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Veröffentlicht am 16.06.2020

Jeder kann, er muss nur wollen.

Storys für Kinder, die die Welt retten wollen
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Umweltschutz ist im Moment wohl abgesehen von der Pandemie, die die Welt überrannt hat, eines der heißest diskutierten Themen in der Politik. Die einen brennen dafür, andere schütteln nur den Kopf, existiert ...

Umweltschutz ist im Moment wohl abgesehen von der Pandemie, die die Welt überrannt hat, eines der heißest diskutierten Themen in der Politik. Die einen brennen dafür, andere schütteln nur den Kopf, existiert der Klimawandel, tut er es nicht, die Meinungen spalten sich hier in zwei Lager. Entweder man ist dafür oder man ist dagegen, etwas anderes scheint es nicht geben zu dürfen. Und wie erklärt man nun den Kindern, was in der Welt da draußen passiert? Wie erklärt man ihnen, dass es uns hier im Vergleich zu vielen Völkern richtig gut geht? Wie erklärt man ihnen, dass wir gerade deshalb unsere Privilegien nutzen und unser Leben verändern müssen, damit es anderen auch gutgehen kann? Das sind schwierige Themen. Und ich finde, die „Storys für Kinder, die die Welt retten wollen“ zeigen unseren Kleinen auf eindrucksvolle Weise, wie man mit Beharrlichkeit und Ausdauer auch in kleinen Schritten Großes bewirken kann, wenn man es möchte.

Leider muss ich gestehen, dass ich viele der im Buch vorgestellten Persönlichkeiten nicht kannte. Die bekannten Schauspieler oder Hollywood-Persönlichkeiten waren mir ein Begriff, allerdings fand ich die Geschichten derer, die in Problemgebieten aufgewachsen sind, teils sehr viel interessanter als die recycelten Abendkleider einer Emma Watson, so lobenswert die auch sind. Mich hat fasziniert, wie hartnäckig und ausdauernd manche Menschen teils schon im frühen Kindesalter sich aufopferungsvoll um das Wohl der Erde gekümmert haben. Wie liebevoll und achtend sie mit der Natur umgehen hat mir ein furchtbar schlechtes Gewissen gemacht und sei es nur, weil ich neulich aus Versehen eine Schnecke zertreten oder im Vorbeigehen ganz kindlich ein Blatt von einer Hecke gerupft habe.

Weniger Plastik kann ich. Weniger Auto kann ich sowieso, mangels Führerschein überhaupt kein Problem. Viel Fahrrad und Bahn kann ich, weniger Fleisch oder mehr Bio-Ware kann ich vielleicht auch. Ich kann Umweltschutz, da bin ich mir jetzt sicher. Und auch wenn ich kein Kind mehr bin, haben mir die Geschichten so einiges beigebracht und etwas die Augen geöffnet.
Nicht jeder muss die Welt rigoros verändern, es reicht für den Anfang, wenn jeder kleine Schritte in die richtige Richtung macht. Die hier vorgestellten Menschen können uns als Vorbild oder Inspiration dienen, und selbst wenn wir nie das erreichen, was sie vollbracht haben oder immer noch vollbringen, können wir doch zumindest unseren Teil beitragen.

Mein Fazit:
Ein wirklich informatives und inspirierendes Buch, sowohl für große als auch für kleine Klima-Helfer geeignet. Hat mir gut gefallen und würde ich definitiv weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 28.05.2020

Phönix zu Asche

Der Fluch des Phönix
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Aimée Carter scheint eine größere Nummer in der Kinder- und Jugendbuchliteratur zu sein, dennoch habe ich noch nie was von ihr gelesen. Animox, eine ihrer Reihen, wurde an vielen Stellen hoch gelobt und ...

