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Veröffentlicht am 10.08.2020

Hm… was soviel heißt wie „Das dritte Abenteuer“

Snöfrid aus dem Wiesental (3). Das ganz und gar fantastische Geheimnis des Riesenbaumes
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Das Buch:
In diesem dritten Band um den eigentlich eigenbrötlerischen Snöfrid nimmt der Autor seine kleine und große Leserschaft mit auf die Reise in eine wirklich fantastische Welt rund um die Natur und ...

Das Buch:
In diesem dritten Band um den eigentlich eigenbrötlerischen Snöfrid nimmt der Autor seine kleine und große Leserschaft mit auf die Reise in eine wirklich fantastische Welt rund um die Natur und das Zusammenspiel darin. Es ist nicht unbedingt notwendig die Vorgänger zu kennen, denn wann immer Schmachtl sich darauf bezieht, erklärt er in kurzen Rückblicken die Zusammenhänge.

Worum geht’s?
Genau genommen mag ein Snöfrid Ruhe, Haferbrei und so überhaupt keinerlei Aufregung. Aber wenn ein Snöfrid, so wie dieser hier, erst mal heraus gefunden hat, dass Abenteuer doch überaus großartig sein können, dann passiert es schon mal, dass sich die Abenteuerlust breit macht und er sich wünscht, ein eben solches zu finden. Dass er sich auf dem direkten Weg in ein Abenteuer befindet, als die wütenden Bauern Snöfrid aus dem Wiesental vertreiben wollen, ahnt er nur, aber schneller als er hören kann (sehen kann er nämlich nicht wirklich gut), ist er mitten drin und soll den Fluch über den Lautlosen Wäldern lösen. Eine wirklich, wirklich fantastische Reise beginnt, auf der er allerhand seltsame Wesen trifft – einige nett, andere weniger…

Charaktere:
In dieser Geschichte gibt es herrlich skurrile Geschöpfe, die unterschiedlich sympathisch sind. Snöfrid ist natürlich ganz eindeutig DER Sympathieträger, immerhin ist er der Held der Geschichte. Seine Freunde wachsen dem Leser ebenso schnell ans Herz – und der erfahrene Snöfridleser wird den einen oder anderen Charakter bereits kennen. Laut lachen musste ich über das Einhörnchen, welches sich furchtbar darüber aufregt, wenn es Pony genannt wird. Ebenso findet Björn, der wunderkleine Kauz, es nicht witzig, wenn Snöfrid ihn Björni nennt. Hierin findet der (vermeintlich erwachsene) Leser Reaktionen von Kindern wieder, die ihn definitiv zum Schmunzeln bringen.

Zur nicht so netten Fraktion gehören die Thula – aber auch nur ein Teil von ihnen. Sie sind der Auslöser für so vieles, was in der Welt von Snöfrid passiert. Doch obwohl sie ja quasi die Bösen sind, stellt der Autor sie nicht unveränderbar böse dar. Ja, er gibt ihnen wirklich unschöne Eigenschaften wie z.B. Gier, aber jedweder Schaden, den sie anrichten, kann am Ende wieder korrigiert werden. Dennoch wird man als Leser nachdenklich, wenn man eben dies auf die ganz reale Welt überträgt.

Eben weil alle Charaktere so unwirklich sind, findet sich der Leser in einer reinen Fantasiewelt wieder, aber dennoch sind die Parallelen zur Realität sehr offensichtlich. Das macht das Buch für mich zu einem wirklich guten Kinderbuch. Keine der Figuren erhebt den Finger um eine andere zu maßregeln, vielmehr ziehen z.B. die Snöfride einfach ihre Konsequenzen.

Ganz besonders angetan hat es mir die Beschreibung des Riesenbaumes. Hier ist der Fantasie des Lesers wirklich keine Grenze gesetzt, worum genau es sich vielleicht handelt – je nachdem wie global die Denkweise des Einzelnen ist. Wirklich toll gemacht!

Schreibstil:
Ich liebe ihn! Bereits in den beiden Vorgängern hat es mich fasziniert, mit welch einer Selbstverständlichkeit Schmachtl die Geschichte schreibt, als säße er dem Leser – oder vielmehr einer ganzen Schar von Zuhörern – gegenüber. Er spricht seine Leser direkt an und Vermutungen aus. „Vielleicht habt ihr ja schon einmal davon gehört…“ Damit erreicht der Autor eine wunderbare Lebendigkeit. Liest man zu zweit, kann man hier vielleicht zu einem Austausch ansetzen. Es ist eine Freude sich die Geschichte erzählen zu lassen.

