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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.02.2020

solider, atmosphärischer Krimi

Doggerland. Tiefer Fall (Ein Doggerland-Krimi 2)
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* Alle Schubladen waren herausgezogen, vieles umgekippt, ein jähes Durcheinander, du hast es selbst gesehen. Aber ich hatte den Eindruck, dass derjenige, der das getan hat, gar nichts gesucht hat. Vielmehr ...

* Alle Schubladen waren herausgezogen, vieles umgekippt, ein jähes Durcheinander, du hast es selbst gesehen. Aber ich hatte den Eindruck, dass derjenige, der das getan hat, gar nichts gesucht hat. Vielmehr kam es mir vor, als hätte jemand versucht, das Bild eines Einbruchs nachzustellen, ohne im Grunde zu wissen, wie sowas aussieht. *

Der zweite Fall für Karen Eiken Hornby. Eigentlich noch krankgeschrieben, nutzt sie die Gelegenheit, an den Feiertagen ihrer Mutter und Freunden zu entkommen, um für eine Ermittlung nach Doggerland zu reisen. Der kleinen Insel, auf der noch heute ein Teil ihrer Familie wohnt - der Teil, für den man seine Hand nicht ins Feuer legen würde.

Ja, das Privatleben, Freunde und Familie, nimmt sehr viel Raum ein. Mir hat das auf der einen Seite schon irgendwie gefallen, denn Karen und ihre Art wächst einem schnell ans Herz und ihr Umfeld ist sehr interessant, allerdings bremst es den Krimipart ganz schön aus. Dessen sollte man sich bewusst sein.

"Doggerland - Tiefer Fall" ist so gesehen ein Art Wohlfühlkrimi, mit einer unheimlich dichten Atmosphäre und sehr bildhaften Schilderungen von Land und Leuten. Der Krimipart ist glaubwürdig, solide und überrascht am Schluss, aber er steht nicht immer im Vordergrund und die Ermittlungen laufen auch eher gemächlich. Dafür geht es auch hier sehr detailliert zu. So erfährt man, welche Spuren die Ermittler auf einen Mord, statt, wie erst angenommen, einen Unfall schließen lassen u.ä. Und auch das Banden- und Familiengeflecht sowie das ganze zwischenmenschliche und Miteinander auf dieser kleinen Insel, hat mir richtig gut gefallen.

Maria Adolfsson hat starke, authentische Charaktere erschaffen und mit Doggerland einen fiktiven Kosmos in der Nordsee, der außergewöhnlich und doch so real erscheint, dass man ganz oft vergisst, dass diese Inselgruppe nicht wirklich existiert.

Fazit: Eine entspannte, solide Krimi-Reihe, die trotz des Privatlebens unabhängig voneinander gelesen werden kann (ich bin z.B. mit dem zweiten Band begonnen) und mit seiner Umgebung und Charakteren punktet.
Einziges kleines Manko für mich, die Schrift ist ungewöhnlich klein, das hätte mich fast abgeschreckt - zum Glück nur fast.

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Veröffentlicht am 02.02.2020

perfektes Flair der 30iger Jahre - Charaktere noch etwas oberflächlich

Die Galerie am Potsdamer Platz
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* " Du glaubst also, dass Kunst elitär, dekorativ und bedeutungslos ist?" Sie grinste, und ihre Augen leuchteten herausfordernd. "Das Leute ohne Geld nur materielle Bedürfnisse haben und sich geistig nicht ...

* " Du glaubst also, dass Kunst elitär, dekorativ und bedeutungslos ist?" Sie grinste, und ihre Augen leuchteten herausfordernd. "Das Leute ohne Geld nur materielle Bedürfnisse haben und sich geistig nicht weiterentwickeln möchten? Ist deine Ansicht nicht.... elitär?" *

Berlin 1930: Alice Waldmann reist von Wien in die deutsche Hauptstadt, um ihre Großmutter Helena mit dem Tod ihrer Tochter zu konfrontieren, die sie einst verstossen hat. Doch auch Alice trifft auf ihre eiskalte Schulter. Nur die Brüder ihrer Mutter nehmen sie herzlich auf und überreden sie zu bleiben. Sie verliebt sich in den undurchsichtigen Deutsch-Iren John, entdeckt ihre Liebe zur Fotographie und erfährt, dass ihre Familie einst eine renommierte Kunstgalerie besessen hat, die ihre Onkel wiedereröffnen wollen....

