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Veröffentlicht am 11.11.2020

Spannendes Stück Zeitgeschichte

Die vergessene Heimat
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Deana Zinßmeister ist Leserinnen, die wie ich historische Romane lieben, wohl bekannt. Normaler Weise schreibt sie Bücher, die im 16. oder 17. Jahrhundert spielen. In ihrem neuen Buch ist sie allerdings ...

Deana Zinßmeister ist Leserinnen, die wie ich historische Romane lieben, wohl bekannt. Normaler Weise schreibt sie Bücher, die im 16. oder 17. Jahrhundert spielen. In ihrem neuen Buch ist sie allerdings neue Wege gegangen. In ihrem halbbiografischen Roman hat sie die Geschichte ihrer Eltern Ernst und Leni aufgeschrieben, die im damaligen Ostberlin gelebt haben und als eine der Letzten während des Mauerbaus flüchten konnten.
Der Roman basiert auf zwei Zeitebenen: einmal der oben beschriebene Zeitpunkt im Jahr 1961 und in der Gegenwart in den Jahren 2013-2016.
Die Kapitel wechseln zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Während wir im Jahr 1961 gebannt die Vorbereitungen zur Flucht von Leni und Ernst verfolgen, erlebt man in der Gegenwart die fortlaufende Demenz von Ernst mit. Selten fesseln mich beide Erzählstränge gleich stark, doch Deana Zinßmeister hat es mit "Die vergessene Heimat" problemlos geschafft.
Im Jahr 1961 leben Leni und Ernst im Grenzgebiet. Während Leni als Friseurin in der sowjetischen Zone arbeitet, pendelt Ernst jeden Tag nach Westberlin. Er ist ein Grenzgänger und sieht die Differenz zwischen Ost- und West sehr genau. Er überlegt relativ früh sich nach Westberlin abzusetzen, denn die vermehrte Überwachung setzt ihm zu. Als ein Freund verhaftet wird, weil er öffentlich Kritik am System äußerst, ist für ihn die Zeit gekommen. Nicht zu früh, denn es wird bereits mit dem Aufziehen des Stacheldrahtes begonnen. Der Leser erlebt die folgenden Wochen sehr intensiv mit. Die Planung, die ständige Angst und der Fluchtversuch selbst, sind wahnsinig spannend geschrieben. Gänsehaut garantiert!

Im Gegenwartsstrang ist Ernst fast achzig Jahre alt und leidet an beginnender Demenz. Die Autorin schlüpft in die Rolle als Britta Hofmeister, Kochbuchautorin, und schreibt in der Ich-Form über die Krankheit des Vaters. Bis seine Frau Leni, Britta und ihre Geschwister sich endlich eingestehen, dass dieser krank ist, ist die Demenz bereits fortgeschritten. In all den Jahren haben die Eltern nie über die dramatische Flucht aus der Deutschen Demokratischen Republik aus Furcht von der Stasi gesprochen. Britta erlebt nun diese Zeitspanne im Leben ihrer Eltern bei den Besuchen mit und erfährt dabei Unglaubliches.

Äußerst lebendig und gefühlvoll erzählt die Autorin von dieser furchtbaren Krankheit, die vorallem die Familie an ihre Grenzen bringt. Auch meine Mutter litt die letzten Jahre ihres Lebens daran und oftmals erkannte ich bei einigen Begebenheiten und Zwischenfällen einige typische Reaktionen wieder. Gott sei Dank kam es nicht mehr so weit, dass sie uns nicht mehr erkannte oder vergaß wie man isst und trinkt. Ich habe tiefstes Verständnis für alle Familienmitglieder, die einfach nicht mehr weiter wissen und Vater oder Mutter in eine Pflegeeinrichtung bringen. Die Spannungen und zusätzliche Belastung werden mit dem unaufhörlichen Fortschritt der Demenz immer mehr. Die Alten werden wieder zu Kinder und verlernen mit der Zeit alles. Manche werden agressiv und handgreiflich, was noch schwerer zu ertragen ist. Man reibt sich zwischen der eigenen Familie und den Eltern auf und erfährt keinerlei Dank. Diese Situation muss man mal jahrelang verkraften können! Genauso schlimm finde ich den Beginn der Krankheit beim Patienten, wenn er erkennt, dass er laufend Dinge vergisst und langsam sein Gedächnis verliert. Ein furchtbarer Gedanke!

