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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.07.2020

Modisches Italien

Die Modeschöpferin
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Rom zu Beginn der 1960er Jahre: Simonetta de Rosa ist seit einigen Jahren die erfolgreichste Modeschöpferin der Stadt und leitet ein großes Atelier. Wir dürfen eintauchen in die Welt der Mode, die Vorbereitungen ...

Rom zu Beginn der 1960er Jahre: Simonetta de Rosa ist seit einigen Jahren die erfolgreichste Modeschöpferin der Stadt und leitet ein großes Atelier. Wir dürfen eintauchen in die Welt der Mode, die Vorbereitungen auf die nächste Modenschau erleben und den Neid der anderen erfahren - es wird sogar kriminell.

Zudem hat Simonetta ein Geheimnis, das sie sorgsam hütet - wird es ihr möglicherweise zum Verhängnis?

Ein Konzept, das nicht neu ist bei Katja Maybach, doch der historische und auch dramatische Kontext ist wie jedesmal vollkommen unterschiedlich zu den Gegebenheiten der vorherigen Romane und wird wie immer eindringlich geschildert.Wie immer bei Katja Maybach - und das mag ich ganz besonders gern - sind es die Frauen, denen eine ganz besondere Rolle und Relevanz zukommt.

Katja Maybach ist eine Autorin, auf die man sich verlassen kann, sowohl hinsichtlich der historischen Einbettung als auch der Erzählkunst, die so gekonnt ist, dass es schwer ist, die Lektüre vor dem eigentlichen Ende zu unterbrechen. Was ich noch an den Romanen von Katja Maybach schätze: ihre Protagonisten sind keineswegs durchgehend Sympathieträger. Wobei das diesmal eher auf Nebenfiguren zutraf - zumindest aus meienr Sicht.

Diesmal weicht die Autorin ein wenig von ihren Gepflogenheiten ab. Anders als sonst so oft hat mich der Abschluss des Romans nochmal ziemlich überrascht - in einer ganz bestimmten, sehr zentralen Angelegenheit.
Alles in allem macht dieses Buch große Lust auf weitere Roman von Katja Maybach, soweit man diese noch nicht alle verschlungen hat. Ich habe jedesmal, wenn ich einen ihrer Romane in die Hand nehme, das Gefühl, ich treffe eine langjährige (beste) Freundin im neuen Kleid oder mit einer neuen Frisur! All das Vertraute, was ich an der Autorin Maybach so gerne mag, ist komplett vorhanden, doch es fehlt auch nicht an Neuem, Besonderem, womit ich mich bei einem neuen Buch gerne überraschen lasse.

Das vorliegende ist wärmstens zu empfehlen für jeden, der gerne mal einen hochwertigen, ausgezeichnet recherchierten historischen Roman liest und beim sich beim Lesen nicht nur in vergangene Zeiten, sondern auch in fremde Länder entführen lässt. Ein sehr dichtes, kluges, anschauliches und spannungsreiches Buch, das eher die weibliche Leserschaft adressiert, doch aufgrund der atmosphärischen Schilderung und der vorzüglichen Rechercheleistung auch dem ein oder anderen historisch interessierten Herren - sofern er einer süffigen Erzählweise mit romantischen Elementen nicht abgeneigt ist - eine interessante Lektüre bescheren könnte. Diesmal empfand ich besonders einige der Nebenfiguren als sehr kraftvoll und lebendig dargestellt. Sie waren die eigentliche Überraschung für mich an diesem stimmungsvollen, atmosphärischen Roman, der mich in ein Rom ohne Corona versetzte, das ich hoffentlich in der Zukunft bald wieder real erleben kann. Ich fühle mich sowohl bewegt als auch in vielerlei Hinsicht bereichert und fiebere schon dem nächsten Maybach-Roman entgegen!

Veröffentlicht am 14.07.2020

Patti on the road

Im Jahr des Affen
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Und das nicht nur physisch. Es ist ein weiter Bogen, den die Autorin hier schlägt. Für Patti Smith war das letzte Jahr des Affen, das meistenteils in das Jahr 2016 unserer Zeitrechnung fällt, ein sehr ...

