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Veröffentlicht am 27.03.2017

Hotel du Barry oder der Mikrokosmos des "Labyrinth"

Hotel du Barry oder das Findelkind in der Suppenschüssel
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Das Romandébut "Hotel du Barry" oder das Findelkind in der Suppenschüssel" von Lesley Truffle erschien als HC 2017 im Verlag HarperCollins, Germany.

"Im berühmten Hotel du Barry lebt Cat in ihrer eigenen ...

Das Romandébut "Hotel du Barry" oder das Findelkind in der Suppenschüssel" von Lesley Truffle erschien als HC 2017 im Verlag HarperCollins, Germany.

"Im berühmten Hotel du Barry lebt Cat in ihrer eigenen Welt. Am liebsten schwänzt die Ziehtochter des Hoteldirektors ihre Ballettstunden, um in der Bibliothek zu schmökern. Oder sie schnappt sich ihr Notizbuch oder forscht in den labyrinthischen Gewölbekellern nach ihrer eigenen Geschichte. Jemand hat sie damals hier zurückgelassen - und sie wäre keine echte du Barry, wenn sie diesem Rätsel nicht auf die Spur kommen könnte. Doch als ein tragischer Unfall die Londoner Oberschichte in Aufruhr versetzt, besteht bald kein Zweifel: Hier gehen gefährlichere Dinge vor sich, als die makellose Hotelfassade vermuten lässt...." (Quelle: Klappentext)

Meine Meinung:

Die Geschichte beginnt mit einem Baby an der Wäscheleine, das von Mary Maguire, einem Hausmädchen des Hotels gefunden wird. Das Personal berät sich kurzerhand und wechselt sich mit der Betreuung des kleinen Mädchens ab, um es nicht der öffentlichen Jugendhilfe anheimgeben zu müssen...
Eines Tages wird es zum Schlafen in die silberne Suppenschüssel gelegt, die für den Direktor, Daniel du Barry, bestimmt ist: Wird Mary das Mädchen als eigene, uneheliche Tochter ausgeben? Wie wird der Direktor reagieren? Da Daniel du Barry ein wahrer Gentleman ist (für mich die sympathischste Figur von allen), adoptiert er kurzerhand das kleine Mädchen, das fortan unter dem Namen Caterina Anastasia - Kurzform Cat - im Hotel aufwächst. Das Hotelpersonal ist entzückt, da Cat ein neugieriges, wenn auch sehr schläfriges Kind ist, das gerne lernt und sich am liebsten in der Bibliothek des "Vaters" bedient... Einzig Edwina Lamb, die um ihr eigenes Wohl am meisten bedacht ist und eine Art viktorianisches Gehabe dem Dienstpersonal entgegenbringt, ist weniger gut auf die Ziehtochter zu sprechen: Statt Ballettstunden zu nehmen und die Etikette der Oberschicht zu erlernen, um später "eine gute Partie" zu machen - möglichst noch mit Adelstitel - ist Cat viel lieber in ihrer geliebten "Familie" bei Mary Mary, Bertha, Sean, Jim, Henri und den Zimmermädchen, die sie gemeinsam großziehen. Später wird sie sich der Kunst verschreiben und wird nach dem tragischen Unfall, der sich auf dem Hoteldach abspielte, von Edwina, die nun das Imperium leitet (wann immer dazu Zeit ist, da zwischenmenschliche Kontakte und Sex allerorten immer die höchste Priorität ist, und dies nicht nur bei ihr), wo es dieser möglich ist, gegängelt.

Während einige Hotelangestellte - so z.B. Sebastian, erst einmal abwandern, bleiben andere wie z.B. Jim Blade, der auf alles immer ein Auge hat als Hoteldetektiv, um mit Cat gemeinsam herauszufinden, was sich tatsächlich am Tag des Unfalls im Hotel ereignet hat...

