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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.09.2020

Starker Romanbeginn, dann schwächelnd

Leben ist ein unregelmäßiges Verb
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Dieser 975 Seiten lange Roman ist ein sehr imposantes Werk, der leider daran krankt, dass der Autor in epischer Breite erzählt, obwohl der gleiche Inhalt durchaus auch verkürzt hätte wiedergegeben werden ...

Dieser 975 Seiten lange Roman ist ein sehr imposantes Werk, der leider daran krankt, dass der Autor in epischer Breite erzählt, obwohl der gleiche Inhalt durchaus auch verkürzt hätte wiedergegeben werden können.
Angesprochen hat mich das Buch aufgrund seines ungewöhnlichen Buchtitels, der ja so gar nicht stimmt, weil „leben“ tatsächlich ein regelmäßig konjugiertes Verb ist, und aufgrund der im Klappentext wiedergegebenen Thematik, die in der Realität ja durchaus einmal vorkommt. Vier Kinder, unsere Protagonisten, wachsen in einer Landkommune in Niedersachsen mit ihren ihnen nicht so recht zuzuordnenden Eltern auf, bis sie 1980 durch Behörden „befreit“ und in den Gewahrsam von Verwandten und Pflegeeltern überführt werden. Das Tragische ist, dass alle Welt meint, sie seien unglücklich gewesen, obwohl die Kinder selbst das so überhaupt nicht empfunden haben. Ihr Fall verursacht in der Öffentlichkeit einen großen Wirbel. Der weitere Lebensgang der Kinder bis zum Alter von etwa 50 Jahren wird abwechselnd erzählt. Allen gemeinsam ist, dass es ihnen nicht gelingt, etwas aus sich zu machen und sie im Leben scheitern.
Die Geschichte hatte in ihrem ersten Drittel einen sehr starken Beginn, fing dann aber an zu schwächeln. In die Schilderung der jeweiligen Lebenssituationen packt der Autor einfach zu viel, auch an Unrealistischem, hinein und führt zu viele weitere Romanfiguren mit eigenem meist negativ behafteten Lebenshintergrund ein, denen die Kinder begegnen, von denen ich mich als Leser aber frage, ob das überhaupt die Handlung voranbringt. Der Buchumfang sollte aber keineswegs vom Lesen abschrecken; das Buch liest sich nicht unbedingt schwer und zeichnet sich in formaler Hinsicht durch manche Abwechslung versprechende Besonderheit aus (Perspektivwechsel, Tagebuch, Interview, Buch im Buch). Versöhnlich stimmten mich erst wieder die letzten zweihundert Seiten mit der dann eingeführten Figur der Tochter eines der Kommunenkinder, die basierend auf ihrem Wunsch, Schriftstellerin zu werden, wirklich erfrischend von ihrer Kindheit und ihren ersten Schreibversuchen erzählt. Das führt dann schlussendlich zu einer dreieinhalb Sterne-Bewertung.

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Veröffentlicht am 22.05.2020

Tragisch endende Dreiecksbeziehung

Stellas Traum
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So richtig einlassen konnte ich mich nicht auf die Geschichte, vielleicht weil es mir zu sehr außerhalb aller Möglichkeit erscheint, dass eine Frau - hier die Protagonistin Stella – mehr als 20 Jahre lang ...

So richtig einlassen konnte ich mich nicht auf die Geschichte, vielleicht weil es mir zu sehr außerhalb aller Möglichkeit erscheint, dass eine Frau - hier die Protagonistin Stella – mehr als 20 Jahre lang ein traumatisches Erlebnis aus ihrem jungen Erwachsenenalter völlig verdrängt, indem sie nur noch für ihre Arbeit als Ärztin lebt. Auch die besondere Freundschaft zwischen ihr und ihren beiden Freunden Paul und Tim seit Kindheitstagen („Dreigestirn“) ist nicht unbedingt realistisch. Denn gibt es wirklich eine Freundschaft zwischen einer Frau und zwei Männern, die nicht auf Kosten eines von ihnen geht? Dieser durchaus nachdenkenswerten Frage geht der Roman nach. Die Antwort möchte ich nicht vorwegnehmen. Auf jeden Fall ist es spannend, ganz allmählich zu erfahren, welches tragische Ereignis sich seinerzeit zugetragen hat, dem sich Stella nun stellen will.

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Veröffentlicht am 22.03.2020

Historisch interessant, aber eine kompaktere Darstellung wäre gefälliger

Die Schule am Meer
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Die Autorin behandelt in diesem doch immerhin 568 Seiten langen Roman ein historisch interessantes schulpolitisches Thema, nämlich die in den 1920er Jahren tatsächlich neu gegründete und zum Abitur führende ...

Die Autorin behandelt in diesem doch immerhin 568 Seiten langen Roman ein historisch interessantes schulpolitisches Thema, nämlich die in den 1920er Jahren tatsächlich neu gegründete und zum Abitur führende Internatsschule auf Juist. Diese vertrat reformpädagogische Ziele mit Koedukation, Gleichberechtigung zwischen Schülern und Lehrern sowie der Schüler untereinander, Lernen im Einklang mit der Natur, Musikerziehung als wichtiges Fach. Es wundert somit nicht, dass sie auf beträchtliche Vorbehalte bei den Einheimischen und natürlich der zunehmend an Bedeutung gewinnenden nationalsozialistischen Gemeinde stieß und als Juden- bzw. Kommunistenschule verschrien war. Erzählt wird aus der Perspektive einiger weniger beteiligter Lehrer, Schüler, Mitarbeiter, Insulaner, wodurch Abwechslung beim Lesen einkehrt. Es gibt große Zeitsprünge, da zwischen den einzelnen Erzählsträngen in der Regel mehr als ein Jahr liegt. Mir persönlich ist die Darstellung des besonderen Schulkonzepts zu kurz gekommen und es wird mit epischer Breite auf am Rande liegende Ereignisse eingegangen. Der historische Hintergrund mit dem erwachenden Nationalsozialismus ist sehr interessant, ebenso die vielfältigen Schwierigkeiten finanzieller und persönlicher Art der Schulgründer, die den einen oder anderen an dem Reformkonzept verzweifeln lässt.
Unterhaltsam, eher dreieinhalb als vier Sterne.