Außerdem ist die bunte Vielfalt an Adjektiven und Adverbien einfach eine Wucht. Allein der Titel macht Lust darauf, wenigstens mal in das Buch hineinzulesen. Der Autor umschreibt mit diesen vielen Adjektiven und Adverbien so gekonnt, dass man sich vieles richtig gut vorstellen kann. So ist Snöfrids Freund nicht einfach ein kleiner Kauz, sondern eben ein wunderkleiner Kauz, der, wenn er sich aufregt, fuppt (sich aufplustert). Mit seiner Wortwahl erreicht der Autor bei weitem nicht nur die Kinder, sondern auch die vorlesenden Erwachsenen.

Der Autor baut Spannung auf, indem er etwas ankündigt. Er unterbricht wenn es am spannendsten ist und wünscht eine Gute Nacht. Einfach herrlich! Ich würde sagen, dieser Autor weiß, wie er Kinder in der Geschichte hält. Ein wichtiger Punkt ist der, dass er die Geschichte so erzählt, als würden er und der Leser den Snöfrid tatsächlich begleiten. So wird aus einem Zuschauer ein Beteiligter… Ich mag das sehr!

Illustrationen:
Die Bilder im Buch sind, wie in den Vorgängerteilen auch, liebevoll und niedlich gezeichnet. Sie passen zur Geschichte und man mag sie betrachten und kann sich dann die fantastischen Wesen besser vorstellen, von denen erzählt wird.
Sie dominieren allerdings nicht, eher dienen sie als Unterstützung der Geschichte und sind teilweise recht klein. Wie in jedem Buch zieht sich oberhalb jeder Seite der Streifen „Wiesental“ durch. Damit haben die Bücher einen sehr, sehr hohen Wiedererkennungswert.

Tauglichkeit für Kinder:
Die Geschichte selbst ist aus meiner Sicht bereits für Kinder im Vorschulalter bestens geeignet, spätestens aber ab der 1. Klasse. Für Selbstleser – wenn sie nicht gerade so richtige Leseratten sind – vielleicht ab dem 2. oder 3. Lesejahr, da die Geschichte mit etwas über 200 Seiten und nicht so großflächigen Illustrationen doch recht lang ist. Auf jeden Fall bietet sie die Grundlage für spannende Diskussionen, denn selbst, wenn der Autor in einer Fantasiewelt schreibt, ist vieles 1:1 in die Realität übertragbar. Und vorgelesen gefällt mir die Geschichte beinahe noch besser, als wenn ich sie still für mich lese. Denn laut gelesen hat sie noch eher diesen Touch von direkter Erzählung.

Das Buch ist robust und hat festere Seiten. So übersteht es auch das häufige Anfassen von Kinderhänden unbeschadet. Das gefällt mir ausgesprochen gut. Denn gerade, wenn man es vielleicht in kürzeren Abschnitten vorliest, könnten gerade der Rücken und die Ecken der Seiten vielleicht leiden. Somit ist m.M. nach auch der Preis gerechtfertigt.

Fazit:
Auch nach dem dritten Abenteuer bin ich noch begeistert vom Snöfrid und werde vermutlich noch das ein oder andere mehr lesen. Besonders gefällt mir die überhaupt nicht vordergründige Erklärung des Zusammenspiels in der Natur und was passiert, wenn nur eine Winzigkeit verändert wird. Mit diesem Buch gibt es viel Spaß für Selbst- und Vorleser und von mir 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 26.07.2020

Hups-Lapa-Lups

Klara Katastrofee und das große Feen-Schlamassel (Klara Katastrofee 1)
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Worum geht’s?
Klara vom Kornblumenfeld in Amrien will sich vor der großen Feenversammlung vorstellen um zu erreichen, dass sie ganz offiziell die Beschützerin ihres Kornblumenfeldes werden kann. Auf dieser ...

Worum geht’s?
Klara vom Kornblumenfeld in Amrien will sich vor der großen Feenversammlung vorstellen um zu erreichen, dass sie ganz offiziell die Beschützerin ihres Kornblumenfeldes werden kann. Auf dieser Versammlung macht Violetta – eine andere Fee, die bereits ein eigenes Areal betreut – Klara lächerlich, indem sie all ihre Schwächen kund tut. Und zu allem Überfluss wird auch noch Violetta das Kornblumenfeld zugesprochen, um das sie sich allerdings nicht oder nicht genug kümmert. Ein misslungener Zauberspruch ist für Klara der Auslöser, dass sie ihr Können unter Beweis stellen kann…

