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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.08.2020

Unterhaltsames, interessantes und anregendes Buch

Projekt Green Zero
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Das Buch von Dirk Gratzel hat mich sehr gereizt. Im positiven Sinne, denn ich wollte es unbedingt lesen und ich wurde (bis auf eine Stelle - die Kosmetik) auch nicht enttäuscht. Sein Schreibstil ist sehr ...

Das Buch von Dirk Gratzel hat mich sehr gereizt. Im positiven Sinne, denn ich wollte es unbedingt lesen und ich wurde (bis auf eine Stelle - die Kosmetik) auch nicht enttäuscht. Sein Schreibstil ist sehr gut und leicht zu lesen. Der Humor ist genau meins.

"Autos habe ich beim Kauf mit einer Akribie sondiert, getestet und beobachtet, ausgesucht, konzipiert, konfiguriert, kalkuliert und dann herbeigesehnt - hätte meine Frau sich mit der Partnerwahl so sorgfältig beschäftigt wie ich mich mit der Entscheidung für den nächsten Dienst-Pkw, ich wäre wohl heute noch unverheiratet." (S. 31)

Wer sein eigenes Handeln und Denken mit soviel Ironie und Humor reflektiert, kann kein staubtrockenes Sachbuch schreiben. Diese kleinen humorvollen Einschübe gab es immer wieder und oft war nicht nur Lachen, sondern auch Kopfnicken bei mir dabei. Viele Dinge konnte ich nachvollziehen, z.B. seine Erfahrungen mit der Deutschen Bahn haben meine Lachmuskeln gut strapaziert, aber leider konnte ich sie gut nachvollziehen - warum wohl liebe DB?, einiges auch nicht, aber es war nie langweilig oder belehrend. Interessant fand ich die eingefügten Informationskästen mit wissenschaftlichen Daten, Fakten und Zahlen.

Ich habe seinen Willen zur radikalen Änderung wirklich bewundert, denn die Veränderungen waren schon enorm. Einige Anregungen kann man ohne Probleme in den eigenen Alltag mitnehmen und auch relativ leicht umsetzen. Ich glaube jedoch nicht, dass jeder seinen ökologischen Fußabdruck wiedergutmachen kann, denn, was mir auffiel waren, die vielen doch recht kostspieligen Erneuerungen, Korrekturen und Sanierungen am Haus, auch die selbstfinanzierte Studie, die er mit der TU Berlin gemacht hat (herrlich die Beschreibung der über Tage gehenden Inventur aller! Dinge im Haus), ist nicht für jede Brieftasche zu stemmen. Trotzdem ziehe ich den Hut vor dieser Familie, die den Mut hatte, diesem Schritt zu wagen und finde es gut, dass er die Erfahrungen teilt und zum Nachdenken anregt.

Veröffentlicht am 11.08.2020

Skurril und doch schön

Die Ladenhüterin
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Eine schöne skurrile und manchmal eigenartig anmutende Geschichte, die hier Sayaka Murata aufgeschrieben hat. Für mich war es keine Liebesgeschichte, oder zumindest keine Liebesgeschichte zwischen zwei ...

Eine schöne skurrile und manchmal eigenartig anmutende Geschichte, die hier Sayaka Murata aufgeschrieben hat. Für mich war es keine Liebesgeschichte, oder zumindest keine Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen, sondern eher zwischen Keiko Furukura und dem Convenience Store. Es ist eine Geschichte, die die Geisteshaltung der Japaner sehr klar beschreibt. Alles für den Arbeitgeber, sich unterordnen und vorallem darauf achten, dass man der "Norm" entspricht. Die Ansichten und Verhaltensweisen der einzelnen Charaktere waren für mich manchmal verstörend, weil ich so nicht denken oder handeln würde, aber auch nicht muss, da ich in einer anderen Gesellschaft lebe. Die Zwänge und der Druck, der auf Keiko lastet, ist enorm und so wundert es nicht, dass sie doch ein wenig eigen ist. Mir hat die Geschichte gut gefallen.

Veröffentlicht am 28.07.2020

Spannend und Ermittlungen durch halb Europa

Schattenmänner
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Kommissar de Bodt und seine Philosophen machen diesen Krimi einzigartig. Die vielen kleinen ironisch-bissigen Schlagabtausche zwischen seinen Mitarbeitern Ali Yussuf und Sylvia Sahlinger, die bewusst mit ...

Kommissar de Bodt und seine Philosophen machen diesen Krimi einzigartig. Die vielen kleinen ironisch-bissigen Schlagabtausche zwischen seinen Mitarbeitern Ali Yussuf und Sylvia Sahlinger, die bewusst mit den Vorurteilen beider Seiten jonglieren, geben dem Krimi ebenfalls eine besondere Note.

