Profilbild von jamjam

jamjam

Lesejury Star
offline

jamjam ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit jamjam über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.04.2020

Ein gutes Stück weg vom traditionellen Heimatkrimi

Kreizkruzefix
0

„Sie halten die Traditionen aufrecht. Und die Traditionen halten so manchen von ihnen aufrecht. Ob man das sehen will oder nicht.“
Seite 229

Und Traditionen werden aufrecht gehalten in Oberammergau. Alle ...

„Sie halten die Traditionen aufrecht. Und die Traditionen halten so manchen von ihnen aufrecht. Ob man das sehen will oder nicht.“
Seite 229

Und Traditionen werden aufrecht gehalten in Oberammergau. Alle 10 Jahre gibt es dort die Passionsspiele, das ganze Dorf macht mit. Einst ein Versprechen an Gott, um die Pest abzuwenden, haben sie sich mittlerweile zu einem Event entwickelt, das anzieht.
So wimmelt es in Oberammergau schon von Schauspielern und Touristen, als ein paar Tage vor der Premiere ein schrecklicher Doppelmord passiert.
Ist das die Strafe dafür, dass sich die Thallers vom traditionellen Bauernhof zur exklusiven Gin-Destillerie gewandelt haben und sie, statt das nicht mehr vorhandene Vieh im Stall zu pflegen, Partys feiern und zu Messen jetten?

Die erste am Tatort: Theres Hack, auch eine, dies nicht so mit dem hat, was alle tun. Aus Wien zurück hat sie die Metzgerei des Vaters auf links gedreht. Damit, und mit ihrer wortkargen, direkten Art hat sie sich nicht nur Freunde gemacht. Und auch weiter zieht es sie zu den Menschen, die mit den Thallers zu tun hatten.

„Die Zeiten sind vorbei, in denen die Täter zurückkehren an den Tatort. (…) Stattdessen…“
„Stattdessen schlägt man sich am Tatort mit neugierigen Hobby-Experten herum.“
Seite 119

Das erste, was beim Lesen dieses ungewöhnlichen Krimis ins Auge sticht, ist der abgehackte Stil. Ebenso wie die Protagonistin ist auch die Sprache eckig und kantig, hinterlässt lose Fäden, die man weiterdenken soll, die zum Reflektieren einladen. Sie nimmt sich kein Blatt vorn Mund, die Metzgerin, und macht sich damit nicht nur Freunde.

„Keine Ahnung von nix, aber für alles denselben Kamm.“
Seite 66

Doch in den beiden Tonis, den örtlichen Polizisten, hat sie Verbündete gefunden und mit ihrem Herumstochern wirft sie viele Fragen auf. Motive scheint es viele zu geben, aber erst sehr spät hatte ich einen Verdacht.

So präsent wie Traditionen ist in diesem Buch auch die Vergangenheit. Fehler, die man gemacht hat, Worte, die nicht gesagt wurden, Entscheidungen, die man fiel.

„Manchmal rennen wir, und uns holt die Vergangenheit ein. Manchmal entkommen wir, aber der Schatten fällt trotzdem auf uns. Und wenn du keinen Schatten willst, mach das Licht an!“
Seite 101

Ich kam extrem schwer in dieses Buch rein, das erste Kapitel hab ich zwei Mal gelesen, bis ich ein wenig durchblickte. Doch ich bin sehr froh, dass ich weitergelesen habe, dass ich mich von Monika Pfundmeier nach Oberammergau führen ließ. Denn wenn man sich auf Theres und ihre Welt einlässt, sich auf die Spurensuche begibt und zwischen den Zeilen liest, so erzählt einem das Buch viel über sich selbst, über die eigenen Werte.

Was bedeutet Tradition für dich? Fessel oder Freiheit, Verbundenheit oder Trennung? Muss man Traditionen wirklich brechen oder kann man sie auch weiterentwickeln?

Nach dem Lesen ist vor dem Lesen, am liebsten würde ich gleich nochmal das erste Kapitel aufschlagen und mich diesmal noch mehr auf diese intelligente Geschichte einlassen.

Auch ein Highlight: Das intensive Cover und der grüne Schnitt!

Fazit: Ein interessanter Krimi, geschrieben so eckig und kantig wie seine Protagonistin, ein gutes Stück weg vom traditionellen Heimatkrimi.



  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.04.2020

Urlaubsflair und Spannung in einem!

Mord in Barcelona
2

„Dieser Kommissar Soler ist echt seltsam“ sagte er jetzt „Wir sind einmal komplett um das Schifffahrtsmuseum herumgelaufen und dann den Hafen rauf und runter, nur damit er mich am Ende fragt, was ich denke, ...

„Dieser Kommissar Soler ist echt seltsam“ sagte er jetzt „Wir sind einmal komplett um das Schifffahrtsmuseum herumgelaufen und dann den Hafen rauf und runter, nur damit er mich am Ende fragt, was ich denke, was meine Mutter dort gewollt haben könnte.“

Seite 105



Sommerhitze in Barcelona. Auf dem Friedhof auf Montjuic wird eine Leiche gefunden. Kommissar Soler ermittelt – auf seine ganz eigene Art. Ohne dass er es will, unterstützen ihn dabei seine eigenwillige Mutter und seine starrköpfige Schwester Montse. Auf eigene Faust befragt sie und trifft sich mit Verdächtigen – und kommt auf Hinterwegen oft näher an Informanten als ihr Bruder auf offiziellem Wege.



