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Veröffentlicht am 16.02.2020

Interessanter Lübeck-Krimi

Lübsche Wut
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In der Lübecker JVA Lauerhof wird der Insasse Ralf Blum tot aufgefunden. Blum ist wahrscheinlich der bekannteste Häftling der Anstalt, da der Missbrauch und anschließende Mord an einem achtjährigen Jungen, ...

In der Lübecker JVA Lauerhof wird der Insasse Ralf Blum tot aufgefunden. Blum ist wahrscheinlich der bekannteste Häftling der Anstalt, da der Missbrauch und anschließende Mord an einem achtjährigen Jungen, für den er vor dreißig Jahren verurteilt wurde, durch alle Medien ging und die Gemüter erhitzte. Nun ist Blum tot und alles sieht nach einem Suizid aus. Birger Andresen und seine Kollegin Ida-Marie Berg nehmen die Ermittlungen auf. Denn was sollte Blum nach all den Jahren zum Selbstmord veranlasst haben? Die beiden stoßen allerdings auf eine Mauer des Schweigens und schon bald wird ihnen der Fall vom LKA entrissen. Doch das hält Andresen nicht davon ab, tiefer zu graben und was er dort entdeckt, zieht weite Kreise....

"Lübsche Wut" ist bereits der neunte Lübeck-Krimi aus der Feder von Jobst Schlennstedt. Man kann den aktuellen Ermittlungen aber auch dann problemlos folgen, wenn man noch keinen Band der Reihe gelesen hat. Denn der Autor lässt wichtige Hintergrundinformationen zu den Charakteren in die Handlung einfließen.

Der Einstieg in den Fall gelingt durch den spannungsgeladenen Prolog mühelos. Denn dadurch ist man sofort mitten im Geschehen. Danach flacht die früh aufgebaute Spannung zunächst wieder ab, da Birger Andresen und seine Kollegin Ida-Marie Berg bei den Ermittlungen ständig ausgebremst und aufs Abstellgleis geschoben werden. Doch die beiden entwickeln einige kreative Ideen, um trotzdem an Informationen zu gelangen.

Auch wenn die Ermittlungen zunächst auf der Stelle treten und andere Ereignisse im Vordergrund stehen, kommt dennoch keine Langeweile auf, da Jobst Schlennstedt Handlungsorte und Charaktere so lebendig beschreibt, dass man sie vor Augen hat. Die ganz besonderen Umstände dieses Falls sorgen außerdem dafür, dass man durchgehend interessiert beobachtet, was vor sich geht und versucht, dabei eigene Rückschlüsse zu ziehen. Da hier nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint und man sich nicht sicher sein kann, wer eigentlich die Strippen zieht, gerät man in den Sog der Ermittlungen. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass man sich in die Irre leiten lässt und die eigenen Überlegungen überdenken muss. Das macht einen großen Reiz dieses eher ruhigen, aber dennoch interessanten, Krimis aus. Zum Ende hin überschlagen sich allerdings die Ereignisse und dann wird es nochmal richtig spannend.

Ein eher ruhiger Krimi, der dazu einlädt, eigene Ermittlungen anzustellen und durch grandioses Lübeck-Flair überzeugt!

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Veröffentlicht am 04.02.2020

Startet zunächst gemächlich, entwickelt sich dann aber zu einem wahren Pageturner

Wolves – Die Jagd beginnt (Ein New-Scotland-Yard-Thriller 3)
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Der ehemalige Polizist Finlay Shaw wird tot aufgefunden. Da der Raum von innen verschlossen und Finlay offensichtlich allein darin war, geht man davon aus, dass es sich um Selbstmord handelt. Doch William ...

Der ehemalige Polizist Finlay Shaw wird tot aufgefunden. Da der Raum von innen verschlossen und Finlay offensichtlich allein darin war, geht man davon aus, dass es sich um Selbstmord handelt. Doch William "Wolf" Fawkes kann und will nicht daran glauben, dass sein ehemaliger Mentor sich selbst getötet hat. Gemeinsam mit Emily Baxter beginnt Fawkes zu ermitteln. Zunächst bleibt die fieberhafte Suche der beiden ergebnislos, doch dann entdeckt Fawkes erste Hinweise, die tief in die Vergangenheit führen. Das, was dann ans Tageslicht kommt, ist schier unglaublich...