Der Debutroman von Alexandra Cedrino spielt vor dem Hintergrund der Nachwehen des 1. Weltkrieges, dem neuen Lebensgefühl, aber auch dem Aufstreben der nationalsozialistischen Partei. Dabei fängt sie die Kunstszene, das Berliner Flair der 30iger Jahre und die politische Stimmung perfekt ein.

Der Schreibstil hat mir unheimlich gut gefallen, flüssig, klar, schnörkellos und doch sehr bildhaft, transportiert er das damalige Flair hervorragend und lässt einen eintauchen in die Club- und Kunstszene, doch man spürt auch die schleichend wachsende Macht der Nazis.

Nicht ganz so überzeugen konnten dagegen die Charaktere. Die sind teilweise noch recht oberflächlich gestaltet. Mir fehlte es an Tiefe und Emotionen. Ich hoffe, dass sich das im zweiten Teil ändert. Das hat mich, ehrlich gesagt, auch ein wenig überrascht, da nirgends ersichtlich war, dass es sich um einen Mehrteiler handelt. Der Roman ist jetzt nicht wirklich abgeschlossen, aber er hat ein Ende, mit dem man leben kann, wenn man nicht weiterlesen möchte.

Fazit: Ein gelungener Debutroman mit kleinen Schwächen, aber sehr interessanten Themen, der mich gut unterhalten hat. Ich bin gespannt wie es weitergeht.

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Veröffentlicht am 03.01.2020

ganz leiser Roman über das Leben unverheirateter Frauen nach dem 1 Weltkrieg

Violet
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* Für eine Schreibkraft war das ein gutes Gehalt, doch immerhin arbeitete Violet auch schon zehn Jahre lang für dieselbe Gesellschaft und tippte außerdem schnell und akkurat. Als sie noch bei ihren Eltern ...

* Für eine Schreibkraft war das ein gutes Gehalt, doch immerhin arbeitete Violet auch schon zehn Jahre lang für dieselbe Gesellschaft und tippte außerdem schnell und akkurat. Als sie noch bei ihren Eltern lebte, konnte sie sich fast jeden Tag ein warmes Mittagessen leisten und musste nicht jeden Penny zweimal umdrehen, wenn sie sich Zigaretten oder einen neuen Lippenstift kaufen wollte. *

England 1932: Nachdem ihr Bruder und ihr Verlobter im Krieg gefallen sind, geht man davon aus, dass die Tochter als sogenannte "Alte Jungfer" im Haus der Mutter bleibt und diese versorgt. Ein Weg, den Violet nicht gehen will. Sie möchte selbst über ihr Leben bestimmen und zieht nach Winchester in ein kleines Kämmerlein. Beim Besuch der dortigen Kathedrale erfährt sie von einer Gruppe Frauen, die in einem Stickkreis wunderschöne Knie- und Sitzkissen anfertigen. Violet ist neugierig und schließt sich den Strickerinnen an. Findet sie dort nicht nur Freundinnen, sondern in Glöckner Arthur auch eine neue Liebe? Doch Arthur ist verheiratet....

"Violet" ist eine ruhige, unaufgeregte Geschichte, über ein bescheidenes, oft einsames, aber trotz allem erfülltes Leben einer alleinstehenden jungen Frau nach dem ersten Weltkrieg. Ein Sittenbild dieser Zeit.

