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Veröffentlicht am 14.09.2020

Kann aus einem schrecklichen Unglück etwas Gutes entstehen?

Das Haus in der Claremont Street
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Was für eine schreckliche Tat. Toms Eltern sind tot und der sensible Neunjährige ist plötzlich ein Waisenkind. Seine Tante Sonya wird zu seinem Vormund und gibt sich alle Mühe, Zugang zu dem verstummten ...

Was für eine schreckliche Tat. Toms Eltern sind tot und der sensible Neunjährige ist plötzlich ein Waisenkind. Seine Tante Sonya wird zu seinem Vormund und gibt sich alle Mühe, Zugang zu dem verstummten Jungen zu finden. Sonya scheitert und Tom zieht weiter zur zweiten Schwester seiner Mutter und dem einzigen Bruder. Rose und Will wirken neben der perfekten und durchorganisierten Sonya recht chaotisch. Eine allzu große Zuneigung scheinen die beiden Jüngeren zu ihrer älteren Schwester nicht zu haben. Eine Familie mit Ecken und Kanten, unausgesprochenen Gefühlen und Geheimnissen. Auch das Verhältnis zu den Eltern war offenbar nicht einfach.
Und mitten in diese mit zahlreichen Bürden beladenen Geschwister kommt der stumme Tom und bringt das Gefühlsfass zum Überlaufen.
Alle drei versuchen auf ihre Art, Tom zu helfen und zeigen durch ihr Scheitern gleichzeitig gnadenlos das eigene Versagen auf. Nicht nur bei Tom, sondern generell im Leben. Ein Alltag, der irgendwie oberflächlich funktionierte, zeigt nun deutliche Risse und bisher kompensierte Unzulänglichkeiten treten deutlich hervor.

Wiebke von Carolsfeld hat eine von tiefer Trauer bestimmte Familiengeschichte geschrieben und dabei gleichzeitig so liebenswerte Charaktere geschaffen, die den Lesern ganz nahe kommen. Bei aller Dramatik kommen immer wieder Situationen vor, die einem zum Schmunzeln bringen. Vielleicht mag das an der einen oder anderen Stelle schon etwas zu viel sein, ich fand es aber stimmig. Wenn es dicke kommt, dann aber auch zu 100 Prozent.

Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt und dadurch werden die unterschiedlichen Stimmungen der Figuren sehr gut vermittelt. Dabei stehen vor allem die erwachsenen Geschwister dem stummen Tom gegenüber, der in den Kapiteln aus seiner Sicht, sehr wohl zu Wort kommt. Die Autorin versteht es, die jeweilige Atmosphäre gut einzufangen. Sei es der ängstliche, einsame Tom in seinem Zimmer oder die kinderlose, zweifelnde Sonya. Besonders gut haben mir Will und Rose gefallen. Will, der chaotische Rumtreiber, der nicht erwachsen werden und keine Verantwortung übernehmen will und Rose, die an einer verstopften Spüle verzweifelt. Als in der Spüle das Dreckwasser endlich wieder abfließt, beginnt auch in der Geschichte langsam eine Art "Reinigung" der Figuren und alle finden ihren Weg.


Der Schreibstil gefällt mir. Die Geschichte läßt sich sehr gut lesen, verlangt aber Aufmerksamkeit: Es wird recht kompakt (auf knapp 360 Seiten) eine komplexe Familiengeschichte erzählt, in der noch mehr Figuren eine Rolle spielen, als die drei lebenden Geschwister, die tote Schwester und der stumme Tom.

Das Cover gefällt mir ebenfalls sehr gut. Die Zeichnung bezieht sich auf gemeinsame Familienurlaube am See. Schöne Erinnerungen, in die Tom sich flüchtet, wenn die Trauer zu groß wird. Über allem thront das angedeutete und titelgebende Haus in der Claremont Street. Ein insgesamt stimmiges und ansprechendes Cover.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen, wobei ich besonders Will und Rose ins Herz geschlossen habe, und vergebe fünf Sterne für diese besondere Familiengeschichte aus Toronto.