Aimée Carter scheint eine größere Nummer in der Kinder- und Jugendbuchliteratur zu sein, dennoch habe ich noch nie was von ihr gelesen. Animox, eine ihrer Reihen, wurde an vielen Stellen hoch gelobt und so hatte ich an dieses Buch auch gewisse Erwartungen. Fabelwesen sind definitiv mein Ding, je schräger desto besser. Einhörner und Drachen sind zwar auch ganz nett, aber von einem Phönix zum Beispiel liest man seltener, umso mehr habe ich mich gefreut, dass schon der Klappentext dem Phönix in diesem Buch eine besondere Rolle zuspricht.

Erzählt wird die Geschichte abwechselnd aus der Perspektive auf Lu und auf Zac, das hat dafür gesorgt, dass keine Langweile aufkommt und man zudem auch beiden Zwillingen näher kommt, denn die beiden könnten unterschiedlicher kaum sein. Lu ist aufgeweckt, stürmisch und setzt sich maßgeblich für alles ein, was flauschig und hilfsbedürftig ist, zugleich übernimmt sie aber auch seit dem Tod der Mutter oft genug die Erwachsenenrolle Zac gegenüber ein, wenn der Vater überfordert ist.
Zac leidet unter einer Vielzahl an Allergien, die nicht nur seinen sondern den Alltag der ganzen Familie erheblich einschränken. Er leidet oft, aber weniger unter seinen körperlichen Beschwerden als viel mehr darunter, wie viele Probleme er seiner Schwester bereitet. Er versucht häufig, tapfer zu sein und mit ihr mitzuhalten, selbst wenn sein Zustand das häufig schwer bis unmöglich gestaltet. Doch er ist ein Kämpfer und das schätze ich sehr an ihm.

Beide Zwillinge sind so unglaublich erwachsen und reif für ihr Alter, das hat mich echt umgehauen. Klar, ab und zu sind sie mal trotzig oder zickig, wie das nun mal so ist bei 12-jährigen, aber alles in allem haben sie sich dermaßen vernünftig benommen, dass ich wirklich beeindruckt war. Erst kürzlich habe ich ein Buch mit einer drei Jahre älteren Figur gelesen, die sich um ein Vielfaches kindischer benommen hat als Lu und Zac zusammen, dagegen waren die Geschwister eine echte Wohltat beim Lesen.

Die restlichen Figuren haben meine Gefühle recht deutlich gespalten, der eine Teil der Familie der Zwillinge hat mich ähnlich begeistert wie die beiden, sie waren einfach rundum sympathisch und liebenswert. Der andere Teil, im speziellen Rowena, eine Tante der Kinder, hat mich genervt, sauer und teilweise ein wenig aggressiv gemacht. Sie war brummig, hatte nie ein nettes oder auch nur neutrales Wort den beiden Protagonisten gegenüber zu sagen und hat konstant schlechte Laune verbreitet.

Der Schreibstil der Autorin hat dafür gesorgt, dass man sich alles ohne Probleme sehr bildlich und detailliert vorstellen konnte. Die Wildlands, die Fabelwesen, alles hatte ich sofort vor Augen und ich muss sagen, dass die Bilder in meinem Kopf mir sehr gefallen haben.
Die Idee der Wildlands an sich, einem Ort an dem besondere Wesen frei und beschützt leben können, finde ich großartig. Leider hatte ich ein paar Verständnisfragen zu der Entstehung des Schutzgebietes, die sich auch im späteren Verlauf der Geschichte nicht klären konnten. Aber das hat dem Lesefluss und der Spannung keinen Abbruch getan, nicht selten endeten die Kapitel mit einem kleinen Cliffhanger in einer brenzligen Situation, sodass ich sofort weiterlesen musste, auch wenn ich mir eigentlich eine Pause vorgenommen hatte.

Mein Fazit:
Von dieser Autorin werde ich sicherlich noch mehr lesen. Sorgfältig ausgearbeitete Figuren, faszinierendes Setting und trotz einiger kleiner Verständnisprobleme ein lesenswertes Buch, was ich entgegen der Einordnung ins Genre Kinderbuch auch älteren Fantasy-Fans bedenkenlos ans Herz legen kann.
Ich vergebe 4,5 von 5 Sternen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.03.2020

Fax an die Macht!

