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Veröffentlicht am 23.07.2023

solider Debütroman

Cleopatra und Frankenstein
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Durch den Hype hatte ich unglaublich große Erwartungen an das Buch. Vor allem, weil es mit Sally Rooney verglichen wird, die meiner Meinung nach einen unglaublich interessanten literarischen Stil hat und ...

Durch den Hype hatte ich unglaublich große Erwartungen an das Buch. Vor allem, weil es mit Sally Rooney verglichen wird, die meiner Meinung nach einen unglaublich interessanten literarischen Stil hat und deren Charaktere abstoßend und zugleich bemitleidenswert sind.

Wie auch Frank und viele andere Charaktere, die in diesem Roman in Erscheinung treten, war ich anfangs von Cleo angetan. So jung und schön in ihren 20ern, anstrebende Künstlerin und idealistisch, gerade zu naiv. Tieftraurige Jahre in der Jugend und eine dysfunktionale familiäre Beziehung. Leider verflog ihr Charme schnell und sie wirkte als Hauptcharakter eher wie eine leere Hülle.

Ein wenig ist das Buch auch prätentiös, so wie es versucht, subtil und nonchalant zu wirken. Diese Fassade versuchen aber auch immer wieder die beiden Hauptcharaktere aufrechtzuerhalten, genauso wie die Nebencharaktere, die Teil des Umfelds von Cleo und Frank sind und man lernt, dass deren Leben durch die enge Verbindung zu dem Liebespaar sich ebenfalls verändern.

Mellors erzählt nicht nur von der Romanze zweier Personen, sondern führt auch schwierigere Themen wie Alkohol- und Drogenkonsum, Suizid und mentale Gesundheit an, welche aber leider nur oberflächlich bearbeitet werden und just wieder versinken. Es fehlte oft an Substanz und obwohl manche Dialoge doch sehr spitz, ausdrucksvoll und überzeugend waren, verliert sich das alles wieder schnell in der Tragik und Schönheit Cleos, so blendend, dass eine intensivere Auseinandersetzung oder bedeutungsvoller Diskurs schnell im Keim erstickt wurde.

Obwohl ich Bücher mag, wo nicht viel passiert außer dem Alltäglichem, sind die Charaktere einfach nicht rund genug bis auf Eleanor, welche aber nur ein Nebencharakter ist. Alles wirkte leider zu sehr wie eine Romantisierung depressiver Phasen und selbstzerstörerischem Verhalten und ist für mich fernab von Großstadtromanze, sondern hätte vorab Triggerwarnungen dringend nötig.

Es liest sich einfach und bietet hier und da schöne Zitate. Zum Ende hin hat es wieder Fahrt aufgenommen. Es ist eines dieser Bücher, die man entweder mag oder nicht und obwohl ich nicht immer mit dem Charakteren mitfühlen konnte, habe ich immer auf eine gute Wendung für sie gehofft.

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Veröffentlicht am 25.04.2021

intensive Sprache, oberflächlicher Inhalt

Unterwasserflimmern
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Es wird sehr viel, sehr lang um Dinge herumgeredet, die letztendlich nicht wirklich relevant für den Verlauf der Geschichte sind. Obwohl es sprachlich hier und da doch sehr ansprechend ist, auf ihre Art ...

Es wird sehr viel, sehr lang um Dinge herumgeredet, die letztendlich nicht wirklich relevant für den Verlauf der Geschichte sind. Obwohl es sprachlich hier und da doch sehr ansprechend ist, auf ihre Art und Weise unglaublich ausdrucksstark und ungefiltert, konnte es mich im Ganzen nicht ganz überzeugen oder etwas abgewinnen.

Gegen die vulgäre Sprache habe ich nichts, doch so richtig hat sie dem Buch auch keinen Mehrwert geben können. Ich mochte dennoch diese offene, direkte Art, mit der wir die Protagonistin näher kennenlernen konnten, auch wenn sie mir beim Lesen doch sehr fremd war. Ihre Gedankengänge, unerwartetes und doch sehr nachvollziehbares Verhalten waren zwar verständlich, doch es fehlte mir etwas mehr Kontext, um Sympathie für diese namenlose Figur entwickeln zu können.