Nach "Ragdoll" und "Hangman" ist "Wolves" bereits der dritte Band der New Scotland Yard Reihe von Daniel Cole. Man kann diesen Teil sicher auch ohne Vorkenntnisse lesen, doch empfehlenswert ist es nicht, da fehlende Hintergrundinformationen zu den Protagonisten und den jeweiligen Beziehungen untereinander, den Einstieg sonst etwas erschweren könnten.

Die Handlung wird aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Dabei kommt es auch immer wieder zu Rückblicken in die Vergangenheit. Da diese aber durch Jahreszahlen gekennzeichnet sind, fällt die Orientierung leicht. Der Einstieg ins Geschehen verläuft zunächst etwas gemächlich. Es kommt durchaus zu interessanten und fesselnden Szenen, doch die dort aufgebaute Spannung kann vorerst nicht durchgehend gehalten werden, sondern flacht zwischendurch immer wieder ab. Das ändert sich ab der Hälfte des Buchs allerdings gewaltig, denn dann sorgt eine entscheidende Erkenntnis dafür, dass man den Thriller nicht mehr aus der Hand legen mag. Daniel Cole liefert ein spannendes Katz- und Mausspiel, das durch überraschende Wendungen zu einem wahren Pageturner wird.

Die Charaktere machen es einem nicht immer leicht. Dennoch gewöhnt man sich schnell an die Eigenarten und kann die Kabbeleien, die sich auflockernd durchs Geschehen ziehen, genießen. Daniel Cole beschreibt Handlungsorte und Protagonisten so authentisch, dass man sich alles lebhaft vorstellen kann. Außerdem gelingt es ihm, die unterschiedlichen Handlungsstränge am Ende schlüssig zu verknüpfen.

Nach einem eher gemächlichen Start entwickelt sich "Wolves" doch noch zu einem Pageturner, den man nicht mehr aus der Hand legen mag. Zum besseren Verständnis der privaten und beruflichen Verwicklungen empfiehlt es sich allerdings, die Bände der New Scotland Yard Serie in der richtigen Reihenfolge zu lesen.

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Veröffentlicht am 02.02.2020

Interessanter Reihenauftakt

Cold Case - Das verschwundene Mädchen
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In den frühen Morgenstunden eines stürmischen Tages wird Linnea in ihrem Haus von einem unbekannten Mann überfallen. Sie kann zunächst fliehen, wird dann aber doch von ihm aufgespürt, vergewaltigt und ...

In den frühen Morgenstunden eines stürmischen Tages wird Linnea in ihrem Haus von einem unbekannten Mann überfallen. Sie kann zunächst fliehen, wird dann aber doch von ihm aufgespürt, vergewaltigt und brutal ermordet. Schon bald hat die Polizei den Verdacht, dass es sich um einen Serientäter handelt, der immer dann zuschlägt, wenn die Männer der Frauen bereits das Haus verlassen haben. Die Angst geht um, denn niemand kann vorhersehen, wann und wo der Täter erneut zuschlagen wird. Er ist darauf bedacht, keinerlei Spuren zu hinterlassen. Durch eine Unachtsamkeit hinterlässt er bei einem Überfall allerdings doch einen Hinweis. Und genau diese Spur verknüpft sich mit dem alten, nie gelösten Fall, der damals 19-jährigen Annika, die nach einer Party spurlos verschwand. Tess Hjalmarsson ist eine Expertin für Cold Cases. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Marie Erling beginnt sie, den alten Fall erneut aufzurollen. Dabei sitzt ihnen die Zeit im Nacken, denn der Täter kann jederzeit erneut zuschlagen.....