Eins vorne weg: Wer sich einen packenden Thriller mit blutigen Details erwartet, dem wird „Mord in Barcelona“ zu wenig aufregend sein.

Wer aber so wie ich Cosy Crime mit viel lokalem Flair mag, für den ist dieses Buch ein Hauptgewinn!



Soler und vor allem Montse führen uns und den Hauptverdächtigen quer durch eine der schönsten Städte Europas. Wir wandern auf den Montjuic, besuchen den Park Güell, finden uns am Hafen wieder. Wir sehen Menschen, die sich als Statuen verkleiden, holen uns einen Snack in der Boqueria und wandern auch fernab von Touristenpfaden durch all die interessanten Nebengässchen.

Ich hatte das große Glück, viele dieser Plätze vor einigen Jahren zu besuchen und ein Stück liegt meine Begeisterung sicher auch daran, dass dieses Buch viele Erinnerungen geweckt hat.

Während der Fall sich schwierig und spannend gestaltet, weht uns die salzige Meerluft um die Nase.



Es gibt mehrere Verdächtige oder gar keinen, viele Fäden kreuzen sich, aber der eine rote lässt sich schwer finden.

Damit mag die Geschichte langatmig wirken, ist aber sicher auch nahe dran an authentischen Ermittlungen.

Jaume Soler Martí wirkt manchmal langsam und schräg, lässt sich auf Irrwege führen und ist sehr festgefahren in seiner Meinung. Wir dürfen aber auch kurz seine Frau und seine Kinder kennenlernen, die uns einen anderen Soler zeigen. Da wirkt er deutlich jünger und hellwach.



Auch wenn ich bis zu Letzt nicht ganz verstanden habe, warum Montse sich zu Beginn so in die Ermittlungen stürzt, so ist es doch gerade ihre Ermittlungsarbeit, die den Fall und das Buch vorantreibt. Sie nutzt alte Freundschaften, katalanische Verbundenheit und oft auch einfach nur ihren Neugierde, um dort weiterzukommen, wo die Uniformierten vor einer Mauer stehen.

Doch ihre Neugierde hat ihren Preis, und nicht nur ihre Gefühle stehen auf dem Spiel.



Isabella Esteban lässt uns aber auch ein wenig von der Vergangenheit der Familie erahnen, und da scheint es einige sehr dunkle Kapitel zu geben, die hoffentlich in den Folgebänden näher beleuchtet werden.

Ich bin auf jeden Fall wieder mit dabei!



Fazit: Ein Cosy Crime wie ein Kurztrip nach Barcelona – Urlaubsflair und Spannung in einem!!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Geschichte
  • Erzähltstil
  • Figuren
Veröffentlicht am 14.04.2020

Dancing Queen

Nur Rudi tanzte schräger
0

„… legten die zwei Tanzpaare jeweils Wange an Wange einen absolut heißen argentinischen Tango hin – heißer als jede Gulaschkanone.“



Ja, heiß geht es wieder her bei Jupp Backes. Um des lieben Hausfrieden ...

„… legten die zwei Tanzpaare jeweils Wange an Wange einen absolut heißen argentinischen Tango hin – heißer als jede Gulaschkanone.“



Ja, heiß geht es wieder her bei Jupp Backes. Um des lieben Hausfrieden willen lässt er sich von seiner besseren Hälfte Inge zum Tangokurs verdonnern – und Oma Käthe legt natürlich auch eine flotte Sohle aufs Parkett. Ob das eine gute Idee war? Inges Zehen haben ganz schön zu leiden unter seiner Tollpatschigkeit und der argentinische Tanzlehrer Julio versucht ehrgeizig, auch noch das Letzte aus seinen Schülern rauszuholen.

Nicht jeder ist davon begeistert – aber wird er deswegen am nächsten Tag tot aufgefunden? War das wirklich ein Unfall?



Jupp ist sich da nicht so sicher und ermittelt rasch auf eigene Faust. Da wird mal schnell der Dienstweg abgekürzt und Inge und Oma Käthe zum Ermitteln verdonnert – das kann nur amüsant werden!

Jeder der ehemaligen Tanzkollegen wird verdächtigt und bei ihren Befragungen stoßen sie – sehr zur Unterhaltung des Lesers - auf brisante Details über ihre Bekannten, die sie lieber nicht hätten wissen wollen.

Und auch im Rathaus geht es heiß her, des Bürgermeisters Hochzeit steht an, Doris will aus dem Hasenkäfig raus und Elvis-Günther soll auf einmal zum Michael werden…



Es ist schon eine ganze Weile her, dass ich mit Familie Backes ermittelt habe. Aber schon nach den ersten witzigen Szenen hatte ich sie alle wieder vor Augen: Den etwas altbackenen Jupp, Inge, die immer ihre Ehe aufpäppeln will und ihn zwangsbeglückt, Oma Käthe, junggeblieben und schräg und dann noch der FKK-Nachbar. Sie alle haben mir gefehlt und es war eine willkommene unterhaltsame Ablenkung vom momentan auch etwas skurrilen neuen (Corona)Alltag.

