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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2020

Zwei starke Frauen auf der Suche nach ein bisschen Glück

Oktoberfest 1900 - Träume und Wagnis
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"Jetzt bist noch frisch und ansehnlich, jetzt sehen sie`s noch gern, wenn du mit ihren Krügen an den Tisch kommst, und beim Mieder steht der oberste Knopf auf. Sei ned dumm, nimm mit, was du mitnehmen ...

"Jetzt bist noch frisch und ansehnlich, jetzt sehen sie`s noch gern, wenn du mit ihren Krügen an den Tisch kommst, und beim Mieder steht der oberste Knopf auf. Sei ned dumm, nimm mit, was du mitnehmen kannst. Leg dich hin, halt still, denk an was anderes. Zwei Mark sind zwei Mark, und sogar wenn`s nur eine is´, ist´s immer noch mehr als die 10 Pfennig, die dir einer sonst als Trinkgeld gibt. "

München 1900: Colina, ein einfaches Schankmadl, möchte alles hinter sich lassen: den gewalttätigen Ehemann, ihren Job, in dem man nur vom Trinkgeld lebt und dem Zubrot, wenn sie mit dem ein oder anderen Kunden hinterm Schuppen verschwindet. Colina weiß, sie kann weit mehr als das und sie ist gewitzt. Und so ergattert sie tatsächlich eine Anstellung als Gouvernante einer eigensinnigen, jungen Frau. Ihr neuer Boss ist der Biermogul Prank, der auf dem Oktoberfest groß rauskommen will. Doch dann passiert etwas, womit niemand gerechnet hat und Colinas Träume drohen zu platzen.

"Oktoberfest 1900" ist ein sehr lebendiger Roman über Deutschlands größtes Volksfest, den Biermogulen, Wirtsleuten und Schankmädchen, angelehnt an die TV-Produktion.

Ich habe den Münchner Lokalkolorit geliebt; König Otto, die Schwabinger Kunstszene usw. Auch der immer wieder einfließende bayrische Dialekt war großartig und hat für die richtige Stimmung gesorgt. Man erfährt viel über die Geschichte und Hintergründe des Oktoberfestes. Ich hätte gerne mit Colina mal ne Runde gedreht und mir die Attraktionen des Jahres 1900 angesehen. Da gab es u.a. die Völkerschau, die in einem Nebenstrang kurz präsent und wichtig war, aber insgesamt viel zu kurz kam.

Es gibt einfach zu viele interessante Personen und Handlungsstränge, auf die man in diesem Roman gar nicht alle eingehen kann. Das Potential für einen 3-Teiler hätte der Stoff allemal gehabt. So steht hier zum einen Colina und ihr Leben im Vordergrund und zum anderen der Polizist Aulehner, durch den man immer wieder interessante Einblicke ins Nachtleben und Milieu erhält. Ich persönlich hätte aber gern noch mehr über den Biermogul Prank oder Maria von der Deibel Brauerei erfahren. Dabei geht es gar nicht mal um die Charakterzeichnung, die sind Petra Grill allesamt hervorragend gelungen, sondern eher um die Neugier auf die Personen und ihr Leben, in das ich gern tiefer geschaut hätte.

Der Schreibstil ist unheimlich flüssig, angenehm und unterhaltsam. Ihre Schilderungen sehr bildhaft und lebendig. Das macht schon großen Spaß, auch, wenn manches ein wenig zu knapp geraten ist und mir dafür vielleicht der Aulehner hier und da zu viel Platz eingenommen hat.

Fazit: Ein lebendiger, bunter Roman rund um das Oktoberfest und die Bierbrauer, aber auch über die Rechte der Frauen zur damaligen Zeit, der mich richtig gut unterhalten hat.

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Veröffentlicht am 11.09.2020

Reflektionen

Der letzte Satz
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* Aber ich habe Glück. Dort draußen läuft ein Glück im Gras herum, und hier drinnen sitzt ein anderes mit mir am Tisch. Ich habe alles, was ich mir wünsche. Ich bin ein glücklicher Mann. *

Robert Seethaler ...

* Aber ich habe Glück. Dort draußen läuft ein Glück im Gras herum, und hier drinnen sitzt ein anderes mit mir am Tisch. Ich habe alles, was ich mir wünsche. Ich bin ein glücklicher Mann. *

Robert Seethaler zeichnet hier den privaten Menschen Gustav Mahler - krank, gebrechlich, mit emotionalen Schwächen und einer dysfunktionalen Beziehung. Den Komponisten und Dirigenten lernt man dabei leider nur sehr rudimentär kennen, um seine Beziehung zur Musik geht es selten..

