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Veröffentlicht am 07.02.2020

Eine nachdenkliche Reise in die Vergangenheit

Goodbye, Bukarest
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Ihre Mutter Rosa beschreibt die Autorin Astrid Seeberger als eine Frau, die sie nur mit einem traurigen „Flüchtlingsgesicht“ gekannt habe. Dieser Tristesse und der gefühlsmäßigen Distanz in ihrer Beziehung ...

Ihre Mutter Rosa beschreibt die Autorin Astrid Seeberger als eine Frau, die sie nur mit einem traurigen „Flüchtlingsgesicht“ gekannt habe. Dieser Tristesse und der gefühlsmäßigen Distanz in ihrer Beziehung zueinander ist Astrid im Alter von 17 Jahren entflohen, zum Studium nach Schweden. Während sie Jahre nach dem Tod ihrer Mutter deren Leben in einem autobiografischen Roman aufgearbeitet hat („Nächstes Jahr in Berlin“), schildert sie in ihrem neuen Buch „Goodbye Bukarest“ ihre Suche nach dem verschollenen Bruder ihrer Mutter, der in dem ersten Buch ebenfalls eine große Rolle spielt.
Das Schweigen der Mutter über Brunos Schicksal macht Astrid zu schaffen. Ist er tatsächlich bei der Schlacht um Stalingrad gefallen? Konnte er fliehen? Welche Rolle spielt Astrids geliebter Großvater?
Erst als die Mutter gestorben ist, erhält Astrid über einen Vertrauten Rosas weitere Informationen. Sie erfährt den Namen eines ehemaligen Strafgefangenen der Stalinära, der Bruno begegnet ist, und sucht ihn in Berlin auf. Ohne Theatralik, doch mit viel Feinfühligkeit gibt sie seine Leidensgeschichte wieder, in der neue Hinweise zu Bruno und Menschen, die ihn kannten, auftauchen. Astrid reist weiter, immer den Spuren nach, die sie findet, nach Bukarest und München. Sie lässt die Zeitzeugen ihre Geschichten aus ihrer eigenen Perspektive erzählen und Bruno so schildern, wie sie ihn wahrgenommen haben. Stück für Stück setzt sich so ein Bild ihres Onkels zusammen, dessen Leben von politischer Willkür und Gewalt bestimmt war, der aber auch selbst viel Liebe und Trost geben und empfangen konnte. Der bedrohliche geschichtliche Hintergrund der 1930er bis 1980er Jahre bleibt konstant, obwohl sich vor allem die Musik als tröstendes Element durch den Roman zieht. Seeberger zeigt ihren Onkel Bruno als Menschen inmitten von Weltgeschichte, dem jeweiligen politischen System ausgeliefert, jedoch stets ruhig, nie (an)klagend. Sie schlägt dabei leise Töne an - so wie es wohl auch ihr Onkel getan hat.

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Veröffentlicht am 17.01.2020

Humorvoll und feinfühlig

Stadt der Sonne
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Ihre Kinderbücher (die "Mumins") machten sie bekannt und zur Gewinnerin der Nils-Holgersson-Medaille und des Hans-Christian-Andersen-Preises: Tove Jansson. Die Romane, die sie für Erwachsene schrieb, sind ...