Die Charaktere:
Klara ist mir sofort ans Herz gewachsen. Sie ist die kleine Fee, die das Kornblumenfeld mit der Brombeerhecke liebt und so gern beschützen möchte. Im Gegensatz zu Violetta legt sie mehr Wert auf die Aufgabe als Beschützerin denn auf ihre äußere Erscheinung. Auch all die Dinge, die sie noch nicht so gut kann, sind absolut liebenswert und passen zu ihr. Besonders mochte ich den Umstand, dass sie, wann immer ihr ein Zauberspruch misslungen war, schimpfte. Hups-Lapa-Lups – ein Schimpfwort in der Feenwelt, das überaus unerwünscht ist, welches ihr jedoch immer wieder heraus rutscht. Ich glaube, eben diese Eigenschaft dürfte Klara bei ihren kleinen Lesern besonders beliebt machen und der Umstand so überhaupt nicht perfekt zu sein.

Der Menschenjunge Oskar ist ebenso unperfekt wie Klara. Im Gegensatz zu ihr ist er aber auch sehr, sehr vorsichtig. Lieber würde er Dinge gar nicht tun, als sich in ein Schlamassel zu begeben. Hierbei ergänzen sich die beiden großartig, denn Klara denkt nicht lange über die Konsequenzen nach, sie tut einfach und sieht dann, was passiert.

Beide Figuren haben ihre Stärken und Schwächen. Da sie im Verlauf der Geschichte ihre Stärken bündeln – so weiß Oskar natürlich alles über die Menschenwelt, während Klara durch ihre Fähigkeit zu zaubern und ihr Wissen über die Natur im Vorteil ist – kommen sie gemeinsam am Ende an ihr Ziel.

In Violetta habe ich bereits am Anfang dieses eingebildete Mädchen gesehen, das wohl jeder kennt, das jeder schon einmal getroffen hat. Die Autorin hat sie wirklich treffend beschrieben ohne dabei viele Worte zu verlieren. Ich kann nicht sagen, dass ich Violetta nicht mochte, aber am Ende hat sich einfach bewahrheitet, dass es nicht darauf ankommt, ob die Strumpfhose heil und die Haare gekämmt sind, sondern darauf, wie viel Herzblut in eine Sache investiert wird.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist m.M. für die Zielgruppe treffend. Es werden keine umständlichen Wörter, keine langen Sätze verwendet, sondern die Autorin erzählt in einer einfachen Sprache. Wenn etwas unklar sein könnte, lässt die Autorin ihre Protagonisten erklären, was sie meint. Was zum Henker mag wohl ein Wellnesshotel für gestresste Menschen sein? Mir hat es überaus gefallen, dass Oskar Klara die Menschenwelt erklärt und Klara umgekehrt Oskar viel über die Natur in Amrien erzählen konnte. Auf diese Art und Weise lernt der kleine Leser vieles, das er vorher vielleicht nicht wusste.

Ebenso charmant finde ich, dass die Autorin nicht jede Frage beantwortet. So fragt sich Klara, warum die Menschen Plastik verwenden, wenn es doch schädlich für die Umwelt ist. Die Antwort darauf kann sich jeder Leser selbst überlegen, denn die Autorin liefert sie nicht.

Das Thema Umweltschutz ist in diesem Buch die Botschaft und damit brandaktuell. Ich könnte mir vorstellen, dass das Buch Kinder zum Nachdenken anregt, insbesondere dann, wenn das Buch ggf. in einer größeren Runde gelesen und diskutiert wird. Diese Botschaft ist jedoch keineswegs dominant. Vielmehr ist sie mit der Geschichte verwoben. Damit erreicht die Autorin, dass nicht der erhobene Zeigefinger erscheint. Z.B. mit der Frage, warum seit neuestem so viel Müll im Wald liegt. Ebenfalls eine Frage, die die Autorin nicht beantwortet. Ich mochte dies beim Lesen sehr.

Kindertauglichkeit:
Perfekt! Das Lesepensum ist aus meiner Sicht für einen Leseanfänger gut. Mit seinen etwas über 100 Seiten, der großen Schrift und den vielen Bildern, ist dieses Buch ein guter Start in die Welt des geschriebenen Wortes.

Und auch, wenn das Buch von einer Fee handelt, ist es durchaus auch geeignet für Jungen. Umwelt geht schließlich nicht nur Mädchen etwas an. Mir hat es sehr gefallen, dass das Buch eben nicht mädchenlike in Pink und mit Glitzer bestreut gehalten ist, sondern dass gerade die Protagonistin eher auch jungenhafte Züge hat – ihr Äußeres ist nicht so wichtig, die Strumpfhose kann auch ruhig schmutzig sein usw.