Und das nicht nur physisch. Es ist ein weiter Bogen, den die Autorin hier schlägt. Für Patti Smith war das letzte Jahr des Affen, das meistenteils in das Jahr 2016 unserer Zeitrechnung fällt, ein sehr Besonderes. Und das leider vor allem im Hinblick auf Verluste. Sie muss sich von einigen langjährigen Weggefährten verabschieden.

Das tut sie mit großer Wärme, Anteilnahme und in Rückblicken auf gemeinsame Zeiten, auf geteilte Erlebnisse. Und zwar quer durch Amerika hindurch, denn Patti Smith ist rastlos. Eigentlich ist sie immer unterwegs. Auch wenn Ruhe und Verharren, bewusste Wahrnehmung für sie essentiell ist. Und diese nimmt sie überallhin mit - ebenso wie ihre Lieben, gerade auch die, die es nicht mehr gibt. Wer je ein Konzert von ihr miterleben durfte, weiß, dass sie diese stets einbezieht, sie sind dauerhaft ein Teil von ihr.

Teilweise sind ihre Erkenntnisse, Erinnerungen und Ansichten er- und abhebend, dann wieder macht sie absolut normale Beobachtungen. Bspw. über das Aussehen von Menschen, die ihr zufällig über den Weg laufen. Und äußert Befürchtungen. Wenn man weiß, welche US-Wahl in das Jahr des Affen fiel, kann man sich schon denken, in welche Richtung sie gehen. Es sind nicht nur Worte, die sie mit uns teilt, sondern auch Bilder. Fotos nämlich, auch diese natürlich selbst geschaffen.

Ich freue mich über jede einzelne Sekunde, die ich im Patti-Smith-Universum verbringen durfte - ich wünschte, ich wäre ein Teil davon. Aber eigentlich bin ich das ja schon durch die Einblicke, die diese großartige Frau den Lesern in ihrem Werk gewährt! Eine Warnung noch: das Buch ist sehr pattimäßig - man muss sich also auf den Menschen Patti Smith einlassen, mit ihm etwas anfangen können. Ansonsten ist es - so könnte ich mir vorstellen - ausgesprochen irritierend.

Veröffentlicht am 10.07.2020

Capri mal anders

Der Schmetterlingsgarten
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Schmetterlingsforscher Martin ist endlich auf Capri - aber nicht, um die rote Sonne im Meer versinken zu sehen, sondern um eine ganz besondere Sorte von Schmetterlingen zu untersuchen - versehen mit einem ...

Schmetterlingsforscher Martin ist endlich auf Capri - aber nicht, um die rote Sonne im Meer versinken zu sehen, sondern um eine ganz besondere Sorte von Schmetterlingen zu untersuchen - versehen mit einem Habilitationsstipendium. Aber so leicht sind "seine" Schmetterlinge nicht zu finden - er gerät in verbotene Gefilde und macht dabei Bekanntschaft mit Lucia - und zwar nicht gerade eine erfreuliche. Die junge Frau ist nämlich Hausangestellte der Contessa Farnese, deren Haus und Garten sie streng bewacht - beides ist privater als privat, obwohl es dort viel zu sehen gibt. Vor allem in Bezug auf Pflanzen. Der Vater der Contessa war Biologe wie Martin und hat einen wunderschönen Garten angelegt.

Einen, dessen Pracht nicht leicht zu erhalten ist. Und der nicht nur das Interesse wohlgesonnener Bürger weckt...

Autorin Marie Matisek schreibt in ihrer bewährten Kombination aus Herz und Verstand und hat hier einen wunderschönen federleichten Sommerroman geschaffen, der jedoch alles andere als oberflächlich ist. Wie immer bei ihr darf der Leser Bekanntschaft mit wunderbar ausgestalteten Figuren machen - bis in die kleinste Nebenfigur ist alles perfekt ausgefeilt und man hat während der Lektüre die Charaktere förmlich vor Augen.

Sehr zu empfehlen als Lektüre für entspannte Tage am Meer - nicht nur auf Capri!

Veröffentlicht am 05.07.2020

Frauenpower

Wie backe ich mir einen Mann?
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Abby hat ein wirklich ärgerliches Problem. Sie darf die vom Vater geerbte Bäckerei nicht weiterführen, weil das Gesetz in ihrer Stadt Frauen das Führen eines eigenen Geschäfts untersagt.