Cecilia
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Dieses Buch ist für mich etwas Besonderes. Es hat komplett unabhängig vom Inhalt meine Gefühle wiederholt auf den Kopf gestellt, auf gute und schlechte Weise. Erst hieß es, die Reihe würde vom Verlag nicht ...

Dieses Buch ist für mich etwas Besonderes. Es hat komplett unabhängig vom Inhalt meine Gefühle wiederholt auf den Kopf gestellt, auf gute und schlechte Weise. Erst hieß es, die Reihe würde vom Verlag nicht weiter fortgesetzt werden, und es ging eine kleine Welt für mich unter, wie jedes Mal, wenn eine Reihe mittendrin abgebrochen wird. Es gibt kaum etwas ärgerlicheres als eine angefangene Reihe im Regal, bei der man im schlimmsten Fall wie hier nicht mal die Möglichkeit hätte, zumindest in der Originalsprache weiterzulesen.
ABER! Anna hat sich zur Freude aller Fans ihrer Reihe dazu entschlossen, das Mammut-Projekt Self-Publishing anzugehen und Band drei schließlich in Eigenregie veröffentlicht, und dafür hat sie all meinen Respekt! Wie viel Arbeit und Entschlossenheit dahinter stecken muss, kann ich mir höchstens in schwarz-weiß ausmalen, aber keinesfalls in Farbe. Daher zu Beginn einmal ein kräftiges „Danke, Anna!“ von mir.

„Wenn die Nebel Feuer fangen“ ist der dritte Band der Cecilia-Tetralogie. Bereits zu Band 2 durfte ich mich in einer Leserunde austauschen und habe es deshalb sehr genossen, auch zu diesem Teil meinen Gefühlen und Gedanken zum Gelesenen in einer kleinen Runde Luft machen zu können, und MANN! Davon hatte ich wirklich eine Menge. Auf dieses Buch konnte ich mich wirklich voll und ganz einlassen, bin eingetaucht in die Welt von Lia, Elias und Noran, habe mit ihnen mitgefiebert, gekämpft, gelitten, habe sie gehasst und geliebt, fand sie nervig, hab sie bemitleidet und bin wegen ihnen ausgerastet, sowohl vor Freude als auch vor Ärger. Die ganze Gefühlspalette habe ich während des Lesens durchgeturnt und das muss ein Autor erst einmal schaffen.

Ich muss sagen, man merkt dem Buch wenn überhaupt nur stellenweise an, dass kein Lektorat stattgefunden hat. In diesem Band kommt der Schreibstil der Autorin prägnanter durch, finde ich. Es ist schwer zu beschreiben, aber ich glaube, hätte ein Lektor oder eine Lektorin drüber geschaut, wäre das Buch gezügelter, weniger überschwänglich. Das soll nicht heißen, dass lektorierte Bücher emotionslos und platt sind, sondern nur, dass die Emotionen dort in Bahnen gelenkt werden, damit die Stimmung nicht kippt und lächerlich und theatralisch statt ergreifend und bedeutsam wirkt. Und das wiederum heißt nicht, dass ich die Emotionen in diesem Buch nicht ernst genommen habe, keinesfalls, denn das habe ich. Größtenteils.

An einigen Stellen fand ich es nämlich etwas drüber, zu viele Ausrufe hintereinander, die zwar sicherlich die Dringlichkeit und Intensität des Gesagten verdeutlichen sollen, aber an vielen Stellen gar nicht nötig sind. Man kennt es ja, das Sprichwort „Weniger ist mehr“. Und in diesem Fall greift es, finde ich. Eine Figur muss nicht schreien, damit man ihr zuhört und versteht, wie wichtig ihr etwas ist, weder im Gespräch mit jemandem noch in ihrer Gedankenrede. Besonders nicht in ihrer Gedankenrede. Aber das ist nur meine Meinung, viele andere sehen das vermutlich nicht mal.