Illustrationen:
Die Bilder im Buch sind toll. Sie untermalen die Geschichte, sind detailreich, aber nicht überladen. Die Gesichter der Figuren sind mit den großen Augen und kleinen Nasen deutlich ans Kindchenschema angepasst, sodass sich die kleinen Leser hier sicherlich wiederfinden. Ich habe beim Lesen hin und wieder inne gehalten um die Bilder zu betrachten und erst dann weiterzulesen. Beim Vorlesen, ist es dem Vorleser dadurch ganz bestimmt möglich, mit dem zuhörenden Kind in den Dialog zu gehen. Wundervoll!

Fazit:
Eine unterhaltsame Reise durch das ganz normale Leben aus den Augen eines Kindes gepaart mit einem Abenteuer, das der Natur zugutekommt, erzählt in kindgerechter Sprache und gewürzt mit tollen Bildern. Ein Spaß zum Vor- und Selberlesen. 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 03.07.2020

Das Buch mit dem Paukenschlag – emotional, faszinierend und fesselnd

Letzte Abschiede
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Das Buch:
Dieses Buch ist der 2. Teil der großartigen Allender Trilogie. Den ersten Teil sollte man unbedingt gelesen haben, da dieser Teil ohne viele Rückblicke auskommt und direkt an den ersten Teil ...

Das Buch:
Dieses Buch ist der 2. Teil der großartigen Allender Trilogie. Den ersten Teil sollte man unbedingt gelesen haben, da dieser Teil ohne viele Rückblicke auskommt und direkt an den ersten Teil anschließt.

Worum geht’s?
Amerika im Jahr 1861, der Bürgerkrieg beherrscht zunächst das Leben der Familie Allender. Die Männer sind im Krieg und viele von ihnen werden nicht nach Hause zurückkehren. In diesem Teil der Trilogie steht die nächste Generation und deren Leben im Mittelpunkt der Geschichte. Aus Stuart ist ein Mann mit eigener Familie geworden, der im Krieg seine Führungsqualitäten unter Beweis stellt und nach dem Krieg erfolgreich im Geschäft seines Vaters mitarbeitet. In seinem privaten Leben sind – teilweise erschreckende – Parallelen zu seiner eigenen Kindheit erkennbar und er muss – wie so viele andere auch – tiefgreifende Verluste ertragen…

Charaktere:
Während im ersten Teil der junge Stuart im Mittelpunkt stand, der seiner Mutter oftmals hilflos ausgeliefert war, ist es in diesem Teil der erwachsene Stuart, der nun selbst Vater und Ehemann ist. Er verändert sich, der Krieg verändert ihn – aber an Sympathie büßt er nichts ein. Manchmal möchte man ihn schütteln und fragen, „Wieso tust Du das?“, aber grundsätzlich ist und bleibt Stuart ein guter Mensch, den der Leser einfach lieben muss. Gerade deshalb ist es so schwer zu ertragen, wie viele Schläge das Schicksal für ihn bereit hält. Und jedes Mal ist wie ein Paukenschlag – großartig und mit der entsprechenden Wirkung geschrieben. Und wenn ein Paukenschlag verklingt, lässt die Autorin mal mehr mal weniger Zeit verstreichen, sodass sich der Leser auch wieder erholen kann.

Maurice, Stuarts älterer Bruder, hingegen bleibt unnahbar. Es gibt Strecken, da kann man ihn mögen und dann wieder kann man ihn nur verabscheuen. Mit dieser Figur ist der Autorin ein herrlich ambivalenter Charakter gelungen. Ein brillanter Kopf mit einem recht verkorksten Wesen – er ist wohl wirklich das Produkt seiner Mutter und kann sich bis zum Schluss kaum von ihr lösen. Gerade wegen seiner Ambivalenz ist Maurice für mich einer der wichtigsten Charaktere in der Geschichte – man weiß eigentlich nie, was als nächstes kommt.

Natalya und Graham rücken etwas in den Hintergrund, aber nicht zu sehr. Das gefällt mir sehr gut, denn ganz ohne sie hätte der Geschichte etwas gefehlt. Besonders auffällig ist, dass Natalya zwar nicht mehr den Stellenwert in der Geschichte hat, aber zumindest das Leben von Maurice und Dara extrem beeinflusst. Sie ist nach wie vor die Giftspritze in der Erzählung, aber wundersamer Weise scheint auch sie Gefühle zu haben. Grahams Entwicklung war nicht vorherzusehen und kam bei mir absolut positiv an.

