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Veröffentlicht am 24.06.2021

Warmherzig und voller Ironie

Wie hat Ihnen das Anthropozän bis jetzt gefallen?
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Das Anthropozän ist das das Erdzeitalter, in dem der Mensch zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren für Prozesse im Gesamtkontext der Erde geworden ist. Der Klimawandel ist ein bitteres Beispiel dafür, ...

Das Anthropozän ist das das Erdzeitalter, in dem der Mensch zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren für Prozesse im Gesamtkontext der Erde geworden ist. Der Klimawandel ist ein bitteres Beispiel dafür, wie unheilbringend das Tun der Menschen sich auf Umwelt und Natur und eben auch auf die Menschheit selber, auswirken kann. Der Glaube an eine Schwarmintelligenz ist leider nur ein Ausdruck der Hilflosigkeit Einzelner. Hoffnung auf Besserung, ohne aktiv etwas ändern zu wollen, ist leider nur eine Beruhigungspille, damit alles so weitergehen kann wie bisher.

Der amerikanische Romanautor John Green hat mit seinem Buch Wie hat Ihnen das Anthropozän bisher gefallen? seiner Hoffnung, dass die Welt noch nicht verloren ist, auf eine besondere Weise Ausdruck verliehen. Seine Fähigkeit kurzweilig über unterschiedlichste Themen zu schreiben, sie von allen Seiten zu beleuchten und am Ende eine Bewertung (die bekannte 5-Sterne-Bewertung) abzugeben, ist eine wunderbar kreative Idee. Was die Essays in seinem Buch so lesenswert macht, ist die sehr persönliche Umgangsweise mit den Themen. Sei es das Kapitel Der Halleysche Komet oder etwa Mein Freund Harvey, immer wird es am Ende persönlich. Man erfährt viel über den warmherzigen Menschen John Green, der sich zum Ziel gesetzt hat, das Leben zu lieben. Obwohl er, wie wir alle auch - weiß, wie es endet.

John Green hat ein informatives, kurzweiliges, mit Ironie durchsetztes Buch geschrieben, dessen Stärke meiner Meinung nach, die große Warmherzigkeit ist, die den Zeilen entströmt. Ein Buch, dass ich mit Sicherheit häufiger mal zur Hand nehmen werde, denn es ist zeitlos interessant. Vielen Dank John Green. Sie erhalten von mir fünf Sterne.

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Veröffentlicht am 05.05.2021

Liebe, Heimat und Familie sind die Zutaten für diese Geschichte

Laudatio auf eine kaukasische Kuh
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Eine turbulente Komödie, so wäre vielleicht das Label, wenn Angelika Jodls Buch ein Film wäre. Während des Lesens musste ich manchmal an lustige Verwechslungskomödien denken, in denen der eifersüchtige ...

