Profilbild von marcello

marcello

Lesejury Star
offline

marcello ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit marcello über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.09.2020

Braucht noch einen handwerklichen Feinschliff

An Ocean Between Us
0

Nina Bilinszki hat schon mehrere ihre Bücher beim Ullstein-Print Forever veröffentlicht; „An Ocean Between Us“ ist nun ihre erste Veröffentlichung mit Knaur, die automatisch mehr Beachtung finden wird. ...

Nina Bilinszki hat schon mehrere ihre Bücher beim Ullstein-Print Forever veröffentlicht; „An Ocean Between Us“ ist nun ihre erste Veröffentlichung mit Knaur, die automatisch mehr Beachtung finden wird. Ein zweiter Band ist auch schon angekündigt, wie schlägt sich also der Auftakt und wird er Bilinszki ermöglichen, dass sie mit den Großen der deutschen NA-Branche wird mithalten können?

Gleich das Positive vorweg: Bilinszki kann schreiben. Warum stelle ich ausgerechnet das voran? New Adult ist das It-Genre der letzten Jahre geworden und wurde ganz logisch von zahlreichen Neuerscheinungen überflutet. Bei einigen muss man aber schlichtweg festhalten, dass es ganz viel heiße Luft mit nichts dahinter war. Entweder die Charakterarbeit funktionierte nicht, es war kein sinnvoller Plot zu erkennen oder aber die Person konnte schlichtweg nicht flüssig schreiben, so dass man immer irgendwo hängen blieb. Bei Bilinszki ist es nun so, dass ich das Buch nicht wegen einer dieser große Mängel etwas schwächer bewertet habe, sondern es waren mehrere Kleinigkeiten, die in ihrer Summe dann nicht mehr zu vernachlässigen waren. Aber wie ist es mit Kleinigkeiten? Genau, Kleinigkeiten sind auch mit wenig Aufwand zu beheben und da sie auch noch sehr jung ist, macht Übung bekanntlich auch den Meister.

In meinen Augen haben sich vor allem zwei (negative) Knackpunkte herauskristallisiert. Das ist zum einen die Vorhersehbarkeit. Bereits in Kapitel 2, als Hauptfigur Theo sich mit Alpträumen klagt, war leider sofort klar, was sich letztlich seinem Glück mit Avery in den Weg stellen würde. Es war offensichtlich, dass das als kleines Mysterium beabsichtigt war und wenn das so ist, dann darf es so früh nicht für jeden einzelnen Leser zu entschlüsseln sein. Vielleicht muss man auch sagen, dass die Idee dahinter zu ausgelutscht ist, weil man sie in genug Filmen, Serien und eben Büchern schon verarbeitet gesehen hat, aber dennoch wäre es auch rein handwerklich möglich gewesen, die Handlung geschickter zu verarbeiten und sei es sogar so deutlich, indem man die männliche Perspektive weglässt. Es hätte definitiv Wege gegeben, aber so ist es leider etwas schade.

Der zweite Punkt ist das Erzähltempo, das für mich recht unterschiedlich war. Zu Beginn wird beispielsweise sehr viel Gas gegeben. Das kann man schon alleine daran festmachen, wie schnell Avery ihre Meinung zu Theo geändert hat. Wenn sich zwei Charaktere zu Beginn nicht sofort sympathisch sind, dann finde ich dieses leicht aggressive Spiel, mit erotischer Spannung vermengt, extrem spannend mitzuverfolgen. Es reizt, weil immer etwas aufgebaut wird, was dann doch wie ein Luftballon platzt. Hier hat Avery aber schnell ihre Bedenken über Bord geworfen, weswegen der Geschichte doch etwas Reiz genommen wurde. Das Hinauszögern, was ich mir an einigen Stellen gewünscht hätte, wird dann später aufgeboten, wo es eigentlich gar nicht mehr passt. Nachdem Avery die Wahrheit erfahren hat, zieht sie sich bei ihrer Mutter zurück und die Passagen hier sind ellenlang, ohne dass sich groß etwas tut. Innenperspektiven sind niemals schlecht, aber wenn sie nicht durchgängig zu erleben sind, fallen sie auf einmal unangenehm ins Auge. Wo es zu Anfang also zu wenig war, war es am Ende zu viel.

