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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.11.2020

Guter Schreibstil verliert sich in Unglaubwürdigkeit und Langatmigkeit

Die einzige Zeugin
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Die Zusammenfassung dieses Mal gleich zu Beginn: Bei „Die einzige Zeugin“ handelt es sich um einen gut geschriebenen, aber langatmigen Kriminalroman. Ein Kriminalroman, der während seines Entstehens wohl ...


Die Zusammenfassung dieses Mal gleich zu Beginn: Bei „Die einzige Zeugin“ handelt es sich um einen gut geschriebenen, aber langatmigen Kriminalroman. Ein Kriminalroman, der während seines Entstehens wohl vergessen hat, dass er ein Kriminalroman sein wollte und sich in Sozialkritik, privatem Herzeleid und in rumänischen Gebäudebeschreibungen verlor.

Dabei klingt der angekündigte Plot durchaus vielversprechend. Beckomberga, Stockholm: Auf dem Gelände einer ehemaligen riesigen psychiatrischen Anstalt ist eine exklusive Wohngegend entstanden. Hierhin ist Svante Levander mit seiner neuen jungen Liebe gezogen. Der Schmerz darüber wütet in Eva Levander, der Ex-Frau. Als Svante ermordet wird, fällt der Verdacht sofort auf Eva. Doch die macht sich unerlaubt auf die Suche nach der Bettlerin, die den Mord an Svante gesehen haben muss, eine Suche, die sie nach Rumänien führt.

Dieses rohe Handlungsgerüst ist jedoch nur ein Bruchteil dessen, was im Buch Platz findet. Da werden auf dem Gelände alte Knochenteile gefunden und ein Einbrecher treibt sein Unwesen, was zur Bildung einer Bürgerwehr führt. Auf der Suche nach der Bettlerin erfahren wir sehr viel über das unerträgliche Leben rumänischer Bettler und über das unterirdische Leben in Stockholm, über den früher üblichen Umgang mit geistig Behinderten, über Flüchtlingsfluten, und das Darknet spielt natürlich auch noch eine Rolle samt Bitcoins. Ach ja, da ist ja noch die schwierige Beziehung zwischen Eva und dem Sohn Filip, den Eva in Berlin aufspürt, der sie aber dennoch nach Rumänien chauffiert. Viele unglaubwürdige Details werden zu einer Geschichte zusammengesetzt, die letztlich nur noch zu Langeweile und Kopfschütteln führt.

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Veröffentlicht am 22.10.2020

Einfache Sprache, einfacher Inhalt

Das Buch eines Sommers
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Meine Erwartungen an das Buch waren hoch. Zum einen, weil ich den Diogenes-Verlag sehr, sehr schätze, zum anderen, weil die Werbung für das Buch viel verspricht. Was ich vorfand, war ein Roman, dem es ...


Meine Erwartungen an das Buch waren hoch. Zum einen, weil ich den Diogenes-Verlag sehr, sehr schätze, zum anderen, weil die Werbung für das Buch viel verspricht. Was ich vorfand, war ein Roman, dem es an allem fehlt, was zu einem guten Roman gehört. Und wie ich werde, wie ich bin (Untertitel), hat mir Bas Kast auch nicht verraten.

Die Handlung ist simpel: Nicolas hat die Pharma-Firma seines Vaters übernommen und arbeitet viel, sehr viel, vielleicht zu viel. Und Nicolas hatte als Kind einen Onkel, den „Spinner der Familie“, der Geschichten schrieb, unangepasst war und an Nicolas glaubte. Als der Onkel stirbt und Nicolas seine alte Villa in den Weinbergen erbt, bringt das Nicolas zum Nachdenken bzw. zum Kritzeln in seinem Notizbuch und zu imaginären Gesprächen mit einem imaginären Romanhelden des Onkels. Und ratzfatz findet Nicolas sein kleines Kind süß, nimmt die kastanienbraunen Haare seiner Frau wahr, bringt seinen Mitarbeiter durch Ernennung zum Partner zum Weinen und schon ist alles gut.

Ich kann das Buch nicht ernst nehmen.
Die Summe an Plattitüden, die hier als „philosophisch“ verkauft werden sollen, die Oberflächlichkeit der Gedanken, die pseudopsychologisch „tief“ sein sollen, finde ich erschreckend. Das alles wird in einer uninspirierten, simplen Sprache erzählt, an keiner Stelle wirklich literarisch ausformuliert, dazu versehen mit zahlreichen Wiederholungen und recht kitschigen Schilderungen. Abgedroschene Weisheiten zuhauf. Auf der Suche nach etwas Positivem fand ich nur ganz wenige Passagen bzw. Geschichten in der Geschichte, die mir gefallen haben. Nein, dieses Buch kann ich einfach nicht ernst nehmen.