Ich gebe zu, in der Leserunde viel an Cecilia und besonders Elias herumgemeckert zu haben. Aber so ist das mit Figuren in Büchern, die wenigsten sind perfekt. Und die, die es sind, sind entsprechend langweilig. Figuren müssen für mich persönlich immer einen überzeugenden Charakter haben, man muss sie lieben UND hassen können. Sie müssen eine nachvollziehbare Wandlung durchmachen und Sympathie im mir wecken und das tun sie definitiv, so gern ich Lia und ihren Loverboy gern auch mal gegen die Wand geklatscht hätte. Elias verhält sich oft wie ein Steinzeitmensch und Lia ist verbohrt und stur wie ein Maulesel, aber trotzdem finde ich, sie haben sich im Verlauf der Geschichte zu besseren Versionen von sich selbst gewandelt. Mutiger, taffer, entschlossener, einander verbundener. Auch wenn sie ab und an echt nicht clever waren.
Wir lernen auch ein paar Neulinge kennen, einer spezieller als der andere. Und mit speziell meine ich wirklich speziell. Eigen, seltsam, schwierig, aber dennoch größtenteils liebenswert.

Die interessanteste Figur ist in diesem Buch neben meinem Liebling Fax definitiv Noran. Man lernt ihn von einer neuen Seite kennen, einer düsteren, gefährlichen, irren Seite, Er wird immer schwerer einzuschätzen und ich bin extrem gespannt auf das, was er in Band 4 noch für uns bereithält.
Fax by the way ist für mich immer noch mein Held #1. Ich habe den Teddy im zweiten Teil schon vergöttert und habe seine kleinen Aggressionsausbrüche in diesem Buch nur noch mehr lieben gelernt, bin regelrecht faxziniert. Nein, nicht vertippt, ja, Wortspiel beabsichtigt.

Die Geschichte nimmt an vielen Stellen für mich unerwartete Wendungen und hat generell ein gutes Verhältnis von ruhigen, emotionalen zu rasanten, spannungsgeladenen Szenen. So saß ich immer gespannt da, unwissend was mich hinter der nächsten Seite erwartet, besonders weil Anna ein scheinbar nie zu befriedigendes Verlangen nach Cliffhangern hat.

Mein Fazit:
Bis auf mein Problem mit den Ausrufen, über das die meisten vermutlich verständnislos den Kopf schütteln werden, ist das für mich ein durch und durch gelungenes Buch. Lebendige, vielseitige Figuren, wechselnde aber durch die Bank weg gut beschriebene und durchdachte Schauplätze, spannender Plot mit überraschenden Wendungen, viele Emotionen, ein Traum von einem Buch!
Ich freue mich wie Bolle auf das große Finale und bin gespannt, was Anna sich noch alles für uns ausdenkt. Enttäusch' mich nicht, Schreiberling! ^^
4,5 von 5 Sternen gibt es von mir.

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Veröffentlicht am 15.03.2020

Mehr!

Serafin. Das Kalte Feuer
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"Serafin“ ist quasi der vierte Teil der Merle-Reihe, kann aber auch unabhängig gelesen werden. Für mich war es selbst sehr lange her, dass ich die vorigen drei Bücher gelesen habe, aber ich habe auch nur ...

"Serafin“ ist quasi der vierte Teil der Merle-Reihe, kann aber auch unabhängig gelesen werden. Für mich war es selbst sehr lange her, dass ich die vorigen drei Bücher gelesen habe, aber ich habe auch nur mit geringem Vorwissen alles ausreichend gut verstanden. Dennoch spoilert man sich für die ersten drei Bände, das sollte einem bewusst sein.

Ich bin jedes Mal skeptisch, wenn nach vielen Jahren eine Reihe neue Bände erhält. Gerade vor einiger Zeit bin ich mit einem Buch einer solchen neu aufgewärmten Reihe ordentlich auf die Nase gefallen und war umso zögerlicher, ob ich mich auf Serafin und seine Geschichte freuen soll oder nicht. Allerdings wurden nach den ersten Seiten bereits alle Zweifel ausgeräumt.