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Veröffentlicht am 29.07.2020

Tagebuch des Todes - packend

Bluthölle (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 11)
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Chris Carters Helden, der Profiler Robert Hunter und sein Partner Carlos Garcia vom LAPD, gehen bereits in die 11. Runde.

Taschendiebin Angela Wood hat bei ihrer vorweihnachtlichen Diebestour eindeutig ...

Chris Carters Helden, der Profiler Robert Hunter und sein Partner Carlos Garcia vom LAPD, gehen bereits in die 11. Runde.

Taschendiebin Angela Wood hat bei ihrer vorweihnachtlichen Diebestour eindeutig das falsche Opfer ausgesucht und hat nun das Tagebuch eines Serienmörders in den Fingern. Sie spielt das Todesbuch einer Forensikerin des LAPD zu und der Fall landet bei Hunter und Garcia. Schnell wird klar, dass es sich bei den beschriebenen Gräueltaten um tatsächliche Verbrechen handelt. Die Jagd auf den gefährlichen, intelligenten und gnadenlosen Killer beginnt.

Die Eingangsszene, in der Angela die Tasche und das Buch stiehlt, ist praktisch die einzige Sequenz, in der man nicht auf Mörderjagd ist. Sobald das Buch in den Händen von Hunter und seinem Kollegen ist, beginnt ein Wettlauf, um den Täter zu fassen. Die Geschichte fesselt bereits von der ersten Seite an. Viele der kurzen Kapitel enden mit einem Cliffhanger.
Auch der 11. Teil ist sehr spannend gemacht. Ich habe seit einigen Jahren keine Hunter-Bücher mehr gelesen, in die Geschichte kommt man trotzdem sofort rein. Es gibt nur sehr wenige Andeutungen auf ältere Fälle. Dieser Thriller läßt sich ohne Vorkenntnisse der Reihe lese.
Das liegt auch daran, dass sich Carter konsequent auf die Mörderjagd konzentriert. Es gibt keine privaten Informationen über die Polizisten. Das hat für mich aber auch ein kleines Manko, den alle außer Hunter fungieren teilweise nur noch als Stichwortgeber oder Fragesteller. Auf diese Weise profitieren die Leser von Hunters Erklärungen, Erläuterungen und Einfällen, die er seinem Umfeld mitteilt. Angela und der Täter werden als Charaktere etwas tiefer beleuchtet, der Rest ist Staffage.
Aber ganz ehrlich, wer einen Carter kauft, weiß, was drin steht und das kann der Autor wirklich gut. Mit seiner flotten Schreibe konzentriert er sich auf das Wesentliche, das macht die Handlung sehr rasant. Immer wieder gibt es Wendungen und überraschende neue Erkenntnisse. Da Carter selbst als Kriminalpsychologe gearbeitet, streut er zahlreiche Anmerkungen ein, wie die verschiedenen Abteilungen des LAPD und andere Einrichtungen zusammenarbeiten, aufgestellt sind und wandert mit den Lesern durch die Gebäude. Das gibt dem Thriller etwas Authentisches, zumal es die nahezu einzigen beschreibenden Abschnitte sind.

Wir haben hier einen spannenden, dramatischen, fiesen, blutigen Thriller, praktisch von der ersten Seite an, der einen nicht mehr losläßt. Hier ist alles drin, was das Thrillerherz begehrt: Ein sympathisches potentielles Opfer, Elitepolizisten, die überlistet werden, mehrere Verbrechen, einen furchtbar sadistischen Täter, Gräber, Keller, Safehouse, Verfolgungsjagd, Zeitdruck und einen unfassbar cleveren Robert Hunter.
Ich kann das Buch allen abgebrühten Thrillerliebhabern empfehlen. Es ist drin, was drauf steht. Eine Charakterstudie darf man hier nicht erwarten, dann greift man aber auch zu einem anderen Buch. Wunderbar zum Abschalten und Mörder jagen: 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 29.05.2020

Wenn Dir keiner glaubt ...

Wolfsbeute
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Es ist immer schwer, einen guten Thriller zu besprechen, ohne zu viel vom Inhalt zu verraten. Oft genug wird in den Rezensionen ausgeplaudert, was man sich als Leser gerne selbst mehrere hundert Seiten ...