Nun, wir schreiben ...

Abby hat ein wirklich ärgerliches Problem. Sie darf die vom Vater geerbte Bäckerei nicht weiterführen, weil das Gesetz in ihrer Stadt Frauen das Führen eines eigenen Geschäfts untersagt.

Nun, wir schreiben das Jahr 1896 und auch in den Staaten ist man vielerorts bereits weiter - ausgerechnet in Abbys Heimat Honeygrove jedoch nicht! Und es scheint niemand gewillt, Abby zu unterstützen, zumindest niemand mit Einfluss. Nun, es gibt mehrere Möglichkeiten, um aus der Nummer rauszukommen, aber die sind für Abby allesamt völlig reizlos, mehr noch: sie sind undenkbar!

Und die dritte? Nun, sie besteht darin, dass Abby sich einen Mann sucht, auf dessen Namen die Bäckerei überschrieben werden kann und erst beim Umsetzen dieses Gedankens wird ihr klar, wie unangenehm dieses Unterfangen werden könnte!

Wie Abby die Lösung ihrer Probleme - und weiterer, denn diese werden nicht weniger - beschreibt die amerikanische Autorin Karen Witmeyer ganz wunderbar packend, ergreifend und unterhaltsam in vorliegendem Roman.

Ich konnte ihn gar nicht aus der Hand legen, entpuppte er sich doch als spannende und authentische Dokumentation zum Leben von Frauen im USA des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Eingebettet in eine spannende fiktive Handlung, ist der Autorin nicht nur ein hervorragender christlicher, sondern auch sozialkritischer Roman gelungen.

Frauenpower - das hat nicht immer was mit empanzipatorischen Bestrebungen zu tun. Hier zeigt sich, dass Frauen auch "powern" können, um sich gegen ihre Umgebung zu behaupten, um nicht einfach sang- und klanglos unterzugehen. Hier zeigt sich, was mit Gottvertrauen und gegenseitiger weltlicher Unterstützung alles bewerkstelligt werden kann. Ein überaus warmherziger und lesenswerter Roman!

Veröffentlicht am 12.06.2020

Abendrot ist aller Laster Anfang

Auszeit bei den Abendrots
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Zumindest, wenn man Josef mit Vornamen heißt. Der Gatte von Helene Abendrot setzt sich auf einer Reise nämlich so mir nichts, Dir nichts einfach ab und teilt seiner Frau lediglich mit, dass er eine Zeit ...

Zumindest, wenn man Josef mit Vornamen heißt. Der Gatte von Helene Abendrot setzt sich auf einer Reise nämlich so mir nichts, Dir nichts einfach ab und teilt seiner Frau lediglich mit, dass er eine Zeit für sich brauche.

Die arme Helene - ein paar Jahre jünger als Josef und damit eine Endvierzigerin - ist zunächst fertig mit sich und der Welt. Doch dann beginnt sie zu handeln und erhält von ihrer Freundin Adrienne tatkräftige Unterstützung.

So ein Ehe-Lockdown hat nämlich durchaus etwas Positives, kann sie sich doch nun auch auf sich besinnen. Das gelingt am besten mithilfe ein paar netter kleiner Workshops an idyllischen Orten wie Südfrankreich, Österreich und Italien.

Doch ich will nicht zu viel verraten, sonst bringe ich Sie um den Genuss der literarischen Eloquenz von Autorin Alexandra Holenstein, die mit Humor, aber durchaus auch mit Einfühlsamkeit, besonders was ihre weiblichen Charaktere anbelangt, nicht zuletzt jedoch mit viel Kreativität und einer wunderbaren Beobachtungsgabe eine Story gesponnen hat, die Ihnen sicher den Sommer versüßen wird.

Ein Eheroman der besonderen Art: locker-flockig, aber dennoch mit jeder Menge Tiefgang. Keine flachen Gags, sondern gut durchdachte, die gewisse Bereiche unserer Gesellschaft spiegeln. Eine empfehlenswerte Urlaubslektüre. Nicht nur für Reisen nach Italien, Frankreich und Österreich!