Kai Meyer hat eine kaum nachahmbare Weise, seine Erzähler und Figuren vom Geschehen berichten zu lassen. Man fühlt sich mit eingewoben in die Geschichte, spürt die Angst, die Liebe und das Adrenalin der Figuren. Man ist nicht nur bei ihnen, man ist sie. In „Serafin“ konnte ich mich komplett verlieren und die Außenwelt für ein paar Lesestunden vergessen. Venedig hat einen speziellen Zauberbann, dem man sich nicht entziehen kann und möchte, verstärkt wird dieser durch die lebendigen und detaillierten Ortsbeschreibungen, die einen glauben lassen, man sehe die Stadt durch seine eigenen Augen.

Das Einzige, was das Setting und den Schreibstil noch übertrifft, sind die fantastischen neuen Figuren, die man in diesem Buch kennenlernt. Mein absoluter Liebling ist Serafins Katze Cagliostra. Ich nannte sie in der Leserunde zum Buch ein blödes, vorlautes, tapferes, flauschiges, liebenswert brummiges, wundervolles Vieh, und ich finde immer noch, das trifft es auf den Punkt. Die Katze hat zwar ihren eigenen Kopf, ist aber der treuste Begleiter, den Serafin sich wünschen kann. Die beiden verbindet eine Art Hassliebe, sie streiten sich andauernd, wissen aber genau, dass sie sich auf den anderen blind verlassen können.

Die Konstellation Merle-Junipa-Serafin hat für viele Spannungen und unerwartete Wendungen gesorgt. Merle hat „ihren“ Serafin in der Vergangenheit verloren und muss nun auf die harte Tour lernen, dass die Personen in den unterschiedlichen Manifestationen von Venedig, nur weil sie gleich aussehen, nicht unbedingt auch den gleichen Charakter haben, geschweige denn das gleiche Leben führen wie die Menschen, die man in seinem ursprünglichen Venedig kennengelernt hat. Damit hat der Autor sich einiges getraut und ist ein Stück weit auch das Wagnis eingegangen, einige Leser vor den Kopf zu stoßen, aber ich finde, das Risiko hat sich gelohnt.

Um noch mal auf die Manifestationen der Städte zurückzukommen, die Spiegelwelt und die unterschiedlichen Versionen von Venedig zum Beispiel bergen durchaus das Potenzial, den Kopf erst zum Rauchen und schließlich zum Platzen zu bringen, wenn man lange genug drüber nachdenkt. Dieses Universum ist hochkomplex und zugleich logisch wie rätselhaft, und im Nachhinein bedacht muss es eine Heidenarbeit gewesen sein, sich so etwas auszudenken. Respekt an den Autor!

Mein Fazit:
Serafin konnte mich bis auf einige Unklarheiten und offene Fragen wider Erwarten überzeugen. In diesem Fall erwischt man Gott sei Dank eine Fortsetzung einer fast verstaubten Reihe, die es wert ist, gelesen zu werden, was leider viel zu selten der Fall ist. Kai Meyer hat in der Leserunde relativ offen gelassen, ob es noch mehr Bücher zu Merle und Co. geben wird, aber ich wünsche es mir wirklich. Klare Leseempfehlung von mir!
Gerundete 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 07.02.2020

Tropf, tropf

Dry
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Jeder, der sich in den Genres Fantasy und dystopischen Erzählungen halbwegs auskennt, hat den Namen Shusterman schon mal gehört, behaupte ich. Sei es Scythe oder die Vollendet-Reihe, man hört kaum was ...

Jeder, der sich in den Genres Fantasy und dystopischen Erzählungen halbwegs auskennt, hat den Namen Shusterman schon mal gehört, behaupte ich. Sei es Scythe oder die Vollendet-Reihe, man hört kaum was anderes als Lobeshymnen auf seine Bücher und daher war ich sehr gespannt auf meine erste Shusterman-Erfahrung. Der Klappentext hat mich sofort angesprochen und unglaublich neugierig gemacht, denn dass der Menschheit das Wasser ausgeht, ist eine der größten Horrorvorstellungen, die man sich machen kann.