Der Schreibstil der Autorin ist hier etwas einfacher gehalten, als bei ihren historischen Romanen. Die Kapitel sind eher kurz und wechseln zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Deana Zinßmeister schreibt fesselnd und gefühlvoll. Ich bin durch die Seiten geflogen und war tief in dieser spannenden Geschichte versunken, die wohl die persönlichste der Autorin ist.
Deana Zinßmeister weist im Nachwort die Leser darauf hin, dass Demenz nicht einfach nur "Honig im Kopf" ist. Sie zeigt völlig ungeschönt auf, wie diese Krankheit Familien zerstören kann.
Die Autorin hat mit dem persönlichen Einverständis ihrer Mutter und Geschwister die Geschichte aufgeschrieben und uns ein Stückchen Zeitgeschichte näher gebracht. Ich danke ihr herzlich dafür!

Fazit:
Ein spannendes Stück Zeitgeschichte aus ganz persönlicher Sicht der Autorin. Der halbbiografische Roman konnte mich fesseln und hat mich sehr bewegt. Die Geschichte wird sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben. Vielen Dank, dass du uns an deiner Geschichte hast teilhaben lassen!

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Veröffentlicht am 18.10.2020

Absolute Leseempfehlung!

Kinder ihrer Zeit
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Der Zweite Weltkrieg neigt sich dem Ende zu. Die Russen überrennen Preußen. Rosa Lichtenberg ist mit ihren Zwillingstöchtern Emma und Alice auf der Flucht. Es ist Winter und Rosa kommt mit ihrem Handwagen ...

Der Zweite Weltkrieg neigt sich dem Ende zu. Die Russen überrennen Preußen. Rosa Lichtenberg ist mit ihren Zwillingstöchtern Emma und Alice auf der Flucht. Es ist Winter und Rosa kommt mit ihrem Handwagen und den Kleinkindern nur sehr langsam voran. Dann erkrankt Alice. Eine alte Bäuerin gewährt ihnen Unterschlupf, doch die Russen überfallen das Dorf und brennen alles nieder. Alice und Emma werden getrennt und leben fortan im Glauben, dass die andere Schwester nicht überlebt hat....

Berlin war, wie auch unsere österreichische Hauptstadt Wien, in vier Sektoren aufgeteilt: Franzosen, Engländer, Russen und Amerikaner teilten sich diese auf. Ostberlin wurde von der Sowjetunion kontrolliert und während es anfangs noch möglich war zwischen Ost- und West-Berlin zu reisen, wurde die Grenze von der Ostseite her eines Tages geschlossen. Familien und Paare wurden auseinandergerissen - unglaubliches Leid und der Mauerbau im August 1961 waren die Folge.

Claire Winter erzählt die Geschichte von Emma und Alice bis zu diesem Zeitpunkt kurz vor dem Mauerbau. Während Rosa und Emma in West-Berlin Zuflucht finden, wird Alice von einem russischen Soldaten gerettet und wächst im Waisenhaus auf. Sie lernen zwei völlig unterschiedliche Systemen kennen und sind in diesen stark verwurzelt. Als Alice zufällig herausfindet, dass ihre Mutter und Emma den Überfall der Russen damals überlebt haben und heute in Westberlin wohnen, versucht sie Kontakt aufzunehmen. Sie findet tatsächlich Emma, doch schon bald merken die Zwillinge, dass sie sehr unterschiedliche Lebensweisen haben. Jede lebt ihr eigene Ideologie und denkt sie wäre im besseren System aufgewachsen. So kommt es immer wieder zu Konflikten und Missverständnissen.

Alice schwankt zwischen der Liebe zu ihrer Schwester und der Pflicht gegenüber dem DDR-Regime, das sie immer mehr unter Druck setzt. Emma möchte vorallem, dass Alice nach West-Berlin kommt. Durch sie lernt sie den ostdeutschen Physiker Julius kennen und lieben. Bald geraten alle drei in den Fokus der Geheimdienste und finden sich den perfiden Machtspielen der Besatzungsmächte ausgesetzt. Verrat, Betrug und Misstrauen sind tägliche Begleiter. Als erste Gerüchte über einen Mauerbau auftauchen spitzt sich die Lage immer mehr zu...