Der Schreibstil ist zuweilen bissig, sarkastisch und eingängig zu lesen. Ein ironischer Unterton ist mit Humor gepaart, allerdings kam die Geschichte für mich nicht so schnell 'in Fahrt'. Das erste Romandrittel langweilte mich und ich quälte mich etwas durch die Seiten, die eine mondäne Welt beschreiben, in der viele Charaktere irgendwie für mich an der Oberfläche blieben - ebenso wie ihr Verhalten. Ich konnte mich den Figuren nicht nähern, sie blieben zumeist Fremde, auch die Hauptprotagonistin selbst. Einzig Daniel du Barry, vermögender Hoteldirektor mit einem ausgeprägten Faible für die Unterstützung ärmerer Gesellschaftsschichten, Obdachloser schien mir recht sympathisch. Allerdings ist auch hier die Geschichte so angelegt, dass es fast eine Karrikatur ist, wenn etwa ein Hoteldirektor ein Weihnachtsfest vor der Hoteltür für alle Bedürftigen und Obdachlosen der Stadt gibt - etwas dick aufgetragen.
Der Unterhaltungswert ist hoch; plätscherte die Beschreibung alles Möglichen (einschließlich der Beziehungen innerhalb des Personals) so vor sich hin wie das Wasser der Themse, so erhöhte sich der Spannungsfaktor nach dem Unfall doch noch: Was war wirklich an dem fraglichen Abend passiert?

Um dies herauszufinden, müssen sich einige Verbündete Cats, allen voran Mary, Jim, Bertha und Sean sehr anstrengen, die Wahrheit ans Tageslicht zu zerren; sie bedienen sich dazu makabrer, aber sehr wirkungsvoller Mittel....

Gelungen ist es der Autorin, die Welt des Hotels immer wieder wie ein (eleganter) Mikrokosmos zu beschreiben, so etwa das mondäne Dachcafé, das nach Plänen der Medicis vergleichbar angelegt wurde. Eine gewisse Schlüpfrigkeit, erotische Passagen sind während des gesamten Romans zu finden; der Schreibstil ist stellenweise ironisch-heiter, auch komisch und transportiert neben den Dialogen (einige von ihnen haben schon was ;) auch die nicht minder witzigen Gedankengänge der jeweiligen Akteure.

Fazit:

Ein Roman mit sehr hohem Unterhaltungswert, der den Mikrokosmos inclusive halbseidener Gestalten eines Luxushotels beschreibt sowie das detektivische Gespür einer jungen Frau, die an einer Wäscheleine zurückgelassen wurde. Da mir hier trotz Komik und Humor doch sehr eine Sinnhaftigkeit und Tiefgang fehlen; die Figuren für mich nicht wirklich erkennbar waren und doch einiges an der Oberfläche blieb, gebe ich 3 Sterne - wobei 1 Stern dem Schreibstil von Lesley Truffle gewidmet ist; 2 Sterne für die Romanhandlung - das Potential ist jedoch sicher noch ausbaufähig.

Veröffentlicht am 18.02.2017

Ein düsteres Geheimnis am See

Das Haus der leeren Zimmer
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"Das Haus der leeren Zimmer" von Lesley Turney (im Original: "The Secret by the Lake") erschien als 4. Roman der englischen Autorin 2017 als tb im Verlag Piper. Übersetzt wurde er von Monika Köpfer. ...

"Das Haus der leeren Zimmer" von Lesley Turney (im Original: "The Secret by the Lake") erschien als 4. Roman der englischen Autorin 2017 als tb im Verlag Piper. Übersetzt wurde er von Monika Köpfer. Die Geschichte rankt sich im klassischen Sinne um Familiengeheimnisse und tragische Personen, denen man im Roman begegnet. Das Cover dürfte besonders Frauen ansprechen, die sehr gerne das Genre 'Familiengeheimnis' mögen, wozu ich mich durchaus auch zähle.

"Als Amy von ihrer Freundin Julia und deren kleiner Tochter (Vivi) um Hilfe gebeten wird, packt sie umgehend ihre Koffer und reist nach Somerset. Doch in dem düsteren Haus am See ist nichts, wie es sein soll. Julia ist schwermütig, und die einsame kleine Viviane tröstet sich mit einer unsichtbaren Freundin, Caroline. Aber Caroline ist auch der Name von Julias älterer Schwester, die in ihrer Jugend unter mysteriösen Umständen zu Tode kam. Keiner der Dorfbewohner scheint über sie sprechen zu wollen - selbst der hilfsbereite Nachbar Daniel schottet sich ab...." (Quelle: Buchrückentext)

Meine Meinung:

Die Geschichte beginnt mit einem Prolog, das im Somerset des Jahres 1931 angesiedelt ist, in dem das Hausmädchen im Herrenhaus der Aldridges eine wertvolle Kette mit einem Rubinanhänger an sich nimmt...

