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Veröffentlicht am 30.09.2020

Ein trockener Fortlauf der Geschichte und eine zu konstruierte Entwicklung der Charaktere

Save You
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Ruby ist fertig mit der Welt – noch nie hatte sie so tiefe Gefühle für jemanden wie für James und genau von ihm wurde sie verletzt. Sie wünscht sich, dass sie einfach alles vergessen kann und zurück zu ...

Ruby ist fertig mit der Welt – noch nie hatte sie so tiefe Gefühle für jemanden wie für James und genau von ihm wurde sie verletzt. Sie wünscht sich, dass sie einfach alles vergessen kann und zurück zu ihrem alten Leben kann. Aber das wird schwierig: Denn sie kann James nicht vergessen, vor allem nicht, als er alles daransetzt, sie zurückzugewinnen.

Meine Meinung
Es war ein schneller Start in die Geschichte – und auch ein verwirrender. James schien wie ausgewechselt. In meiner Rezension zu «Save Me» habe ich geschrieben, dass ich finde, dass das Ende nicht zu James’ eigentlichem Wesen passt. Hier scheint es mir, als versuche die Autorin das wiedergutzumachen, indem James (wieder mal) eine 180 Grad Wendung macht.

Ich war überrascht, als plötzlich Kapitel aus Embers und Lydias Sicht hinzukamen. Normalerweise mag ich so etwas gar nicht, wenn mitten in der Geschichte plötzlich andere Sichten hinzukommen, aber hier hat es mich überhaupt nicht gestört. Im Gegenteil: Die Geschichte hat es dringend nötig gehabt. Wären nicht diese zusätzlichen Handlungsstränge hinzugekommen, dann bräuchte man wirklich keinen zweiten Band. In gewisser Weise retten diese zwei James und Rubys Geschichte.

Wie erwähnt, ging es mit Ruby und James sehr schleppend voran. Um ehrlich zu sein war ich sehr enttäuscht. Einerseits ging es mir viel zu langsam, andererseits wollte ich nicht, dass es schneller voranging. (Hier kann ich nicht mehr dazu sagen, da ich sonst spoilern würde. 😊) Spannung war hier schon mal nicht vorhanden, von einem Spannungsbogen möchte ich auch gar nicht anfangen. Es war nun mal ein typischer Mittelband wie man ihn kennt.

Der Schreibstil war flüssig, wie man ihn sich von Mona Kasten gewöhnt ist. Auch die Dialoge liessen sich meiner Meinung nach besser lesen als beim ersten Teil. Weniger ist manchmal eben mehr. Jedoch ist mir etwas ins Auge gefallen, das ich mit der Zeit nicht mehr ignorieren konnte. »Er sieht so aus wie ich mich fühle.« Dieser Satz, in verschiedenen Variationen wie zum Beispiel mit »Er klingt … « oder »Sie bewegt sich … « war mir ein Dorn im Auge, da ich ihn ungelogen zehn Mal auf diesen 370 Seiten gelesen habe.

Das Ende war voraussehbar und wirkte meiner Meinung nach wieder zu gewollt. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Autorin die Charaktere steuert und nicht umgekehrt. Natürlich kann man eine gewisse Geschichte im Kopf haben, aber dann muss man sich auch passende Charaktere dazu ausdenken. Ruby und James waren mir zu widersprüchlich und taten teils Dinge, die ich nicht erwartet hätte.

Ich hoffe, dass der letzte Band wieder etwas besser wird.

Fazit
Leider wurde ich enttäuscht von diesem Buch. Es war ein typischer Zwischenband, der nicht viel Handlung beinhaltete und sich zog. Jedoch habe ich mich über die zwei neuen Sichten gefreut, die hinzukamen, da es ohne diese definitiv langweiliger gewesen wäre. Wie beim ersten Band wirkt mir einiges zu gewollt und die Charaktere manchmal etwas widersprüchlich. Der Schreibstil war wie gewohnt flüssig zu lesen. Das einzige, das mich daran gestört hat, war der immer wiederkehrende Satz »Er/Sie sieht so aus wie ich mich fühle.« …

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Veröffentlicht am 02.09.2020

Ein erschreckender Blick in die Zukunft

Die Hochhausspringerin
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Um was geht es?
Riva, eine Attraktion, die damit berühmt wurde, dass sie mit eleganten Springfiguren von einem Hochhaus sprang. Nun möchte sie dieses Leben nicht mehr führen und man setzt eine Psychologin, ...

