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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.08.2020

Aus dem Chemielabor

Mit besten Absichten
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Fred ist ein Chemiker, der Dinge erfindet, die die Welt verändern - von Teflon bis zu verbleitem Benzin. Dies ist seine Lebensgeschichte.
Eingebettet in tatsächliche Entwicklungen der Welt, wird die fiktive ...

Fred ist ein Chemiker, der Dinge erfindet, die die Welt verändern - von Teflon bis zu verbleitem Benzin. Dies ist seine Lebensgeschichte.
Eingebettet in tatsächliche Entwicklungen der Welt, wird die fiktive Biografie eines Mannes erzählt, der hoch hinaus will. Besonders wird die Erzählweise durch den Wechsel zwischen Ich-Erzähler und personalem Erzähler sowie der Ansprache des Lesers.
Die Ansichten der Hauptfigur amüsieren dadurch, dass sie überholt („Als ob wir eine Behörde zum Schutz der Umwelt bräuchten! Lächerlich, das Ganze ...“) oder selbstironisch („der Mann, der die erste Atombombenexplosion der Weltgeschichte wegen Durchfalls versäumt hatte“) wirken. Doch die Missgunst gegenüber dem Freund, der auf demselben Gebiet tätig ist wie er, machen ihn nicht unbedingt zu einem liebenswerten Charakter.
Günther Thömmes schafft es, im Plauderton über Risiken und Nutzen der Wissenschaft zu schreiben und Fachwissen unterhaltsam zu verpacken.

Veröffentlicht am 08.08.2020

Außergewöhnlich und wunderbar

Das Meer in meinem Zimmer
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Als ihre Mutter den Tod des Ehemannes leugnet, übernimmt die 19-jährige Jolanda die Verantwortung für die Familie, zu der noch ihre 10 Jahre jüngere Schwester Lilli gehört.
„Guten Tag, mein Vater ist heute ...

Als ihre Mutter den Tod des Ehemannes leugnet, übernimmt die 19-jährige Jolanda die Verantwortung für die Familie, zu der noch ihre 10 Jahre jüngere Schwester Lilli gehört.
„Guten Tag, mein Vater ist heute Morgen hier auf der Station gestorben, und jetzt soll ich für meine Mutter nachfragen, ob er wirklich tot ist.“ Die schweren Themen Krankheit, Tod und Verlust verpackt die Autorin federleicht in mitunter skurril anmutenden Situationen, ohne dass es lächerlich wirkt. Über Rückblenden erfahren wir, dass die Familiensituation schon in Jolandas Kindheit instabil war und besondere Bewältigungsstrategien von ihr erfordert hat. Sie ist eine sympathische Protagonistin, mit der ich leicht mitfühlen konnte.
Ich habe „Das Meer in meinem Zimmer“ als außergewöhnliche Familiengeschichte empfunden, die mich noch dazu sprachlich begeistert hat.

Veröffentlicht am 13.07.2020

Eine Hamburger Familie

Die Abendgesellschaft der Quartiersleute
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John Buttger, ein Bergarbeiter aus Wales, wandert Ende des 19. Jahrhunderts nach Hamburg aus und arbeitet fortan in einem der Speicher. Der Roman erzählt seine Geschichte und die der folgenden Generationen ...

John Buttger, ein Bergarbeiter aus Wales, wandert Ende des 19. Jahrhunderts nach Hamburg aus und arbeitet fortan in einem der Speicher. Der Roman erzählt seine Geschichte und die der folgenden Generationen bis zum Jahr 2013.
Vor dem Hintergrund historischer Ereignisse (wie den beiden Weltkriegen) tauchen wir durch das Hamburger Leben in der Speicherstadt ein in die familiären Verbindungen, die diesen “Generationenroman” ausmachen. Und so sieht man, wie neben einer Taschenuhr auch gewisse Gepflogenheiten und Redensarten von einem Familienmitglied an das nächste weitergegeben werden.
Der Schreibstil ist fesselnd (von den Geräuschen eines Grubenunglücks im ersten Kapitel an) und authentisch. Die Figuren reden ungefiltert (“‘Allein die Stimme dieses Hitler. Wie ein fauchendes, schreiendes Frettchen! Was finden die Leute an diesem Rattenfänger?’”), und manchmal sterben auch einige, die man schon fest eingeplant hatte. Deshalb empfehle ich, 1. den Stammbaum am Ende nicht vorher anzuschauen und 2. dieses Buch zu lesen.

Veröffentlicht am 27.06.2020

Denk an dich

100 Tage voller Ausgeglichenheit
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„100 Tage voller Ausgeglichenheit“ bietet mit Fragen zur Selbstreflexion und Vorschlägen zu Aktivitäten inspirierende Ideen dafür, gut zu sich selbst zu sein.
Das Buch ist in 100 kleine Abschnitte eingeteilt ...

„100 Tage voller Ausgeglichenheit“ bietet mit Fragen zur Selbstreflexion und Vorschlägen zu Aktivitäten inspirierende Ideen dafür, gut zu sich selbst zu sein.
Das Buch ist in 100 kleine Abschnitte eingeteilt und als Programm über 100 Tage angedacht. Alternativ wäre es in weniger als einer halben Stunde gelesen. Aber schöner ist es doch, tatsächlich seine Gedanken an den vorgesehenen Stellen einzutragen (wie Pläne schmieden oder gute Dinge resümieren), tatsächlich etwas zu machen (vom Ausmisten über Nichtstun bis Tanzen) und sich so dem eigenen Wohlbefinden zu widmen.
Das nett gestaltete Büchlein erfindet das Rad vielleicht nicht neu, doch ein kleiner Anstoß zur Achtsamkeit kann ja nicht schaden.

Veröffentlicht am 30.05.2020

Die Erforschung Indiens

Das Museum der Welt
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Der etwa 12-jährige indische Waisenjunge Bartholomäus wird von den Brüdern Schlagintweit auf deren Forschungsexpedition durch Indien als Übersetzer mitgenommen. Die Begegnung mit den Deutschen und die ...

Der etwa 12-jährige indische Waisenjunge Bartholomäus wird von den Brüdern Schlagintweit auf deren Forschungsexpedition durch Indien als Übersetzer mitgenommen. Die Begegnung mit den Deutschen und die Reise durch das eigene Land bringen viele Entdeckungen für den Jungen mit sich, die er in seinem „Museum der Welt“ schriftlich festhält.
Während die Forscher im Dunstkreis Alexander von Humboldts Mitte des 19. Jahrhunderts tatsächlich Asien bereisten, bereichert der Roman mit der kindlichen Hauptfigur die historischen Ereignisse um das gewisse Etwas. Obwohl Bart seine Unerfahrenheit anzumerken ist und europäische Gepflogenheiten neu für ihn sind (“Wir tranken zusammen den angeblich vortrefflichen Tee Assams“ ... „Solch fauliges Wasser, in dem alte, trockene Blätter gekocht wurden, kann nur einem Firengi munden.”), schafft er es, als Vermittler zwischen den Kulturen zu agieren.
Der Blickwinkel des Inders bedeutet auch, dass ihm geläufiges oder erfundenes Vokabular „seinen“ Text prägt und vom deutschsprachigen Leser erst einmal hingenommen werden muss. Lässt man sich darauf ein, denn ein Übersetzen ist nicht unbedingt erforderlich, ist es genau das, was das Lesen zu einem Abenteuer macht und uns in die Geschichte und Gedankenwelt eintauchen lässt.