Ihre Kinderbücher (die "Mumins") machten sie bekannt und zur Gewinnerin der Nils-Holgersson-Medaille und des Hans-Christian-Andersen-Preises: Tove Jansson. Die Romane, die sie für Erwachsene schrieb, sind hierzulande allerdings weniger bekannt.
Bereits im Jahr 1974 erschien Janssons Roman "Solstaden" in Finnland, doch erst 2018 ist er für deutsche Leser entdeckt und übersetzt worden.
„Die Stadt der Sonne“ ist der kleine Ort St. Petersburg in Florida, einer der immer warmen Sehnsuchtsorte pensionierter Amerikaner, „…das Paradies auf Erden, belebend wie alter Wein…“. Auch in dem Gästehaus Butler Arms haben sich Rentner eingemietet, die hier - während sie das milde Klima und guten Service genießen - die ihnen verbleibende Zeit verbringen. Sehr unterschiedliche, teils skurrile Charaktere treffen hier aufeinander: abweisende und kommunikative, störrische und nachgiebige, selbstbewusste und ängstliche. Tove Jansson fühlt sich meisterhaft in jeden einzelnen ein und schildert die Personen so lebendig, dass der Leser das Empfinden hat, sie direkt vor sich zu sehen. Mit dem ihr eigenen Humor - oft hintergründig, manchmal bissig - schildert die Autorin den Alltag der Senioren und setzt als Kontrapunkt dazu die Liebesgeschichte des jungen Paares Linda und Bounty-Joe. Dem eigentlich deprimierenden Thema des Wartens auf den Tod stellt sie immer wieder heitere, versöhnendeTöne entgegen. Das Dahinfließen der Zeit und die gleichförmigen Tage, deren Höhepunkt das alljährliche Frühlingsfest darstellt, gestaltet Jansson gekonnt aus mit den jeweiligen Erinnerungen der alten Leute und kleinen Sticheleien der Senioren untereinander, kurz unterbrochen vom Auftauchen eines gealterten ehemaligen Showstars.
Sensibel und fein beobachtend, serviert Jansson uns einen liebevoll geschriebenen, nachdenklich stimmenden Roman.

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Veröffentlicht am 17.01.2020

Mit Spaß lesen lernen

Vincent flattert ins Abenteuer (Band 1)
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Für Kenner der „Scary Harry“-Reihe ist Vincent kein Unbekannter mehr; denn als Halb-Geister-Fledermaus hat er sich dort bereits eine heimliche (Mit-)Hauptrolle erflattert.
Nun ist er alleiniger Star eines ...

Für Kenner der „Scary Harry“-Reihe ist Vincent kein Unbekannter mehr; denn als Halb-Geister-Fledermaus hat er sich dort bereits eine heimliche (Mit-)Hauptrolle erflattert.
Nun ist er alleiniger Star eines Kinderbuches, das für Kinder ab 7 Jahren geeignet ist. Auf dem Dachboden, den er mit dem Polstergeist Polly teilt, möchte Vincent gern einen neuen Freund einquartieren, der beweglicher als Polly und ebenso unternehmungslustig ist wie er. Die kluge Eule Beule weiß Rat und heftet eine Suchanzeige an einen dicken Baum - und es dauert auch gar nicht lange, da klopft bereits ein Bewerber an die Dachluke …
Wie auch in ihren vorherigen Kinderromanen gelingt es Sonja Kaiblinger, junge Leser mit einer herrlich fantasievollen Geschichte zu begeistern, in der es nicht an Witz fehlt. Ideenreich und in kindgerechter, zeitgemäßer Sprache erzählt sie von der kleinen Fledermaus und ihren Kapriolen. Das stabil eingebundene Buch wartet mit relativ festen Papierseiten auf, die auch das Umblättern sehr ungeduldiger Kinderfinger gut überstehen. Hier dominieren ganzseitige Illustrationen mit viel „Action“ die Lektüre, in gewohnt witziger Manier von Fréderic Bertrand erstellt. Der Text ist geschickt in die Bilder integriert, wobei Erzähl- und Sprechtext durch unterschiedliche Schriftsätze kenntlich gemacht sind und die wörtliche Rede dem jeweiligen Charakter zugeordnet ist. Die Variationen an Schriftarten und –größen bringen zusätzlich Abwechslung in die Seiten, ebenso wie diverse Schriftfarben. Dennoch ist das Buch kein Comic: Illustrationen und Text wirken ausgeglichen und laden gerade Lesedebütanten ein, die Geschichte „häppchenweise“ zu erkunden. Eine amüsante Lektüre für Erstleser!