Es beginnt mit Mahlers letzter Reise per Schiff nach Amerika und die rückblickenden Episoden aus seinem Leben scheinen willkürlich, zeitlich nicht immer klar einordbar und mal mehr, mal weniger interessant. Die Oberflächlichkeit wird bei Begegnungen mit Rodin oder Freud besonders deutlich. Es werden ein paar bekannte Charakterzüge Rodins herausgestellt, aber das war es dann auch eigentlich schon. Für mich eine überflüssige Episode, bei grade einmal 126 Seiten.

Seethalers Sprache ist klar, ein wenig lakonisch und distanziert. Einen richtigen Zugang bekommt man selten, aber dann sind sie plötzlich da, diese kostbaren Sätze, die einen tief berühren und die fast schon magisch sind. Wahrscheinlich eine Stärke Seethalers. "Der letzte Satz" ist mein erstes Buch von ihm - Roman vermag ich es fast schon nicht zu nennen, Novelle oder Erzählung trifft es wohl eher - und er hat mich nicht ganz überzeugen können. Sein Protagonist ist ein Mann, der am Ende seines recht kurzen Lebens zurückschaut und reflektiert; leise, melancholisch und unaufgeregt. Ob man diesen Mann nun unbedingt Mahler nennen muss....er wirkt oftmals austauschbar und hätte Jedermann sein können.

Ein lesenswertes kleines Büchlein, doch anhand der Leseprobe hatte ich mir mehr dieser magisch-poetischen Sätze versprochen.

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Veröffentlicht am 23.08.2020

Berlin und die Modewelt - ein interessanter Auftakt

Das Lichtenstein - Modehaus der Träume
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* Die deutsche Industrie steht als begeisterndes Beispiel und Vorbild für die deutschen Truppen (./.) Nicht London, nicht Paris, nein, Berlin ist der Mittelpunkt der Welt in Fragen der Mode, des guten ...

* Die deutsche Industrie steht als begeisterndes Beispiel und Vorbild für die deutschen Truppen (./.) Nicht London, nicht Paris, nein, Berlin ist der Mittelpunkt der Welt in Fragen der Mode, des guten Geschmacks und der Eleganz, die den Weg vorschreibt. *

Berlin 1913: Das Kaufhaus Lichtenstein muss aufpassen, dass es den Anschluss nicht verliert. Die Konkurrenz wird immer größer und nicht nur deren Schaufenster sind besser ausgeleuchtet. Auch das Lichtenstein hat ein breites Sortiment, aber an der Präsentation mangelt es und die Ware hebt sich nicht wirklich von der Masse ab. Das will Jakob schon lange ändern, stößt mit seinen Ideen aber jedes Mal auf den Wiederstand seines Bruders. Deswegen stellt er im Alleingang einen neuen Konfektionär ein, der den Pariser Chic ins Lichtenstein bringen soll...

Ein interessanter Einblick in die Modegeschichte und die Welt der großen Kaufhäuser ihrer Zeit.

Marlene Averbeck (auch bekannt als Liv Winterberg) hat mit "Das Lichtenstein - Modehaus der Träume" einen vielschichtigen Auftakt gestartet. Sie zeigt nicht nur das Leben, die Sorgen und Nöte der Kaufmannsfamilie, sondern auch die des kleinen Mannes, des Ladenmädchens Hedi, der Schneiderin Thea und der Schauspielerin Ella. Mit Jakob gibt es insgesamt 4 Perspektiven. Dadurch brauchte ich eine Weile, bis mich das Lichtenstein endgültig in seinen Bann gezogen hat. Ich mag Perspektivwechsel und die Autorin hat einen sehr angenehmen und flüssigen Schreibstil, aber durch die teils rechts kurzen Kapitel und raschen Wechsel, fiel es mir anfangs schwer einen emotionalen Bezug zu den Charakteren aufzubauen und tatsächlich hat es bei Hedi am längsten gedauert. Ihr hätten, grade auch wegen der Liebesgeschichte, ein paar längere Szenen manchmal ganz gut getan. Aber das ist auch ein wenig Geschmackssache.

Was ich hingegen vollständig vermisst habe, war das Berlinern. Grade um 1913 habe ich das zumindest von den Zulieferern, Zwischenkonfektionären und im Privatleben erwartet. Das hat mich wirklich oft irritiert. Ansonsten ist der Flair der Zeit perfekt eingefangen und auch die seelischen Gräuel des Krieges sind so geschickt eingebaut, dass sie mich tief berührt haben.

Ein Roman über Mode, Aufbruch, Neuanfänge, Liebe, Krieg und Mut, aber auch die Rolle und die Möglichkeiten der Frauen zur damaligen Zeit sind sehr interessant geschildert.

Fazit: Ein gelungener Auftakt, dessen Fortsetzung ich kaum erwarten kann.

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Veröffentlicht am 29.06.2020

sexy Kleinstadtromanze

Lessons from a One-Night-Stand
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* Ich bin professionell genug, um mir nicht anmerken zu lassen, dass mich die Tatsache, dass ich mit dem Typ am Mikro geschlafen habe, aus dem Konzept bringt. Also setze ich ein Lächeln auf und hoffe, ...

* Ich bin professionell genug, um mir nicht anmerken zu lassen, dass mich die Tatsache, dass ich mit dem Typ am Mikro geschlafen habe, aus dem Konzept bringt. Also setze ich ein Lächeln auf und hoffe, dass man nicht sieht, wie unwohl ich mich fühle. *

"Lessons from a one-night-stand" ist der erste Band der Bailey-Family Reihe. Ich muss sagen, der Titel hat mich nicht wirklich angesprochen - eher im Gegenteil - dafür die Story umso mehr. Zum Glück, denn die kann sich lesen lassen!

Es ist eine schöne Highschool-Romanze, bei der einmal nicht die Schüler sondern ihr Coach und die Rektorin im Mittelpunkt stehen.

Holly Radcliffe nimmt eine Vertretungsstelle in dem kleinen Städtchen Lake Starlight in Alaska an und traut ihren Augen nicht, als ihr mit Coach Bailey plötzlich der One-Night-Stand vom Wochenende gegenübersteht. Was die Sache noch prekärer macht, durch den ominösen Lake Starlight Buzz Wheel Blog sind sie bereits Stadtgespräch.

Man ahnt es schon, die Zutaten sind allesamt nicht neu, können aber trotzdem überzeugen. Das Autorenduo Piper Rayne hat nämlich nicht nur einen sehr unterhaltsamen, flüssigen und emotionalen Schreibstil, sondern auch einen genialen Humor, der sitzt.

Mich hat bei dieser Reihe besonders die Familienkomponente begeistert; der älteste Bruder, der nach dem Tod der Eltern die sieben jüngeren Geschwister versorgt und den Hausmann gibt, während die älteste Schwester das Familienunternehmen übernimmt. Ja, die Familie Bailey incl. Granny ist schon ein quirliger, authentischer Haufen, mit ein paar großartigen, starken Charakteren - und ich freue mich bereits auf die Nächsten. Austin ist dagegen einfach nur unheimlich sympathisch und ein toller Typ. Im direkten Vergleich zu einigen Nebenfiguren bleiben er und Hollie allerdings ein wenig blass. Aber die Chemie zwischen ihnen stimmt und das macht ihre Geschichte aus. .

Erzählt wird abwechselnd aus Austins und Hollies Sicht, was es so kurzweilig macht, dass man das Buch in einem Rutsch verschlingt.

Fazit: Hinter dem Titel verbirgt sich eine schöne Liebesgeschichte mit Familienanschluss, passender Erotik und einem gelungenen Humor. Locker-leicht geschrieben für die perfekte kleine Auszeit. Gerne mehr davon.

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Veröffentlicht am 14.06.2020

abwechslungsreiche Kurzgeschichten

Des Nachts auf kaltem Wege
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* Ich weiß, dass man mir alles nie vergeben wird. Ich selbst kann es nicht, Gott kann es nicht. Niemand kann es. Und doch hörte ich nie damit auf. *
Abwechslungsreiche Kurzgeschichten, mit deren Bewertung ...

* Ich weiß, dass man mir alles nie vergeben wird. Ich selbst kann es nicht, Gott kann es nicht. Niemand kann es. Und doch hörte ich nie damit auf. *
Abwechslungsreiche Kurzgeschichten, mit deren Bewertung ich mich ein bisschen schwer tue. Denn so unterschiedlich die Themen sind, so unterschiedlich ist auch das Niveau.
Bei der ersten Geschichte "Des Nachts auf kaltem Wege" hat mir der Schreibstil nicht wirklich gefallen (und ich wusste auch gar nicht, dass der Wald einen "Fußboden" hat). Ich war nicht grade angetan und trotzdem hat mich die Story irgendwie in ihren Bann gezogen. Ich gebe zu, das hat mich verwundert und sofort weiterlesen lassen. Zum Glück, denn es folgten teilweise richtig gute Geschichten.
Die Erste allerdings ist und bleibt unter den Schwächsten, denn auch das Ende konnte mich nicht wirklich überzeugen. Ab ""Nacht und Nebel" ging es dann sehr viel runder zu und auch der Schreibstil war besser, viel smoother.
Im Großen und Ganzen haben mich drei Geschichten richtig gepackt (5 Sterne), vier waren klasse mit leichten Schwächen (4 Sterne) und die restlichen 3 ganz okay. Was jedoch alle Stories gemein haben ist eine dichte und unheimliche Atmosphäre. Das und ein gelungener Twist oder Augenzwinkern am Ende, machen für mich eine gute Kurzgeschichte aus. Und das gelingt Jessica Pietschmann sehr gut.
Für diese kleine Sammlung gibt es von mir 4 Sterne!

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