Dennoch ist für mich vor allem wichtig, dass ich das Buch problemlos so weglesen konnte. Es war sehr angenehm geschrieben, es hatte einen logischen Handlungsbogen und war insgesamt sehr schön rund erzählt. Die Charaktere haben es mir durch die Bank sehr angetan, zumal der Personenkreis erfreulich eng gehalten war. Z. B. spielten die Elternfiguren eine Rolle, aber keine so große, dass man das Gefühl hatte, hier wird ein Fass aufgemacht, das aber nicht geleert wird. Besonders großartig fand ich, dass Avery für mich sehr schlüssige innere Prozesse hatte. Sei es eine neue Leidenschaft zu finden, nachdem ihr das Ballett genommen wurde oder sei es, Theo nicht sofort gänzlich zu verzeihen, sondern alles in ihrem Tempo durchzusetzen. Das fand ich unheimlich stark und liest man nur sehr wenig in NA.

Fazit: „An Ocean Between Us“ ist ein wirklich sehr angenehm zu lesender Liebesroman aus dem NA-Genre, der die großen Faktoren zu einer guten Unterhaltung mitbringt, doch im Kleinen hakt es einigen Stellen. Neben der Vorhersehbarkeit ist das ein nicht durchgängiges Erzähltempo. Aber das sind zum Glück keine Faktoren, die dafür sorgen, dass einem das Buch in der Gesamtsicht in negativer Erinnerung bleiben wird. Das Wichtigste ist ohnehin, dass Bilinszki schreiben kann und man sie im Auge behalten sollte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.08.2020

Paar hat leider nicht klick gemacht

Love is Loud – Ich höre nur dich
0

Natürlich war mir die „Finde mich“-Reihe von Kathinka Engel ein Begriff, aber es hat leider zeitlich nicht gepasst, dass ich dort zugegriffen habe. Daher fand ich es super, dass mit „Love is Loud“ nun ...

Natürlich war mir die „Finde mich“-Reihe von Kathinka Engel ein Begriff, aber es hat leider zeitlich nicht gepasst, dass ich dort zugegriffen habe. Daher fand ich es super, dass mit „Love is Loud“ nun der Auftakt einer neuen Buchreihe der deutschen Autorin anstand, denn es ist die perfekte Gelegenheit sich ein eigenes Bild zu machen. Dazu auch noch der Schauplatz New Orleans, eine Stadt in den USA, die mich schon ewig fasziniert und auch noch das Thema Musik. Das perfekte Rezept für ein Buch, oder?

Ich habe wirklich wunderbar in das Buch hineingefunden, was an gleich mehreren Aspekten gelegen hat. Zum einen ist der Erzählstil sehr flüssig, prägnant und flott. Man liest sich also einfach so durch, ohne irgendwo hängen zu bleiben. Das andere, was ich direkt gefeiert habe, ist, dass die Perspektive von Lincoln und Franziska absolut gleichwertig behandelt wurde. Oft ist doch die weibliche Perspektive dominant und der Mann kommt nur zu Wort, wenn es gerade eben passt, aber hier konnte man das definitiv nicht bemängeln. Das war gerade zu Beginn des Buchs auch ein doppelter Gewinn, denn die erste Begegnung der beiden geschieht lange Zeit nicht, aber dafür hat man als Leser die ideale Gelegenheit, beide Figuren ausführlich kennenzulernen. Dabei hat Engel auch zwei sehr eindeutige Erzählstimmen gefunden, denn ich konnte Franzi und Linc immer sofort auseinanderhalten.

Auch wenn ich also so einen guten Einstieg mit Franzi und Linc hatte und beide für sich auch wunderbar nachvollziehen konnte, leider haben die beiden mich als Paar nur wenig überzeugen können. Ich habe zwar kein Problem damit, dass Linc vor Franzi so ein Frauenheld war, der keinen flüchtigen Moment der Zweisamkeit ausgelassen hat, aber ich fand es überhaupt nicht überzeugend, wie er von jetzt auf gleich von Franzi fasziniert war. Dafür waren die ersten Begegnungen der beiden auch völlig unspektakulär. Es entstand kein Kribbeln, es entstand wirklich nichts. Wenn die beiden dann innerhalb kürzester Zeit die große Liebe füreinander bilden, dann finde ich es schade, dass ich das nicht nachvollziehen kann. Zudem fand ich es fragwürdig, dass es doch sehr viele Sexszenen gab. Ich hätte das in der Masse nicht gebraucht, zumal dafür natürlich Erzählzeit für emotionalere Momente auf der Strecke geblieben sind, die ich lieber gesehen hätte.

