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Veröffentlicht am 26.09.2020

Gibt Introvertierten Kraft

Still
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„In einer lauten Welt werden stille Menschen meist überhört“
Dieser Satz machte mich gleich neugierig. Er richtete gleich einen Scheinwerfer auf viele traurige und unbefriedigende Situationen aus der Kindheit ...

„In einer lauten Welt werden stille Menschen meist überhört“
Dieser Satz machte mich gleich neugierig. Er richtete gleich einen Scheinwerfer auf viele traurige und unbefriedigende Situationen aus der Kindheit und Jugend.

Die geschichtliche und wissenschaftliche Ausarbeitung und Aufbereitung von Frau Cain machte mir schnell deutlich, dass ich nicht uninteressant, zu langsam und ohne Ideen bin. Nein, ich bin introvertiert. Die stillen Denker überstürzen nichts, sondern reflektieren erst einmal gründlich über das Für und Wider und planen im Stillen.

Den Eindruck bzw. eine Ahnung, dass ich introvertiert bin hatte ich schon länger, aber mit meinem Selbstbild kam ich mir in meiner Umgebung schon sehr ohnmächtig vor. Auch war mir seit einigen Jahren klar, dass ich sehr gut zuhören kann, dass mir aber meist keiner oder keine richtig zuhörte, weil laute extravertierte Menschen das Zuhören verlernt haben oder aber die Oberflächlichkeit ließ kein Zuhören zu.

Dieses Buch ist wichtig und sollte vor allem von jungen Menschen in ihrer Entwicklungsphase gelesen werden, um schon früh zu erkennen, dass ihre Introvertiertheit kein Makel, sondern eine Chance ist, die wahrgenommen werden will.

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Veröffentlicht am 30.07.2020

So wird Geschichte lebendig und spannend

Tage des Aufbruchs
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Laguna, Brasilien 1839
Ana Maria de Jesus Ribeiro da Silva ist erst 18 Jahre alt. Von ihrem Ehemann verlassen, gilt sie in ihrer Umgebung als unangepasst, wild und ein bisschen die Männer verhexend.

An ...

Laguna, Brasilien 1839
Ana Maria de Jesus Ribeiro da Silva ist erst 18 Jahre alt. Von ihrem Ehemann verlassen, gilt sie in ihrer Umgebung als unangepasst, wild und ein bisschen die Männer verhexend.

An dem Tag, an dem die Freiheitskämpfer von den Einwohnern Lagunas freudig empfangen werden, begegnet Aninha zum ersten Mal dem italienischen Freiheitskämpfer Giuseppe Garibaldi. Es ist seltsam, denn er kommt ihr irgendwie vertraut vor. Für Garibaldi ist es Liebe auf den ersten Blick. „Du must mein sein“ waren seine ersten Worte und zärtlich nennt er sie Anita.

Sie bricht alle Zelte in Laguna ab, um fortan Giuseppe bei seinem Freiheitskampf in der brasilianischen Guerilla zu begleiten. In vielen gewonnenen und auch verlorenen Schlachten wird sie Giuseppe nicht nur begleiten. Sie kämpft, erkämpft sich den Respekt von Freund und Feind und wird zur Heldin des brasilianischen Freiheitskampfes.

Eine kleine, mutige und außergewöhnliche Frau, die ihrer Zeit weit voraus ist.


Respekt!
Dass Karin Seemayer die Gabe hat, geschichtliche Abläufe und Zusammenhänge mit fiktiven Figuren ihren Lesern als spannenden und mitreißenden historischen Roman vorzulegen, habe ich bereits in sechs ihrer Bücher genießen dürfen, aber die wahren Begebenheiten aus dem Leben der Anita Garibaldi setzen dem noch die Krone auf.

Gründliche Recherche ließen keine Fragen offen. Gute Beobachtungsgabe und bildhafte Beschreibungen ließen alle Protagonisten lebendig und teilweise charismatisch wirken. Einigen, der viel zu vielen Opfern, hat Frau Seemayer einen Namen und ein Gesicht gegeben.
Als Leser konnte man mitleiden und mitfiebern.

Der Charakter und die Lebensphilosophie der mutigen und selbständigen Anita wurde beeindruckend dargestellt. In rasantem Tempo werden Siege und Verluste in Schlachten oder auch in Anitas persönlichen Leben gefeiert, betrauert, aber nie in Ruhe innenhaltend verarbeitet. Und so wird auch der Leser im rasanten Tempo durch die Geschichte geführt und es entwickelt sich ein historischer Roman zum „Page-Turner“.

