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Veröffentlicht am 09.12.2020

Sehr spannend, unterhaltsam und lesenswert!

Das Palais muss brennen
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"Wir hatten nicht die besten Plätze, als wir dem Sturm der Regierung beiwohnten, aber wir waren mittendrin und hatten noch Sekt."

Der Debütroman: #DasPalaismussbrennen von Mercedes Spannagel, aus dem ...

"Wir hatten nicht die besten Plätze, als wir dem Sturm der Regierung beiwohnten, aber wir waren mittendrin und hatten noch Sekt."

Der Debütroman: #DasPalaismussbrennen von Mercedes Spannagel, aus dem Kiwi-Verlag ist hochaktuell, bitterböse, intelligent, abgründig, gesellschaftskritisch und rasant.

Luise ist die Tochter der rechtskonservativen Bundespräsidentin Österreichs. Die Waffen der präsidialen Jagdgesellschaft schmeißt sie in den Pool, das Teezimmer tapeziert sie mit Artikeln über die Verbrechen der chinesischen Regierung und als ihre Mutter sie mit einem Burschenschafter verkuppeln will, der ihr stolz den Schmiss über seiner Augenbraue zeigt, skandiert sie: »Mensur ist Menstruationsneid!«. Mit ihren Freunden streift Luise durch die Straßen Wiens und schmiedet Pläne, die Regierung zu stürzen. Eine Kunstaktion auf dem Opernball soll das Land verändern – doch es läuft nicht ganz so, wie sie es sich gedacht haben.

Meinung:

Die Autorin schafft es excellence, der korrupten, rechten Elite den Spiegel vorzuhalten. Gestützt wird das Ganze mit sarkastischen, schwarz humorigen und provokanten Dialogen.
Dabei ist sie nicht nur sehr politisch, sondern skizziert auch die Situation der Jugend authentisch und kritisch, die den Sozialismus in der Theorie verehrt, in der Praxis aber zu sehr am Kapitalismus hängt, um sich ernsthaft damit auseinander zu setzen. 
Stilistisch ist das Buch auch sehr spannend, da mit Formen und Darstellungen experimentiert wird.
Die Protagonistin ist tiefgründig und scharfkantig. Auf der Suche nach sich und ihrer sexuellen Orientierung, verzweifelt sie zwischen ihrer manisch-depressiven Weltsicht sowie Depression und Lebenslust. Sie will aber ihre Überzeugungen auch unbedingt leben und gegen den Rechtsradikalismus vorgehen. Gemeinsam mit ihren rebellischen Freundinnen wirbelt sie die rechte Elite des Landes auf und sorgt für einige Furore!
Sehr spannend, unterhaltsam und lesenswert!

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Veröffentlicht am 04.11.2020

Wichtig, interessant und gesellschaftskritisch

Sei kein Mann
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Das Sachbuch „Sei kein Mann: Warum Männlichkeit ein Albtraum für Jungs ist“, übersetzt von Malcolm Ohanwe, aus dem Hanserblau Verlag bietet eine interessante Perspektive auf die Probleme des Männlichkeitsbegriffes, ...

Das Sachbuch „Sei kein Mann: Warum Männlichkeit ein Albtraum für Jungs ist“, übersetzt von Malcolm Ohanwe, aus dem Hanserblau Verlag bietet eine interessante Perspektive auf die Probleme des Männlichkeitsbegriffes, auf Feminismus und vieles mehr.

Klappentext:
In der Ära von Trump, #MeToo und Attentätern wie in Halle oder Hanau ist Männlichkeit kein positiver Begriff mehr. Der Aktivist JJ Bola sucht Auswege aus der Krise. Dabei betrachtet er Einflüsse aus nichtwestlichen Traditionen, aus Popkultur und der LGBTQ+-Community und zeigt, wie vielfältig Männlichkeit sein kann.
JJ Bola lädt in versöhnlichem Ton ein zum Gespräch zwischen verhärteten Fronten. Denn erst wenn sich auch die Männer und der Begriff von Männlichkeit verändern, wird es echte Geschlechtergerechtigkeit geben.

Meinung:

„Privilegiert zu sein bedeutet, nicht verurteilt zu werden!“

JJ Bola beschreibt empathisch und reflektiert mit welchen Problemen Männer in der westlichen Kultur zu kämpfen haben und untersucht dabei das Konstrukt „Männlichkeit“. Aber nicht nur dass, er zeigt verschiedene gesellschaftliche Missstände auf, geht sensibel und fundiert auf die me- too Debatte ein, thematisiert Diskriminierungen, aufgrund von Hautfarbe und Sexualität, Geschlechterfluidität und erklärt vor allem wie Frauen, Jungen, Teenager und junge Männer unter patriarchalen Strukturen leiden und welche Probleme dadurch entstehen oder befeuert werden.