Das Zusammenspiel zwischen Natalya, Maurice und Dara hat mir gut gefallen, wenn auch die Handlungen in mir immer wieder Wut auf Natalya und Unverständnis für Maurice zutage brachten, aber es ist spannend zu lesen, wie sie ihr Leben gegenseitig beeinflussen und welche Auswirkungen das hat. Dies ist beispielhaft für alle Figuren, die Heike Wolf zeichnet. Sie bewirken etwas im Leser – und sei es tiefe Abscheu. Dies gilt nicht nur für die Hauptfiguren, sondern vielmehr für alle Charaktere. Es gibt keine Figur, die einfach nur da ist. Jede hinterlässt mehr oder weniger tiefe Spuren beim Leser.

Ein besonderes Schmankerl für mich ist die Menschlichkeit der Charaktere. Keine Figur ist perfekt. Keine ist nur schlecht oder immer nur boshaft. Und genau deshalb kann die Autorin unvorhergesehen schreiben – genau wie auch das wahre Leben ist.

Historische Fakten:
In einer sehr interessanten Leserunde zu diesem Buch hat die Autorin viel zu den Hintergründen ihrer Geschichte erzählt. Einerseits steckt eine Menge eigener Geschichte darin, andererseits die wirklich interessante Geschichte eines riesigen Landes. Darüber hinaus stellt Heike Wolf auf ihrem eigenen Blog zusätzliche Informationen und Bilder zur Geschichte des damaligen Amerika zur Verfügung, die das Verständnis für das Erzählte vertiefen.

Ich mag es, wenn historische Geschichten auf Fakten basieren, die nachvollziehbar und recherchierbar sind. Einen tollen Roman zu lesen und nebenher etwas zu lernen ist eine wundervolle Mischung. Diese Mischung serviert die Autorin mit diesem Buch auf jeden Fall. Wer Interesse an amerikanischer Geschichte hat, nach „Fackeln im Sturm“ oder „Vom Winde verweht“ nicht genug vom Bürgerkrieg hat, der sollte hier auf jeden Fall zugreifen. Allerdings sollte er auch mit der Grausamkeit rechnen, die ein Krieg mit sich bringt.

Schreibstil:
Die Autorin hat einmal mehr ihre unverkennbare Fähigkeit unter Beweis gestellt, den Leser mitzureißen. Dabei ist sie keineswegs zimperlich – ganz im Gegenteil! Sie kreiert großartige Figuren, an die der Leser sein Herz verliert oder sie auch zutiefst verabscheut und dann lässt sie das Schicksal zuschlagen – erbarmungslos. Keine noch so sympathische Figur bleibt davon verschont. Sie sagte dazu einmal: „So ist das Leben!“ – Recht hat sie! Dennoch ist es schwer, sich von lieb gewonnen Figuren zu verabschieden, wenn sie aus dem Roman gerissen werden.
In diesem Teil der Allenders hat Heike Wolf diese Fähigkeit wohl zur Perfektion und mir damit mehr als einmal die Tränen die Augen getrieben. Und dabei ist kein Schicksalsschlag wie der andere, manchmal sind sie kurz und schnell vorbei, manchmal leidet der Leser unsagbar lange mit. Aber immer wecken sie Emotionen – oftmals sehr intensive.

Ich mag die bildgewaltige Art zu schreiben der Autorin sehr. So entsteht beim Lesen ein stimmiges Bild vor dem inneren Auge, in das sich der Leser hineinfallen lassen kann. Die Autorin bedient sich vieler Adjektive, die dieses homogene Bild entstehen lassen. Manchmal hatte ich das Gefühl, ich könnte sogar die Geräusche hören. Ihre Figuren schreibt sie individuell, jede hat ihre ganz eigenen Eigenschaften. Das bedeutet auf keinen Fall, dass die Figuren geradlinig bleiben; vielmehr entwickeln sie sich stetig weiter. Eher selten sind ihre Handlungen vorhersehbar – manchmal schon, aber viel öfter kommt der oben erwähnte Paukenschlag.

Sehr spannend finde ich, dass die Autorin bisweilen Worte benutzt, die nicht so ganz alltäglich sind. Wenn man diese dann im Internet nachliest, lernt man sogar etwas dazu. Das gefällt mir und hebt den Roman von anderen ab. Generell sind die Formulierungen geprägt von einem riesigen Wortschatz; auch damit hebt sich die Autorin von anderen ab.

Es kommt zu keiner Zeit zu Längen oder gar Langeweile, ganz im Gegenteil. Es passiert immer wieder etwas Neues. Und das obwohl sich die Autorin in diesem Teil nicht mehr ganz so breit gefächert über das Territorium der USA bewegt, sondern die Handlungsorte etwas näher beieinander liegen. Und wie schon im ersten Teil hat der Leser nie einen Zweifel daran, in welchem Jahr er sich gerade befindet oder wie alt die Figuren sind.