Ich wünsche mir, dass Frau Seemayer sich schnell wieder in umfangreiche Recherche begibt, um wieder mit einem spannenden Roman eine große Lücke im geschichtlichen Wissen zu schließen.

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Veröffentlicht am 20.07.2020

Überzeugend und fesselnd

Der Fahrer
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Von seiner für ihn nur schwer zu ertragenden Geburtstag-Überraschungsparty stürmt Kommissar Jens Kerner nach dem Aufeinandertreffen mit seinem verhassten Bruder geradewegs auf einen neuen Tatort zu.

In ...

Von seiner für ihn nur schwer zu ertragenden Geburtstag-Überraschungsparty stürmt Kommissar Jens Kerner nach dem Aufeinandertreffen mit seinem verhassten Bruder geradewegs auf einen neuen Tatort zu.

In der Nähe des Präsidiums steht ein verlassenes Auto, dessen Fahrerin offenbar entführt wurde. Der Entführer hinterlässt auf dem Fahrzeug einen mit Leuchtfarbe gemalten Hashtag findemich. In den Sozialen Medien postet er ein Foto vom Entführungsopfer und legt gleichzeitig eine Spur für die Ermittler, damit sie ihn jagen können.

Er spielt mit der Polizei und will deren Versagen publik machen.



Ich habe selten einen so spannenden Thriller gelesen wie diesen.

Andreas Winkelmann gelingt es den Spannungsbogen über fast 400 Seiten hoch zu halten. 20 oder 30 Seiten vor Ende hatte ich immer noch keine Ahnung, wer diese Verbrechen begeht.

Ja, und die Lösung wirkte im ersten Moment, wie aus dem Hut gezaubert, aber dann fügt sich alles logisch und nachvollziehbar zusammen. Zum Schluss stellt sich mir die Frage, ob ich nachlässig gelesen habe. Eigentlich hätte ich doch etwas davon bemerken müssen, aber Andreas Winkelmann scheucht die Ermittler und somit auch die Lesen von einem begründeten Verdacht zum nächsten.

Den einzelnen Protagonisten gibt er so viel Profil, dass vieles wie ein Film vor dem geistigen Auge abläuft.

Eigenbrötlerische, teamunfähige Ermittler und kratzbürstige, aber weitgehend gerechte, weibliche Vorgesetze gibt es schon, aber das Besondere an diesem Ermittlerteam ist, dass trotzdem Teamarbeit entsteht und es gibt einen Zusammenhalt, den man weniger kennt.

Das ist mein erster Winkelmann-Thriller, aber mit Sicherheit nicht mein letzter.

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Veröffentlicht am 16.07.2020

Abgründe, ruhig und häppchenweise entlarvt

Abgrund
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Kommissar Huldar hat es dieses Mal mit einem besonders brutalen und ausgefallenden Verbrechen zu tun. Sein Team, Chefin Erla, sein junger Kollege Ludlangur und Praktikantin Lina nehmen voller Grauen den ...

Kommissar Huldar hat es dieses Mal mit einem besonders brutalen und ausgefallenden Verbrechen zu tun. Sein Team, Chefin Erla, sein junger Kollege Ludlangur und Praktikantin Lina nehmen voller Grauen den Tatort im Lavafeld in Augenschein. Einem Mann, Helgi Fridriksson, wurde ein Nagel in die Brust geschossen. Anschließend wurde er erhängt und bietet, in Sichtweite eines Empfangs für ranghohe chinesische Politiker, einen bizarren Anblick.

Alle Ermittlungsansätze führen zunächst ins Leere, bis die Ermittler eine Spur auf Helgis Computer entdecken…….


Wenn man wie ich bereits den vierten Band über Kommissar Huldar und Psychologin Freyja liest, ist es wie nach Hause kommen. Man ist wieder in Island, das Yrsa Sigurdardóttir so atmosphärisch beschreibt, dass man Land und Leuten näherkommt. Auch die Namensgebung erscheint immer unkomplizierter, erklärt sie doch jedes Mal die Art und Weise der Namensentstehung. Huldar und Freyja werden mit jedem Buch detaillierter gezeichnet und ihre Charaktere neu beleuchtet. Die Hintergrundgeschichte der Beiden macht Spaß und gibt oft zum Schmunzeln Anlass.

