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Veröffentlicht am 10.12.2016

Die Welt des Balletts in seiner ganzen Pracht und Härte

Die Schwester des Tänzers
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Eva Stachniak ist dafür bekannt, dass sie akribisch recherchierte biografische Romane schreibt – das hat sie schon in ihren Büchern „Der Winterpalast“ und „Die Zarin der Nacht“ über Katharina die Große ...

Eva Stachniak ist dafür bekannt, dass sie akribisch recherchierte biografische Romane schreibt – das hat sie schon in ihren Büchern „Der Winterpalast“ und „Die Zarin der Nacht“ über Katharina die Große bewiesen. Auch diesmal spielt ihr Roman wieder weitestgehend in Russland und sie hat sich wieder eine Persönlichkeit aus dem osteuropäischen Raum herausgepickt: Bronislawa Nijinska, eine Ballerina, die in den ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Karriere machte.

Bekannter als „Bronia“, wie sie kurz genannt wurde, ist jedoch ihr Bruder. Der legendäre Balletttänzer Waslaw Nijinsky, bekannt für seine einzigartigen Sprünge und Bewegungen. Und so ist der Roman über Bronia gleichzeitig eine Biografie Waslaws, die sich eng an historische Fakten hält und von der die Autorin selbst im Nachwort sagt, es sei ein „Roman auf archivarischer Grundlage, in dem Wirklichkeit und Fantasie miteinander verschmelzen“.

Als Leser sollte einem bewusst sein, dass eine an Tatsachen orientierte Biografie, auch wenn sie als Roman geschrieben ist, nicht die Spannungskurve einer konstruierten fiktionalen Geschichte aufweisen kann. Genau das haben nämlich einige Leser kritisiert – die Spannungskurve sei z. T. zu flach. Nun – ein Leben läuft in der Regel nicht so ab. Seien wir doch ehrlich – wir wollen so wenig Schicksalsschläge wie nur möglich erleben, aber genau das ist es, was Bücher interessant macht. Auch wenn Bronias Leben sehr viel Stoff für einen spannenden Roman abgibt, so dreht sich das Buch doch in der Hauptsache um das, was Bronias Leben ausmachte: Tanzen, Inszenieren, Choreografieren. Und ich finde es auch gut, dass die Autorin Bronias Leben genau so widergibt.

Einzig der Schluss hat mir nicht gefallen, da gibt es für mich zwei Kritikpunkte. Zum Einen endet das Buch irgendwie „mittendrin“, als Bronia im mittleren Alter ist und kurz vor dem 2. Weltkrieg Richtung Australien aufbricht. Warum genau das der Abschluss des Buches ist, ging für mich nirgends hervor. Zum Anderen wird es zum Ende hin etwas konfus. Um nicht zuviel zu verraten: wahrscheinlich hat die Autorin, um eben am Ende noch einmal etwas Spannung aufzubauen, ein einschneidendes Ereignis (das eigentlich viel früher stattfand), immer nur erwähnt und der Leser wartet eine gefühlte kleine Ewigkeit, bis das Thema ganz am Schluss erläutert wird. Zwischendurch habe ich schon gedacht, ich hätte die Zusammenhänge überlesen und habe wild geblättert… das hat den Lesefluss leider gestört und mich zu einem Punkt Abzug verleitet.

Trotzdem: es ist ein guter Roman, der ohne Kitsch und Verklärung die ganze Welt des Balletts in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigt. Auf jeden Fall lesenswert!

Veröffentlicht am 02.12.2016

Mit jeder Seite spannender!

Die Reise der Amy Snow
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Anfangs war ich noch nicht so überzeugt von der „Reise der Amy Snow“. Das Buch las sich „so dahin“ und konnte mir keinen Gefühlsschauer über den Rücken jagen. Doch nach etwa 50 Seiten ging es los: ich ...

Anfangs war ich noch nicht so überzeugt von der „Reise der Amy Snow“. Das Buch las sich „so dahin“ und konnte mir keinen Gefühlsschauer über den Rücken jagen. Doch nach etwa 50 Seiten ging es los: ich wurde quasi eingesogen in den Bann von Amy und Aurelia, ihrer verstorbenen Freundin.

Aurelia schickt Amy mit Briefen, die sie noch zu Lebzeiten verfasst hat, auf eine Reise quer durch das Königreich, damit Amy ihr Geheimnis kennenlernt. Ein Geheimnis, das dermaßen prekär ist im England des 19. Jahrhunderts, dass Aurelia äußerste Vorsicht walten lässt und posthum sogar Amys Freundschaft aufs Spiel setzt.