"Das verschwundene Mädchen" ist der Auftakt zu einer neuen Cold-Case-Reihe, in der die Expertin Tess Hjalmarsson ermittelt. Der Einstieg in die Handlung gelingt mühelos, da man sich sofort mitten im spannenden Geschehen befindet und den Überfall auf Linnea beobachtet. Diese Szenen werden so eindringlich geschildert, dass man unmittelbar mit Linnea mitfiebert. Danach flacht die früh aufgebaute Spannung zwar etwas ab, doch der Autorin gelingt es hervorragend, das Interesse am Geschehen durchgehend zu schüren.

Das liegt sicher auch daran, dass man es hier gleich mit zwei Fällen zu tun hat. Denn man beobachtet sowohl die aktuellen Ermittlungen hinsichtlich des Serientäters, der sich auf die Frauen spezialisiert hat, die morgens allein im Haus sind, als auch die Ermittlungen im Fall der damals verschwundenen Annika. Da man sich nicht sicher sein kann, ob sich die Fälle tatsächlich verbinden werden, versucht man selbst beim Lesen Verbindungen zu ziehen. Damals scheint man beim Verschwinden von Annika längst nicht allen Hinweisen nachgegangen zu sein, sondern sich früh auf einen Verdächtigen, dem man dann aber doch nichts nachweisen konnte, festgelegt zu haben. Beim alten Fall ist also nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint und das regt immer wieder selbst zum Mitermitteln an.

Da es sich hier um den Auftakt zu einer neuen Reihe handelt, werden die Hauptprotagonisten recht ausführlich eingeführt. Das geht zwar zu Lasten der bereits früh aufgebauten Spannung, lässt die Charaktere allerdings authentisch wirken. Auch wenn die privaten Nebenhandlungen manchmal die eigentlichen Ermittlungen in den Hintergrund rücken, bleibt das Interesse an beiden Fällen konstant erhalten. Der Autorin gelingt es hervorragend, die unterschiedlichen Fäden miteinander zu verknüpfen. Wenn man allerdings auf einen nervenaufreibenden Thriller hofft, der enorme, durchgehende Hochspannung liefert, dürfte man von diesem Auftakt ein wenig enttäuscht sein. Krimileser, die gerne selbst mitermitteln und es eher ruhiger bevorzugen, dürften hier allerdings voll auf ihre Kosten kommen.

Es handelt sich hier zwar nicht um einen hochspannenden Thriller, aber dennoch um einen interessanten Auftakt zu einer neuen Reihe, die ich gerne weiterverfolgen werde.

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Veröffentlicht am 31.01.2020

Gelungene Fortsetzung

Café Engel
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Wiesbaden, 1959: Im Café Engel bleiben die Gäste weg, denn die Konkurrenten locken mit Angeboten, moderneren Außenbereichen und besonderen Aktionen. Hilde weiß, dass sie unbedingt etwas unternehmen muss, ...

Wiesbaden, 1959: Im Café Engel bleiben die Gäste weg, denn die Konkurrenten locken mit Angeboten, moderneren Außenbereichen und besonderen Aktionen. Hilde weiß, dass sie unbedingt etwas unternehmen muss, damit das Café überleben kann. Doch Mutter Else sträubt sich gegen Veränderungen und hält nichts davon, einen Konditor einzustellen, der die Kundschaft mit leckeren Kreationen wieder zurück ins Café locken könnte. Ehemann Jean-Jacques verbringt die meiste Zeit auf seinem Weingut. Als er sich fast gar nicht mehr bei seiner Familie sehen lässt, aber dafür viel Zeit alleine mit einer Verwandten auf dem Weingut verbringt, handelt Hilde gewohnt impulsiv. Die Ehe steuert in eine heftige Krise....


Es handelt sich bei diesem Roman um den dritten Band der "Café Engel-Saga". Im Zentrum der Handlung steht die Familie Koch, die das Café Engel im Wiesbadener Kurviertel führt. Das Geschehen wird aus wechselnden Perspektiven betrachtet. Da diese immer mit dem Namen des Protagonisten, der gerade im Zentrum der Ereignisse steht, gekennzeichnet sind, fällt es leicht, den Überblick zu behalten. Der erneute Einstieg in die Reihe gelingt mühelos, denn die Autorin versteht es hervorragend, kleine Details aus der Vergangenheit einzustreuen, sodass man sich an frühere Ereignisse, die Protagonisten und die jeweiligen Beziehungen untereinander, erinnert. Man trifft auf alte Bekannte, aber auch auf neue Gesichter und schon bald fühlt man sich wieder ganz heimisch im Café Engel.