Wer sich also auf Heike Wolf einlässt, sollte gewappnet sein für das Schicksal und jede Menge Taschentücher dabei haben. Sie erzählt dem Leser schonungslos über die Grausamkeiten des Krieges, über Liebe, Hass und den Tod – und sie schubst den Leser in ein Meer aus Emotionen.

Fazit:
Dieses Buch ist das 4. Buch der Autorin, welches ich gelesen habe. Und auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Großartig – ein must read für Fans historischer Romane! Eine große Geschichte über einen langen Zeitraum, ohne Längen in der Erzählung. Sie packt den Leser und lässt ihn erst auf der letzten Seite wieder los – oder selbst dann noch nicht! Diese Geschichte wirkt länger nach! 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 19.04.2020

Ein Wechselbad der Gefühle – in einer furchtbaren Zeit.

Des Lebens labyrinthisch irrer Lauf
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Das Buch:
Bei diesem Buch handelt es sich um den 2. Teil der Schönau-Dilogie. Er umfasst den Zeitrahmen 1935 bis 1957 im Leben der Familie Schönau. Den ersten Teil sollte man vorher gelesen haben, da der ...

Das Buch:
Bei diesem Buch handelt es sich um den 2. Teil der Schönau-Dilogie. Er umfasst den Zeitrahmen 1935 bis 1957 im Leben der Familie Schönau. Den ersten Teil sollte man vorher gelesen haben, da der 2. Teil direkt an dessen Ende ansetzt. Das Buch ist Kapitel aufgeteilt, die über die meiste Zeit jeweils ein Jahr umfassen.

Worum geht’s?
1935 – das Naziregime gewinnt zusehends an Macht und das Leben der Familie Schönau ändert sich ein weiteres Mal drastisch. Alle Familienmitglieder müssen sich in dieser dunklen Zeit arrangieren und tun es auf die unterschiedlichsten Weisen. Dabei müssen alle schwerste Verluste hinnehmen und mit dem größer werdenden menschlichen Zwiespalt innerhalb der Familie klar kommen. Auch nach dem Krieg können nicht alle Schönau-Kinder ein gutes Leben führen. Gerade Lotte geht einen sehr schweren Weg, der – als sie vermeintlich am Ziel ist – wieder nur einen schmerzlichen Verlust für sie bereit hält. Erst an ihrem 90. Geburtstag am 09.11.1989 darf sie sich endlich über ein Geschenk freuen, mit dem sie nicht mehr gerechnet hatte.

Die Charaktere:
Lotte ist auch in diesem 2. Teil die Sympathieträgerin für die ich zu jeder Zeit Wohlwollen empfunden habe. Mehr als einmal habe ich gedacht, dass sie kaum noch mehr Rückschläge ertragen kann. Eine lange Zeit muss sie das Leben mit ihren beiden Kindern Agnes und Irene allein meistern, weil Richard entweder im Krieg ist oder im Gefängnis einsitzt. Oftmals weiß Lotte noch nicht einmal, wo genau Richard sich gerade befindet. Diese ständige Unsicherheit macht einen schon als Leser nervös und es ist kaum vorstellbar, was genau Lotte empfunden haben muss. Der Autorin gelingt es zu jeder Zeit absolut glaubwürdig diesen bedrückenden Umstand zu beschreiben. Lottes Verhaltensweisen und Entscheidungen kann ich oftmals sehr gut nachvollziehen, insbesondere vor dem Hintergrund, da ich selbst nicht sagen könnte, wie ich in diesen Situationen reagiert hätte.