Dabei bekommt man als Leser tiefe Einblicke ins Sticken und Glockenläuten. Das war zu erwarten und hätte mich im Vorfeld beinahe abgeschreckt, aber es fügt sich wunderbar in die Geschichte ein und sie bleibt auch in diesen Passagen sehr flüssig und unterhaltsam.

Es ist ein leiser, unheimlich ruhiger Roman, der auch bei Drama nicht lauter wird und sich wirklich angenehm liest.Tracy Chevalier hat sehr unterschiedliche, vielschichtige und authentisch wirkende Frauen geschaffen und nicht wenige von ihnen haben ihr Päckchen zu tragen. Mir persönlich waren es beinah schon zu viele Themen auf 350 Seiten. Es wirkt fast, als wollte die Autorin alles einbringen.

Wer einen Liebesroman erwartet, der ist hier falsch. Es geht vor allem um Freundschaft, Selbstbewusstsein, füreinander einstehen und sich nicht verstecken müssen.

"Violet" ist ein schöner Roman, den ich an einem regnerischen Sonntag verschlungen habe. Trotzdem bezweifel ich, dass er mir nachhaltig in Erinnerung bleiben wird.

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Veröffentlicht am 31.12.2019

Gegensätze ziehen sich an

Sinking Ships
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* Weil sie mich nicht wirklich hasste. Weil ich sie durcheinanderbrachte. Weil ihr Atem ins Stocken geriet, wenn ich sie berührte und ich zumindest die Hoffnung hatte, dass es sich für sie genauso unglaublich ...

* Weil sie mich nicht wirklich hasste. Weil ich sie durcheinanderbrachte. Weil ihr Atem ins Stocken geriet, wenn ich sie berührte und ich zumindest die Hoffnung hatte, dass es sich für sie genauso unglaublich anfühlte wie für mich. *

"Sinking Ships" ist bereits der zweite Teil der Fletcher University Reihe, doch man muss den Vorgänger "Burning Bridges" nicht unbedingt kennen und kann sie unabhängig voneinander lesen/hören.

Für Carla war Mitchell immer nur der zu nette, zu gutaussehende Bruder ihrer Freundin Savannah. Die taffe Latina hätte für die Liebe sowieso keine Zeit. Ihr Studium, ihr Job in der Bar und ihre beiden Brüder halten sie auf Trab. Mitch hingegen hat schon lange ein Auge auf das unnahbare Mädchen mit der harten Schale geworfen. Als Carla bei der Party seiner Schwester in den Pool stürzt und er sie rettet, bröckelt ihre Fassade für einen kurzen Augenblick.... Doch bekommt der nette Kapitän des Schwimmteams tatsächlich eine Chance?

Diese vertauschten Rollen, der nette Junge und das Bad Girl, verleihen der Geschichte einen ganz besonderen Charme.

Mitchell hat einen wirklich tollen, sympathischen und sehr offenen Charakter. Carla hingegen ist unheimlich verschlossen, kratzbürstig und glaubt ihr Geheimnis mit niemandem teilen zu können, so dass sie ihren Mitmenschen oft vor den Kopf stösst. Sie ist unglaublich stark, keine Frage, aber auch sehr stur und kein einfacher Charakter. Und trotzdem hatte ich sie vom ersten Moment an gern...

Auch die Nebenprotas sind klasse. Man merkt, wie viel Liebe in ihnen steckt. Vom Barkeeper (auf den ich mich jedes Mal gefreut habe) bis hin zum Frisiersalon voller mexikanischer Chicas. Das macht einfach Spaß! Auch Carla flucht auf spanisch, wenn sie emotional wird.

Die Liebesgeschichte baut sich ganz langsam auf. Es strotzt nicht so vor Erotikszenen, sondern knistert oftmals ganz gewaltig. Die elektrisierende Atmosphäre kann man regelrecht hören.

Und damit wären wir beim Knackpunkt, den Sprechern. Fanny Bechert ist zwar keine Latina, passt aber sprachlich sehr gut zu Carla. Was man von Oliver Dupont nicht unbedingt sagen kann. Er hat eine großartige Charakterstimme, keine Frage, aber er klingt Welten zu alt und passt nicht zu Mitchell. Das hat es mir anfangs etwas schwer gemacht.