Großartig fand ich aber auf jeden Fall – wie erwartet – die musikalische Thematik und New Orleans als Setting. Ich habe mich in das Bandgeschehen wunderbar einfühlen kann, sei es bei den Auftritten, seien es aber auch Lincs Straßenmusikantenauftritte oder auch die Arbeit an den Texten. Eng verknüpft war damit natürlich auch New Orleans, das für Musik durch und durch steht. Ich kenne die Stadt schon sehr gut aus Film und Fernsehen, von daher wage ich behaupten zu können, dass Engel eine unheimlich authentische Darstellung der Südstaatenstadt gelungen ist. Auch die ganzen Hintergründe zu Katrina etc. waren wunderbar natürlich eingebunden, ohne dass es allzu belehrend wirkte. Zumal dann Franzi als Neuling in der Stadt ideal war, um alle Leser mitzunehmen, da ja nicht alle den besonderen Flair von NOLA kennen müssen.

Fazit: Nach „Love is Loud“ von Kathinka Engel komme ich zum Fazit, dass sie definitiv eine gute Erzählerin ist. Die ganzen äußeren Bedingungen, die man niemals unterschätzen darf, also Stil, Setting und Thematik, waren wunderbar umgesetzt. Leider hat es bei der zentralen Liebesgeschichte überhaupt nicht klick für mich gemacht. Das will ich Engel aber gar nicht groß vorwerfen, da es schon immer so war, dass einen einige Liebespaare mehr überzeugen als andere. Linc und Franzi waren jetzt nichts meins, aber warum nicht die nächsten Paare?

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.08.2020

Durch kontroverse Darstellung zum Nachdenken anregend

Wings of Silver. Die Rache einer Frau ist schön und brutal (Golden Cage 2)
0

Camilla Läckberg war mir immer als Krimiautorin ein Begriff, doch da ihre Reihe schon soweit fortgeschritten war, habe ich nie den Einstieg geschafft. Daher hat sich „Golden Cage“ als perfekte Gelegenheit ...

Camilla Läckberg war mir immer als Krimiautorin ein Begriff, doch da ihre Reihe schon soweit fortgeschritten war, habe ich nie den Einstieg geschafft. Daher hat sich „Golden Cage“ als perfekte Gelegenheit angeboten, die Autorin einmal kennenzulernen. Nun war „Golden Cage“ wahrscheinlich nicht typisch für sie, aber nun ist mit „Wings of Silver“ der zweite Band erschienen und zum Thema Rache der Frau hat sie auch bereits noch eine Novelle geschrieben, vielleicht ist es also die neue typische Läckberg. Auch wenn ich das Buch ganz gut fand, so hat es mich doch gestört, dass das Thema Feminismus mit der Keule angegangen worden ist und die Protagonistin selbst kein unschuldiges Blatt ist, also wer ist sie, dass sie so urteilt? Dennoch habe ich trotz dieses starken Kritikpunkts auch beim zweiten Band noch einmal zugegriffen.

Wenn ich nun also den dargestellten Feminismus im ersten Band kritisiere und dennoch wieder zum zweiten Band greife, dann darf ich es an dieser Stelle natürlich nicht kritisieren, denn ich habe schließlich etwas bekommen, was ich schon im Vorfeld wusste. Insgesamt hat es mich diesmal aber auch nicht so gestört, da auch deutlich positivere Seiten von Feminismus abgebildet wurden. Revenge ist natürlich eine Firma von betrogenen Frauen für betrogene Frauen, hier stand der Zusammenhalt also immer schon im Vordergrund. Aber ein wichtiger Aspekt diesmal war, dass auch Faye selbst ihren Frieden mit vielen Frauen gemacht hat, wo man eigentlich denken könnte, dass sie ihr zu viel angetan haben, als dass sie ihnen verzeihen könnte. Aber Faye ist definitiv ein empathischer Mensch, der sich in andere reinversetzen kann und sie hat selbst genug Fehler gemacht, warum nicht also Verständnis für die anderer haben?