Gottes Tiergarten ist groß und artenreich – und Dany R. Wood hat absolut liebenswert-schräge Exemplare in seinem Buch vereint. Denn auch die Tanzpaare bieten so einige Überraschung! Bei all der Situationskomik (noch nie hat heißer Tee zu solcher Missinterpretation geführt ;) )kommt aber auch der Fall nicht zur kurz. Bis zu Letzt tappt man mit Jupp im Dunkeln, und doch ist die Auflösung absolut stimmig und sorgt noch Mal für Spannung hintenraus.



Fazit: Ein heißer, schräger neuer Fall für Familie Backes – gewohnt unterhaltsam und überraschend!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.04.2020

Authentisch und liebenswert!

Meine Inselbuchhandlung
0

„Mit einem albernen „Was kann ich für Sie tun?“ wird bei mir keiner begrüßt. Die Frage käme mir gar nicht über die Lippen, sie würde mir im Hals stecken bleiben.“
Seite 110

Auf etwas über 200 Seiten lässt ...

„Mit einem albernen „Was kann ich für Sie tun?“ wird bei mir keiner begrüßt. Die Frage käme mir gar nicht über die Lippen, sie würde mir im Hals stecken bleiben.“
Seite 110

Auf etwas über 200 Seiten lässt uns die Autorin Petra Dittrich tief blicken. Sie erzählt offen und ehrlich von ihrem Heranwachsen auf Rügen, ihrer Zeit in Berlin und ihrer Heimkehr auf die Insel. Von Partys und unterschiedlichen Jobs, bis ihre „Bestimmung“ sie ereilte.
Sie riskierte es, eine eigene Buchhandlung zu eröffnen, klein, fein, gut sortiert und mit viel Charme. Vom Einrichten mit individuellen Möbeln, dem dazugehörenden bezaubernden Garten bis zu besonderen Verkaufsgesprächen. Davon, wie es sich nach und nach ergab, dass sie pro Jahr an die 20 Lesungen veranstaltet, mit namhaften Autoren die den besonderen Flair und ihre ganz eigene Betreuung zu schätzen wissen.
Von kleinen und großen Pannen, die es da schon mal geben kann –und wie sie diese mit viel Engagement, Herzblut und guten Freunden und dankbaren Kunden jedes Mal zum Guten wenden konnte.
Das ganze lockert sie auf – mit ihren persönlichen Lieblingsbüchern, sehenswerten Plätzen auf Rügen und zu Herzen rührenden Katergeschichten!
Und mit jeder Seite macht sie einem Lust – Lust aufs Leben, auf Herausforderungen und auf ein gutes Buch abseits vom Mainstream!
Fazit: Die offene und berührende Geschichte einer außergewöhnlichen Frau und ihrer ganz besonderen Buchhandlung!


  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.03.2020

Möge ich sicher sein...

Ich lieb mich, ich lieb mich nicht …
0

Gönn dir mal ein wenig Blödsinn: „Achtsamkeit ist mehr als Siebensamkeit, aber weniger als Neunsamkeit!“

Seite 42



Wer von uns könnte nicht ein wenig mehr brauchen an Selbstwert, Selbstliebe, Selbstakzeptanz?

In ...

Gönn dir mal ein wenig Blödsinn: „Achtsamkeit ist mehr als Siebensamkeit, aber weniger als Neunsamkeit!“

Seite 42



Wer von uns könnte nicht ein wenig mehr brauchen an Selbstwert, Selbstliebe, Selbstakzeptanz?

In ihrem bunt illustrierten Buch gibt uns die super-sympathische Kabarettistin Nadja Maleh Tipps, wie wir unsere Beziehungen verbessern, die zu uns selbst, zu anderen und der Welt.

Und stellt dabei Fragen wie „What would Jesus do?“ oder ersatzweise „Was würde jemand tun, der sich selbst liebt?“ – eine sehr interessante Frage, denn die meisten verwenden im Umgang mit sich selbst Worte, die sie ihrem Feind nicht sagen würden.

Mit ihren Geschichten, selbst gezeichneten Bildern und ihrem ganz eigenen Humor gibt sie wertvolle Impulse selber Schritt für Schritt ein wenig mehr leiden kann und sich so letzten Endes endlich selbst zur besten Freundin wird. Dabei dürfen wir lernen, dass Fehler Gold wert sind und auch so geschmückt werden sollen, dass uns jede schlechte Beziehung doch auch etwas Gutes gezeigt hat und wir uns selbst auch gerne mal was Gutes gönnen dürfen!

Mit ihrer liebenswerten Sicht auf die Dinge hat sie mich von der ersten bis zur letzten Seite gut unterhalten und mehr als einmal zum Schmunzeln gebracht!



Fazit: Ein unterhaltsames Buch, das einen bei dem Weg zu mehr Selbstliebe humorvoll unterstützt!