Die Geschichte ist wahnsinnig spannend und spiegelt das Schicksal vieler Menschen, die zu dieser Zeit in Berlin und Ostdeutschland gelebt haben, wieder. Claire Winter versteht es großartig alle Sichtweisen so darzustellen, dass man sich selbst beim Lesen wie in einem Strudel der Machenschaften fühlt. Die Figuren sind authentisch und sehr lebendig dargestellt. Man erkennt, wie blind die jungen Frauen in die Falle tappen und man bangt die ganzen 576 Seiten um ihr Leben. Der Beginn des Kalten Krieges und der Spionage aller vier Besatzungsmächte ausgesetzt, erleben die Menschen schicksalshafte Zeiten in Berlin. Inmitten dieses Chaoses versuchen Emma und Alice an ihre frühere Verbundenheit anzuknüpfen. Doch das gelingt nur schwer...
Claire Winter hat hervorragend recherchiert und die Stimmung der Nachkriegszeit sehr gut eingefangen. Ich habe mit Emma und Alice gebangt und konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Wieder eine absolute Lese-Empfehlung!

Schreibstil:
Ich liebe den Schreibstil der Autorin. Immer wieder bin ich gefangen in ihren Romanen. Sie schreibt bildgewaltig und fesselnd. Die Handlung wird abwechselnd aus der Sicht verschiedener Charaktere erzählt. Die dazugehörigen Namen findet man am Kapitelanfang. Man spürt die Zerissenheit der Figuren und die oftmals auswegslose Situation.

Am Ende des Buches erklärt die Autorin über Wahreit und Fiktion auf. Auf der Klappe des Covers beantwortet Claire Winter noch drei Fragen zu ihrem Roman.
Auf der Innenseite des Hardcovers findet man eine Karte von Europa nach der Teilung Deutschlands....eine Karte, die auch ich im Schulunterricht vor mir hatte.
Fazit:
Wieder ein absolutes Highlight und ein Buch, das von mir den "Lieblingsbuch-Status" erhält. Es hat mich von der ersten bis zu letzten Seite begeistert. Ein spannendes Stück deutsch-deutscher Zeitgeschichte, grandios und fesselnd erzählt. Ich bin einfach nur begeistert von den Büchern der Autorin. Auch hier gibt es wieder eine große Lese-Empfehlung!

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Veröffentlicht am 12.10.2020

Fantastische Reihe

Morgan's Hall
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Was für eine Reihe! Hat mich Band 1 noch nicht wirklich überzeugt, steigert sich die Autorin von Band zu Band. Mit ihrem dritten Teil "Niemandsland" übertrifft Emilia Flynn meine Erwartung erneut. Eigentlich ...

Was für eine Reihe! Hat mich Band 1 noch nicht wirklich überzeugt, steigert sich die Autorin von Band zu Band. Mit ihrem dritten Teil "Niemandsland" übertrifft Emilia Flynn meine Erwartung erneut. Eigentlich dachte ich, dass ich hier das Finale der Familiensaga lese, aber weit gefehlt. Und nun freue mich umso mehr, dass ich noch weiterlesen kann.

Kann Spoiler enthalten!
"Niemandsland" schließt nahtlos an den Vorgängerband an, beginnt aber überraschender Weise mit einem Rückblick ins Jahr 1937 und offenbart ein weiteres Geheimnis. Danach geht es in der Gegenwart im Jahr 1959 weiter. Liz kämpft noch immer an der zerbrochenen Liebe zu James. Als plötzlich Baumaschinen auf Morgans Hall auftauchen, die den Wald roden sollen, kämpft Liz mit allen Mitteln dagegen. Sie kann nicht fassen, dass ihr Vater diesen Landstrich an ihren größten Konkurrenten Clark Harrington verkauft hat. Sie bekommt unerwartet Hilfe von einem der Arbeiter, Tony O Reilly, der auch Interesse an Elizabeth bekundet. Doch meint er es ernst? John, der erneut vor den Trümmern seiner Ehe mit Isabelle steht, ist mittlerweile auf dem Weg zu James nach New York, um ihm vom Tod seines Vaters zu berichten. James hadert indessen mit seiner Entscheidung Olivia zu heiraten, doch es gibt kein Zurück....
Spoiler aus

Elizabeth hat sich zu einer jungen und starken Frau entwickelt, die ihr Land liebt und auch dafür kämpft. Die Fehde mit den Harringtons treibt auf einen neuen Höhepunkt zu, als es zu einer kleinen überraschenden Wendung kommt. Doch die Gefahr ist nicht gebannt, denn diese kommt als Wolf im Schafspelz zu den Morgans und setzt alles daran die Familie zu zerstören.
Auch James ist alles andere als glücklich in New York. Die erhoffte Musikkarriere bleibt aus. Zusätzlich kämpft er mit bitteren Selbstvorwürfen. Er befindet sich in einer Abwärtsspirale und kann ihr nicht entkommen.
Die Ehe von John und Isabelle steht wieder einmal auf der Kippe. Der Tod von Dickie hat die Beiden von einander entfernt. Wird es ihnen auch diesmal gelingen diese zu retten?