Um was geht es?
Riva, eine Attraktion, die damit berühmt wurde, dass sie mit eleganten Springfiguren von einem Hochhaus sprang. Nun möchte sie dieses Leben nicht mehr führen und man setzt eine Psychologin, Hitomi, auf sie an, die herausfinden soll, was mit Riva nicht stimmt und wie sie ihrer Berufung wieder nachgehen kann. Jedoch hat Hitomi selbst mit vielem zu kämpfen.

Meine Meinung
Die ersten paar Seiten waren sehr spannend, weil man in eine neue Welt eingeführt wurde, die man so nicht kennt. Meiner Meinung nach aber auch ziemlich gewagt, da es lediglich Beschreibungen waren, die man zu lesen bekam, aber auf jeden Fall gut geschrieben!
Wie erwähnt, wird in diesem Buch sehr viel beschrieben und das zieht sich so auch durch die gesamte Geschichte. Alles ist beobachtend geschildert und auch mit einer gewissen Distanz, da es aus der Sicht der Psychologin geschrieben ist, die nun mal Riva beobachtet – etwas anderes hat sie nicht wirklich zu tun. Wenn mal etwas Emotionales passierte, dann war auch das sehr schnell und diskret erzählt, also konnte ich gar keine richtige Bindung zu den Charakteren aufbauen, weil ich nicht wirklich ihre Gedanken zu lesen bekam.
Der Schreibstil ist ein wenig eintönig, aber er passt zu dieser Geschichte, die leider auch ein wenig monoton war.
Dass sich der Anfang ein wenig zieht, erlebt man bei vielen Büchern, so auch bei diesem. Nur dass ich hier wartete und weiter wartete und leider nie etwas passierte. Die Schilderungen der Psychologin zogen sich durch die ganzen knapp 300 Seiten, wurden ab und zu von einem Spaziergang nach draussen durchbrochen oder von einem eintönigen Gespräch und gingen dann weiter.
Die Welt, die man als Leser kennenlernt, finde ich sehr gelungen. Die futuristischen Berufe, das Zusammenleben einer Familie und die ganz alltäglichen Dinge sind alle verändert, und zwar so, dass man kurz innehalten muss und sich wirklich beginnt zu fragen: Entwickeln wir uns auch in diese Richtung? Die Menschen dort sind kalt, unberechenbar und sehr egoistisch, aber trotzdem sind sie in Intrigen verwickelt, die eine gewisse Menschlichkeit durchblitzen lässt. Denn auch wenn es eine Dystopie ist, sieht man einige parallelen zu unserer Welt.

Fazit
Die geschilderten Beobachtungen der Psychologin sind spannend zu lesen – für eine gewisse Zeit. Irgendwann wünschte ich mir, dass endlich etwas ins Rollen kam, aber leider blieb die Geschichte ziemlich trocken. Der Schreibstil war nicht sonderlich speziell, passte aber zu der kalten und dystopischen Welt. Die futuristischen Elemente in diesem Buch gefielen mir sehr gut und regten mich zum Nachdenken an, wie sehr sich unsere Welt mit dieser überschneidet.

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Veröffentlicht am 11.04.2023

Eine coole, erfrischende Protagonistin – leider wirkt die Konstruktion der Welt sehr fragil und auch die Handlung kann weder mit Spannung noch mit Überraschungen überzeugen

Die Bibliothek von Edinburgh
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Seit Ropa die Schule abgebrochen hat, hält sie ihre Familien mit dem Überbringen von Nachrichten zwischen Geistern und Lebenden über Wasser. Als sie von einem Geist angesprochen wird, sie solle ihr verschwundenes ...

Seit Ropa die Schule abgebrochen hat, hält sie ihre Familien mit dem Überbringen von Nachrichten zwischen Geistern und Lebenden über Wasser. Als sie von einem Geist angesprochen wird, sie solle ihr verschwundenes Kind suchen, muss Ropa sich entscheiden, ob sie es sich leisten kann, kostenlos dafür zu arbeiten. Dieser Fall bringt sie in die geheimnisvolle Bibliothek von Edinburgh, wo sie auf neue Magie stösst.

Da ich Edinburgh liebe und Bibliotheken gegenüber auch nicht abgeneigt bin, musste ich das Buch lesen. Es ist ein Jugendbuch, zu denen ich in letzter Zeit eher ungern greife, aber dieses konnte mich mit dem Klappentext doch überzeugen.