Was mir besonders positiv auffiel an diesem Roman, ist die Sprache. Mit viel Authentizität des damaligen Englands, aber auch genügend modernem Einfluss um für Leser aus dem „Heute“ interessant zu bleiben. Tracy Rees hat einen beeindruckenden Weg gefunden, die Geschichte glaubwürdig wirken zu lassen und gleichzeitig für moderne, vor allem junge Leser interessant zu machen. Für ein Erstlingswerk, das in einem Schreibwettbewerb eingereicht wurde, ist das definitiv mehr als man erwarten kann.

Einzig der keine Durchhänger am Anfang bewegt mich dazu, nicht die vollen fünf Sterne zu geben. Trotzdem freue ich mich jetzt schon auf den nächsten historischen Roman von Tracy Rees und hoffe, dass man noch viel von ihr hören wird und sie sich als Autorin etablieren kann!

Veröffentlicht am 02.11.2016

Verrückte Reise mit verrückten Jungs

Drei Freunde, ein Taxi, kein Plan ...
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Der Titel des Buches spricht Bände… Die zwei Worte „Kein Plan“ hätte ich allerdings doppelt so groß geschrieben, denn diese drei Jungs haben so ziemlich alles, aber absolut keinen Plan, auf was sie sich ...

Der Titel des Buches spricht Bände… Die zwei Worte „Kein Plan“ hätte ich allerdings doppelt so groß geschrieben, denn diese drei Jungs haben so ziemlich alles, aber absolut keinen Plan, auf was sie sich da einlassen Irgendwann dämmert es ihnen dann auch, aber das dauert ein paar Tausend Kilometer…

Dieser Reisebericht strotzt vor Unbekümmertheit und Wagemut. Ob das in jeder Situation immer so gut ist, ist natürlich fraglich – besonders wenn man morgens aus seinem Zelt kriecht und im Morgenlicht begreift, dass man mitten im Iran auf dem Gelände der Flugabwehr wild gecampt hat. Nicht gut. Oder wenn man sich in Russland mit der Polizei anlegt. Nicht gut. Oder wenn man… ach, lesen Sie selbst. Es gibt Unmengen dieser Situationen, in die sich die drei jungen Kerls da reinmanövrieren und bei denen man wirklich mitfiebert, wie sie da wohl wieder rauskommen werden. Es macht Spaß, dieses Buch zu lesen – mir persönlich aber erst nach einer kleinen „Anlaufzeit“, denn im ersten Drittel des Buches war es mir einfach zuviel Party und zu wenig Reisebericht. Dafür ein Sternchen Abzug. Andere Leser stört das vielleicht nicht, die finden eventuell die Schilderungen der vergnügungssüchtigen Briten sogar sehr amüsant. Ist eben Geschmackssache.

Trotzdem war es ein wirklich vergnüglicher Roadtrip, den uns der Dumont Verlag hier präsentiert. Ich habe das Buch innerhalb eines Wochenendes ausgelesen, weil ich nicht aufhören konnte und immer wieder wissen wollte, wo die Jungs als nächstes landen, wen sie treffen und ob Hannah (so der hübsche Name des 20 Jahre alten London Cab, mit dem sie unterwegs sind) mal wieder die Puste ausgeht und Improvisationstalent bei der Reparatur gefragt ist. Denn zwei Dinge sind Fakt: Erstens -Hannah ist eine alte Dame. Und zweitens – für ein London Cab bekommt man Ersatzteile nun mal selten, wenn man sich nicht in Großbritannien befindet…

Ich hab mich gut amüsiert mit Hannah und ihren drei Gefährten. Und ich denke, das Buch ist das Richtige für alle, die schon immer mal von einer abenteuerlichen Weltreise geträumt haben. So schnell wie mit diesem Buch kommt man sonst auf keinen Fall um die Erde – ich habe gerade mal zwei Tage gebraucht ;)

Veröffentlicht am 25.10.2016

Osteuropa im Fokus

Die Entscheidung
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Frankreich, kurz vor Weihnachten. Der gutherzige Simon hilft bei einer Zufallsbegegnung einer jungen Frau, die aussieht als ginge es ihr sehr schlecht. Er bietet ihr etwas zu essen an und zumindest für ...

Frankreich, kurz vor Weihnachten. Der gutherzige Simon hilft bei einer Zufallsbegegnung einer jungen Frau, die aussieht als ginge es ihr sehr schlecht. Er bietet ihr etwas zu essen an und zumindest für eine Nacht ein Dach über dem Kopf. Eine Entscheidung, die er kurze Zeit später bitter bereut – denn Natalie ist in etwas verwickelt, was für beide lebensbedrohlich wird...