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Veröffentlicht am 17.03.2020

Schöner Generationenroman

Die Glasschwestern
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Sehr verschieden sind die 39jährigen Zwillingsschwestern Dunja und Saphie, die als Kinder in ihrem Heimatdorf im ehemals innerdeutschen Grenzgebiet „Glasschwestern“ (daher der Buchtitel) genannt wurden, ...

Sehr verschieden sind die 39jährigen Zwillingsschwestern Dunja und Saphie, die als Kinder in ihrem Heimatdorf im ehemals innerdeutschen Grenzgebiet „Glasschwestern“ (daher der Buchtitel) genannt wurden, weil sie den handgemachten, geblasenen Glasschmuck ihres Vaters trugen. Eine merkwürdige Parallele gibt es aber in ihrem Leben: Ihre beiden Männer/Lebensgefährten sterben am selben Tag. Daraufhin zieht Dunja aus der Großstadt zurück in das kleine Dorf ihrer Kindheit, wo Saphie ein Hotel führt. Sehr seltsam ist es dann, dass Dunja mehr und mehr wie Saphie wird (von der in engen sozialen Verhältnissen lebenden, zum Grübeln neigenden Frau zur erfolgreichen Hotelmanagerin) und umgekehrt (die früher eher vorausschauende Saphie arbeitet ihre Ehe mit einem Säufer auf, der ihre eigene Liebe zu ihm nicht so recht erwidern wollte). Daneben spielen familiäre Probleme mit ihrer jüngeren Schwester und Dunjas zwei Kindern eine wichtige Rolle. Auch die deutsch-deutsche Geschichte wird – wenn auch nur am Rande – anhand eines Fluchttunnels thematisiert, in dessen Bau der Vater auf seltsame Weise involviert war.
Das Buch liest sich gut und flüssig. Der Schreibstil ist sehr besonders. Sehr gefallen haben mir die Kapitelüberschriften, die jeweils kleine Lebensweisheiten wiedergeben (z.B. „Alte Liebe rostet, wenn sie neue kostet“), sowie die ungewöhnlichen, wenngleich gewöhnungsbedürftigen Vornamen der Romanfiguren, die einem altdeutschen Kalender entlehnt sind. Es ist besonders Fans von Familiengeschichten zu empfehlen. Die Darstellung des unbedingten Familienzusammenhaltes ist sehr schön. Als Leser fühlt man sich bildlich in die kleine Welt der Schwestern im Hotel hineinversetzt.

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Veröffentlicht am 02.10.2019

Wieder Post von Verstorbenen

Postscript - Was ich dir noch sagen möchte
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Nachdem ich dieses Buch gelesen habe, ist mir einmal mehr deutlich geworden, wie sehr sich mein Lesegeschmack im Laufe der Zeit doch verändert hat. Den ersten Band zu diesem Buch „P.S. Ich liebe Dich“ ...

Nachdem ich dieses Buch gelesen habe, ist mir einmal mehr deutlich geworden, wie sehr sich mein Lesegeschmack im Laufe der Zeit doch verändert hat. Den ersten Band zu diesem Buch „P.S. Ich liebe Dich“ habe ich um seinen Erscheinungstermin herum ca. 2005 gelesen. Von ihm jedenfalls war ich seinerzeit begeistert. Jetzt sind bald fünfzehn Jahre ins Land gegangen und von Begeisterung für das vorliegende Buch kann ich nicht so recht sprechen. Für mich ist es in eine Schublade mit den Büchern von Moyes und Kinsella zu packen, wenngleich natürlich auch sie ihre treuen und zufriedenen Leser(innen) haben. Was mir im Wesentlichen missfällt, ist, dass die Geschichte einen Hang zum Kitsch hat, auf jeden Fall insoweit grenzwertig ist. Das fängt schon damit an, worauf sie sich gründet. Die Protagonistin Holly hat sich sieben Jahre nach dem Tod ihres viel zu jung gestorbenen, geliebten Ehemannes Gerry ein neues Leben aufgebaut. Dennoch wird sie jetzt nach so langer Zeit erneut von Trauer und wiederkehrenden Erinnerungen an ihren Mann heimgesucht. Auslöser ist, dass sie eine neu gegründete Gruppe Sterbenskranker dabei beraten soll, wie diese nach ihrem Vorbild Briefe für ihre Hinterbliebenen schreiben. Das führt dann dazu, dass es auf einmal nur so von hinterlassenen Botschaften wimmelt und – noch eines oben aufgesetzt – sogar Holly wieder einen Brief von Gerry zugespielt bekommt. Das ist für mich schlichtweg zu viel, zumal doch Gerrys Idee seinerzeit individuell auf Holly abgestimmt war. Positiv beeindruckt hat mich hingegen, wie die Themen Trauer und Tod verarbeitet werden und man mit der Frage konfrontiert wird, was wir unseren Lieben nach unserem Tod mitgeben können.
Wie schon gesagt, für Leserinnen anderer Bücher von Ahern sowie von Moyes und Kinsella zu empfehlen.