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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.11.2020

Keine Tat bleibt ungesühnt

Ohne Schuld
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In “Ohne Schuld“, dem neuen Krimi um Detective Sergeant Kate Linville, schießt ein Unbekannter in einem Zug auf eine junge Frau. Zufällig befindet sich die Polizistin im Zug und kann die Frau in Sicherheit ...

In “Ohne Schuld“, dem neuen Krimi um Detective Sergeant Kate Linville, schießt ein Unbekannter in einem Zug auf eine junge Frau. Zufällig befindet sich die Polizistin im Zug und kann die Frau in Sicherheit bringen. Wenig später wird eine andere Frau schwer verletzt, als sie mit dem Fahrrad in einen über den Weg gespannten Draht gerät. Auch auf diese Frau wird geschossen, aber sie wird nicht getroffen. Die Schüsse stammen aus derselben Waffe. Die Polizei steht vor einem Rätsel, weil es keinerlei Überschneidungen im Leben der beiden Frauen gibt. Kate ermittelt mit Hilfe ihres suspendierten Chefs Caleb Hale und gerät dabei selbst in Lebensgefahr. Es wird ein langer Weg bis zur Lösung der beiden Fälle. Kate wird sich wegen ihres eigenmächtigen Handelns verantworten müssen. Ihre Zukunft ist am Ende genauso ungewiss wie die von Caleb Hale.
Es fängt interessant und spannend an und liest sich zunächst hervorragend. Gegen Ende lässt die Spannung jedoch erheblich nach, weil der Leser da längst Täter und Motiv kennt. Der letzte Teil hat deutliche Längen. Mich stört auch das halboffene Ende, das auf die geplante Fortsetzung der Reihe um Kate Linville hindeutet. Insgesamt bin ich ein wenig enttäuscht.

Veröffentlicht am 23.08.2020

Niemals aufgeben

Wilde Freude
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Im Mittelpunkt von Sorj Chalendons neuem Roman “Wilde Freude“ steht die Buchhändlerin Jeanne Hervineau. Sie erfährt, dass sie an Brustkrebs erkrankt ist. Die gute Nachricht: ihr wird nicht die Brust amputiert, ...

Im Mittelpunkt von Sorj Chalendons neuem Roman “Wilde Freude“ steht die Buchhändlerin Jeanne Hervineau. Sie erfährt, dass sie an Brustkrebs erkrankt ist. Die gute Nachricht: ihr wird nicht die Brust amputiert, aber sie muss monatelang eine Chemo-, danach eine Strahlentherapie machen. Ihr Mann Matt reagiert abweisend und kalt. Er kann ihren Anblick und Geruch schon bald nicht mehr ertragen und verlässt sie. Da trifft es sich gut, dass sie bei der Therapie die empathische Brigitte kennenlernt, die sie schon bald einlädt, in die WG mit den Freundinnen Assia und Melody einzuziehen, die alle dasselbe durchmachen. Drei von ihnen teilen im Übrigen auch die Erfahrung, ein Kind verloren zu haben. Jeannes Sohn Jules starb mit sieben Jahren an einer unheilbaren Krankheit. Seit seinem Tod ist die Beziehung zu Matt bereits zerrüttet. Bei den drei Frauen fühlt sich Jeanne geborgen und fasst allmählich neuen Lebensmut. Sie verändert sich auch sonst, entschuldigt sich nicht mehr ständig, was ihr den Spitznamen Jeanne Sorry eingebracht hat. Sie merkt, dass sie ein Leben lang unauffällig und angepasst sein wollte. Jetzt nimmt sie ihr Schicksal in die Hand und wird zur mutigen Kämpferin. Diese Eigenschaft wird gebraucht, als die vier Frauen einen Überfall auf ein Juweliergeschäft planen, um einer von ihnen aus ihrer Notlage zu helfen. Dadurch bekommt der Roman, der in der ersten Hälfte eher von Traurigkeit angesichts der vielleicht tödlichen Krankheit dominiert wird, Elemente eines Thrillers mit zunehmender Spannung. Wilde Freude vermisse ich allerdings weitgehend – abgesehen von der Tatsache, dass die Frauen ihr Leben trotz aller Schmerzen und Ängste so normal wie möglich weiterführen.
Ich kenne fast alle Romane von Chalendon. Dieser ist anders und gefällt mit aus verschiedenen Gründen weniger als die anderen. Das liegt einmal an den detaillierten Beschreibungen der Krankheit und den Therapien mit den verheerenden Begleiterscheinungen, zum anderen an der nicht immer besonders plausiblen Romanhandlung – hier vor allem der bewaffnete Überfall. Positiv zu bewerten ist auf jeden Fall, dass die Geschichte den Leser nicht hoffnungslos zurücklässt. Dafür sorgt schon die beschriebene Solidarität und Freundschaft unter den Frauen, die ihnen den Mut und die Kraft zu kämpfen gibt. Bedingt zu empfehlen.