Die Fälle sind speziell und oft sehr undurchsichtig und stets länderübergreifend. Durch halb Europa werden die Ermittlungen sich ziehen und auch Russland wird wieder mit dabei sein. Doch diesmal war mir die Geschichte zu konstruiert und zu langatmig. Ich glaube, dass man die Ermittlungen hätte etwas kürzen können, schon um die Spannung länger auf einem hohen Niveau halten zu können. Auch die Anschläge auf de Bodt waren vielleicht einen Tick zu viel, zu unrealistisch.

Trotzdem war es wieder eine gut geschriebene und spannende Geschichte rund um die Rüstungsindustrie und die Politik. Parallelen zur Realität sind in den Charakteren durchaus erkennbar und bringen noch einmal einen besonderen Kick in die Geschichte. Auch die Ermittlungen und die kleinen Machtkämpfe von Lebranc und Floire fand ich gut und sehr unterhaltsam. Es gibt immer einen genervten Alteingesessenen, der von dem Vorpreschen des Jüngeren wenig begeistert ist. Hier ist Christian von Ditfurth eine sehr gute Konstellation gelungen.

Christian von Ditfurth weiß wie man gute und interessante Krimis schreibt. Sie entsprechen nicht so sehr dem Mainstream. Sie sind mit vielen kleinen Wendungen und Seitenhieben versehen. Der nächste Fall wird hoffentlich wieder so gut, wenn nicht sogar besser.

  • Einzelne Kategorien
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.07.2020

Unterhaltsames Dreiergespann

Allmen und die Erotik
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Ach, mit Allmen, Carlos und Maria verbringe ich immer wieder gern meine Lesezeit und diesmal muss er sich mit einem Betrüger auseinandersetzen, der ihn zu Sachen anstiftet, die sonst nicht Allmens Welt ...

Ach, mit Allmen, Carlos und Maria verbringe ich immer wieder gern meine Lesezeit und diesmal muss er sich mit einem Betrüger auseinandersetzen, der ihn zu Sachen anstiftet, die sonst nicht Allmens Welt sind.

Es geht um das berühmte Meißner Porzellan. Es sind nicht die Teller mit den zierlichen Rosenblüten und die kleinen süßen Figürchen, sondern die eher frivolen und erotischen Figuren, die Begehrlichkeiten hervorrufen. Frauen mit tiefem Ausschnitt, hochgezogenen Röcken und eindeutigen Posen.

Wer dachte, dass es dies nur in der heutigen Zeit gibt, wird sich verwundert die Augen reiben, wenn er liest, dass diese Porzellanschätze schon im 18. Jh. hergestellt wurden. Sie erzielen, auch in der echten Welt, hohe Preise bei Auktionen.

Das Dreiergespann bringt mich immer wieder zum Schmunzeln. Das Talent, sich auch aus brenzligen Situationen mit Stil und Contenance herauszuwinden sowie Allmens Drang sich zu zeigen und so zu leben, wie er es sich am wenigsten leisten kann, sind einfach nur unterhaltsam. Die Liebe zum Detail, die Dialoge zwischen Allmen, Carlos und besonders Maria sind herrlich und der stets etwas distanziert wirkende Schreibstil von Martin Suter sorgen für einen Lesegenuss, der mir gut gefällt. Es ist kein Krimi, der fesselt oder spannend ist, aber die Geschichte hat kleine Wendungen, die für ein überraschendes Ende sorgen.

Veröffentlicht am 07.07.2020

Abschied nehmen

Sündengräber
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Es heißt bei diesem Band Abschied nehmen.

Abschied von guten und spannenden Fällen und düsteren Geschichten.

Abschied von Querelen im Revier und Missverständnissen und von den vielen sympathischen und ...

Es heißt bei diesem Band Abschied nehmen.

Abschied von guten und spannenden Fällen und düsteren Geschichten.

Abschied von Querelen im Revier und Missverständnissen und von den vielen sympathischen und unsympathischen Charakteren.

Abschied nehmen von einem Schreibstil, der fesselt und kurz und knackig ist und von vielen kleinen Kapiteln und ständigen Perspektivenwechsel geprägt ist.

Abschied nehmen von Fredrika Bergman und Alex Recht, zwei Ermittler, die nun auch langsam älter werden und denen manchmal die Lust und der lange Atmen bei der Jagd nach dem Mörder ausgehen.

Der letzte Fall ist wie ein letztes Aufbäumen. Die Autorin zieht noch mal alle Register und lässt Bergmann und Recht an ihre Grenzen gehen. Aber nicht nur der Mörder und die Suche nach ihm sorgen für schlaflose Nächte, blanke Nerven und Wut im Bauch, sondern auch das Privatleben gerät bei Fredrika in die Schieflage. Es wird zu einer Bergfahrt der Gefühle, die auch den Leser nicht kalt lässt. Das Finale ist nicht rosarot, sondern ziemlich grau, aber es passt so gut zu der gesamten Reihe.

Wer die Reihe nicht kennt, sollte unbedingt mit Band eins starten, sonst gehen zu viele Informationen und Entwicklungen (besonders beim Ermittlerteam) verloren.