Es ist immer schwer, einen guten Thriller zu besprechen, ohne zu viel vom Inhalt zu verraten. Oft genug wird in den Rezensionen ausgeplaudert, was man sich als Leser gerne selbst mehrere hundert Seiten lang erarbeitet, um dann einen tollen Aha-Moment zu erleben - oder eben nicht, wenn es schon in der Rezension oder auf dem Buchumschlag steht. Das ist ärgerlich.

Erfreulicherweise ist der Klappentext von „Wolfsbeute“ extrem knapp gehalten. Deswegen sei hier auch kaum mehr verraten: Kommissar Servaz, der sich nach seinem letzten Fall in einer Reha-Einrichtung befindet, versucht seelisch wieder auf die Beine zu kommen. Gleichzeitig lernen wir die erfolgreiche Radiomoderatorin Christine Steinmeyer kennen. Servaz und Christine erhalten beide anonyme Post und damit beginnen über 600 spannende Thrillerseiten. Christine wird Opfer eines Stalkers und zu dessen Spielball ...

Eigentlich mag ich Plots nicht so sehr, in denen mit der wehrlosen Hauptperson perfide Spielchen gespielt werden ... Da fühlt man sich selbst so hilflos. Dieses Buch hat mich aber wirklich gefesselt. Es braucht ein bisschen, bis die ersten Fäden sich finden, aber dann konnte ich es kaum noch aus der Hand legen. Die Handlung wird abwechselnd aus der Sicht von Martin Servaz und Christine geschildert, so baut sich langsam aber sicher Spannung auf.

Miniers Schreibstil ist eher ruhig und beherrscht, nicht hektisch. Er läßt sich Zeit, seine Figuren in ihrem Umfeld vorzustellen und sie agieren zu lassen. Bei Christine wird dadurch der Einfluss des Stalkers auf ihr Leben (Vorher/Nachher-Vergleich) besonders deutlich und nachvollziehbar.

Obwohl dies bereits der dritte Band der Servaz-Reihe ist, kann man diesen Thriller auch ohne Vorkenntnisse lesen. Es gibt genug Hinweise auf Servaz‘ Vergangenheit, um seine Handlungsweisen zu verstehen.

Einziges Manko: Mir war die Protagonistin nicht sympathisch.

Insgesamt kann ich diesen Thriller auch versierten Spannungs-Leser*innen absolut empfehlen; es gibt reichlich Aha-Momente. Man muss der Handlung etwas Zeit lassen, um die Spannung aufzubauen und dann ist man gefangen.

Viereinhalb Sterne.

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Veröffentlicht am 11.04.2020

Kampf gegen das schwarze Gras

Bloom
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Das giftgrüne Cover, das seine Wirkung am besten entfaltet, wenn man Vorder- und Rückseite zusammen betrachtet, zeigt bereits die Bedrohung. Die schwarzen Pflanzen wirken wie ein Maul, das den Weg in eine ...

Das giftgrüne Cover, das seine Wirkung am besten entfaltet, wenn man Vorder- und Rückseite zusammen betrachtet, zeigt bereits die Bedrohung. Die schwarzen Pflanzen wirken wie ein Maul, das den Weg in eine grüne Hölle frei gibt. Das Cover ist ein Blickfang, es ist aber ohne den Klappentext nicht klar, um was es sich hier handelt. Das Cover der englischen Originalausgabe finde ich passender.

Kenneth Oppel hat hier den ersten Band einer neuen Trilogie vorgelegt und ich sage es gleich vorweg, dem zweiten Band fiebere ich schon entgegen.



Auf der kleinen kanadischen Insel Salt Spring Island wächst urplötzlich und überall schwarzes Gras. Schnell stellt sich heraus, dass der Regen, der offenbar dafür verantwortlich war, das schnell wachsende Gras auf der ganzen Welt verteilt hat. Was zuerst nur lästig ist, wird bald zur ernsten Bedrohung für die Nahrungsmittelproduktion. Zeitgleich entwickeln sich die extrem starken Allergien von Anaya und Petra, die auf Salt Spring leben, zurück. Gemeinsam mit dem Außenseiter Seth, versuchen die Mädchen hinter das Geheimnis des Grases zu kommen und begeben sich in Lebensgefahr.