Die Hauptprotagonistin Amy kümmert sich als Erzieherin um die Tochter ihrer Freundin Julia im südlichen Frankreich Anfang der 1960er Jahre; Julia muss mit Vivi, ihrer Tochter, nach dem Tode ihres Mannes Frankreich verlassen und zieht in das geerbte Cottage in Blackwater, North Somerset, England. Hier beginnt die Geschichte sich zu entfalten, als Amy ihre Freundin Julia unterstützen möchte und sich wiederum um deren Tochter kümmert. Nach einiger Zeit findet sie mit Hilfe von Daniel Aldridge, der nach dem Dach schaut, in einem alten Schulranzen den wertvollen Rubinanhänger - und verliebt sich in den netten Sohn des Nachbarn, dessen Familie seit langem mit der Familie Julias zerstritten ist...

Der Roman ist eingängig und sehr leicht zu lesen, allerdings wirkte auf mich vieles etwas hölzern und konstruiert; auch die Schauerelemente, die stilistisch des öfteren anzutreffen sind, fand ich teils eher störend. Sie manifestieren sich in fremden Stimmen am Telefon, Schritten im Haus, Tassen fallen vom Kaminsims etc. Positiv möchte ich aber die atmosphärische Dichte erwähnen, die sich in der reizvoll beschriebenen Landschaften des englischen Somerset und dem See wiederspiegeln.

Die Rolle Amy's ist sehr aufopferungsvoll und gleicht zuweilen der einer Sklavin: Julia, die nach dem Tod ihres Mannes in Depressionen verfällt, kommt trotz fehlender Mittel keinesfalls auf die Idee, dass auch sie etwas an der Situation verbessern könnte; im Verlauf des Romans wird sie mir immer unsympathischer: Verwöhnt, handlungsunfähig und depressiv, Amy's Hilfsbereitschaft ausnutzend. Auch Amy konnte mich als Hauptfigur nicht richtig überzeugen, da es eigentlich über die Kräfte einer Person geht, zwei Menschen derart und auf Dauer zu unterstützen und dabei so selbstlos zu sein. Auch die Sprache fand ich zuweilen übertrieben ("Liebes").

Der Unterhaltungsfaktor ist extrem hoch, an Klarheit und Tiefgang mangelt es hingegen; in der Romanmitte gibt es Längen, die mein Leseinteresse eher erlahmen ließen, da sich inhaltlich und sprachlich vieles wiederholte. Auch die große Demut Amy's begann mich zu nerven. Gegen Ende des Romans spitzt sich die Dramatik zu, jedoch gib es m.E. inhaltliche Fehler, die dem aufmerksamen Leser nicht entgehen...

Welche Rolle spielt der Pfarrer, der Lehrer und Mr. Croucher, der pensionierte Arzt, die allesamt die verstorbene Schwester von Julia, Caroline, als boshaft und niederträchtig beschreiben? Ob der schwere Schrankkoffer aus dem Schuppen Zeugnis ablegen kann, was damals wirklich passierte?

Gibt es manches Vorhersehbare in diesem Roman, so hat mich der Plot doch im Positiven überrascht, vertieft die Aussagekraft des Romans und war so nicht absehbar. Die letzten Seiten sind dann fast allzu 'stimmig'; passen jedoch zum Schreibstil der Autorin.

Fazit:

Ein Frauenroman um ein düsteres Familienkapitel mit Schauerelementen; in eingängiger Sprache geschrieben und atmosphärisch, der mich dennoch leider nicht überzeugen konnte. Von mir gibt es 3 * und 76° in der Werteskala.

Veröffentlicht am 28.12.2016

Fantasievolles Marchen in Zeiten kanadischer Raunächte

Das Frostmädchen
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"Das Frostmädchen" von Stefanie Lasthaus erschien im Heyne-Verlag (2016, TB) und bezaubert durch ein wunderschönes Cover, das den Kopf einer jungen Frau mit geschlossenen Augen im oberen Bildbereich, im ...