Mit der letztendlichen Geschichte leider nicht. Wir begleiten Ropa, die ihre nächtlichen Tätigkeiten vollführt auf ihren Touren. Sie ist jung, somit ist auch die Sprache im Buch sehr jugendlich gehalten, was mich nicht gestört hat. Ich fand es sogar mutig vom Autor, dass er nicht vor offensichtlich abgekürzten Begriffen zurückgeschreckt ist. Manche Ausdrücke habe ich nicht verstanden, aber das kann auch auf die Übersetzung zurückgeführt werden.

Die Figuren im Buch sind sehr gut skizziert, wobei sich bei wenigen auf einen bestimmten Charakterzug beschränkt wird, der dann diese gesamte Person definiert. Leider hat das zur Folge, dass diese Charaktere sehr flach erscheinen. Ein Beispiel dafür wäre Ropas Schwester, die nur am Rumnörgeln ist und absolut kein Gefühl für andere Menschen hat.

Ropa als Protagonistin scheint mir eine gute Wahl zu sein, vor allem, da sie auch ihre Macken hat, die im Buch zur Geltung kommen. Ich persönlich mag sie nicht, aber das hat nichts mit der Qualität ihrer Charakterentwicklung zu tun. Tatsächlich hat Ropa mit grossen und wichtigen Entscheidungen im Verlauf des Buches zu kämpfen, die für sie sprechen. Auch wächst sie mit jeder Aufgabe über sich hinaus, was ein gutes Jugendbuch ausmacht.

Was mir überhaupt nicht gefällt, ist die Geschichte an sich: Sie braucht eine Weile, bis sie anläuft, obwohl sie sehr vielversprechend und rasch startet. Das liegt unter anderem daran, dass Ropa oft und viel mit ihrem Wissen herumprahlt. Manchmal verliert sie sich in irgendwelchen magieverwandten Erzählungen, wobei sie ebenso behauptet, keine Zeit zum Lernen zu haben, was ich an sich etwas widersprüchlich finde …

Auch entdecken wir erst etwa zur Hälfte des Buches zusammen mit Ropa die Bibliothek, die im Titel erwähnt ist. Sehr spät, vor allem, da in der ersten Hälfte nicht mehr passiert, als dass Ropa auf dieses vermisste Kind angesetzt wird und sie ein paar nicht-handlungsrelevante Nachrichten an die Lebenden überbringt. Es passiert so gut wie nichts – erst gegen Ende tauchen ein paar interessante Handlungen auf, die mich ausnahmsweise packten, aber auch das konnte mich letztendlich nicht mehr überzeugen.

Ausserdem wirken die Details der Geschichte sehr an den Haaren herbeigezogen. Wann spielt das Buch? Was für soziale Standards herrschen? Die Hintergrundinformationen werden wahllos in die Geschichte gestreut, ohne, dass man als Leser:in die Chance hat, diese irgendwie einzuordnen. Alles in Allem wirkt es einfach überhaupt nicht durchdacht.

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Veröffentlicht am 13.01.2023

Überspitzte Charaktere, die sich leider nicht ernsthaft mit dem wichtigen Thema auseinandersetzen und eine fragwürdige Message vermitteln

The Way I Break
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Victoria, die erfolgreiche junge Starköchin flüchtet aus London – und von ihrem manipulativen Freund. Sie reist an den Ort, für den ihre Mutter sie damals verlassen hatte, um im Prisma zu arbeiten. Als ...

Victoria, die erfolgreiche junge Starköchin flüchtet aus London – und von ihrem manipulativen Freund. Sie reist an den Ort, für den ihre Mutter sie damals verlassen hatte, um im Prisma zu arbeiten. Als sie am Abend einem Fremden ihre Probleme offenbart, weiss sie noch nicht, dass es seine Familie ist, die mittlerweile die Restaurantinhaber des Prismas sind, in dem sie einen Job als Kellnerin ergattert hat.

Nena Tramountani konnte mich mit der SoHo-Reihe überzeugen. Deshalb musste ich ihre neue Reihe ebenfalls lesen.

Die Geschichte beginnt mittendrin: Victoria, kurz Tori, möchte nur noch weg, entreisst sich ihrem bisherigen Leben und ihrem langjährigen Freund. Tatsächlich mag ich Tori, da sie sehr klar über ihre Entscheidungen reflektieren kann; sie scheint sich selbst gut zu kennen. Mit Julian hingegen habe ich so meine Probleme, was aber an der ganzen Konstruktion der Geschichte liegt.