Eine turbulente Komödie, so wäre vielleicht das Label, wenn Angelika Jodls Buch ein Film wäre. Während des Lesens musste ich manchmal an lustige Verwechslungskomödien denken, in denen der eifersüchtige Liebhaber den Rivalen mit gezogener Pistole verfolgt und der wiederum von der Angebeteten verschmäht wird. Aber nein, soviel Unrecht möchte ich diesem Buch mit dem phantasievollen Cover nicht antun. Ich fühlte mich auf jeder Seite wunderbar unterhalten.
Für Medizinstudentin Olga rückt die Erfüllung ihres Traumes in erreichbare Nähe. Bald wird sie Ärztin sein und mit ihrem ebenfalls medizinstudierenden Verlobten Felix ein wunderbares Paar abgeben. Wenn nicht ihre Familie wäre. Die Evgenidous sind georgische Einwanderer mit griechischen Wurzeln. Und sie halten die georgische Kultur auch in der Wahlheimat München hoch. Olga sind sie peinlich. Sie grillen im Park, der Vater ist „Arbeiter“, und sie scheinen in uralten Traditionen stehen geblieben zu sein. Wie soll Olga nur den spröden norddeutschen Felix Van Saan ( es scheint, als wäre dieser Name für Olga das reizvollste an Felix) der Familie vorstellen?
Und dann kommt alles ganz anders. Der Lebenskünstler Jack erscheint auf der Bühne und ab sofort verliert Olga die Kontrolle über ihren Plan. Als dann Olgas Familie zum Verwandtenbesuch nach Georgien reist, beginnt die Geschichte so bunt zu werden wie die Kuh auf dem Buchcover.
Der georgische Teil, so nenne ich diese Kapitel des Buches, sind Angelika Jodl ganz besonders gut gelingen. Mich hat ein großes Interesse für dieses Land gepackt, welches mich vor lauter Vorurteilen nie wirklich interessiert hatte. Ein Fehler, wie sich beim Lesen herausgestellt hat.
In der Heimat zeigt sich die große Stärke von Olgas Familie. Gastfreundschaft, Improvisationstalent und die Fähigkeit, die Wirklichkeit ab und an so zu biegen, wie es passt, haben mich dieses wunderschöne Land zwischen Europa und Asien mit anderen Augen sehen lassen.
Heimat, Wurzeln, Familie und nicht zuletzt die Liebe mit einem wunderbaren Happy End sind die Zutaten für eine bunte Geschichte, die einfach nur schön geschrieben ist. Und es schadet ja nicht, wenn man auch gut unterhalten wird beim Bücherlesen.

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Veröffentlicht am 02.02.2021

Zu Herzen gehend

Sprich mit mir
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Mein Lesejahr hat mit dem neuen Buch von T.C. Boyle ganz fantastisch begonnen. Zugegebenermaßen ist "Sprich mit mir" mein erster Roman von Boyle und ich bin restlos begeistert.

Der zweijährige Schimpanse ...

Mein Lesejahr hat mit dem neuen Buch von T.C. Boyle ganz fantastisch begonnen. Zugegebenermaßen ist "Sprich mit mir" mein erster Roman von Boyle und ich bin restlos begeistert.

Der zweijährige Schimpanse Sam lebt in einer Art WG mit Guy, Josh und anderen Betreuern. Umsorgt wie ein Kind ist er Teil einer Gemeinschaft, mit der er lernt, spielt, Fernsehabende verbirgt und feiert. Was Sam allerdings nicht weiß: Er ist ein Forschungsobjekt und dient letztlich nur den wissenschaftlichen Ambitionen seiner Mitbewohner. Guy ist Professor und erforscht in wieweit Schimpansen in der Lage sind, Sprache zu erwerben. Mit Sam hat er bereits einige Berühmtheit erlangt, da er mit ihm in einer Fernsehshow auftrat. Sam hat die Gebärdensprache erlernt und ist in der Lage zum Teil komplexe Sachverhalte zu kommunizieren.
Sam benötigt eine neue Betreuung, und somit kommt die schüchterne Studentin Aimee mit ins Team. Sie baut eine tiefe Beziehung zu dem Schimpansen auf. Am Ende ist sie diejenige, der Sam restlos vertraut.
Mit Aimee kommt sehr viel Gefühl und letztlich auch Dramatik in die Geschichte. Als Sam zu Tierversuchszwecken seinem rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben wird, setzt Aimee alles daran ihrem Freund ein Leben im Käfig zu ersparen.
Mich hat die Geschichte von Sam sehr nachdenklich zurückgelassen. Zwar sind die Innenansichten Sams, die Boyle geschickt dadurch beschreibt, dass einzelne Kapitel aus Sams Sicht geschrieben sind, fiktiv, aber es braucht nicht viel Fantasie um sich das Leid eines Tieres in Käfighaltung vorzustellen. Woher auch immer Menschen das Recht nehmen, Experimente mit Tieren durchzuführen, T.C. Boyle stellt dies doch sehr in Frage.
Ein Buch, dass spannend, lustig und traurig zugleich ist.

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Veröffentlicht am 09.10.2020

Nervenaufreibende Schnitzeljagd

Baskische Tragödie
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In seinem vierten Fall gerät Luc Verlain, der sympathische Kommissar aus der Aquitaine, in einen rasanten Strudel von kriminellen Machenschaften, und am Ende ergibt alles einen Sinn.

