Profilbild von marcello

marcello

Lesejury Star
offline

marcello ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit marcello über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.08.2020

Hier hat logisch leider nicht viel zusammengepasst

Bluthölle (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 11)
0

Meine Vorfreude auf „Bluthölle“ war wirklich extrem groß, denn nach den unbefriedigenden Erlebnissen mit Lucien Folter im Jubiläumsband war meine Hoffnung groß, dass wir nun wieder zum Alltagsgeschäft ...

Meine Vorfreude auf „Bluthölle“ war wirklich extrem groß, denn nach den unbefriedigenden Erlebnissen mit Lucien Folter im Jubiläumsband war meine Hoffnung groß, dass wir nun wieder zum Alltagsgeschäft übergehen können. Alltag ist hier nicht automatisch mit Langeweile gleichzusetzen, aber das wir zumindest auch wieder Garcia, Blake und all die anderen erleben und das in einer ganz normalen Ermittlung, aber natürlich so brutal wie eh und je.

Dennoch bin ich nie abgeneigt, wenn Carter mit seinen Thrillern experimentiert, denn nach zehn Bänden reicht es nämlich nicht mehr zu sagen, der Killer ist jetzt aber nochmal so viel brutaler als der davor, denn Brutalität ist auch immer Ansichtssache. Daher gefiel mir der Einstieg in den elften Band unheimlich gut, denn die Geschichte mit Angela, bei der gleich klar war, dass sie eine größere Rolle spielen würde und auf den Killer, auf den sie zufällig stoßen, wirkten ungewöhnlich. Dazu passend hat mir auch das gesamte erste Drittel des Buches echt gut gefallen, denn Hunter und Garcia mussten richtigen Streifenpolizistentätigkeiten absolvieren. Es wirkte wie "back to the roots", obwohl wir die Anfänge bis dato ja nie miterlebt haben. Aber wie sie nach der Leiche graben, wie sie richtige Zeugenbefragungen machen, Nachverfolgungen wie in der Bar, das waren klassische Aufgaben, die die beiden scheinbar nie nötig hatten. Daher wirkte diese Herangehensweise echt interessant und auch keinesfalls langweilig.

Doch leider hat sich irgendwann ein kleiner Bruch ergeben. Ich würde ihn wahrscheinlich irgendwo dort einordnen, wo das Tagebuch des Killers völlig unbedeutend wird und es nur noch darum geht, dass der Mann Angela nicht tötet. Grundsätzlich will ich die Handlung nicht verurteilen, weil man gleich von Anfang gemerkt hat, dass Hunter eine besondere Beziehung zu der jungen Frau aufgebaut hat, aber ich fand diese Schwerpunktverschiebung einfach nur seltsam. Zwar wurde das Tagebuch noch gebraucht, um anhand der linguistischen Besonderheiten herauszufinden, dass der Täter einen militärischen Hintergrund hat, aber die einzelnen Morde sind völlig untergegangen. Ich hatte ehrlich gesagt eher damit gerechnet, dass wir über die einzelnen Einträge und über die einzelnen Opfer dem Täter langsam auf die Spur kommen, aber die waren irgendwann null von Bedeutung, was mir nicht logisch erschien. Wer geht den Beweisen schon nicht nach?

Spätestens das letzte Drittel konnte ich mir zwar wunderbar als Actionsequenzen im Kino oder im Fernsehen vorstellen, aber für mich fing da im Buch die Zeit an, wo ich einzelne Seiten überblättert habe, besonders bei der Schnitzeljagd. Wie Hunter dann letztlich auch mit dem Killer zusammenkommt, ist auch nicht seinen genialen Momenten zu verdanken, sondern nur der Tatsache, dass dieser es so wollte. Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass Hunter nie das ganzen Ausmaß von den Fähigkeiten des Täters begreift und nachdem er es dann getan hat, hat er seltsam hilflos gewirkt. Insgesamt ist so bei mir der Eindruck entstanden, dass die zunächst guten Rahmenbedingungen irgendwann nicht mehr gut aufeinandergepasst haben. Einzelne Inhaltssequenzen waren immer noch extrem spannend, aber da vieles drum herum mich gestört hat, konnte ich mich daran nicht mehr so erfreuen.

Fazit: „Bluthölle“ ist zwar ein anderer Chris-Carter-Thriller, aber hier kann ich das leider nicht als Kompliment auslegen. Dafür war mir zu vieles unlogisch, zu ungewöhnlich, zuwider der Charaktere und damit war leider kein stimmiges Bild möglich. Das ist doppelt schade, denn die Geschichte des Täters und auch Angela hätten mehr verdient gehabt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.07.2020

Leider nahezu inhaltsleer

Dreams of Yesterday
5

L.H. Cosway ist auf dem deutschen Buchmarkt keine neue Entdeckung, da sie bei Lxy schon mehrere ihrer Werke veröffentlicht hat. Diese haben mich aus diversen Gründen nicht auf den ersten Blick angesprochen, ...