"Das Frostmädchen" von Stefanie Lasthaus erschien im Heyne-Verlag (2016, TB) und bezaubert durch ein wunderschönes Cover, das den Kopf einer jungen Frau mit geschlossenen Augen im oberen Bildbereich, im unteren Bildbereich einen verschneiten Winterwald zeigt. Zur Romanhandlung passt dies zauberhaft zusammen und hat mein Leseinteresse auch durch die Leseprobe 'angelockt'.


Es handelt sich bei der Geschichte des "Frostmädchens" um einen Genremix aus Fantasy und Mystery mit thrillerhaften Elementen, einer frauenspezifischen Thematik (Emanzipation), sowie einer Liebesgeschichte, die im Okkult-Märchenhaften angesiedelt ist.

Neve, die 21jährige Hauptprotagonistin, ist mit ihrem Freund Gideon für eine Woche in die kanadischen Wälder gefahren, wo sie die Zeit in einem Resort recht abgeschieden verbringen wollen. Nach einem handfesten Streit flieht Neve und verirrt sich in den Weiten der kanadischen Wäldern.... Lauri, ein 23 Jahre alter adoptierter Illustrator, der eine Auszeit in der Hütte der Eltern seines Freundes Ben nimmt und dort zeichnen will, findet die fast leblose Neve und nimmt sie mit zu sich in seine Hütte. Es entspinnt sich eine zarte Liebesgeschichte, die sich durch den gesamten Roman weiterentwickelt und diesen trägt. Vieles an Neve gibt Lauri Rätsel auf, so sind ihre Hände und ihre Haut recht kühl, sie mag weder heiße Getränke noch das Kaminfeuer, Kälte und Schneestürme scheinen ihr nichts anhaben zu können

Die Hauptprotagonisten Neve und Lauri bleiben etwas schemenhaft, zu Neve konnte ich keine Nähe herstellen, da ihr Verhalten oft sehr ambivalent ist; am sympathischsten erschien mir Lauri, dessen Handlungen auch am Glaubhaftesten auf mich wirkten. Dabei spielte eine Rolle, dass der "Zustand" Neves für mich nicht klar war - weilt sie noch unter den Lebenden oder bereits unter den Toten? Das Thema Verlust spielt bei beiden eine Rolle in diesem Roman, den ich - im Vordergrund die Fantasy - einem Genremix zuordne.

Die Handlung war stellenweise recht langatmig und sich wiederholend (inhaltlich); teils war auch die Handlung etwas verworren und eine winterlich-eisige Rettungsaktion jagte die nächste...

Positiv fand ich hingegen den Schreibstil von Stefanie Lasthaus: Die Beschreibung des kanadischen Winters mit Schneestürmen, Eishageln und winterlicher Kälte in den Wäldern nördlich der großen Städte wie Vancouver wird sehr bildhaft, atmosphärisch dicht dargestellt. Dadurch schafft es die Autorin, in klarem, prägnantem, gut strukturiertem Schreibstil, im Leser eine Art "Winterfeeling" aufkommen zu lassen, was mir persönlich gut gefallen hat.

Am Ende des Romans, in dem sowohl Neve als auch Lauri in große Gefahr durch die Winterherrin geraten, geht es auch um die große Macht der Liebe, die von finsteren Wintermächten nicht so schnell gebrochen werden kann. So ist der Plot dieses Fantasy-Märchens recht gelungen, da es sich um einen Kompromiss handelt, mit dem beide Protagonisten leben können....

Fazit:

Für Leser von fantasievollen Geschichten, in denen es um Liebe und Mitgefühl geht; in einer gut beschriebenen und atmosphärisch dichten winterlich-eisigen Kulisse in Kanadas Wäldern, kann ich "Das Frostmädchen" empfehlen; mir waren die Wiederholungen und die Langatmigkeit zeitweise etwas zu viel und die Geschichte konnte mich nicht wirklich überzeugen, der verzauberte "Funke" aus der Leseprobe sprang leider nicht über. Ich vergebe daher 3 Sterne am winterlichen Bücherfirmament, denke aber, dass die Autorin noch mehr Potenzial besitzt und eine Steigerung durchaus denkbar ist.

Veröffentlicht am 20.03.2023

Ein Segeltörn mit wenig Höhen und vielen (Un)tiefen....