Um eine Geschichte zu erzählen, muss ein Plot vorliegen. Und damit ein Plot vorliegt, muss es Personen geben, die diesen voranbringen. Wie so oft bei Romanen, habe ich das Gefühl, dass die Personen einfach dem Konstrukt angepasst wurden, deshalb wirken sie auch so überspitzt. Der manipulative Ex-Freund, die egoistische Mutter, der erbärmliche Vater, die selbstbewusste Darcy, der selbstlose Julian. Diese Beschreibungen sind korrekt – und das ist das Problem. Welchen Menschen kann man mit einem einzigen Wort beschreiben, mit dem Gefühl, damit sein ganzes Wesen zu erfassen?

Diese einzelnen Eigenschaften werden auch immer besonders stark hervorgehoben. Ich weiss gar nicht, wie oft Julian sich selbst als jemanden mit einem Helfersyndrom bezeichnet. Mir hat ganz einfach die Komplexität der Charaktere gefehlt.

Mit dem Schreibstil kann die Autorin nichtsdestotrotz punkten. Es gibt schöne Umschreibungen, die Atmosphäre wird ausreichend erfasst und man fühlt sich den Charakteren sehr nah.

!ACHTUNG SPOILER!

Das Buch beinhaltet viele wichtige Themen, eines davon ist emotionaler Missbrauch. Schon auf den ersten paar Seiten wird klar, dass Tori von ihrem Freund emotional missbraucht wurde. Aus diesem Trauma entwickelt sich bei ihr ein Drang, dass ab jetzt nur sie Kontrolle über ihr Leben haben darf. Dieses Resultat ist absolut nachvollziehbar.

Was mich dann schockiert hat, ist, dass sie Julian emotional missbraucht. Tori entscheidet über jeden Schritt, jeden Kuss, jede Berührung in ihrer Beziehung. Zwar sagt Julian aus Liebe zu ihr immer ja, aber das hat Tori in ihrer vorherigen Beziehung auch getan, oder? S. 414 – hier macht sie es sogar wissentlich. Eine Entschuldigung ihrerseits habe ich auch nie gelesen, also findet sie ihr Verhalten wohl gerechtfertigt. Ich finde die Message, die die Autorin hier vermitteln möchte, sehr fragwürdig. Man darf Leute ausnutzen, damit man sich nicht mit einem tiefen Trauma auseinandersetzen muss, sich für einen kurzen Moment besser fühlt und die Kontrolle über sein Leben behält, ohne darauf zu achten, wie diese Entscheidung die andere Person beeinflusst? Okay …

Ich habe darauf gewartet, dass irgendjemand in dem Buch realisiert, dass das, was zwischen Tori und Julian passiert, nicht in Ordnung ist! Ehrlich gesagt dachte ich, dass Tori selbst es realisiert und Reue für ihr Verhalten zeigt, denn dann hätte die Geschichte auch die richtige Message vermittelt. Aber es war leider nur Wunschdenken.

Darcy hat mir den Rest gegeben. Ihre Eltern geben Selbsthilfekurse/Selbstbewusstseinskurse – wenn ich mich richtig erinnere. Bestimmt hat sie sich über die Jahre viel Wissen von ihnen angeeignet und auch selbst ein Interesse an dem Thema. Aber als sie damit beginnt, Toris Verhalten als eine »Traumareaktion« zu bezeichnen und ein spezifisches Trauma diagnostiziert, war ich sprachlos. Ich sage nicht, dass sie damit falsch liegt, aber als Hobbypsychologin kann sie diese Diagnosen nicht mit solch einer Endgültigkeit feststellen – es sei denn ich habe die Passage überlesen, in der sie von ihrem fünfjährigen Psychologiestudium und der vierjährigen Ausbildung zur Psychotherapeutin erzählt. Ich hätte über diesen Aspekt noch hinwegsehen können, wenn zumindest einmal der ernsthafte Vorschlag für eine Therapie gefallen wäre. Nun ja …

Tori braucht keine Beziehung, in der sie alles kontrolliert, sie braucht eine Therapie, die über die Alltagspsychologie von Darcy hinausreicht. Und Julian auch. Ein Trauma erlebt zu haben, gibt einem nicht die Erlaubnis, wissentlich oder unwissentlich anderen zu schaden.

Fazit
Eine Geschichte mit einem wichtigen Thema, die leider konstruiert wirkt, keine komplexen Charaktere bietet und sich auch nicht wirklich bemüht, die Konsequenzen von emotionalem Missbrauch ernsthaft zu thematisieren.

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Veröffentlicht am 07.04.2022

Gelungener atmosphärischer und düsterer Anfang, der jedoch in einer schleierhaften und abstrakten Handlung mündet, die leider nur banale Charaktere aufweist

In die Arme der Flut
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Luke Roy steht hoch oben auf der Brücke, bereit zu springen. Bis er sich umentscheidet und dann nach einigen Minuten doch springt – jedoch nicht, um sich umzubringen, sondern, um jemand anderen zu retten. ...