Dagegen fand ich aber schade, dass der neue Mann in Fayes Leben wieder ein Reinfall war. Er hätte auch vollkommen unschuldig sein können, aber direkt von der ersten Seite an hat man als Leser eine enorme Portion Skepsis ihm gegenüber gespürt. Das ist einfach der Tatsache geschuldet, dass nette Männer in dieser Reihe keinen Raum bekommen. Jetzt ist David am Ende tatsächlich der Fiesling, als den man ihn vermutet hat, aber es war keinerlei Überraschungseffekt dabei, was schade ist. Ich hätte es mir viel raffinierter vorgestellt, wenn Faye ihre Beziehung selbst torpediert hätte durch ihre Erfahrungen der Vergangenheit, um dann zu erkennen, dass David einer der Guten ist, aber dann wäre es zu spät gewesen. So würde man sie am liebsten von der ersten Begegnung an schütteln, weil man als Leser überall Anzeichen und Beweise für Davids wahres Ich sieht. Und man fragt sich, warum zur Hölle sie so naiv ist?

Ein anderer wichtiger Aspekt des Bandes ist die Vergangenheit von Faye. Dabei kommt wirklich Erschütterndes zum Vorschein, was mich sehr mitgenommen hat. Ich habe mit der jugendlichen Faye, die damals noch einen anderen Namen trug, wirklich gelitten. Dennoch kann man eben verurteilen, was ihre Konsequenz daraus ist. Mir ist bewusst, dass es nicht einfach ist, sich aus gewalttätigen Beziehung zu befreien, aber zur Straftäterin zu werden und das gleich mehrfach, soll das wirklich die Lösung sein?

Das ganze Buch soll darstellen, wie Faye ihr Leben zurückerobert und sich das holt, was sie verdient hat. Zwar habe ich ihre Empathie schon hervorgehoben, aber manchmal erinnert mich ihre strategisches Verhalten dabei doch oft eher an Männer. Dann wiederum ist Faye sofort wieder sehr verletzlich. Ich hätte mir daher insgesamt ein stärkeres, in sich schlüssiges Bild von ihr gewünscht, wo man als Frau selbst Bewunderung entwickelt. Ich mag ihre Reise durchaus, aber an vielen Stellen hätte ich es mir noch besser gewünscht.

Fazit: „Wings of Silver“ ist haargenau in derselben Tonart von „Golden Cage“ erzählt. Daher muss nun jeder Leser selbst bestimmen, ob diese bei einem ankam oder eher nicht. Ich habe das Lesen des zweiten Bandes trotz einiger Kritikpunkte nicht bereut, denn Faye und ihre Darstellung reizen etwas in mir, auch wenn sie nicht perfekt ist. Es regt mich an, mich selbst zu reflektieren und das, was ich als Feminismus ansehe. So ist wahrscheinlich auch schon was erreicht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.07.2020

Erst magisch, dann etwas beliebig

Wie die Ruhe vor dem Sturm
0

Dafür, dass ich Brittainy C. Cherry als Autorin sehr bewundere, habe ich bisher viel zu wenig ihrer Bücher gelesen. Dabei muss man ihre Bücher noch nicht mal in einer bestimmten Reihenfolge lesen, weil ...

Dafür, dass ich Brittainy C. Cherry als Autorin sehr bewundere, habe ich bisher viel zu wenig ihrer Bücher gelesen. Dabei muss man ihre Bücher noch nicht mal in einer bestimmten Reihenfolge lesen, weil sie trotz der Zuordnung zu Reihen völlig unabhängig voneinander sind. Bei „Die Ruhe vor dem Sturm“ habe ich jetzt aber zugegriffen, denn zu lange ohne Cherry geht dann eben doch nicht.