Tatsächlich hat mich das Buch wie erhofft alles andere als enttäuscht. Angefangen mit den Schilderungen aus der Ich-Perspektive verschiedenster Figuren, die es dem Leser ermöglichen, tief in die Geschichte einzutauchen und sich dem Geschehen so nah wie möglich zu fühlen, bis hin zur unkomplizierten Umgangssprache, die dem Alter der Protagonisten geschuldet ist und dafür sorgt, dass man nur so durch die Seiten fliegt.

Die Protagonisten könnten unterschiedlicher kaum sein. Alyssa ist das nette Mädchen von nebenan, sie und ihr kleiner Bruder Garrett sind in normalen, bürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen und sie wirkt auf den ersten Blick wie die rationalste von allen. Ich konnte mich mit ihr am besten aus der Gruppe identifizieren und mir war sie meist auch am sympathischsten, wenn sie nicht gerade einen ihrer Zicken-Anfälle hatte.
Kelton dagegen, Alyssas Nachbar der heimlich für die schwärmt, ist von vielen als Freak verschrien, da seine Familie sich schon lange und intensiv auf eine bevorstehende Katastrophe vorbereitet hat. Ich fand die Art, wie er aufgewachsen ist und wie er denkt, ziemlich faszinierend, insbesondere jetzt, wo sie Bemühungen seiner Familie tatsächlich Anwendung finden.
Die letzte für mich wichtige im Bunde ist Jacqui, eine taffe aber manchmal auch etwas einsame Überlebenskünstlerin, die in ihrem jungen Leben schon so einiges durchmachen musste und bereits früh auf sich allein gestellt war. Von ihr war ich nicht minder beeindruckt, aber eher auf eine bewundernde Weise, anders als bei Alyssa, die ich tatsächlich gut verstehen konnte.

Der sogenannte Tap-Out, das Versiegen des Wassers aus den Hähnen und sonstigen Leitungen, zeigt, wie schnell sich das Gesicht der Menschheit wandelt, wenn es vor lebensbedrohende Probleme gestellt wird. Die Notlage wurde langsam aufgebaut und ist dann immer intensiver geworden, sodass ich mich beim Lesen oft genau so unwohl bis hin zu panisch gefühlt habe wie die Figuren. Man denkt anfangs noch, dass es schon nicht so schlimm wird, hofft und bangt und leugnet. Doch als sich dann tatsächlich der volle Ernst der Lage abzeichnet, fallen auf einmal alle Masken. Nachbarn, die man vorher verachtet hat, werden auf einmal zu Freunden, nur weil sie etwas besitzen, was man selbst gern hätte. Und wenn Freundlichkeit und Geschleime und zuletzt auch Betteln nicht helfen, wird der Mensch zur Bestie und holt sich einfach gewaltsam, was er braucht.

Für mich war das einfach nur erschreckend zu lesen, vor allem weil alles unglaublich detailliert und realistisch beschrieben wurde. Ich konnte mir regelrecht ausmalen, wie unsere Zivilisation nach und nach zu Grunde geht. Tatsächlich hatte es sogar so weit Auswirkungen auf mich, dass ich mich nach dem Lesen ziemlich mies gefühlt habe, wenn ich das Wasser mal zu lange habe laufen lassen. Nie hätte ich gedacht, dass ein Buch mich so beklemmen und ängstigen könnte beim Lesen, und das nicht mal wegen irgendwelcher Horror-Elemente, sondern wegen einer durchaus realistisch scheinenden Gefahr.

Mein Fazit:
Ein Buch, was zum Nachdenken einlädt und gleichzeitig hervorragend unterhält. Spannend, rasant und für mich bis fast zuletzt mit ungewissem Ausgang. Einfach brilliant! Mir hat es unglaublich gut gefallen und ich kann es definitiv weiterempfehlen.

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