Tami Fischer hat einen unglaublich tollen Schreibstil. Ich werde "Sinking Ships" auf jeden Fall auch noch einmal selber lesen und denke, dass mich die Geschichte dann noch tiefer erreicht.

Das Hörbuch ist übrigens leicht gekürzt, aber sehr geschickt und passend. Mir ist es nicht ein einziges Mal aufgefallen, das kenne ich auch anders.

Fazit: Ich bin großer Fan der Fletcher University Reihe. "Sinking Ships" ist ein großartiger zweiter Teil, der zwar an Drama, Ecken und Kanten nicht ganz an "Burnning Bridges" herankommt, aber das muss auch gar nicht immer sein. Ich freue mich schon sehr auf den 3. Band.

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Veröffentlicht am 27.12.2019

Auf der Suche nach den eigenen Wurzeln

Geteilt durch zwei
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* Ich legte den Teppich auf seinen Platz zurück, und in diesem Moment wurde mir etwas klar: unter etwas Zugedecktem ist immer irgendwas. Und nie nichts. *

Eine Familienzusammenführung, die unter die Haut ...

* Ich legte den Teppich auf seinen Platz zurück, und in diesem Moment wurde mir etwas klar: unter etwas Zugedecktem ist immer irgendwas. Und nie nichts. *

Eine Familienzusammenführung, die unter die Haut geht.

Barbara Kunrath ist es gelungen ein sehr ernstes Thema in eine interessante Familiengeschichte zu packen, die oftmals schlucken lässt, aber nicht erdrückt.

Nadja ist bereits 40, als sie durch einen Zufall entdeckt, dass sie eine Zwillingsschwester hat. Obwohl mit der Tatsache, dass sie adoptiert ist, irgendwann recht offen umgegangen wurde, waren die näheren Umstände, ihre leibliche Mutter oder gar ihr Vater immer ein rotes Tuch. Jetzt hat sie eine Schwester, die ihr zum verwechseln ähnlich sieht und doch so ganz anders ist. Auch sie, obwohl bei der Tante großgeworden, weiß nicht viel über ihre Herkunft. Zusammen machen die beiden sich auf Spurensuche. Doch werden sie die Wahrheit verkraften?

Ich habe einen unterhaltsamen Familienroman erwartet, was er auf der einen Seite auch ist - doch er hat auch eine Tiefe, die mich überrascht hat. Die Geschichte ist vielschichtig und wird ab einem gewissen Punkt auf zwei Zeitebenen erzählt. Die Gegenwart 2017 durch Nadja und in den 70-iger Jahren Corinna`s Geschichte aus der Sicht ihrer Schwester Sibille, der Vermieterin und dem Vater der Zwillinge. Das ist irgendwann so spannend, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen mag.

Barbara Kunrath erzählt sehr realistisch. Und das hat mir gut gefallen. Es ist nicht alles FriedeFreudeEierkuchen. Die beiden Schwestern spüren vor allem ihre Unterschiede, nähern sich nur langsam an.

Nadja, Pia und auch ihre Tante Sibille...ja, eigentlich die ganze Familie, sind schwierige, manchmal anstrengende und auch nicht immer sehr sympathische Charaktere. Das ist geschickt gemacht, ohne zäh zu werden oder dass der angenehm, flüssige Schreibstil darunter leidet. Allerdings bin ich nicht so richtig warm mit ihnen geworden, selbst bei Nadja fiel es mir oft schwer, so dass ich eher distanzierter Zuschauer blieb, wo bei einem emotionaleren Schreibstil, aufgrund der Vergangenheit, Tränen geflossen wären.

Fazit: Ein bewegender Roman, über die Suche nach den Wurzeln und Geheimnissen der Vergangenheit, der mich mit seiner Tiefe überrascht und begeistert hat.

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