In blaukalter Tiefe
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Der ehrgeizige und sehr erfolgreiche Staranwalt im Wirtschaftsstrafrecht Dr. Andreas Kepler und seine Frau Caroline, mit der er seit 24 Jahren verheiratet ist, plant einen gemeinsamen Segeltörn in die ...

Der ehrgeizige und sehr erfolgreiche Staranwalt im Wirtschaftsstrafrecht Dr. Andreas Kepler und seine Frau Caroline, mit der er seit 24 Jahren verheiratet ist, plant einen gemeinsamen Segeltörn in die wildromantischen schwedischen Schären; Andreas nimmt seinen Kompagnion in der Kanzlei, Daniel und dessen Freundin Tanja mit - Daniel ist ein Kandidat, der als Teilhaber in der erfolgreichen Kanzlei von Kepler und Kollegen gute Chancen hat.... Als Skipper, der im Roman sehr mysteriös dargestellt wird, tritt Eric Fauré, ein in der Bretagne geborener Franzose auf, so heuern die zwei ungleichen Paare auf der "Querelle" an; einem schönen Segelboot, das Eric sein Eigen nennt: Bereits der Name hätte darauf hinweisen können, dass die anfängliche gute Laune ins Gegenteil umschlagen könnte....


Meine Meinung:


Als LeserIn begibt man sich mit auf das Segelboot und legt in Richtung Schweden - den schönen Schären - ab, an Bord Andreas und Caroline sowie Daniel und Tanja wie auch der geheimnisvolle, aber sehr erfahrene Skipper Eric: Bereits vor dem Segeltörn gibt es kurze Einblicke in die handverlesenen Figuren an Bord: Andreas, der es gewohnt ist, "der Chef" zu sein und überall (aus gewissen Gründen) Beachtung seiner Person sucht; der aber auch selbstbezogen ist und im Job sicherlich 'knallhart'; als Selbstoptimierer kommt er im Romanverlauf dennoch zuweilen selbstkritisch rüber. Caroline, die smarte, gebildete, elegante und kluge Chefredakteurin von "My Stile", die weiß, dass sich Andreas und sie längst auseinandergelebt haben und in diesem Segeltörn die Chance sieht, sich wieder einander zuzuwenden oder zumindest annähern zu können. (Andreas jedoch keinerlei Chance dazu gibt, eine Veränderung in der etwas toxischen Beziehung zu erwirken).

Daniel, der sich auf jeden Fall dem "Chef" gegenüber beweisen, nichts falschmachen will, das auf seine Karriere in der Anwaltskanzlei negative Auswirkungen haben könnte. Schnell wird klar, dass er lernschnell und flink reagiert, was Eric dazu veranlasst, bei bestimmten Segelaufgaben an die Crew eher nach Daniel zu rufen als nach Andreas: Zwischen Andreas und Eric baut sich recht schnell eine Rivalität und auch Ärger auf, der man auf einem engen Segelboot so schnell nicht entkommt. Tanja ist anfangs sehr unsicher und schreibt sich keine der positiven Eigenschaften zu, mit der sie Caroline ausstattet. Alle sprechen sich - im Gegensatz zu ihrem Alltagsleben - auf See und auf dem Segelboot mit "du" an; was für Daniel, der sehr obrigkeitsdenkend scheint, zunächst sehr fremd ist -besonders Andreas gegenüber...


Geben sich anfangs alle Mühe, eine gute Stimmung an Bord zu erzeugen und diese mit guten Weinen, erlesenen Speisen und einem wunderschönen Landschaftspanorama stimmig zu machen, so täuscht nichts über die Abgründe hinweg, die sich besonders zwischen Andreas und Carolonine beziehungstechnisch auftun: Hier kam jede Menge hochexplosiver "Sprengstoff" mit an Bord, der sich dann auch nach und nach entlädt - und Tanja von Andreas so sehr in die Enge getrieben wird, dass sie beschließt, mit der nächsten Fähre zurückfahren und damit Daniel verlassen zu wollen: Um dies zu verhindern, sinnen Andreas und Daniel darüber nach und legen kurzerhand fest, dass die Route geändert und ein Tag Pause auf einer kleinen unbewohnten Insel eingelegt wird; mit der Absicht, dass sich alles beruhigt - und alle beruhigen. Leider spielt das Wetter ihnen einen Streich und es kommt trotz der Warnung des Skippers, die in den Wind geschlagen wird, zu einer mehr als brenzligen und auch gefährlichen Situation, die von einem Crewmitglied ausgelöst wird...