Das alles wird durch verständliche Beispiele und klaren Schreibstil gut vermittelt. Es wird auch die Auseinandersetzung mit typischen Klischees und Sprüchen angeregt, wie „Männer weinen nicht, Männer seien stärker als Frauen, Männer seien rational und Frauen emotional etc.“. Außerdem zeigt er nicht nur Missstände auf, sondern bietet auch Lösungsvorschläge an wie das Heteromänner lernen sollen über ihre Emotionen zu sprechen und dass sie auch ehrlicher und direkter unter Männern sein sollen und mein liebster Rat von ihm: „Männer, lest! "Hört euch an, wie Frauen die Welt erleben. Lest feministische Literatur. Oder schaut euch wenigstens solche Filme an, die euch helfen, mal die Frauenperspektive einzunehmen."


Fazit:
Es eignet sich gut als Einstieg in die Thematik und ich hoffe, dass besonders viele Männer dies Buch lesen werden und diese ihre Privilegien, aber auch ihr Leiden an den Geschlechterrollen reflektieren.

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Veröffentlicht am 18.10.2020

"Wem gehört unser Leben?

GOTT
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Ihr wisst ja schon, wie sehr ich die Werke Schirachs liebe und daher war ich auch ganz gespannt auf sein neustes Werk „Gott“, ein Theaterstück, aus dem Luchterhandverlag.

Klappentext:

Richard Gärtner, ...

Ihr wisst ja schon, wie sehr ich die Werke Schirachs liebe und daher war ich auch ganz gespannt auf sein neustes Werk „Gott“, ein Theaterstück, aus dem Luchterhandverlag.

Klappentext:

Richard Gärtner, 78, ein körperlich und geistig gesunder Mann, der aber seit dem Tod seiner Frau nicht mehr weiterleben will. Er verlangt nach einem Medikament, das ihn tötet. Mediziner, Juristen, Pfarrer, Ethiker, Politiker und Teile der Gesellschaft zweifeln, ob Ärzte ihm bei seinem Suizid helfen dürfen. Die Ethikkommission diskutiert den Fall. Ferdinand von Schirach verhandelt in seinem neuen Theaterstück das Sterben des Menschen.

Meinung:

Es geht um das Leben, den Tod, um Suizid, Sterbehilfe und philosophische Weltfragen. An dem Fall von Richard Gärtner wird, fast wie vor einem Gericht, die Frage, ob Sterbehilfe erlaubt sein soll, aus medizinethischer, juristischer und theologisch-philosophischer Perspektive, beleuchtet.⠀

"Wem gehört unser Leben? [...] Gehört es einem Gott? Gehört es dem Staat, der Gesellschaft, der Familie, den Freunden? Oder gehört es nur uns selbst?"
S. 117.

Der Text ist hochaktuell, intelligent sowie sprachgewaltig, aber auch bedrückend und regt enorm zum Nachdenken an. Schirach spielt mal wieder mit unseren Überzeugungen, Ansichtigen, mit unserer Moral und bringt sie ins Wanken.

Was dieses Stück auch so besonders macht und mir sehr gefällt, ist dass, wie schon »Terror«, die Lesenden am Ende selbst ihr Urteil fällen müssen. Wem gehört unser Leben? Wer entscheidet über unseren Tod? Wer sind wir? Und wer wollen wir sein? Dabei gibt es natürlich kein richtig und kein Falsch, wie bei vielen moralisches Frage. Eine gewisse Spannung wird auch erzeugt, da man nicht weiß, wie es ausgeht. Die Charaktere sind sehr gut gelungen und man empfindet eine enorme Empathie mit Gärtner.

Zur Vertiefung des Themas gibt es im Anhang außerdem noch drei interessante, wissenschaftliche Essays aus verschiedenen Perspektiven.

Fazit:
Ein wichtiges, kluges, differenziertes und enorm aktuelles Stück, das ich jedem an Herz legen möchte sowie alle Bücher von Schirach.

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Veröffentlicht am 16.10.2020

Eins ist dieses Buch ganz gewiss nicht– langweilig!

Tagebuch einer furchtbar langweiligen Ehefrau
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Passend zur Frankfurter Buchmesse, mit dem Gastland Kanada, habe ich in den letzten Wochen einige kanadische, literarische Kleinods entdeckt. Eines davon ist „Das Tagebuch einer furchtbar langweiligen ...

Passend zur Frankfurter Buchmesse, mit dem Gastland Kanada, habe ich in den letzten Wochen einige kanadische, literarische Kleinods entdeckt. Eines davon ist „Das Tagebuch einer furchtbar langweiligen Ehefrau“ von Marie-Renée Lavoie, übersetzt von Christiane Landgrebe, aus dem Eichborn Verlag, das mich unterhalten hat und mich zum Nachdenken gebracht hat.


Meinung:

Der Roman ist schreiend komisch, unterhaltend, ironisch, mutig, ehrlich, herzerwärmend, tiefgründig, feministisch und äußerst lesenswert.