Emilia Flynn versteht es überraschende Wendungen einzubauen und dramatische Spannungsmomente in die Geschichte einfließen zu lassen. Oftmals musste ich erschrocken aufschreien, entsetzt den Kopf schütteln oder unglaublich auf die zuletzt gelesenen Zeilen starren. (Gott sei Dank lese ich vorwiegend zuhause!)
Diese Reihe hat genau die richtige Dosis von Schicksalsschlägen, Intrigen, Affären und vorallem jede Menge Geheimnisse zu bieten.
Historische Begebenheiten, wie der Kalte Krieg zwischen den USA und Russland, wurden von der Autorin perfekt in die Handlung miteingewoben. Wir bleiben diesmal nicht nur auf Morgans Hall, sondern reisen auch wieder nach New York, aber auch nach Europa (Capri, Berlin und Wien).

Durch die verschiedenen Sichtweisen erhalten wir tiefe Einblicke in alle Gefühlslagen der Hauptprotagonisten. Als die zu lesenden Seiten immer weniger wurden und ich mich noch mitten im Geschehen befand, befürchtete ich bereits einen weiteren Cliffhanger am Ende des Buches. Dem ist zwar so, aber diesmal empfand ich ihn nicht als so schlimm, wie bei den Vorgängerbänden.

Der Schreibstil von Emilia Flynn ist fesselnd, flüssig und lebendig. Die Figuren entwickeln sich konstant weiter und überraschen den Leser das eine oder andere Mal mit unerwarteten Reaktionen oder Taten. Niemand von ihnen ist fehlerfrei oder wie oftmals in anderen Romanen ein Tausendsassa, Wunderwuzzi oder einfach nur bildschön. Hier haben alle Ecken und Kanten, Geheimnisse und verborgene Talente. Einzig Indianer Phil ist mir noch gänzlich ein Rätsel, aber ein sehr symapthisches. Er bringt auch den leichten mystischen Touch ins Geschehen.
Erwähnen möchte ich auch noch die wunderschön gestalteten Kapitelanfänge.

Fazit:
Ein absoluter Page Turner, der die Reihe zu einer meiner Lieblingsreihen werden lässt. Hier findet man wirklich alles: facettenreiche Charaktere, Drama, Spannung und Emotionen. Die fast 600 Seiten fliegen einfach nur so dahin....
Von mir gibt es eine große Empfehlung! Aber unbedingt mit Band 1 beginnen!

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Veröffentlicht am 14.09.2020

Toller Abschluss der Reihe!

Träume aus Samt
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Diese Famliensaga sollte ausschließlich der Reihe nach gelesen werden!

Mit Band vier ist nun die Seidenstadt Reihe um die Familie Meyer abgeschlossen. Wehmütig habe ich nach den letzten Seiten das Buch ...

Diese Famliensaga sollte ausschließlich der Reihe nach gelesen werden!

Mit Band vier ist nun die Seidenstadt Reihe um die Familie Meyer abgeschlossen. Wehmütig habe ich nach den letzten Seiten das Buch zugeklappt. Ulrike Renk hat mit ihrer Tetralogie nach dem Tagebuch von Ruth Meyer eine wirklich wundervolle und sehr emotioanle Reihe geschrieben, die uns direkt in die schreckliche Zeit der Judenverfolgung zurückversetzt.
Hat mich der erste Band noch etwas zwiespältig zurückgelassen, wurde die Geschichte mit der Zeit und mit jedem Band interessanter, spannender und emotionaler. Das liegt daran, dass Ruth im ersten Band noch ein Kind ist und man sie noch durch das "normale" Leben begleitet. Erst mit dem Ende des ersten Bandes kommen die ersten Repressalien gegen die Juden und auch gegen die Meyers auf. Ulrike Renk hatte zuerst vor eine Trilogie zu schreiben, doch daraus wurde schlussendlich eine Tetralogie und das ist perfekt so!