Veröffentlicht am 14.06.2020

Die Geschichte eines langen Abschieds

Kostbare Tage
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Auch Kent Harufs nunmehr in deutscher Übersetzung vorliegender Roman „Kostbare Tage“ spielt in der fiktiven Kleinstadt Holt in den Great Plains in Colorado. Im Mittelpunkt stehen der Eisenwarenhändler ...

Auch Kent Harufs nunmehr in deutscher Übersetzung vorliegender Roman „Kostbare Tage“ spielt in der fiktiven Kleinstadt Holt in den Great Plains in Colorado. Im Mittelpunkt stehen der Eisenwarenhändler „Dad“ Lewis, seine Frau Mary und Tochter Lorraine. Dad hat Krebs im Endstadium und nur noch kurze Zeit zu leben. Seine Familie umsorgt ihn, begleitet ihn liebevoll in dieser letzten Phase, aber auch die Nachbarn kümmern sich und unterstützen die Familie. Nur einer fehlt: Frank, der Sohn und Bruder. Der homosexuelle Frank hatte schon als junger Mann das Elternhaus im Streit verlassen. Sein derzeitiger Aufenthaltsort ist nicht bekannt. In Holt kennt jeder jeden, weiß alles über alle anderen. Da sind Menschen, die anders sind, nicht wohl gelitten. Das bekommt auch Reverend Lyle, der neue Pastor, zu spüren, der schon seine letzte Gemeinde in Denver unter unschönen Umständen verlassen musste. Seine auf der Bergpredigt basierende Auslegung der Aufforderung, seine Feinde zu lieben, legen die meisten Gemeindemitglieder voller Zorn und Ablehnung zu seinem Nachteil aus und beschimpfen ihn als Terroristenfreund. Es gibt einen enormen Zusammenhalt und mitmenschliches Verhalten in dem kleinen Ort, aber sofortige Ausgrenzung, wenn jemand sich nicht anpasst. Auch Lyles Familie wird zum Problem.
In Harufs Roman gibt es keine spektakuläre Handlung. Es geht um die Darstellung des ganz normalen Alltags in einer typischen amerikanischen Kleinstadt. Gleichzeitig liefert der Autor ein berührendes Porträt des Sterbenden, der sich an wichtige Begebenheiten in seinem Lieben erinnert, harte Entscheidungen in der Vergangenheit bereut, die er teilweise durch aktive Hilfe mildern konnte, wobei allein das Zerwürfnis mit seinem Sohn nicht durch Verzeihen und Aussöhnung aus der Welt geschafft werden kann. An seinem Sterbebett erscheinen die Geister der Vergangenheit, aber nicht alles lässt sich zum Abschluss bringen. Harufs Roman berührt, allerdings präsentiert er keine sensationell neuen Erkenntnisse, sondern so manches Klischee. Es menschelt ein bisschen zu sehr, und zum Ende hin wird die Geschichte zunehmend melodramatisch. “Unsere Seelen bei Nacht“ und “Lied der Weite“ haben mir besser gefallen.

Veröffentlicht am 02.06.2020

Ein Idol und seine Fans

Schwestern im Tod
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Mit „Schwestern im Tod“ legt Bernard Minier den 5. Band einer Serie um Kommissar Martin Servaz vor. Als Berufsanfänger hatte Servaz mit dem Fall der ermordeten Mädchen Ambre, 16 und Alice, 15 zu tun, die ...