Mittlerweile sind ...

In seinem vierten Fall gerät Luc Verlain, der sympathische Kommissar aus der Aquitaine, in einen rasanten Strudel von kriminellen Machenschaften, und am Ende ergibt alles einen Sinn.

Mittlerweile sind Luc und seine Kollegin Anouk ein Paar und erwarten bald ihr erstes gemeinsames Kind. Von idyllischem Familienleben sind beide allerdings weit entfernt, denn der nervenaufreibende Job bei der Polizei Bordeaux lässt dafür keine Zeit.
Ein kleiner Junge wird lebensgefährlich verletzt nachdem er am Strand von vermeintlichen Puderzucker probiert hat. Bei dem weißen Zeug handelt es sich um Drogen, und als Luc den den Fall übernimmt, beginnt eine Jagd, in der die Figur von Täter und Ermittler sich oft überschneiden. Luc muss im vierten Band fast vollständig ohne sein Team auskommen, allerdings ist es auch sein persönlichster Fall, denn es geht um seine Vergangenheit.

"Baskische Tragödie" ist aus meiner Sicht ganz anders als die Vorgänger-Fälle. Oft dachte ich beim Lesen an einen James-Bond-Film. Der Gute jagt den Bösen in haarsträubenden Manövern. Den Glauben an den Guten Luc habe ich allerdings so manches Mal verloren. Gab es doch zu viele Ungereimtheiten aus Lucs Vergangenheit. Puzzleteil um Puzzleteil wird aufgedeckt und erst ganz zum Schluss ergibt sich ein Bild.
Ich durfte ein super spannendes Buch vor wunderschöner Kulisse ( San Sebastian im Baskenland) lesen, in dem das Gute am Ende selbstverständlich siegt.
Alexander Oetker schreibt hoffentlich schon fleissig an Band 5 der Aquitaine-Krimis. Für meinen Geschmack darf es dann ruhig wieder mehr Teamarbeit geben.

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Veröffentlicht am 15.08.2020

Kleines Buch, großer Inhalt

Ein Sonntag mit Elena
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Fabio Gedas Buch "Ein Sonntag mit Elena" beginnt sehr melancholisch, sodass sich eine fast langweilige Sonntagsstimmung ausbreitet. Doch es lohnt sich, mit dem Protagonisten durch den Sonntag zu gehen, ...

Fabio Gedas Buch "Ein Sonntag mit Elena" beginnt sehr melancholisch, sodass sich eine fast langweilige Sonntagsstimmung ausbreitet. Doch es lohnt sich, mit dem Protagonisten durch den Sonntag zu gehen, denn am Ende - so muss es tatsächlich formuliert werden - ist alles gut.
Die Erzählerin der Geschichte ist Guilia. Sie berichtet über die lange zurück liegende Begegnung ihres Vaters mit Elena und deren Sohn Gaston an einem herbstlichen Sonntagnachmittag in Turin. Guilias Vater muss nach dem Tod seiner Frau sein Leben neu ordnen. Da er während seiner beruflichen Tätigkeit als Brückenbauer viel in der Welt unterwegs war und seine Frau sich um Guilia und die zwei weiteren Kinder kümmerte, scheint der Kontakt zu seinen Kindern sehr lose zu sein. Durch einen Zufall lernt er Elena und ihren dreizehnjährigen Sohn kennen. Zu dritt verbringen sie den Nachmittag und freunden sich an. Elena Leben verändert sich dadurch und auch in das Leben von Guilias Vater kommt Bewegung. Die Beziehungen zu seinen Kindern werden enger und erfreulicher.
Für alle, von Fabio Geda sprachlich sehr zart gezeichneten Charaktere der Geschichte, scheint der Sonntag ein Wendepunkt zu sein. Geda schafft es nach und nach zu verdeutlichen, worauf es ankommt, wenn Menschen einander lieben.
Ein wirklich schönes Buch, dass seine Stärke und Kraft erst im letzten Drittel entfaltet.

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