Dorchen ist wohl der Charakter, der sich am radikalsten verändert. War sie am Anfang lebenslustig, direkt und extrem gegen das Naziregime, entwickelt sie sich nach dem Krieg zu einer Fanatikerin, die den Sozialismus bejubelt, obwohl offensichtlich ist, dass die Russen nicht wirklich etwas anders machen als die Nazis vor ihnen. Die Diktatur unter Hitler hat sie rigoros abgelehnt, hat sogar Lotte und Richard verurteilt, weil sie ihrer Meinung nach zu wenig dagegen unternahmen; stets hat sie Heinrich verurteilt, wegen seiner Besessenheit in der NS Zeit. Und nun? Macht sie es genauso! Dorchen war mir immer sehr sympathisch, ich mochte sie wegen ihrer leichten Art zu leben, mir gefiel mit wie viel Enthusiasmus sie sich für ihre Arbeit eingesetzt hatte und natürlich ihre tiefen Gefühle für Levin. Nachdem sowohl Levin als auch ihre Tochter Margrit von ihrer Seite gerissen wurden, arbeitet Dorchen intensiv im Widerstand und verurteilt beinahe jeden, der etwas dezenter ist. Ich kann ihre Verluste nur all zu gut verstehen, ebenso wie den Umstand, dass sie etwas tun will. Dass sie jedoch sogar die eigene Familie verbal beginnt anzugreifen, bringt meine Sympathie ins Wanken. Bereits hier zeigen sich die ersten Züge von Fanatismus, die sich nach dem Krieg ganz extrem ausprägen. Zwar hilft sie Lotte in den wirklich schlechten Zeiten und zeigt hier dann das Dorchen, wie ich es kenne, aber kurz darauf ist sie wieder hart und ungerecht. Es ist mir durchaus bewusst, dass der Krieg Dorchen verändert und hart gemacht hat, aber diese bedingungslose Besessenheit von einer anderen Diktatur hat sie mir am Ende beinahe unsympathisch werden lassen. Doch trotz aller Antipathie am Ende des Buches ist auch dieser Charakter authentisch, er gehört dazu und in gewisser Weise tut mir Dorchen sogar leid.

Heinrich taucht nicht ganz so oft auf wie Lotte und Dorchen, aber wenn, dann möchte man ihn schütteln und ihn fragen, ob er blind ist. Ich empfinde es als furchtbar, wie er alte Freunde und sogar die eigene Familie ans Messer liefert ohne mit der Wimper zu zucken. Und trotzdem ist Heinrich eine Figur, die von Ambivalenz strotzt. Einerseits diese Härte und blinder Fanatismus – allerdings zum NS Regime – und andererseits kümmert er sich beinahe rührend um Lotte, sowohl direkt nach dem Krieg und auch später. Seine Verhaltens- und Denkweisen scheinen nicht zusammenpassen zu wollen, aber trotzdem ist er eine Figur, die man sich lebhaft vorstellen kann.

Sämtliche Charaktere, auch Nebenfiguren, zeichnet die Autorin vielschichtig. Man kann eigentlich bei keiner Figur einfach sagen, dass man sie mag oder eben nicht. Und genau das ist der Grund, weshalb sie mit all ihren Sorgen und Nöten, mit den schönen und schlechten Dingen ihres Lebens absolut glaubwürdig sind. Es kommt einem immer ein bisschen so vor, als könnte man sie greifen, wenn man nur die Hand ausstreckte. Je länger man in der Geschichte liest, desto mehr wachsen einem die Figuren ans Herz und desto mehr glaubt man, einen Freund der Familie zu verlieren, wann immer jemand stirbt – und es sterben viele! Heike Wolf macht es einem wirklich schwer Figuren gehen zu lassen. Dies wird besonders deutlich, als nach einem Bombenangriff 3 wichtige Figuren auf einmal sterben.

Schreibstil:
Heike Wolf schreibt einfach großartig! Bildgewaltig ohne sich in Details zu verlieren. Sie beschreibt die Welt in ihrer Geschichte so, dass der Leser in sie abtauchen kann, so als wäre sie selbst dabei gewesen. Und auch wenn die Zeit furchtbar war, wenn man auf überhaupt gar keinen Fall in dieser Zeit gelebt haben möchte, so ist diese Zeit für die Zeit des Lesens so echt und so greifbar – mit all ihren schrecklichen Momenten, aber gerade auch mit den schönen Momenten.

Die Autorin wirft den Leser durch alle Emotionen. Immer wieder möchte der Leser hoffen und tut es auch, dass sie diesem oder jenem Charakter dies oder jenes nicht antun möge. Man hofft und bangt und doch kommt das Unvermeidliche. Wer mehr als ein Buch von Heike Wolf gelesen hat, der weiß, dass sie nicht zimperlich mit ihren Figuren ist, aber trotzdem schafft sie es immer wieder, dass man zu ihren Figuren ein Verhältnis aufbauen muss. Man kommt nicht umhin, eben weil sie so lebendig sind. Der Satz „Das kann sie jetzt nicht wirklich tun!“ war mein ständiger Begleiter, aber sie tut es trotzdem – erbarmungslos. Erbarmungslos ist hier ein Kompliment, denn die Zeit war genau das. Alles andere wäre nicht authentisch.