Warum ich diese Autorin so großartig findet, hat mich gleich das erste Drittel des Buchs wieder extrem gelehrt. Es sind nur wenige Sätze geschrieben und schon entfaltet sich für mich eine besondere Magie. Dabei hat Cherry noch nicht einmal einen Schreibstil, wo man sagen würde, der ist so außergewöhnlich, den kann niemand anderes erreichen. Denn ihre Sprache ist einfach, manchmal sogar so einfach, dass es sogar kindgerecht wirkt, aber genau in dieser Simplizität entfaltet sich dann die Besonderheit. Wenn man den entscheidenden Satz dieses Buch hat „Er ist er, ich bin ich, wir sind wir“, dann geht mir sofort das Herz auf, denn es zeigt, dass es nicht viel braucht, um die Essenz von Liebe und so vielen anderen Gefühlen auf den Punkt zu bringen. Cherry scheint genau zu wissen, wie sie die breite Masse erreicht und dabei dennoch das gewisse Etwas zu transportieren.

Das erste Drittel des Buchs war aber auch so mein absolutes Highlight, denn sowohl die jugendliche Eleanor und der jugendliche Greyson haben mein Herz von Minute 1 an aufgehen lassen. Es sind bei Cherry eben auch immer Figuren, die wie absolute Normalos wirken und die trotzdem genug anbieten, um die anbetungswürdigen Helden unserer Geschichte darzustellen. Ich habe mich heftig in die beiden als Paar verliebt, auch weil sie solange eher Freunde waren, weil so eine wirklich tiefe Verbindung entstanden ist, die in ihren Grundfesten nicht so schnell zu erschüttern ist. Ich hätte den beiden genauso immer weiterfolgen können, aber für Cherry üblich schlägt irgendwann das Schicksal zu.

Dieses Schicksal hat aber leider auch dafür gesorgt, dass die Geschichte für mich einen gewissen Bruch erlitten hat. Zum einen fand ich es leider völlig übertrieben, wie Ellies Vater auf den Tod seiner Frau reagiert hat. Trauer zeigt sich in höchst unterschiedlichen Formen, aber wir haben Kevin eben so erleben dürfen, wie er tatsächlich ist und ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Mann seine Tochter einfach so hängen lässt. Natürlich sollte so eine Parallele zu Greyson geschafft werden, die auch am Ende schöne Momente mit sich gebracht hat, aber dennoch fand ich diese Entwicklung nicht richtig für die Figur.

Das andere ist eben, dass dieses Thema „Nanny heilt trauernde Familie“ schon oft ausgelutscht wurde, zumal Cherry hier nahezu auch das übliche Schema anbietet. Wir haben den Unterschied, dass die Nanny schon einmal mit dem Familienvater liiert war, aber alles andere, sei es die aufsässige Jugendliche, die allen die Hölle auf Erden bereitet oder eben Greyson, der völlig ungerechtfertigt und launisch daherkommt, das war alles leider nicht neu. Auch wenn es in Liebesromanen weniger um Überraschungselemente geht, so fand ich die Geschichte leider völlig vorhersehbar. Aber Cherrys Kunst ist dann, dass man trotzdem selig weiterliest, weil sie trotz einer gewissen Enttäuschung immer noch Mage kreiert.

Fazit: „Wie die Ruhe vor dem Sturm“ wird mir nicht unbedingt als Cherrys bestes Werk im Kopf bleiben, denn nach dem magischen Beginn, ist die Idee mit der Nanny, die die Familie aus dem tiefen Tal der Trauer reißt, zu oft schon inhaltlich verpackt worden. Trotz Cherrys grandioser erzählerischer Fähigkeiten wirkte das Buch daher leider etwas beliebig. Mitreißen konnte es mich natürlich dennoch, denn Gefühle erzeugt die Autorin immer.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.06.2020

Wartezeit hierauf kostete etwas Lesevergnügen

Children of Virtue and Vengeance
0

„Children of Blood and Bone“ wurde vor über zwei Jahren veröffentlicht, weswegen es ganz ehrlich für mich eine gewisse Überwindung war, mich auf „Children of Virtue and Vegeance“ einzulassen. Zwar kann ...

„Children of Blood and Bone“ wurde vor über zwei Jahren veröffentlicht, weswegen es ganz ehrlich für mich eine gewisse Überwindung war, mich auf „Children of Virtue and Vegeance“ einzulassen. Zwar kann ich mich noch an viele Aspekte erinnern, die mich am ersten Band sehr begeistert haben und dass es natürlich ein Ende gab, das einen mehr bekommen lassen wollte, aber nach so einem langen Zeitraum habe ich eben auch wieder 100 Bücher dazwischen gelesen, zahlreiche Serien und Filme gesehen und dann noch alle Details parat zu haben, erfordert schon ein heldenhaftes fotographisches Gedächtnis. Deswegen fand ich es auch sehr schade, dass der zweite Band nicht den geringsten Service anbietet, dass man den Inhalt vom ersten Band noch einmal aufgewärmt bekommt. Selbst im Ursprungsland USA lag die Veröffentlichung ja weit auseinander, so dass es doch eigentlich der logische Schritt hätte sein müssen.