Anfangs fand ich den Segeltörn sehr interessant zu lesen; allerdings nahm dieses Interesse in dem Maße ab, mit dem ich erkannte, dass mir fast sämtliche Figuren mehr als unsympathisch sind: Eine Ansammlung von Selbstbezogenheit, die Unfähigkeit, miteinander in konstruktive Dialoge zu treten, Beziehungsprobleme aufzuarbeiten - all dies machte es mir schwer, bis zum Ende "an Bord" zu bleiben (nach 200 Seiten ging es mir wie Tanja, ich wollte am liebsten aussteigen). Tanja und Eric Fauré waren die einzigen beiden Menschen auf der Querelle, die ich danach noch ertragen konnte; Andreas war mir trotz Selbstreflexion sehr unsympathisch und Caroline noch viel mehr; diese Figur konnte ich in der Entwicklung am allerwenigsten verstehen - und fand diese auch sehr unehrlich: Ich hätte Andreas und Caroline einen Segeltörn mit anderem Ausgang gewünscht, der jedoch eine erfolgreiche (oder auch erfolglose) Paartherapie zuvor vorausgesetzt hätte. Erics klare Worte gefielen mir in diesem Zusammenhang am allerbesten ;)


Kristina Hauff hat einen guten Schreibstil und die Spannung war durch den stetigen Perspektivenwechsel durchaus gegeben; auch den atmosphärischen Landschaftsbeschreibungen konnte ich durchaus etwas abgewinnen: Jedoch überwog die Antipathie gegenüber den HauptprotagonistInnen und ich kann mich der Aussage der Autorin im Nachwort nur anschließen: Solltest Du eine Segelyacht chartern, überlege gut, wen Du mit an Bord nehmen willst....


Fazit:


Auf Hochglanz getrimmte, glattpolierte menschliche Fassaden, die auf engstem (Segelboot)raum mit bezeichnendem Namen (Querelle - französisch für Streit) ganz gehörig bröckeln.... Da mir die Figuren sehr wenig sympathisch waren, war ich in diesem Falle froh, nach 288 Seiten von Bord gehen zu dürfen. Das Erschreckendste: Es ist in der Realität sehr gut vorstellbar, dass sich solche - oder sehr ähnliche Segeltörns zugetragen haben - oder noch durchgeführt werden - aber zum Glück ohne mich.

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Veröffentlicht am 04.08.2019

Green Hall

Green Hall
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"Green Hall" von Colleen Bennet erschien (TB) im R.G. Fischer Verlag, Frankfurt, 2018.

Die Geschichte wie auch der Buchtitel sprach mich durchaus an; ebenso die Idee zum Buch, der Inhalt jedoch konnte ...

"Green Hall" von Colleen Bennet erschien (TB) im R.G. Fischer Verlag, Frankfurt, 2018.

Die Geschichte wie auch der Buchtitel sprach mich durchaus an; ebenso die Idee zum Buch, der Inhalt jedoch konnte mich leider sehr wenig überzeugen.

Inhalt:

"England 2015 - beruflich verschlägt es die junge Innenarchitektin Amely nach Green Hall, dem früheren Stammsitz der Beaumonts. Das Adelsgeschlecht ist ausgestorben und das Herrenhaus stand jahrzehntelang leer. Nun wird Green Hall durch einen neuen Besitzer wieder zum Leben erweckt. Das Herrenhaus umgibt jedoch ein ungelöstes Geheimnis, welches die Menschen der Grafschaft nicht vergessen haben. Als überzeugte Städterin gerät Amely in das beschauliche Dorfleben von Woodbridge und trifft die Liebe ihres Lebens. Amelys leidenschaftliche Gefühle und die realen Umstände ziehen sie in einen emotionalen Strudel. Ohne es zu wollen, verstrickt sie sich in das Geheimnis von Green Hall und das Schicksal seiner ehemaligen Bewohner."
(Quelle: Buchjournal/Verlagstext)

