt man einiges zu Kelten in Niederbayern. Und alle drei sind der Meinung: „Göttinnen haben keine Väter.“

Auch andere Figuren sind urig und kommen sehr lebendig daher. Man hat den Eindruck, man war zwischendrin und hat all die Abenteuer zusammen mit Karin & Co. erlebt, all die Leute getroffen und ihre Lebensgeschichten erfahren.

Der Krimi hinterlässt durchwegs einen positiven Eindruck. Eine Art Sog übt die Geschichte aus, das Buch will nicht aus der Hand gelegt werden.
Einiges konnte ich trotzdem nicht auf Anhieb abnehmen. Manche Wendung, Gegebenheit wirkte konstruiert wie weltfremd, manche Glaubwürdigkeitsfragen blieben hängen. Aber so muss es nicht jedem ergehen.

Fazit: Ein atmosphärischer, leicht humoriger, spannender Regio-Krimi und nette Unterhaltung sind die „Niederbayerischen Göttinnen“ auf jeden Fall. Ich vergebe gerne vier Sterne und eine Empfehlung für Regio-Krimi LeserInnen.

Veröffentlicht am 04.12.2019

Kann man gut lesen.

Die Mirabeau-Morde
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Diese Geschichte hat mir ganz gut gefallen. Unterhaltung der Leser wurde hier großgeschrieben.
Dieser Krimi punktet klar auf der Infoebene mit einigen Ausführungen zur Geschichte der Provence. Das gilt ...


Diese Geschichte hat mir ganz gut gefallen. Unterhaltung der Leser wurde hier großgeschrieben.
Dieser Krimi punktet klar auf der Infoebene mit einigen Ausführungen zur Geschichte der Provence. Das gilt auch für den Lebensweg Mirabeaus, der in einer eher lässigen Sprache gebracht wurde, in etwa so: „Er war ein cooler Rock-n-Roll-Typ“. Auch die typischen Tötungsmethoden im Mittelalter wurden hier recht detailliert geschildert.
Die Handlung ist logisch aufgebaut. Die Motive sind nachvollziehbar. Bis zum Schluss weiß man nicht, wer hinter den Morden steckt. Die Überraschung zum Schluss ist garantiert. Die Fragen, die der Prolog aufgeworfen hat, wurden am Ende zufriedenstellend beantwortet, alles wurde geklärt.
Ich konnte mich lediglich für die Figuren herzlich wenig begeistern. Protagonist Eltjen, ein junger deutscher Polizeibeamter mit Stationen in München und Kehl, ist mir zu blass und ordinär als Träger der Reihe. (Man hört ja, es soll die Fortsetzung kommen.) Man erfährt auch kaum etwas über seine Vergangenheit, bis auf paar allg. Eckpunkte. Das gleiche gilt auch für seinen französischen Partner Dubarry. Die meisten Figuren, Ausnahmen wie Alis, bestätigen die Regel, erschienen mir leider kaum als Menschen aus Fleisch und Blut, eher als Phantasiegebilde, die oft Gespräche führen, die hpts. dazu da sind, die Leser mit Informationen zu versorgen.
Der Text ließ sich meist flüssig lesen. Aber so manch unpassender Name oder auch ein weniger glücklicher Ausdruck sorgten zuverlässig dafür, dass ich aus dem Lesefluss katapultiert wurde.

Fazit: Kann man lesen, wenn man Provence-Krimis mag und das eine oder andere Auge hie und dort mal zudrücken kann.
Es ist ein eher handlungsorientierter Krimi, den man gut am Feierabend lesen kann, oder auch um das verregnete Wochenende zu überbrücken. Bis auf einige Schwächen handwerklicher und ideologischer Natur finde ich ihn doch recht gut gelungen.


Veröffentlicht am 22.02.2019

Nicht schlecht. Leider mit einigen Schwächen.

Napoleon
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Die Biografie ist nicht schlecht. Wenn sie bloß weniger einseitig, fragmentiert, dazu aber objektiver und frei von irreführender Meinungsmache/Umdeutung der Geschichte geschrieben wäre!
Gekürzt.

Die Biografie ist nicht schlecht. Wenn sie bloß weniger einseitig, fragmentiert, dazu aber objektiver und frei von irreführender Meinungsmache/Umdeutung der Geschichte geschrieben wäre!
Gekürzt.

Veröffentlicht am 15.02.2019

Hätte toll werden können.

China First
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Kurz gesagt: Hier gibt es gute und weniger gute Seiten. Der Stoff ist recht deutlich auf eine bestimmte Zielgruppe zugeschnitten.
Das Buch hat vier Teile: Im ersten liest man paar Dinge zur Geschichte ...

Kurz gesagt: Hier gibt es gute und weniger gute Seiten. Der Stoff ist recht deutlich auf eine bestimmte Zielgruppe zugeschnitten.
Das Buch hat vier Teile: Im ersten liest man paar Dinge zur Geschichte und zum Werdegang Chinas. Im zweiten Teil geht es um den Aufstieg zur Supermacht. Der dritte Teil beschreibt die Sicht des Autors auf Chinas heutige Weltpolitik, darin ca. 40 Seite über die Seidenstraßen, 26 S. über Aufrüstung, ca. 20 S. zu den Geschehnissen im Südchinesischen Meer. Teil vier beschreibt Konflikte mit einigen anderen Ländern wie Japan, Indien, Russland, USA.
Im Grunde, wenn man das WAS vom das WIE, i.e. die informative Ebene von der Art der Stoffdarbietung trennen kann, was zugegebenermaßen nicht so einfach ist, oder vom Haus aus leitmedienaffin ist, mit all den daraus folgenden Konsequenzen, dann wird man hier auf seine Kosten kommen können. Die im Inhaltsverzeichnis aufgeführten Punkte sind ganz gut, auf Info-Ebene, beleuchtet worden. Da hatte ich nicht den Eindruck, man redete am Thema vorbei.
Es gibt schon eine Reihe guter Gedanken, insb. zum Schluss. Bloß über all dem Gesagten hängt wie Damokles Schwert die Frage der Glaubwürdigkeit. Diese Ausführungen setzen ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Autor und den Lesern voraus. Dieses wurde sowohl hier als auch sonst längst verspielt.
Das Buch ist hochwertig gemacht: Festeinband in Weiß, Umschlagblatt aus glattem, festem Papier. Die roten Buchstaben des Titels sind haptisch hervorgehoben. Lesebändchen ist leider nicht dabei. Die Schrift ist gerade noch so groß, dass man sie problemlos lesen kann. Eine recht ausführliche geographische Karte Chinas am Anfand und am Ende leistet gute Hilfe. Paar s/w Fotos, Tabellen machen die Ausführungen anschaulicher.
Ohne die Schwächen hätte es ein sehr gutes Buch werden können. Aber so kann ich hier nur drei Sterne mit ganz viel Wohlwollen vergeben.