Im letzten Band stehen die Meyers kurz vor der Ausreise in die Vereinigten Staaten. Noch nicht einmal in den USA angekommen, fällt Karl gleich zweimal auf einen Betrüger herein und verliert dadurch einiges von seinem gesparten Geld. Endlich in Chicago angekommen, bekommen sie Hilfe von befreundeten Familien, die Deutschland bereits vor Jahren verlassen haben. Totzdem ist es für die Meyers schwer sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. Für die jungen Leute ist es einfacher sich an die neue Lebensart zu gewöhnen. Karl tut sich hingegen sehr schwer, vorallem bei der Arbeitssuche. Er kann kaum Englisch sprechen und sieht extrem schlecht. Karl leidet sehr darunter, dass er seiner Familie nicht mehr den gewohnten Standard bieten kann. Zusätzlich hält er verbissen an den strengen Regeln aus Deutschland fest. Ruth, obwohl fast volljährig, darf kaum aus dem Haus, sich nicht schminken, was für die amerikanischen Mädels Alltag ist und trotzdem ist sie es, die als Erste eine Stelle findet und die Lebenserhaltungskosten für die gesamte Familie einbringt. Wieder einmal muss sie zurückstecken und darf ihre Träume nicht leben. Was habe ich mit Ruth mitgelitten, besonders nach der Aufnahmeprüfung für das College....

Sehr interessant fand ich wieder die Erklärungen von Ruth an ihre amerikanischen Freundinnen was das Judentum angeht. Viele wissen nicht einmal was Juden sind und dass sie Opfer der deutschen Nazis sind. Als die USA ebenfalls in den Krieg eintritt, kann es schon mal dazu kommen, dass Ruth und ihre Familie als Feinde angesehen werden - wie sie es schon in England erlebt haben.

Für mich war das Wiedersehen mit Ruth und ihrer Familie wieder ein tolles Leseerlebnis. Ulrike Renk hat auch in diesem Band neben der Anpassung der Lebensumstände, auch einiges an historischen Begebenheiten miteingewoben. Der Angriff auf Pearl Habour, der Eintritt der USA in den Weltkrieg, aber auch Modeneuheiten, die überkitschte Weihnachtszeit in den Staaten oder die langsame Einbürgerung des Staubsaugers in die gehobenen Haushalte. Es gibt auch wieder einen Blick nach Deutschland zu Ruths Großeltern und zur Familie Aretz. So erfährt der Leser auch mehr über ihr Schicksal.

Am Ende gibt es einen Epilog aus dem Jahre 2019, bei dem die Nachfahren von Ruth und Ilse zu einer Geburtstagfeier zusammenkommen. Die Autorin gibt den Lesern noch einen kleinen Rückblick, was mit den Familienangehörigen passiert ist.
Im Nachwort erklärt Ulrike Renk was Tatsachen aus dem Leben der Familie Meyer sind und was Fiktion.

Fazit:
"Träume aus Samt" ist ein großartiger Abschluss dieser Reihe, die sich von Band zu Band gesteigert hat und bei mir einen würdigen Platz im Bücherregal bekommen wird. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 10.09.2020

Großartiger Auftakt der Reihe

Grandhotel Schwarzenberg – Der Weg des Schicksals
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Schon im Vorfeld, als die eBooks zu dieser Reihe erschienen sind, war meine Neugier geweckt. Auf Instagram konnte ich die guten Meinungen zu Band 1, 2 und auch schon 3 lesen (die bereits alle als eBook ...

Schon im Vorfeld, als die eBooks zu dieser Reihe erschienen sind, war meine Neugier geweckt. Auf Instagram konnte ich die guten Meinungen zu Band 1, 2 und auch schon 3 lesen (die bereits alle als eBook erschienen sind) und so musste der erste Band dieser neuen Reihe einfach bei mir einziehen.
Den bereits erschienen guten Rezensionen kann ich nur beipflichten. Obwohl das titelgebende Hotel in Band Eins noch gar nicht vorkommt, konnte mich dieser Reihenauftakt überzeugen.