Dadurch, dass sie am Ende ohne Konsequenzen und damit der Aufklärung und Auseinandersetzung zwischen ihr und den anderen Figuren entkommen konnte, bleibt für mich nur der Gedanke, dass sie wieder in ihr Muster zurückfallen wird. Ein Kreislauf des Weglaufens und Sand in den Kopf stecken, egal wie man diese Geschichte fortgeführt hätte. Dass hier eine Frau sich nicht den typischen Erwartungen der Gesellschaft biegen möchte, wie das Heiraten und Kinderbekommen finde ich als Thema spannend und sollte in der heutigen Zeit gar nicht mehr so unkonventionell sein. Die Protagonistin schafft es durch ihr Rumreisen und Wegrennen, sowie der nie wirklich ausgesprochenen Dinge die sie bedrücken aber nicht, diese Message auf den Punkt zu bringen. Stattdessen liest man von überschwinglichen Affären mit jeder dahergelaufenen Person, was völlig in Ordnung ist, aber abgesehen von der Erklärung für Bindungsängste nicht viel hergibt.

Die Sprache und der Schreibstil sind definitiv die Stärken dieses Buchs. Trotz der lapidaren und schleppenden Geschichte wird man in einen Sog mitgerissen, ein Schwimmen und Fließen über Worten die intensiv, eindringlich, bildhaft und sehr authentisch sind.

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Veröffentlicht am 04.10.2020

eine stimmige Sonntagslektüre

Ein Sonntag mit Elena
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Diese kleine Geschichte erzählt von einer Begegnung so flüchtig wie sie anfing und auch wieder endet, und dennoch großen Nachdruck hinterlässt.

Der Schreibstil ist wirklich schön. Die Erzählerin ist ...

Diese kleine Geschichte erzählt von einer Begegnung so flüchtig wie sie anfing und auch wieder endet, und dennoch großen Nachdruck hinterlässt.

Der Schreibstil ist wirklich schön. Die Erzählerin ist nicht die Hauptfigur selber, sondern dessen Tochter Giulia. Diese arbeitet im Theater und man merkt ihr ihren Beruf durch die bildhafte Erzähltechnik auch an. Metaphern und rundum sehr abgerundete und zarte Formulierungen, die ich mir während des Lesens markiert habe.

Die Kapitel sind kurz und für die eigentliche Handlung nicht chronologisch. Es fließen hin und wieder einzelne Erinnerungen und Rückblenden hindurch. Geschichten aus der Kindheit Giulias und ihrer Geschwister, über das Leben Eltern und die Arbeit ihres Vaters als Brückenbauer, welche eine große Rolle für ihn gespielt hat. Trotz seiner Liebe zu Brücken, scheinen die zu seinen Kindern unüberwindbar zu sein.

Die schwierige Beziehung die die Erzählerin mit ihrem Vater hat wird zwar angedeutet, doch es bleibt alles sehr oberflächlich. Auch die Begegnung und den gemeinsam verbrachten Nachmittag zwischen Elena und ihrem Vater ist nur ansatzweise tiefgreifend. Leider wirkt der Vater einem dennoch sehr fremd.

Es ist ein kleines, feines Buch, das sich an einem Sonntag durchlesen lässt. Es enthält hier und da kleine Lebensweisheiten und im Gesamten ist es eine eher ruhige und doch sehr authentische und hoffnungsvolle Geschichte. Keine großen Höhen oder Tiefen, eine gewisse Melancholie liegt zwischen den Zeilen und eine Warmherzigkeit, die das Lesen doch ganz angenehm macht.

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Veröffentlicht am 08.10.2019

Lebensratgeber mit Anekdoten aus Afrika

The Wonderful Wild
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“Ist es nicht so, dass dieses Erbe einen unglaublichen Druck ausübt? Der Druck macht die Sache leider nicht einfacher. Die Frage bleibt: wenn dir alle Türen offen stehen – durch welche gehst du dann?“

Ich ...

“Ist es nicht so, dass dieses Erbe einen unglaublichen Druck ausübt? Der Druck macht die Sache leider nicht einfacher. Die Frage bleibt: wenn dir alle Türen offen stehen – durch welche gehst du dann?“

Ich bin kein großer Fan von Selbsthilfebüchern und Ratgebern, habe mich aber trotzdem darauf eingelassen, da sowohl Cover als auch Afrika und die Wildnis mich angesprochen haben. Leider ist der Ton manchmal sehr belehrend und wiederholend. Es erinnerte mich an Safari des Lebens von John P. Strelecky, was ich mit vielen Schnaufern gelesen habe.