L.H. Cosway ist auf dem deutschen Buchmarkt keine neue Entdeckung, da sie bei Lxy schon mehrere ihrer Werke veröffentlicht hat. Diese haben mich aus diversen Gründen nicht auf den ersten Blick angesprochen, aber das Cover von „Dreams of Yesterday“, Auftakt zu einer neuen Dilogie, hat mich direkt angesprochen, da es verträumter und irgendwie ernsthafter als ein halbnackter Mann auf dem Cover daherkommt.

Nach den ersten Seiten habe ich mir innerlich applaudiert, dass ich es mit Cosway versuche, denn der Einstieg hat mir wirklich hervorragend gefallen. Ich fand sowohl Evelyn, kurz Ev, und Dylan extrem interessant. Sie hat mich ganz oft an mich selbst erinnert, auch mit ihrem vermeintlich sonderlichen Hobby des Gärtnerns. Auch Dylan, der alle Duftstoffe nach Bestandteilen filtern kann, das wirkte auf Anhieb so, als ob wir es hier in diesem Buch nicht mit x-beliebigen Figuren zu tun haben, sondern mit wirklichen Charaktertypen, mit denen man mitleiden und –fühlen kann. Mir hat es auch auf Anhieb gefallen, dass Ev und Dylan tiefgründige Unterhaltungen führen, nur hat sich genau das alles nur als Finte herausgestellt, die mich völlig auf die falsche Fährte mit diesem Buch geführt hat.

Ich habe mich zu Beginn natürlich gewundert, dass das Buch sehr dünn ist, zumal es auch für die üblichen Lxy-Preise auf den Markt kommt, aber dennoch bin ich jetzt am Ende schon fast etwas entsetzt, wie wenig Inhalt dieses Buch eigentlich hat. Nach dem süßen Kennenlernen von Ev und Dylan nämlich passiert im Grunde nicht mehr viel. Die beiden stürzen sich in eine Beziehung, in der sie völlig unverantwortlich Sex haben, obwohl sie doch ach so erwachsen inszeniert worden sind und ansonsten geht es nur noch darum, wie sie noch mehr Sex miteinander haben und wie außen rum ein paar Gefahren drohen, mehr aber auch nicht. Zudem gingen auch die Entscheidungen der beiden immer mehr den Bach runter. Vor allem von Dylan bin ich sehr enttäuscht worden. Hatte ich doch zu Beginn das Gefühl, bei ihm einen kleinen Philosophen versteckt zu haben, so hat sich doch eigentlich gezeigt, dass er extrem oberflächlich denkt und meint, etwas Besseres verdient zu haben und das Bessere scheint nur Geld zu sein. Ev hat bei diesen Gedanken zwar nicht mitgezogen, aber so richtig eine eigene Meinung haben durfte sie eben auch nicht.

Zum Ende hin gibt es dann auch noch einmal einen Knall (der im Übrigen fast komplett im Klappentext verraten wird) und dann ist das Buch auch schon vorbei und ich habe für mich leider nichts mitnehmen können, außer Verärgerung. Im zweiten Band wird es nun einen Zeitsprung geben und dann wird die Liebesgeschichte von Dylan und Ev zu Ende erzählt. Ich bin relativ schnell zum Schluss gekommen, dass es hier keine Dilogie hätte geben dürfen. Es wäre viel sinniger gewesen, den ersten Teil etwas zu kürzen und dafür die gesamte Geschichte in einem zu erzählen. Denn das Ergebnis von Band 1 ist in meinen Augen überhaupt nicht würdig, so aufwendig und vor allem so teuer produziert zu werden. Das mag jetzt sehr hart klingen, aber es gibt viele tolle Reihen, die wegen mangelnden Interesses nicht weiter übersetzt und veröffentlicht werden und es ist schade, dass das auf Kosten von solchen Büchern geht, die zwar ganz nett sind, aber eben auch definitiv nicht mehr.