Charlotte Link war schon immer eine gute Erzählerin und versteht es, die Leser bei der Stange zu halten, auch wenn die Bücher recht umfangreich sind. Das schafft sie auch diesmal wieder. Das Thema, das sie in diesem Roman aufgreift, ist unbequem: Menschenhandel und erzwungene Prostitution junger osteuropäischer Mädchen. Aber sie zeigt auf, wie es dazu kommen kann, dass Eltern ihre Kinder mit fremden Leuten in eine ungewisse Zukunft schicken. Das ist nicht schön zu lesen, aber sicher wichtig, um zu verstehen, wie es immer wieder zu solchen Transporten und dem meist darauf folgenden Leid für die jungen Mädchen kommen kann.

Ich muss zugeben, im ersten Viertel des Buches haben mich die vielen Personen und Schauplätze ein wenig überfordert. Ich hatte Mühe, im Kopf alles sortiert zu bekommen und darunter hat das Lese- bzw. in meinem Fall Hörvergnügen etwas gelitten. Allerdings wurde es dann zunehmend spannend und es kamen kaum noch neue Charaktere hinzu, so dass ich mit dem Buch warm wurde.

Das Ende des Romans zeigt, dass ein Happy End nicht immer für alle Personen eins sein muss... Um nicht zu viel zu verraten, möchte ich dazu nicht mehr sagen. Es hat mich aber traurig gemacht und nachdenklich gestimmt.

Auch wenn ich das Buch nicht als Bestes von Frau Link bezeichnen würde (ich habe bereits einige Bücher von ihr gelesen), ist es aber auf jeden Fall eine Empfehlung wert. Ihrem letzten Roman „Die Betrogene“ steht es jedenfalls in nichts nach, wer dieses also mochte, wird auch mit „Die Entscheidung“ einen guten Griff tun.

Veröffentlicht am 08.10.2016

Gute Thriller-Kost von einem Meister des Fachs

Der Schlafmacher
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Mittlerweile dürfte es sich herumgesprochen haben, dass auch das andere Ende der Welt sehr gute Thrillerautoren zu bieten hat. Der Australier Michael Robotham ist ein Meister seines Fachs, was man auch ...

Mittlerweile dürfte es sich herumgesprochen haben, dass auch das andere Ende der Welt sehr gute Thrillerautoren zu bieten hat. Der Australier Michael Robotham ist ein Meister seines Fachs, was man auch seinem neuesten Werk "Der Schlafmacher" wieder anmerkt.

Obwohl die Story um die beiden ermordeten Frauen (Mutter und Tochter) in einem Farmhaus in England nicht mit Superlativen um sich wirft oder eine besonders außergewöhnliche Grundkonstellation aufweist, war ich von der ersten Seite an gefesselt von diesem Buch. Und das ist es, finde ich, was einen guten Autor ausmacht. Er hat es geschafft, mich durchgängig "bei der Stange zu halten" und so viele potentielle Täter aufzubauen, dass man bis zum Schluss mitfiebert und Möglichkeiten wälzt und rätselt, wer es denn nun wirklich gewesen ist.

Dazu kommt eine - nun schon über fast ein Dutzend Romane hinweg - aufgebaute Nebenhandlung zur privaten Situation des Psychologen Joe O'Loughlin, die eindringlich ist und sich stimmig in das Buch einfügt. Um ehrlich zu sein, ist diese Handlungsebene für mich bei den Büchern von Robotham genau so wichtig wie der "Fall" an sich. An einigen Stellen habe ich zwar überlegt, ob es Lesern, die mehr an der Thriller-Handlung interessiert sind, nicht vielleicht ein wenig zu viel "Privatkram" sein könnte, der da thematisiert wird, denn zeitweise war das schon sehr ausführlich. Für mich, die ich schon einige Bücher der Reihe gelesen habe, war es aber eine konsequente Weiterentwicklung der Figuren. Das ernüchternde Ende auf dieser zweiten Handlungsebene sorgte bei mir für Trübsinn - aber ich bin auch jetzt schon gespannt, wie Joe mit der neuen Situation umgehen wird und schon aus diesem Grund freue ich mich auf den nächsten Band!

Eins muss man aber auch klar sagen: die bisherigen prägenden Ereignisse im Leben von Joe sind so gut zusammengefasst, dass man das Buch bedenkenlos lesen kann, ohne die anderen Romane der Reihe zu kennen. Mir fehlten auch ein paar Bände dazwischen und für mich war es absolut kein Problem.

Schade, dass man keine halben Sterne vergeben kann - dieses Buch wäre mir 4,5 Sterne wert.