Luke Roy steht hoch oben auf der Brücke, bereit zu springen. Bis er sich umentscheidet und dann nach einigen Minuten doch springt – jedoch nicht, um sich umzubringen, sondern, um jemand anderen zu retten. Plötzlich steht er im Rampenlicht der gesamten Stadt und muss sich mit der neu gewonnenen Aufmerksamkeit herumschlagen, die er nie wollte.

Sobald man zu lesen beginnt, wird man von dieser düsteren Atmosphäre gefangen genommen. Ich habe selten Sätze in Romanen gelesen, die so präzise gewählt scheinen und so auf einen einwirken, als würde man einen geschützten Raum betreten, in dem diese melancholische Stimmung eisern und bestimmt herrscht.

Nach ein paar Seiten erwartete ich jedoch, dass sich in dieser Atmosphäre ein Weg abzeichnet, sich eine Handlung daraus entwickelt. Ich wartete zwar nicht vergeblich, aber lange.

Ich verstehe vollkommen, was der Autor mit dem bedachten Heranführen an den Protagonisten erreichen wollte: Wir sollten in seinen Kopf eintauchen und seine Gründe verstehen. Suizidgedanken und Nahtoderfahrungen sind kein leichtes Thema. Und vor allem bei Luke sind diese Gedanken sehr präsent und finster.

Aber ich habe noch immer einen Roman und keinen Lyrikband vor mir. Ich wollte, dass endlich etwas ausserhalb seines Kopfes passiert.

Irgendwann nimmt die Geschichte dann Fahrt auf, als Luke vom Stadtrat, der Presse und alten Freunden bedrängt wird. Sein Leben gerät aus den Fugen und er scheint die Kontrolle darüber zu verlieren. An den Medien wird hier die grösste Kritik geäussert: Sie drängen sich in Lukes Leben und ab diesem Moment wird sein Leben eigentlich fremdbestimmt.

Aber so richtig packen konnte mich dieses innere Zerwürfnis nie. Dafür war ich – trotz dessen, dass ich Lukes intime Gedanken zu Beginn lesen durfte – zu weit vom Protagonisten entfernt. Ich konnte weder ihn noch die anderen Charaktere richtig einschätzen. (Die meisten Nebencharaktere konnte ich ehrlich gesagt nicht einmal voneinander unterscheiden, weil sie irgendwie so inhaltsleer wirkten.) Und eigentlich ist das etwas Gutes, weil es Spannung erzeugt, wenn ich als Leserin nicht sicher bin, welchen Schritt Luke als nächstes tätigt. Aber in dieser Geschichte ist alles von einem einheitlichen grauen Filter überdeckt, sodass jeder Schritt einfach verklingt. Auch graue Filter werden mal dreckiger und sauberer oder müssen ab und zu ausgewechselt werden; es brauchte etwas Abwechslung.

Ich hätte diese poetische Erzählart akzeptiert, wenn sie sich durch das gesamte Buch gezogen hätte, ich hätte sogar nichts als Positives darüber zu sagen gehabt. Aber ab der Mitte ist es, als hätte der Autor sein unfertiges Manuskript einfach weitergegeben: Die Charaktere zerfallen förmlich, die Handlung entwickelt sich in eine wirklich merkwürdige, abstrakte Richtung und der Schreibstil – dieser wunderschöne, atmosphärische und eindrückliche Schreibstil verschwindet. Einfach so.

Gegen Ende war von Spannung oder zumindest der zu Beginn kreierten Stimmung nichts mehr zu spüren. Die Message passt meiner Meinung nach nicht mit der eigentlichen Geschichte zusammen und ich verstehe nicht ganz, was ich aus diesem Buch genau mitnehmen soll, obwohl ich die Kritik an den Medien sehr wichtig in der heutigen Zeit finde.

Ein wirklich wunderschöner, ergreifender Anfang, der sich weder gut durchsetzen noch im Verlauf der Geschichte weiterentwickeln konnte.

Fazit
Der Anfang nimmt einen mit seiner melancholischen Stimmung und dem wunderschönen Schreibstil gefangen. Jedoch schreitet die Handlung nur langsam voran und schlägt eine sehr abstrakte Richtung, der ich nicht immer folgen konnte. Die Spannung zerfällt mir jeder Seite und auch die Charaktere konnte mich leider nicht begeistern. Ein vielversprechender und einzigartiger Anfang, mit dem der Rest der Geschichte leider nicht mithalten konnte.

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