Fazit: Nach „Dreams of Yesterday“ fällt es mir extrem schwer einzuschätzen, ob ich die Autorin Cosway tatsächlich beurteilen kann, weil ich mich viel mehr darüber geärgert habe, dass hier tatsächlich eine Dilogie veröffentlicht wird, obwohl Band 1 kaum Inhalt hat. Zwar habe ich mich auch über die Charaktere und einige Entscheidungen aufgeregt, aber ich bin überzeugt, dass Cosway hier mit einem Buch mich mehr abgeholt hätte. So aber nicht.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Gefühl
Veröffentlicht am 31.03.2020

Qualitativ extrem unterschiedlich

Wir sind das Feuer
1

Neuen AutorInnen muss immer eine Bühne bereitet werden, denn wie sonst sollen sie überhaupt in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken? Dennoch ist es auch stets schwierig, nach dem ersten veröffentlichten ...

Neuen AutorInnen muss immer eine Bühne bereitet werden, denn wie sonst sollen sie überhaupt in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken? Dennoch ist es auch stets schwierig, nach dem ersten veröffentlichten Titel eine abschließende Bewertung über die Fähigkeiten des Schreibers abzugeben, denn je mehr man schreibt, umso mehr stellt sich eine Routine ein, desto mehr kann man Feedback berücksichtigen und verarbeiten. Demnach ist aller Anfang schwer und so würde ich es auch für Neuling Sophie Bichon zusammenfassen. Ihre Dilogie ist bei Heyne erschienen und nachfolgend kommt die Bewertung des Auftakts „Wir sind das Feuer“.

Da ich im NA-Genre so belesen bin, ist natürlich nicht zu leugnen, dass hier ein Schema F oft nicht zu leugnen ist. Daher sind eher ungewöhnliche Stilelemente sicherlich keine schlechte Idee. Bichon arbeitet hier mit schnellen Perspektivwechseln innerhalb eines Kapitels. Sowas habe ich gerne in Krimis oder Thrillern, da so ein schnelles Lesetempo gefördert wird und auch die Spannung ins Unermessliche gesteigert wird. Diese Anforderungen stelle ich an einen Liebesroman nun mal nicht, deswegen hat sich mir auch schnell gezeigt, dass mir diese Stilistik für die Geschichte nicht gefällt. Die Wechsel kamen oft auch zur völligen Unzeit und haben Gedankengänge unterbrochen. Wechsel sogar mitten im Satz sollten wohl raffiniert wirken, mir haben sie aber den Lesefluss behindert.

Insgesamt wurde im gesamten Buch auf Schnelligkeit gesetzt: schnelle Wechsel, schnelles Vorantreiben von Handlung und schnelle Charakterentwicklungen. Auch wenn Schnelligkeit nicht generell falsch ist, so gibt es in diesem Genre gewisse Kernpunkte, in denen Schnelligkeit völlig fehl am Platz ist. Das ist zum einen in den Momenten, wo es intensiv und gefühlvoll zugehen muss. Dort lässt man einfach etwas liegen, wenn man zehn Zwischenschritte überspringt. Und auch die Beziehung zwischen den beiden Hauptfiguren muss dem Leser so transportiert werden, dass er die Anziehung zwischen ihnen nachvollziehen kann. Das gelingt aber nicht, wenn jetzt auf gleich von Liebe die Rede ist und sich nach diesem Liebesgeständnis noch nicht mal sicher ist, ob man ein Paar ist. Für mich hat es demzufolge zwischen Paul und Louisa nicht gefunkt. Das ist für eine Liebesgeschichte aber der entscheidende Punkt und der wurde eben nicht erfüllt.

Das ist besonders schade, weil man eben zwischendurch immer wieder merkt, dass die Autorin erzählen kann. Gerade gegen Ende des Buchs hin gibt es viele tolle Momente und die vor allem auf der Ebene der Freundschaft. Gerade die Szenen auf der Hütte waren gesellig, spaßig, rund und berührend. Auch die Fokussierung auf die Sprache zeugt von einer Sprachaffinität, die immer für sich spricht. Hier blitzte eben durch, was sein kann. Aber wie erwähnt darf man bei einem Debüt die Schwächen nicht zu hochhängen und sich stattdessen auf die Stärken konzentrieren. Die gibt es und das muss man am Ende mitnehmen.

Fazit: „Wir sind das Feuer“ kann mich leider in den zentralen Aspekten nicht überzeugen, da der Erzählstil in weiten Teilen und die Schnelligkeit und damit verbundene Oberflächlichkeit der Erzählung nicht für eine gefühlvolle Erzählung passen. Dennoch sind Aspekte zu erkennen, die Bichon als eine vielversprechende Autorin einordnen lassen. Hier macht Übung sicherlich den Meister.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.01.2020

Zu besessen

Follow Me Back
0

„Follow me back” sah von der Covergestaltung tatsächlich wie ein klassisches Lyx-Buch aus. Auch aufgrund des Klappentexts kann ich es sehr gut nachvollziehen, dass viele auf die Lektüre reingefallen sind, ...