Das Verbrechen oder vielmehr die Verbrechen sind allemal verabscheuungswürdig.

Das schlimmste daran ist, dass viele Taten und Verbrechen nicht justiziabel verfolgbar sind. Wenn überhaupt Gerichtsverfahren eingeleitet werden, erhalten die Täter geringe Strafen, aber das Leben der vielen Opfer ist zerstört. Da kann man schon fast für Selbstjustiz Verständnis aufbringen.

Von diesen Gedanken abgesehen, empfand ich die Ermittlungen zielgerichtet und mit ruhiger Hand durchgezogen. Trotz Druck von Oben wurde in alle Richtungen ermittelt. Die Polizeiarbeit wird von Yrsa Sigurdardóttir stimmig, zwar nicht immer genau den Regeln entsprechend, aber zielstrebig und konsequent gezeigt.

Ich freue mich schon auf den nächsten Band, mit viel isländischem Lokalkolorit und vielleicht hat ja Huldars und Fryjas Beziehung doch noch eine Chance.

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Veröffentlicht am 27.06.2020

Neue Perspektive informativ und spannend

Ich bin dein Tod (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi 9)
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Hauptkommissar Tino Dühnfort hat nach einer umfangreichen Weiterbildung zum Fallanalytiker sein neues Arbeitsfeld in der Abteilung Operative Fallanalyse gefunden. Seiner neuen Aufgabe sieht er mit eher ...

Hauptkommissar Tino Dühnfort hat nach einer umfangreichen Weiterbildung zum Fallanalytiker sein neues Arbeitsfeld in der Abteilung Operative Fallanalyse gefunden. Seiner neuen Aufgabe sieht er mit eher gemischten Gefühlen entgegen. Zukünftig wird er in Teamarbeit Fälle analysieren, Hypothesen entwickeln und Täterprofile erstellen. Selbstständig ermitteln oder sich von seinem Bauchgefühl leiten lassen geht jetzt nicht mehr. Er darf nur beratend den operativen Teams zur Seite stehen.

Aktuell wird seine Abteilung zu einem Doppelmord oder missglücktem Raub mit anschließendem Raubmord gerufen. Tino erkennt gleich anhand der Spurenlage einen anderen Tatablauf als den nach Einschätzung des ermittelnden Kommissars.

Frust, Ärger und unsinnige Machtkämpfe stehen einer raschen Lösung des Falls im Weg.



Wieder einmal ein spannender, interessanter und auch informativer Kriminalroman von Frau Löhnig.

Das ist jetzt mittlerweile der 11. Kriminalroman mit den beiden Kriminalkommissaren Dühnfort und Angelucci. Kennzeichnend für diese Reihe ist meines Erachtens, dass die private Geschichte des Paares im Hintergrund fortlaufend erzählt wird, dass die polizeiliche Ermittlungsarbeit detailliert und gut recherchiert aufgezeigt wird und dass durch die berufliche Veränderung der beiden Akteure verschiedene Bereiche der polizeiliche Arbeit beleuchtet werden.

Als Leser habe ich immer das Gefühl mitten drin zu sein, mitten in der Ermittlungsarbeit und mitten im Privatleben der Ermittler. In diesem Fall, wenn ich mich recht erinnere, war das auch in einigen anderen Büchern der Reihe, war der Leser auch im Täter.

Wir erfahren nach und nach was den Täter zu seiner Tat treibt, ohne dass wir den Täter gleich erkennen können. Eine nahezu unglaubliche Geschichte spielt sich vor unseren Augen ab. Man hat davon schon mal gehört, aber so lebendig und realitätsnah geschildert, kommen nicht nur die Kommissare ins straucheln und in Gewissenskonflikte.

Mit viel Feingefühl und Liebe zum Detail bringt Frau Löhnig uns eine Verbrechenskultur nahe, die ich eigentlich in unserer aufgeklärten Welt für nicht möglich gehalten habe.

Können hartnäckige und akribische Polizeiarbeit auch diesen Fall wieder lösen?

In der Realität würde ich mir es wünschen, dass solche Fälle öfters aufgedeckt würden.

Als Fazit möchte ich festhalten, dass Frau Löhnigs Krimis berühren, informieren und ungemein spannend sind. Ich freue mich auf das, was folgt.

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