Mit „Schwestern im Tod“ legt Bernard Minier den 5. Band einer Serie um Kommissar Martin Servaz vor. Als Berufsanfänger hatte Servaz mit dem Fall der ermordeten Mädchen Ambre, 16 und Alice, 15 zu tun, die an Bäume gefesselt und in Kommunionkleidern im Wald bei Toulouse gefunden wurden. Die Inszenierung erinnert an den Erfolgsroman „Die Kommunikantin“ des Autors Erik Lang, der daraufhin unter Verdacht geriet. Er wurde durch das Geständnis eines anderen Mannes entlastet, der Selbstmord beging. Die beiden jungen Mädchen waren Fans des Autors, schrieben ihm glühende Briefe voller Anzüglichkeiten und trafen sich mit ihm. 25 Jahre später wird Amalia, Langs Ehefrau, tot in seinem Haus aufgefunden, ebenfalls in einem Kommunionkleid. Sie starb am Gift der gefährlichsten Schlangen der Welt, die der Autor in Terrarien hielt. Lang gerät sofort unter Verdacht. Für Servaz und seine Kollegen stellt sich erneut die Frage nach dem Mörder der Schwestern Oesterman 25 Jahre zuvor.
Der Autor erzählt eine Geschichte mit unendlich vielen Komplikationen und überraschenden Wendungen, die keine schlüssige Handlung ergeben. Auch die Auflösung hat mich nicht überzeugt. Der nicht besonders spannende Roman wirkt auf mich einfach nur ziemlich wirr. Für mich war es der erste Roman von Minier. Die anderen vier zu lesen hat sich erledigt, da der Autor wiederholt explizit auf die Vorgänger Bezug nimmt und man die wesentlichen Fakten schon kennt. Ich finde allenfalls die Auseinandersetzung mit der Situation eines Erfolgsautors interessant, dessen Fans geradezu besessen von ihm sind und bereit sind, sehr weit zu gehen, um ihrem Idol ihre grenzenlose Verehrung zu beweisen. Insgesamt bin ich von dem Buch enttäuscht.

Veröffentlicht am 17.05.2020

Es ist nie zu spät für alles

Die Mitte ist ein guter Anfang
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In Franka Blooms Roman „Die Mitte ist ein guter Anfang“ geht es um Liebe und Beziehungskrisen. Eva hat in Spanien mit ihrer Freundin Carla ausgelassen ihren 49. Geburtstag gefeiert und heftig mit einem ...

In Franka Blooms Roman „Die Mitte ist ein guter Anfang“ geht es um Liebe und Beziehungskrisen. Eva hat in Spanien mit ihrer Freundin Carla ausgelassen ihren 49. Geburtstag gefeiert und heftig mit einem gutaussehenden Fremden geflirtet, als Carla ihr ein Päckchen von Evas Partner Arne überreicht. Arne ist seit über 20 Jahren Evas Lebensgefährte und Vater ihrer gemeinsamen Tochter Frida. Jetzt schickt er ihr einen schriftlichen Heiratsantrag und einen wunderschönen Verlobungsring. Eva empfindet nicht unbändige Freude, sondern fragt sich, warum jetzt? Warum überhaupt? Später wird sich herausstellen, dass Arne seine Familie absichern will, bevor er seinen neuen Job in Kiew antritt. Bei Eva löst der Antrag eine Fülle von Fragen und Zweifeln aus. Die Beziehung hat sich im Lauf der Jahre verändert, und sie fragt sich vor allem, wo sie selbst an diesem Punkt ihres Lebens steht. Hat sie das Leben geführt, das sie sich gewünscht hat, und was erwartet sie von der Zukunft?
Die Autorin beschreibt nicht nur die große Krise in der Beziehung von Eva und Arne, sondern parallel dazu auch die Eheprobleme einiger befreundeter Paare und ihrer Eltern. Fast alle wollen sich plötzlich scheiden lassen, und die schwierige 15jährige Frida erlebt ihren ersten Liebeskummer. Trotz aller Probleme laufen die Hochzeitsvorbereitungen auf Hochtouren und werden in allen Einzelheiten dargestellt, inklusive Wahl des Hochzeitskleids, der Location, des Termins, der Gästeliste usw. Das ist nicht besonders spannend. Spannend ist eigentlich nur die Frage, ob die Hochzeit stattfindet oder ob es im Fall von Eva und Arne und von Evas Eltern zu einer neuen Partnerwahl kommt. Ohnehin ist ein Roman über in dieser Breite dargestellte Beziehungsprobleme nicht meine erste Wahl. Diese Art von Frauenroman muss man mögen.