„Follow me back” sah von der Covergestaltung tatsächlich wie ein klassisches Lyx-Buch aus. Auch aufgrund des Klappentexts kann ich es sehr gut nachvollziehen, dass viele auf die Lektüre reingefallen sind, aber da ich nun sehr spät mit dem Buch dran bin, war ich natürlich gewarnt. An einigen Stellen bekam man ja auch zu lesen, dass es eher einem Thriller gleiche. Okay, habe ich mir gedacht, ein Genre, das du ja gerne liest, also warum nicht? Das, was ich bekommen habe, fand ich aber aus ganz anderen Gründen problematisch.

Dank Netflix hat „You“ von Caroline Kepnes einen riesigen Erfolg gefeiert. Auch hier geht es um Besessenheit und Stalking und einige waren besorgt, wie ein Publikum von der Hauptfigur fasziniert sein kann, die sämtliche Grenzen überschreitet. Ich habe die Serie nicht unter diesen Aspekten geschaut, gehöre also nicht zu dieser „gefährdeten“ Gruppe. Ich finde aber auch, dass es jetzt hier an „Follow me back“ nichts geben kann, was einen ansonsten begeistern kann, auch wenn ich natürlich mitbekommen habe, dass es begeisterte Stimmen gegeben hat. Die Thrillerelemente sind ganz okay. Die Auszüge aus dem Verhör und die Erzählung sind geschickt gegeneinandergesetzt, um Spannung zu erzeugen. Gerade am Ende will man natürlich in einer Tour weiterlesen und diesen Vorteil will ich der Geschichte auch gar nicht absprechen.

Aber im Grunde ist es doch eine Liebesgeschichte und wenn man nach einem Cliffhanger liest, dass Lyx damit wirbt, dass man im zweiten Band erfährt, wie es mit Tessa und Eric weitergeht, dann wird das auch durch das Marketing unterstrichen. Aber es ist keine Liebesgeschichte, die ich empfehlen würde, da vor allem die Charakterarbeit der beiden Protagonisten in meinen Augen eine Katastrophe ist. Tessas traumatisches Erlebnis hin oder her ich fand sie als Person unerträglich. Sie hatte immer mal wieder kurze gute Momente, wo ich dachte, „Jetzt ja!, nur damit doch wieder alles den Berg hinunterging. Zwar wurde mit vielen Begriffen des Psychologie um sich geschmissen, ich hatte aber dennoch nicht den Eindruck, dass eine tatsächlich authentische Darstellung geboten wurde. Dafür ging der Blick hinter ihre Fassade nicht tief genug.

Bei Eric wiederum musste ich die ganze Zeit an Justin Bieber denken. Ob die Autorin ihn vielleicht auch im Hinterkopf hatte, ich weiß es nicht, jedenfalls fand ich die Parallelen schon extrem. Auch ihn sieht man ja regelmäßig vollkommen fertig abgelichtet, da könnte ich mir oft vorstellen, dass es ihm einfach zu viel ist. Diesen Teil fand ich bei Eric sehr gut nachvollziehbar, aber alles andere war auch hier oberflächlich noch und nöcher. Wie impulsiv er in den Medien agiert hat, wie unfair er sich Tessa gegenüber verhalten hat, um dann den oberflächlichen Macker raushängen zu lassen, der unbedingt wissen will, wie sie aussieht. Der dann auch schnell zweideutige Nachrichten schickt und schwupps die große Liebe in ihr gefunden hat. Als die beiden dann erstmals aufeinandertreffen, war er so unsensibel, dass er definitiv eine Lektion verdient hätte. An dieser Stelle merke ich, dass ich mich in Rage reden könnte, was ich hier aber abbrechen will. Eine Liebesgeschichte war das der beiden für mich einfach nicht.

Fazit: Was soll „Follow me back” eigentlich sein? Wirklich eine Liebesgeschichte, doch ein Thriller? Die Thrillerelemente sind zwar halbswegs okay, aber für die Verbindung von Tessa und Eric das Wort Liebe in den Mund zu nehmen, wäre eine Beleidigung. Der zweite Teil wird mir definitiv nicht ins Regal kommen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.10.2019

Märchen brauchen keine Fortsetzung

Cinder & Ella
2

„Cinder & Ella“ von Kelly Oram wurde von Anfang als Neuinterpretation eines Märchenklassikers beworben. Dieser Eindruck hat sich bei der Lektüre des ersten Teils auch absolut aufgedrängt, denn die Geschichte ...