Einige Phasen ihres Lebens konnte ich nachempfinden, so wie seinen Weg in einer Welt finden, wo man ständig das Gefühl hat bis 25 etwas erreicht haben zu müssen. Für die wenigen Zeilen in denen ich mich wiederfinden konnte war ich sehr dankbar und ich fühlte eine kurze Erleichterung.

“Ich habe länger gebraucht, meinen Weg zu finden, als die meisten Menschen, die ich kenne. Und bis vor wenigen Jahren habe ich mich dafür geschönt. Ich wusste immer, wie glücklich ich mich schätzen sollte, so viele Möglichkeiten zu haben, und empfand es als verschwenderischen Luxus, dass ich so lange gebraucht habe, um bei mir selbst anzukommen. Aber ich glaube, dass es genau diese Scham ist, die wir ablegen müssen, damit wir unseren Platz in der Welt einnehmen können.“

Was ich sehr schätze ist, dass die Autorin sich bewusst war, dass ihr Buch nicht für jeden was sein wird, da nicht jeder mit der gleichen Ausgangssituation im Leben beginnt. Demnach war vieles was sie angesprochen hat nicht so einfach auf sich selbst zu übertragen. Ihre Erfahrungen in der Wildnis und Beobachtungen wurden durch Anekdoten sowieso Rückschlüsse bildhaft gemacht. Unter anderem gab es so einiges über die Tiere und Natur Afrikas zu lernen. Ihre Gedanken und Thesen waren klar ausgedrückt. Durch Zitate und Expertenmeinungen wurden diese nochmals unterstrichen. Als Rangerin in Südafrika verdeutlicht die Autorin ihre Ansichten und Tipps fürs Leben indem sie auf ihre Erlebnisse in der Savanne zurückführt und stellt somit Verbindungen und Vergleiche dar. Zwar ist diese Art von Weisheiten verteilen spannender, doch fällt es einem doch schwer die Ratschläge umzusetzen, wenn man nicht selbst diese lebensverändernden Erfahrung machen kann. Ein paar der Denkanstöße und Hinterfragungen sind mir dennoch im Kopf geblieben die ich als sehr positiv empfunden habe. Im Ganzen ist es ein nettes Buch mit Dingen die wir uns öfters bewusst machen müssen, ein Stupser in ein achtsameres Leben und einfach mal Innehalten.

Veröffentlicht am 13.09.2019

tolles Konzept, aber sehr monoton

Laufen
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In dem Roman geht es um eine Frau die das Laufen wieder aufnimmt, um ihren Kopf freizubekommen und über den Verlust ihres Partners hinwegzukommen. Geplagt von Trauer, Schuldgefühlen und Wut versucht sie ...

In dem Roman geht es um eine Frau die das Laufen wieder aufnimmt, um ihren Kopf freizubekommen und über den Verlust ihres Partners hinwegzukommen. Geplagt von Trauer, Schuldgefühlen und Wut versucht sie ihrem Gedankenchaos zu entkommen, verrennt sich dabei aber immer wieder in vergangenem Geschehen.

Währen die Ich-Erzählerin vor sich hinläuft erfährt man nach und nach, wie es zu ihrem Verlust kam, aber auch, wie sie Schritt für Schritt wieder ins Leben findet. Ein Gedanke nach dem anderen reiht sich an, Monologe von Beobachtungen während des Laufens, Erinnerungen die sie aus der Bahn wirft aber auch Begegnungen die ihr Hoffnung bringen. Sie ist ehrlich, lässt ihren Gefühlen freien Lauf, hält sich nicht zurück und man spürt wie sie sich quält.

Das ganze Konzept hat mir ganz gut gefallen, doch ich hab mich nicht ganz abgeholt gefühlt. Nachdem ich ein Kapitel – welcher einer Laufrunde zu entsprechen scheint – beendet hatte, hab ich schon wieder vergessen was dieses Kapitel mir eigentlich sagen wollte. Stilistisch habe ich sowas bisher noch nicht gelesen und bin positiv überrascht, wie die Autorin dies konsequent durchgezogen hat. Dies führte aber auch dazu, dass es nicht ganz packend war, denn es war sehr monoton und einseitig. Ich bin mit der Protagonistin nicht ganz warm geworden, auch wenn ihre Gedankenspiralen sehr realistisch schienen, gab es während des Lesens keine neuen Erkenntnisse oder Überraschungen mehr zu entdecken.