In all den Jahren hat sich einiges getan und auch jetzt kommt die Familie nicht zur Ruhe. Deshalb taucht man gerne wieder in die Caféhaus-Atmosphäre ein und genießt die Eigenarten der Familienmitglieder. Handlungsorte und Protagonisten werden dabei so lebendig beschrieben, dass man sie regelrecht vor Augen hat und schon beinahe meint, den Kaffeeduft zu riechen und das Geschirr klappern zu hören. Durch die unterschiedlichen Perspektiven bleibt die Handlung abwechslungsreich. Denn in dieser Familie ist einfach immer etwas los. Marie Lamballe gelingt es problemos, den damaligen Zeitgeist zu beschreiben und durch eine einzigartige Atmosphäre zu vermitteln.

Eine gelungene Fortsetzung der Saga. Bereits nach kurzer Zeit fühlt man sich wieder heimisch und mag diesen angenehmen Wohlfühl-Ort nicht mehr verlassen.

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Veröffentlicht am 28.01.2020

Zwei Versionen eines Lebens

Die andere Welt
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Peggy und Irving Alder werden im September 1978 Eltern. Das Besondere an diesem Roman sind die zwei Welten, die die Autorin aufzeigt. Denn Peggy und Irving bekommen ein einziges Kind, das sie Lou nennen. ...

Peggy und Irving Alder werden im September 1978 Eltern. Das Besondere an diesem Roman sind die zwei Welten, die die Autorin aufzeigt. Denn Peggy und Irving bekommen ein einziges Kind, das sie Lou nennen. Die Kurzform von Louise und Louis. In der einen Welt bekommen die beiden ein Mädchen und in der anderen einen Jungen. Es handelt sich also um ein und dieselbe Person, die sich nur durch das Geschlecht unterscheidet. Beide wachsen im selben Umfeld, in identischen familiären Verhältnissen und mit den gleichen Freunden auf. Und beide kehren ihrer Heimatstadt nach einem dramatischen Ereignis den Rücken. Doch sie müssen sich dreizehn Jahre später der Vergangenheit stellen und zurückkehren.

Die Handlung wird aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet, bei denen es auch Rückblenden in die Vergangenheit gibt. Allerdings sind sowohl die Wechsel mit dem Namen der Person, die gerade im Zentrum steht, als auch die Rückblicke mit der entsprechenden Jahresangabe gekennzeichnet. Da Louise und auch Louis in der jeweiligen Handlung allerdings als Lou bezeichnet werden, ist es wichtig, zunächst konzentriert zu lesen, um den Überblick zu behalten. Julie Cohen versteht es dabei hervorragend, Protagonisten und Handlungsorte so zu beschreiben, dass man sie mühelos vor Augen hat. Obwohl der Einstieg etwas gemächlich verläuft, sorgt ihr einfühlsamer Schreibstil dafür, dass man sich in der Geschichte sofort wohlfühlt und interessiert das Geschehen verfolgt.

Es ist erstaunlich, wie unterschiedlich die Lebensläufe der beiden sich, trotz der gleichen Voraussetzungen, entwickelt haben. Das zeigt sich auch am Verhältnis zu Eltern und besten Freunden. Louise und Louis müssen sich alten Konflikten stellen und Mut fassen, zu ihren Gefühlen zu stehen. Beim Lesen wird man zum Nachdenken angeregt. Es zeigt sich, wie sehr selbst kleine Entscheidungen das eigene Leben, aber auch das von anderen, beeinflussen können.

Dieser Roman hebt sich, durch die außergewöhnliche Idee, ein und dieselbe Person einmal als Mädchen und einmal als Jungen zu betrachten, aus der Masse hervor. Nach dem eher gemächlichen Einstieg nimmt die Handlung deutlich Fahrt auf und besticht dann durch eine emotionale Achterbahnfahrt der Gefühle.

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