„Cinder & Ella“ von Kelly Oram wurde von Anfang als Neuinterpretation eines Märchenklassikers beworben. Dieser Eindruck hat sich bei der Lektüre des ersten Teils auch absolut aufgedrängt, denn die Geschichte ist märchenhaft und hat viele Elemente, die auch das klassische Cinderella-Märchen zu bieten hatte. Daher gab es am Ende auch ein Happy End, ein zufriedenstellendes. Dennoch ist relativ schnell bekannt geworden, dass es noch einen zweiten Band geben wird, der sich der Zeit nach dem Happy End widmet. Die Skepsis war von Anfang groß bei mir, denn Märchen brauchen keine Fortsetzungen. Sie leben davon, dass die Geschehnisse nach dem „Und wenn sie nicht gestorben sind…“ für immer ein Geheimnis bleiben werden. Daher sind auch die weiteren Teile von einigen Disney-Verfilmungen, die teilweise auf Märchen beruhen, meist qualitativ zurückstehend. Kann Oram mit dem zweiten Teil nun das Gegenteil beweisen?

Ich habe gut in den zweiten Band hineingefunden, da er nahtlos an den ersten anknüpft. Wir sind also mitten dabei, wie sich Ella und Brian erst jetzt so richtig kennenlernen, von Angesicht zu Angesicht, aber halt nein?! Das passiert ja gar nicht! Relativ schnell driftet die Geschichte nämlich in das neue Starleben von Ella ab, das nur so von Absurdität und übertriebenen Entwicklungen geprägt ist. Was eigentlich so schön anfing mit Paarmomenten, Schwesternmomenten, einem besinnlichen Weihnachtsfest, wird leider zu einer oberflächlichen Betrachtung des Lebens eines Stars, was überhaupt nicht zu der süßen Liebesgeschichte passt, die wir im ersten Band so gefeiert haben.

Mit Ellas Selbstzweifeln bezüglich ihrer Narben haben wir wenigstens noch ein Thema, das konsequent an ihre Situation erinnert, aber ansonsten werden die therapeutischen Sitzung, die Physiotherapie und weitere medizinische Eingriffe einfach unter den Tisch gekehrt. Genau das waren aber die Stärken von Band 1, wo Oram vor einer einfühlsamen Geschichte noch keine Distanz gewahrt hat. Zwar haben wir noch das Thema der Narben, aber dieses wird durch Dessous- und schließlich sogar Nacktshootings in Bahnen gelenkt, wo ich nur noch den Kopf schütteln konnte. Die Botschaft, die Ella damit nach außen tragen sollte, finde ich zwar wichtig und nachvollziehbar, aber in ihrem ganzen Entwicklungsprozess, der auch daraus besteht, dass sie Brian körperlich kaum an sich heranlässt, wirkt es überstürzt und unlogisch. Als authentisch empfinde ich all das nicht mehr.

Auch die übrigen Entwicklungen sind von extremem Drama geprägt, so dass die dargebotenen Szenen (aufdringliche Fans, ein als Passant getarnter Gossip-Reporter und ein großer Streit mit Ellas Vater) aufgesetzt und unnatürlich wirken. Sie sollen Botschaften vermitteln, das ist klar, aber Band 1 ist auch ohne diese übertriebene Dramatik ausgekommen und konnte dennoch überzeugen. Es ist auch einfach nur lächerlich, wenn Ella, nur weil sie die Freundin eines bekannteren Mannes ist, selbst zum größten Star der Welt wird und nur so kann man all die Erzählungen und die Werbung um sie als Klientin interpretieren. In all diesem Wirrwarr gefällt mir wenigstens, dass Ella als Person stabil bleibt. Sie ist immer noch die intelligente junge Frau, die eine klare Meinung vertritt, die aber auf ihr Äußeres ihre Selbstzweifel aufbaut. Sie bleibt in all dieser Oberflächlichkeit auf dem Boden und sorgt für die ein oder andere starke Retourkutsche. Ansonsten kann ich in dieser überhastet erzählten Geschichte, in der auch viele heimliche Helden des ersten Bandes zu kurz kommen, nicht viel abgewinnen.

Fazit: Leider bestätigt die Fortsetzung von „Cinder & Ella“, warum man von Fortsetzungen oftmals lieber die Finger lassen sollte. Vor allem Märchen sind in sich abgeschlossen perfekt, hier an Dingen zu rütteln, kann nur schlechter werden. Daher kann ich nur allen unentschlossenen LeserInnen raten, dass sie lieber die Finger von Band 2 lassen sollte, denn er wird zwangsweise eine Ernüchterung folgen, denn die Geschichten haben qualitativ nichts gemein.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Atmosphäre
  • Figuren
  • Gefühl