Durch die fehlenden Informationen war der Einstieg wirklich nicht einfach für mich. Die Hauptfiguren hatte ich von ihrem Wesen und ihren Beziehungen zueinander auf dem Schirm, aber es war doch schwer, mir den Inhalt und somit die Ausgangslage vor Augen zu halten. Ich musste mir vieles zusammenreimen, denn noch nicht mal in der Geschichte selbst hat man sich die Mühe gemacht, Informationen einzubauen. Somit war das Leseerlebnis zunächst sehr zäh. Auch die Mythologie hinter der Geschichte war mir nicht mehr so präsent und da es zig Völker und damit unterschiedliche Fähigkeiten gibt, war es eine Menge an Informationen. Zum Glück ist aber die Geschichte selbst so stark, dass man über die mangelhaften Bedingungen hinaus dabei bleibt.

Die Geschichte lebt von den schnellen Perspektivwechseln. Die Kapitel sind verhältnismäßig sehr kurz, so dass auch durch die unterschiedlichen Perspektiven immer neuer Input hinzukommt. So entsteht eine wirklich gute Dynamik, die den Leser durch das Buch gleiten lässt. An diese Dynamik passt sich auch eine wirklich spannende Handlung an, denn es gibt gleich mehrere erzählerische Höhepunkte über knapp 500 Seiten verteilt. Dazwischen wiederum geht es viel um unsere drei Hauptfiguren und ihre inneren Kämpfe. Auch hier war es spannend mitzuverfolgen, wie sie mit ihrem Gewissen kämpfen, was sie für andere, für sich und für Realität wollen und wie man das am besten zusammenknüpft. Dennoch muss ich an der Stelle auch sagen, dass sich bei diesen Gedankenspielen doch vieles im Kreis gedreht hat. Gerade das Auf und Ab bei Zélie und Amari war oft anstrengend, da sie zueinander keinen Schritt weitergekommen sind. Insgesamt würde ich die Charakterentwicklung in diesem zweiten Band als sehr schwach bewerten. Erst am Ende überschlagen sich die Ereignisse bei den Figuren und dadurch wirkt es zu abrupt.

Dennoch ist dieses Ende mit zahlreichen Wow-Momenten schon ein wahrer Hammer, denn er stellt vieles auf den Kopf und bietet ganz am Ende wieder ein gänzlich neues Mysterium mit unheimlich viel Potenzial für Band 3 parat. Jedoch befürchte ich, dass die Wartezeit erneut nicht zu knapp werden wird. Natürlich wollen die Verlage, dass man die Bücher rasch kauft, weil die ersten Zahlen natürlich über den Erfolg einer Reihe entscheiden, aber diese Reihe ist doch so komplex, dass die Wartezeit hier die Vorfreude nicht steigert, sondern im Keim erstickt. Allen anderen interessierten Lesern würde ich raten, diese Reihe besser in einem durchzulesen. Sie ist gut, aber vieles entfaltet wahrscheinlich gar nicht seine Wirkung, weil zu viel Zeit dazwischen liegt. Natürlich kann der Verlag nichts dafür, wie schnell die Autorin schreibt, aber ich denke doch, dass diese Wartezeit viele Fans gekostet hat und das hat die Reihe eigentlich nicht verdient.

Fazit: Die Wartezeit zwischen Band 1 und 2 war einfach zu lang. Es fiel mir schwer, wieder in das Geschehen hinzufinden und die wichtigen Ereignisse so auf dem Schirm zu haben, wie es die Geschichte bräuchte. Dennoch bin ich dran geblieben und bin wieder mit wirklich überzeugenden Handlungen überrascht worden. Wirklich Luft holen ist bei den 500 Seiten nicht drin, zumal die Handlungen auch nicht in einem erwartbaren Rahmen stattfinden. Daher allgemein mein Rat: lieber schnell hintereinander lesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere