Was hält ein Mensch alles aus?
Am Himmel drei Sterne1942. Siebenbürgen, Rumänien. Selma und ihre kränkliche Schwester Irma leben in Burgthal im deutschsprachigen Teil Rumäniens. Bei einem Tanzabend lernt Selma den deutschen Soldaten Johann kennen. Die beiden ...
1942. Siebenbürgen, Rumänien. Selma und ihre kränkliche Schwester Irma leben in Burgthal im deutschsprachigen Teil Rumäniens. Bei einem Tanzabend lernt Selma den deutschen Soldaten Johann kennen. Die beiden verlieben sich trotz Kriegszeiten ineinander. Ihnen ist nur wenig gemeinsame Zeit vergönnt, denn Johann wird an die Ostfront geschickt. Selma bleibt mit ihm in Kontakt und wartet auf seine Rückkehr. Doch dann wechseln die Rumänen die Seiten und verbünden sich mit den Alliierten. So kommt es, dass die deutsche Minderheit enteignet und junge Frauen und Männer von den Russen abgeholt und in Arbeitslager gebracht werden. Bereits der Transport in die Arbeitslager wird zum Überlebenskampf. So einige Stellen erinnerten mich an die Judentransporte, die ebenfalls in Viehwaggons Richtung Osten in die KZs gebracht wurden. In der Ukraine erleben Selma und Irma nicht nur grauenhafte Arbeitsbedingungen, sondern auch sibirische Kälte. Selma versucht alles um ihre kränkliche Schwester zu schützen und einen Weg zu finden sie nach Hause zu bringen....
Unter dem Pseudonym Maya Freiberger versteckt sich ein deutsches Autorenpaar. Wer dahintersteckt weiß ich leider nicht ;) Aber ich weiß, dass diese Geschichte auf den Memoiren der Tante des männlichen Parts basiert. Leider wird im Nachwort nicht näher erläutert was wahr und was fiktiv an der Geschichte ist.
Der Roman beginnt mit einem Prolog im Jahr 2001 und endet auch in diesem Jahr. Dazwischen erzählt die mittlerweile alte Selma ihrer Tochter Karoline aus ihrer Zeit im Arbeitslager in der Ukraine. Der erste Teil des Romans spielt von 1942-1946 und Teil zwei von 1946-1948.
Mit Selma konnte ich mich sehr schnell anfreunden, auch wenn ich oftmals dachte sie sei zu gutgläubig. Sie gibt die Hoffnung nie auf Irma rechtzeitig aus dem Arbeitslager zu schaffen. Selbst in ihrem größten Feind fand sie noch etwas Gutes, was ich nicht wirklich nachvollziehen konnte...vorallem in ihrer Situation. Sie ist aber auch stark und setzt sich für andere ein.
Irma ist, im Gegenteil, zu Selma eher ruhig. Durch ihre immer wiederkehrenden Fieberschübe, deren Ursache man nie gefunden hat, musste sie bereits als Kind immer wieder zurückstecken. Doch auch sie ist zäh und bewundernswert. Auch Gisela, Efrem oder Marianne sind interessante Charaktere, die sich weiterentwickeln und auch andere Seiten an sich zeigen.
Durch die bildhafte Erzählweise lebt man mit den Figuren mit. Der Spannungsbogen bleibt die ganze Zeit über hoch und einmal angefangen, kann man das Buch schwer wieder aus der Hand legen. Trotzdem gefiel mit Teil Eins besser, als der Zweite, bei dem mir einige Sequenzen oftmals zu dramatisch und unglaubwürdig vorkamen. Maya Freiberger spart an zu brutalen Szenen, was ich einerseits gut finde, mir aber deswegen das Vorgehen im Arbeitslager zu unwirklich vorkam. Ich habe bereits einige Bücher in diese Richtung gelesen und da gab es gegenüber den Gefangenen keinerlei Pardon, wenn sie z. Bsp. bei einem Fluchtversuch erwischt wurden. Trotzdem kommen die unmenschlichen Zustände in den Gulags beim Leser an und man spürt die Machtlosigkeit der Gefangenen, sowie den Hunger und die Kälte. Man denkt der Krieg hat bereits genug angerichtet und Menschleben zerstört, doch die Russen üben Vergeltung an den hilflosen Frauen für die Gräuel der deutschen Soldaten in ihrem Land.
Maya Freiberger hebt vorallem die Schwesternliebe von Selma und Irma stark hervor. Zusätzlich erinnert sie immer wieder daran, dass es keine Rolle spielt, welcher Nationalität ein Mensch angehört, denn es gibt in jedem Land gute und böse Menschen. Zusätzlich wird mit dieser Geschichte daran erinnert, was auch noch nach Kriegsende passiert ist und wie viele Menschen damals auf der Flucht waren oder enteignet wurden...egal wo. Meine Vorfahren (mütterlichseits) wurden zum Beispiel aus Mähren (Tschechien) verjagt und enteignet. Der Brünner Todesmarsch zu uns nach Österreich hat Tausenden das Leben gekostet.
Der Titel "Am Himmel drei Sterne" vermittelt Hoffnung. Das idyllische Cover passt meiner Meinung nicht ganz zur Geschichte. Denkt man aber an eine Interpretation bei der sich die Schwestern auf einen neuen Weg in die Freiheit aufmachen, würde ich es als passend finden.
Fazit:
Ein Roman zum Nachdenken über Menschlichkeit, Zusammenhalt, Überleben in den sibirischen Arbeitslagern und die Hoffnung die Freiheit eines Tages wieder zu erlangen. Mit viel Gefühl erzählt, manchmal etwas zu dramatisch, aber auf jeden Fall eine weitere wichtige Geschichte #gegendasvergessen.