Anna Gmeiner hat früh ihre Mutter verloren und lebt mit ihrem Vater und ihrem Bruder Christoph auf einem kleinen Hof am Rande des mondänen Kurortes Bad Reichenhall. Die drei kommen gerade so zurecht und versorgen sich mit Mühe und Not selbst. Als Christoph bei seiner Arbeit als Trifter ums Leben kommt, wird die Lage für Anna und ihren Vater noch schwieriger. Als sie am Markt Eier verkauft, lernt sie den neu hinzugezogenen Salzsieder Michael kennen. Die Beiden verlieben sich. Michael ist ehrgeizig und arbeitet sich hoch. Er landet in der Schreibstube des Salinenmeister Konrad von Feil. Michael erhofft sich in Zukunft für Anna sorgen zu können und bittet ihren Vater um ihre Hand. Doch das Glück ist Anna und Michael nicht hold und als er durch eine Intrige seine Arbeit verliert, verlässt er Bad Reichenhall und Anna. Er verspricht ihr in einem Jahr mit genug Geld für eine Hochzeit wiederzukommen, doch erneut meint es das Schicksal mit Anna nicht gut...

Anna ist ein sehr starke junge Frau, die einen Schicksalsschlag nach dem anderen überwinden muss. Ich hoffte mit ihr, dass sie endlich etwas Glück erfahren darf, doch es dauert lange bis sich ihr Leben wendet. Entgegen der damaligen Zeit kämpft Anna für ihre Rechte, als ihre komplette Existenz auf dem Spiel steht. Sie hat die Hoffnung nicht aufgegeben und stellt sich den Schicksalsschlägen. Ich habe mit Anna mitgelitten, die zu dieser Zeit als Frau keine Rechte hat.
Auch Katharina von Feil, der Tochter des Salinenmeisters, hat trotz Wohlstand vorallem die Rolle des braven Töchterleins zu spielen, um einen wohlhabenden Ehemann zu finden. Doch der vermeintliche gutsituierte Mann den Katharina ehelichen soll, entpuppt sich bald als Widerling und Spieler.
Im Gegensatz zu Anna lebt Katharina in der Oberschicht, aber auch ihr ist das Glück nicht hold. Sie versucht sich auf ihre Weise durchs Leben zu schlagen, um sich einen Teil ihrer Wünsche und Hoffnungen zu erfüllen. Mit Geld und Einfluss gelingt das natürlich um einiges besser, als für Anna, die täglich ums Überleben kämpfen muss. Katharina wirkt neben Anna verwöhnt und egoistisch. Ob und wie sich ihre Wege kreuzen werden, verrate ich hier noch nicht....

Sophie Oliver bringt dem Leser die Zeit des beginnenden 20. Jahrhunderts näher und zeigt die Kluft zwischen Arm und Reich sehr deutlich auf. Im aufstrebenden Kurort trifft sich die mondäne Gesellschaft, doch viele Menschen leben am Rande ihrer Existenz. Als Kurort will man hoch hinaus und hofft in Zukunft auf noch mehr Gäste aus dem In- und Ausland. Da kommt ein Berliner Investor gerade richtig und bald steht dem Bau eines Grandhotels nur wenig entgegen.
Gelungen sind auch die Informationen über die Salzgewinnung, die in die Geschichte miteinfließen. Die Saline bringt dem Ort den Aufschwung, an dem sich so viele wie möglich beteiligen möchten. Intrigen und Wirtschaftskrisen bringen jedoch die eine oder andere Überraschung.

Der Autorin gelingt es mit viel Liebe und Geschick eine spannende Geschichte mit überraschende Wendungen zu erzählen. Man ahnt nur wenig voraus - einzig am Ende gibt es den einzigen von mir erwarteten Knall, allerdings auch in etwas anderer Form, als ich dachte. Der nicht allzu große Cliffhanger zum Schluss lässt mich schon voller Vorfreude auf den kommenden Band im Oktober hoffen...

Schreibstil:
Sophie Oliver erzählt in gefühlvoller und bildhafter Sprache. Die Charaktere sind vielschichtig und realitätsnah. Sie entwickeln sich weiter und birgen ab und zu auch eine Überraschung für den Leser.
Die bildhafte Beschreibung von Bad Reichenhall und der Umgebung ist atmosphärisch und hat mein Kopfkino angeregt.

Fazit:
Sophie Oliver hat hier nicht die 08/15 Variante gewählt, die man schon öfters in ähnlicher Form gelesen hat, sondern konnte mich mit ihrem Reihenauftakt überraschen. Auf den 320 Seiten befindet sich viel Inhalt, der durch überraschende Wendungen Spannung erzeugt. Ein gelungener Reihenauftakt!

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