Zunächst liest sich die Geschichte wie ein Ökothriller, aber nach einigen Kapitel entwickelt sich das Geschehen in eine andere Richtung. Das ist nicht unbedingt mein Lieblingsgenre, aber gut gemacht. Das Buch liest sich sehr rasant. Ständig entwickeln sich neue Bedrohungen und die Protagonisten stolpern von einer lebensgefährlichen Situation in die nächste.

Das Buch beginnt mit einem kurzen Prolog, in der das Gras bereits zu einer Bedrohung geworden ist, um im ersten Kapitel zwei Wochen in die Vergangenheit zu gehen, als alles begann. Da man als Leser*in schon weiß, was kommen wird, verfolgt man gespannt die Ereignisse und ist von Beginn an von der Geschichte gefesselt.

Gut gefallen hat mir, dass die Jugendlichen, die durch ihre Allergien bisher immer einen speziellen Stand in der Schule hatten und stark unter ihren Einschränkungen gelitten haben, nun zu den Helden mutieren.

Da es im Buch ordentlich zur Sache geht (es wird schon fies und gruselig) und auch Personen ums Leben kommen, empfehle ich es für junge Leser ab 12 Jahren.

Das Buch endet mit einem Knalleffekt und ich bin mir sicher, dass die Zielgruppe den zweiten Teil kaum erwarten kann.

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Veröffentlicht am 03.03.2020

Rückkehr auf die scheinbar trostlose Heimatinsel - Romantische Komödie

Die kleine Sommerküche am Meer
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Mure ist eine sehr kleine schottische Insel. Mit kauzigen Bewohnern, einem kleinen Hafen und einem Bauernhof, dem die junge Flora vor einigen Jahren entflohen ist, um in London in einer Anwaltskanzlei ...

Mure ist eine sehr kleine schottische Insel. Mit kauzigen Bewohnern, einem kleinen Hafen und einem Bauernhof, dem die junge Flora vor einigen Jahren entflohen ist, um in London in einer Anwaltskanzlei zu arbeiten. Dort fällt sie im Heer der kleinen Angestellten kaum auf, bis genau ihre besondere Herkunft gefragt ist. Nun muss sie beruflich zurück auf das verhasste Eiland und sich ihrer Vergangenheit stellen. Dabei soll sie doch die Interessen eines Milliardärs auf der Insel vertreten. Ein handfester Naturbursche, der von ihr angehimmelte Staranwalt und ihre eigene Familie machen es Flora aber nicht leicht, ihren Auftrag zu erfüllen. Und dann ist da ja noch das alte Rezeptbuch ihrer Mutter und ein kleiner leerstehender Laden am Hafen.



Wer Jenny Colgans erfolgreiche Trilogie der “Kleinen Bäckerei am Strandweg“ (oder nur einen Teil davon) gern gelesen hat, wird von der „Kleinen Sommerküche am Meer“ nicht enttäuscht werden. Erneut steht eine sympathische junge Frau im Mittelpunkt, die sich neu erfindet bzw. endlich zu sich selbst findet. Dabei spielt das Kochen und Backen eine große Rolle und die Liebe kommt ebenfalls nicht zu kurz.

Das bewährte Rezept greift erneut. Die Autorin schreibt gewohnt witzig und kurzweilig. Die Seiten fliegen nur so vorbei. Das Setting auf der schottischen Insel ist reizvoll und die lokalen Sitten und Gebräuche werden ernsthaft und doch mit einem Augenzwinkern geschildert. Man muss diesen Ort einfach lieben. Die Protagonistin ist eine besondere Figur, der man gerne folgt und deren Zerrissenheit man absolut nachvollziehen kann.

Auch die „Sommerküche“ ist als Mehrteiler angelegt, die beiden Folgebände sind bereits erschienen.

Eine süße, romantische Komödie, die größtenteils vorhersehbar ist, aber dennoch viel Spaß macht. Fünf Romantiksterne sind verdient.

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