Historischer Hintergrund:
Es gibt sicherlich viele Bücher, die sich mit dem 3. Reich befassen. Es gibt sicherlich auch viele gute Bücher über diese Zeit. Aber dieses hier vereint einfach alles. Es liefert einerseits sauber recherchiertes Hintergrundwissen sowohl über den Krieg als auch die Anfänge der DDR – ich habe mehr als einmal ungläubig gesagt „Das glaube ich jetzt nicht“ und doch ist es wahr. Andererseits lässt es diese Zeit so lebendig werden, als würde man selbst dabei sein. Hin und wieder musste ich beim Lesen unterbrechen um aus dem Fenster zu schauen, bevor die nächsten Bomben fielen.

Fazit:
Dieses Buch ist alles, aber keine leichte Unterhaltung! Wer sich auf dieses Buch einlässt, braucht mindestens ein Paket Taschentücher – besser zwei! Er sollte sich darauf einstellen, dass zwischen Liebe und Hass jedes Gefühl hochkommen wird – außer Gleichgültigkeit! Diese kann und wird sich der Leser nicht erlauben. Für Fans von wirklich realistischen, historischen Romanen ein absolutes Must read! 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 19.04.2020

Neugierig sein ist immer gut!

Tafiti und die Reise ans Ende der Welt (Band 1)
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Das Buch:
Es handelt sich bei diesem Buch um den ersten Teil der Reihe um das kleine Erdmännchen Tafiti. Es ist auf die Altersklasse ab 5 Jahren ausgelegt und zum Vorlesen oder auch zum ersten Selbstlesen ...

Das Buch:
Es handelt sich bei diesem Buch um den ersten Teil der Reihe um das kleine Erdmännchen Tafiti. Es ist auf die Altersklasse ab 5 Jahren ausgelegt und zum Vorlesen oder auch zum ersten Selbstlesen in der Schule geeignet. Im hinteren Teil gibt es ein paar Fragen zu den einzelnen Kapiteln, mit denen der Vor- oder Mitlesende prüfen kann, ob der kleine Zuhörer oder Leser den Inhalt des Buches erfasst hat.

Worum geht’s?
Tafiti ist eigentlich mit seinem Leben zufrieden, aber er ist auch furchtbar neugierig. Der Opapa erzählt immer die tollsten Geschichten vom Ur-ur-ur-ur-ur-Opapa, die in Tafiti das Reisefieber wecken. Und nicht zuletzt will er unbedingt wissen, wie das Ende der Welt dort hinter dem großen Hügel wohl aussieht. Also macht er sich auf den Weg...

Charaktere:
Tafiti ist ein kleines, neugieriges und vor allem gewitztes und kluges Erdmännchen. Er ist unerschrocken und auch wenn er nicht weiß, was ihn erwartet, ist seine Neugier groß genug, um wenigstens loszulaufen und zu schauen. Für ein Kinderbuch aus meiner Sicht genau der passende Charakter, denn auch Erdmännchen sind klein und können furchtbare Angst vor allen möglichen Gefahren haben. Dahinein kann sich ein Kinder sicherlich gut versetzen, weshalb der kleine Leser oder Zuhörer Tafiti einfach mögen muss.

Auf seiner Reise lernt Tafiti Pinsel kennen, ein Pinselohrschwein, das ebenso wie er einfach loslief, weil es mal schauen wollte, wie es im Süden so ist. Die beiden werden zu dicken Freunden, die sich gegenseitig helfen und so das Abenteuer bestehen können. Auch in Pinsel wird der kleine Leser einen Charakter haben, mit dem er sich identifizieren kann. Wer wünscht sich nicht einen großen Freund?

Ich glaube, in dem Alter ist es wichtig, dass der kleine Leser oder Zuhörer in der Geschichte einen (oder mehrere) Helden hat. Das ist hier absolut gegeben. Hinzu kommt, dass selbst „die Bösen“ eine Schwäche haben, die sie schon nicht mehr ganz so böse erscheinen lassen. Das gefällt mir sehr gut.

Eignung für Kinder:
Der Schreibstil ist dem Alter entsprechend. Die Schrift ist groß und einfach, weshalb Erstleser mit dem Buch sicherlich gut zurecht kommen dürften. Der Umfang von 80 Seiten mit vielen Bildern, auf denen die Geschichte quasi ein zweites Mal erzählt wird, wird die Lesemotiviation hoch halten, denke ich.

Die vielen farbigen Illustrationen sind liebevoll gestaltet. Beim Vorlesen kann man so mit dem zuhörenden Kind über das Gehörte sprechen und die Fragen am Ende des Buches ganz unauffällig einfließen lassen. Die Figuren sind mit ihren großen Augen und niedlichen Gesichtern perfekt für die Altersklasse.

Fazit:
Eine niedliche Geschichte zum Vor- und Selbstlesen, eine Geschichte um einen kleinen Helden und seinen Freund, in der das Gute natürlich siegt. 5 von 5 Sternen.

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