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Veröffentlicht am 15.12.2019

Beeindruckendes Debüt

Bleib bei mir
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Rotimi - der Name bedeutet Bleib bei mir. Das dritte Kind des Ehepaares Akin und Yejide wurde auf diesen Namen getauft, nachdem seine beiden älteren Geschwister bereits im frühen Kindesalter sterben ...

Rotimi - der Name bedeutet Bleib bei mir. Das dritte Kind des Ehepaares Akin und Yejide wurde auf diesen Namen getauft, nachdem seine beiden älteren Geschwister bereits im frühen Kindesalter sterben mussten. Eine große Tragödie für Akin und Yejide, die lange Zeit vergeblich versuchten, Eltern zu werden. Nach nigerianischem Brauch unternimmt Akins Familie einige Versuche, um die Nachkommenschaft zu sichern, bis Yejide schließlich doch schwanger wird.
Adébáyòs Debütroman entführt in eine faszinierende Welt, eine Gesellschaft, in der Tradition und modernes Leben nebeneinander existieren, alter Aberglaube nicht von moderner Technik ausgerottet worden ist. Die Autorin vermag auf fesselnde Art vom Alltag in Nigeria zu erzählen, wobei die politischen Unruhen und Umwälzungen nur am Rande erwähnt werden. Im Vordergrund steht das Leben zweier Menschen des gehobenen Mittelstandes, ihr Versuch, eine moderne Ehe zu führen, basierend auf Ehrlichkeit und gegenseitigem Vertrauen. Indem sie wechselweise Yejide und Akin zu Wort kommen und ihr Denken und Fühlen offen vor dem Leser darlegen lässt, bringt Adébáyò eine sehr lebendige Atmosphäre in ihren Roman. Erst nach und nach wird spürbar, wie schwierig es ist, wirklich ehrlich zueinander zu sein.
Ein Roman, der es möglich macht, intensiv mitzuerleben und mich gespannt auf weitere Bücher der nigerianischen Schriftstellerin zurücklässt.

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Veröffentlicht am 27.11.2019

Wunderschön

Eine Bilderreise
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Wer kennt ihn nicht, den „Vater“ von Pettersson und Findus? Die Bücher von Sven Nordquist sind heute nicht mehr aus den Kinderzimmern wegzudenken. Bekannt und beliebt für seine liebevoll kreierten Figuren, ...

Wer kennt ihn nicht, den „Vater“ von Pettersson und Findus? Die Bücher von Sven Nordquist sind heute nicht mehr aus den Kinderzimmern wegzudenken. Bekannt und beliebt für seine liebevoll kreierten Figuren, dem Detailreichtum der Bilder und seinem skurrilen Humor hat er sich einen Platz geschaffen. Und auch als Illustrator zahlreicher anderer Kinderbücher hat er sich einen Namen gemacht.
Einen etwas weiter gefassten Ausschnitt aus seinem Wirken zeigt nun die „Bilderreise“. Von eigenen Kinderbildern über Jugendskizzen und sehr frühen grafischen Arbeiten, die Nordquist etwa im Auftrag vonWerbefirmen erstellte, reicht die Palette bis hin zu Beispielen seiner Kinderbuchillustrationen. Eine wahre Schatztruhe! Der Text, in dem Nordquist über sich und seinen Werdegang erzählt, ist allerdings nicht so detailreich, wie man es von seinen Bildern her gewöhnt ist. Gegenüber der Fülle an fantasievollen Zeichen- und Malarbeiten, die vorgestellt werden, tritt er bescheiden in den Hintergrund - leider, muss ich sagen; denn es wäre schön, mehr über den Künstler zu erfahren. Dennoch: die „Bilderreise“ ist eine wunderbare Sammlung fantasievoller Abbildungen, die nicht nur Kinder begeistern kann.