Meine Meinung:

Nach ihrer Ankunft inspiziert Amely Woodwick im Auftrag ihres Chefs das alte Herrenhaus Green Hall, das 60 Jahre leer stand. Der erste Hinweis darauf, dass sich etwas Geheimnisvolles, bis heute nicht Aufgeklärtes zu Beginn des 20. Jahrhunderts ereignete, erfährt der Leser durch den alten Postboten Holmes Little, der von der geplatzten Hochzeit im Jahre 1912 erzählt, bei der die Braut spurlos verschwand und der Pfarrer aus dem Fenster stürzte, was er nicht überlebte... War er zuvor bei der Braut, Lady Emeline, wie eine Zofe es behauptet hatte?

Die Hauptprotagonistinnen sind zum einen in der Gegenwart Amely - wie auch der Besitzer von Green Hall, der sich zwecks Veränderungen der Innenausstattung eng mit ihr absprechen wird, Merrick True-May, dessen unwiderstehlichem Aussehen Amely schon sehr bald verfallen wird. Zum anderen lernen wir Familie Eltringham kennen; wobei Lady Margaret bei der Geburt ihrer Tochter Emeline starb und der Earl, Milton Eltringham, seine zweite Frau - Meghan - ehelichte, die von zweifelhafter Herkunft war... Letztere ist dem Leser wie auch ihr Sprößling zutiefst zuwider, da sie sehr herablassend mit dem Personal verfährt; regelrecht boshaft zu nennen ist. Daher war die verstorbene erste Frau des Earl sehr beliebt im Dorf - wie auch ihre Tochter Emeline... Um das Schicksal dieser Frau geht es hauptsächlich in diesem Roman, der leider sehr viele Interpunktionsfehler wie auch sprachliche Schnitzer aufweist, die ich in dieser Art noch in keinem Roman las (als Beispiel: "dieser... oder jener war schwer am Schuften; .... schwer beschäftigt"). Letzteres zähle ich zur Umgangssprache, hat jedoch in einem literarisch anspruchsvollen Text nichts zu suchen.

Es werden Stereotype bedient, der Roman enthält Längen und sehr viele sich wiederholende Redensarten und Ausdrücke, die mich ziemlich nervten: Wie bereits angedeutet, ist Mr. True May sehr gutaussehend und Amely, die junge Innenarchitektin, schwankt nun emotional sehr zwischen jener Anziehungskraft, die von ihm ausgeht ("er roch wieder so betörend") und der Rückkehr in ihr städtisches Leben, das sich sehr von jenem in Woodbridge unterscheidet. Es beginnt ein fast unerträgliches Katz- und Mausspiel, das jeden Keim von Romantik für mich leider erstickte. Die ständigen Wiederholungen und Verklärungen taten dabei ihr Übriges: Feministischen LeserInnen kann ich "Green Hall" daher überhaupt nicht empfehlen.

Ein Lichtblick waren die Zwillinge der Pension, in der Amely eine Bleibe während der Arbeit in Green Hall fand: Ben und Jason sind auf ihre natürliche, kindliche Art und ihre Abenteuerlust dem Geheimnis des alten Haues auf der Spur, als sie einen alten gemauerten Gang entdecken, in dem sie einen alten Brautschleier sowie einen zierlichen Schuh finden...

Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen, wobei mir die Vergangenheit etwas besser gefiel, da sie zeitweise an "Downton Abbey" erinnert; die Person des Butlers mit Mr. Carsen Ähnlichkeit aufweist und auch die Hausdame Ms. Watson dem weiblichen Pendant gleichnamiger BBC-Produktion gleicht.

Fazit:

Leider konnte mich der Roman weder in stilistischer Hinsicht noch vom Inhalt her überzeugen: Durch sprachliche "Schnitzer", viele Interpunktionsfehler, einer verklärten und aktuell nicht mehr tragbaren Sichtweise auf weibliche Gefühle (wobei die Autorin sicher Romantik erzeugen wollte, was m.E. jedoch leider durch Übertreibungen völlig schiefging) und sehr mäßiger Spannung wie auch Vorhersehbarkeit kann ich "Green Hall" nicht empfehlen und nur 2,5 Sterne vergeben.