„Niemand besteigt ein Boot mit dem Gedanken, dass es untergehen wird. Aber Boote gehen nun mal unter. …... Die Liebe ist genau wie das Meer das Risiko wert, auf das wir uns einlassen. …“
.
Ich finde es herrlich wie unangepasst, wie „normal“ Diane sich verhält. Dass es ihr egal ist, was andere wollen und endlich an ihre eigenen Bedürfnisse denkt. Wunderbar sind auch ihre diversen Stimmungsschwankungen: Wutausbrüche, Teenagergeschrei, Heulen, Verzweiflung, Rachegelüste, Schmerz. Deswegen ist sie so authentisch, es macht alles so nachvollziehbar und realistisch. Meine liebste ist die der Rache, wie sie jegliches Klopapier versteckt, als die verhasste neue Freundin ihres Mannes auftaucht und auf die Toilette geht oder die Zerstörungsorgien im ehemals trauten Heim – urkomisch. Diane durchläuft jegliche Trennungsphasen, und versucht dabei sich selbst zu finden sowie mit dem Schmerz ¬– dem neuen, ihr aufgedrückten Leben umzugehen und das Beste daraus zu machen.

Das Buch ist auch sehr gesellschaftskritisch und zieht die Gesellschaft, die Anforderungen und Ansprüche dieser herrlich durch den Dreck: Das Bild der Ehe, wie eine Frau zu sein hat und andere Klischees. Es berührt, geht aber und unter die Haut und regt sehr zum Nachdenken an. Ich mag Diane einfach!

Fazit:
Eins ist dieses Buch ganz gewiss nicht ¬¬– langweilig! Es ist hochaktuell, urkomisch, feministisch und einfach wunderbar!

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Veröffentlicht am 14.08.2020

Ein grausamer Tanz

Die Tanzenden
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Im Zuge meiner Bookstagram Klassenfahrt nach Frankreich habe ich eine Leserunde gestartet mit „Die Tanzenden“ von Victoria Mas, aus dem Piper Verlag.


Klappentext:
Im berühmtesten Krankenhaus der Stadt, ...

Im Zuge meiner Bookstagram Klassenfahrt nach Frankreich habe ich eine Leserunde gestartet mit „Die Tanzenden“ von Victoria Mas, aus dem Piper Verlag.


Klappentext:
Im berühmtesten Krankenhaus der Stadt, der Salpêtrière, sollen Louise und Eugénie in dieser Ballnacht glänzen. Ob die Hysterikerinnen nicht gefährlich seien, raunt sich die versammelte Hautevolee zu. Für Louise und Eugénie aber steht an diesem Abend alles auf dem Spiel: Sie wollen aus ihrer Rolle ausbrechen, wollen ganz normale Frauen sein, wollen auf dem Boulevard Saint-Germain sitzen und ein Buch lesen dürfen, denken und träumen und lieben dürfen wie die Männer.

Meinung:
Die Geschichte ist sehr interessant und macht neugierig. Der Schreibstil ist faszinierend: Einerseits poetisch und bildhaft, aber oft auch sehr nüchtern, fasst schon distanziert.

Der Roman weckt tiefe Sympathien für die jungen Frauen und man möchte sie quasi ermuntern, sich gegen überlegene Obrigkeiten aufzulehnen: Denn vor allen hat mich das Buch sehr wütend gemacht. Wütend auf die Männer wie sie mit den Frauen umgegangen sind – mit so viel verbaler und körperlicher Gewalt. Unfassbar! Da die Geschehnisse auch historische Bezüge haben, wirkt es noch realistischer und bedrohlicher und lässt einen dankbar sein über die Rechte sowie Freiheiten, die man heute in Europa als Frau besitzt.

„Sie selbst ist ihre letzte Rettung, an einem Ort, der die Menschen vernichtet, sobald sie Schwäche zeigen - darüber ist sich die junge Frau im Klaren.” S. 138

Die Frauen der Geschichte sind alle sehr unterschiedlich und bilden gut, die verschiedenen gesellschaftlichen Typen, der damaligen Zeit ab und zeigen auf, dass wirklich jeder dort landen konnte. Am besten hat mir die Charakterentwicklung und berührende Geschichte von Luise gefallen und am meisten bestürzt hat mich die von Thèrese.
Eugénie gegenüber bin ich zwiespältig: auf der einen Seite ist sie oft zu abgeklärt, dann wieder sehr naiv, aber auch sehr stark und kämpferisch.

Ein paar Seiten mehr hätten dem Roman gutgetan, um der Geschichte noch etwas mehr Tiefe zu verleihen und die Charaktere, wie Eugénie besser auszubauen, und das Ende hat mich etwas enttäuscht. Trotzdem hat es mir gefallen.

„Die Tanzenden“ ist ein aufwühlender Roman, über Frauensolidarität und die grausame Behandlung der Frauen im Irrenhaus, der zeigt, wie leicht unangepasste Frauen im 19. Jahrhundert, dort landen konnten.

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