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Veröffentlicht am 07.06.2020

Seelenlos und uninspiriert

Die Dame in Gold
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Als ich die Ankündigung las, hatte ich unendlich viele Bilder im Kopf: Die eindrücklichen Gemälde von Gustav Klimt, viel Gold, der besondere kreative Schwung des Jugendstils, das intensive kulturelle ...


Als ich die Ankündigung las, hatte ich unendlich viele Bilder im Kopf: Die eindrücklichen Gemälde von Gustav Klimt, viel Gold, der besondere kreative Schwung des Jugendstils, das intensive kulturelle Leben des Wien um die Jahrhundertwende, in dem so geniale und die Zukunft bis in unsere heutige Zeit beeinflussende Intellektuelle und Künstler einander in Salons trafen und diskutierten, wie zum Beispiel Sigmund Freud, Gustav Mahler, Reiner Maria Rilke und viele weitere.

Fin de Siècle, das schillernde Wien um 1903. Im Salon des Ehepaar Bloch treffen sich allerlei interessante Menschen. Auch Gustav Klimt taucht dort auf und betört durch seine Unangepasstheit die Damenwelt. Adele Bloch, die Hausherrin des Salon, ist eine emanzipierte junge Frau, klug, aber voller Trauer um ihr totes Kind. Als sie Gustav Klimt Modell sitzt, entspinnen sich lebendige Diskussionen zwischen den beiden, die in eine hitzige und verbotene Liebe übergehen.

Was alles hätte man aus diesem Thema machen können! Wie intensiv und bilderreich, wie atmosphärisch dicht hätte man das blühende Wien um die Jahrhundertwende schildern können, wie klug und einfühlend hätte man die herausragenden Persönlichkeiten dieser Zeit darstellen können. Und wie unendlich langweilig ist dieses Buch geraten! Es liest sich wie ein eilig hingehauenes Manuskript, ein ungeliebtes Auftragswerk, dem jegliches Herzblut fehlt. Der seelenlos hingehackte Schreibstil spricht für sich. Die Fakten mögen teils gut recherchiert sein, aber der Autorin ist es leider nicht gelungen, einen inneren Film für Zeit und Geschehnisse zu entwickeln und uns in Worte verpackt zu vermitteln.

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Veröffentlicht am 05.05.2020

Lohnt das Lesen nicht

Thirty
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Der Roman kommt mir so vor, als hielte ich eine Waffel mit mehreren Eiskugeln der gleichen Sorte in der Hand. Erst ist der Geschmack willkommen, weil frisch. Doch nach einer Weile wird das Eis warm, der ...


Der Roman kommt mir so vor, als hielte ich eine Waffel mit mehreren Eiskugeln der gleichen Sorte in der Hand. Erst ist der Geschmack willkommen, weil frisch. Doch nach einer Weile wird das Eis warm, der Geschmack fad, das Eis tropft, macht Flecken, nervt.

Auszüge aus der vom Verlag formulierten Inhaltsangabe lassen uns wissen, dass es um Bella Edwards geht, die nichts auf die Reihe bekommt. Sie steht kurz vor ihrem dreißigsten Geburtstag und der Mann fürs Leben fehlt immer noch. Hals über Kopf fliegt sie von London nach New York zu ihrer Freundin Esther. Und die hat die rettende Idee: Dreißig Dates in dreißig Tagen auf einem verrückten Trip von New York bis nach San Francisco. Da sollte es doch klappen…

Irgendwo im Buch steht: „Wenn es ums Dating geht, habe ich vor allem eins gelernt: Entweder es klappt, oder es klappt nicht.“ Oweh, solch tiefgründige Erkenntnisse sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Und leider liest man sich entsprechend zunehmend gelangweilt durch die Geschichte und fragt sich immer wieder, wozu man das Ganze überhaupt lesen soll. Mich hat die Oberflächlichkeit des gesamten Buches von Seite zu Seite mehr und mehr genervt. Das einzige, was mich überhaupt davon abhielt, das Lesen abzubrechen, war der frisch-lebendige Schreibstil, der mich ab und zu auch zum Lachen brachte. Aber die lockere Erzählweise allein wiegt das Seichte und Klischeehafte des gesamten Buches nicht auf.

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Veröffentlicht am 20.04.2020

Endloses Rühren in der Erinnerungs-Gefühls-Suppe

Zweimal im Leben
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Nachdem der Verlag mich mit einer sehr ansprechenden Werbung für das vorliegende Buch geködert hatte und meine Erwartungen entsprechend des Slogans „Emotionalste Geschichte des Jahres“ sehr hoch waren, ...


Nachdem der Verlag mich mit einer sehr ansprechenden Werbung für das vorliegende Buch geködert hatte und meine Erwartungen entsprechend des Slogans „Emotionalste Geschichte des Jahres“ sehr hoch waren, kam die Enttäuschung unerwartet. Ich las und las und kam nicht voran. Ich legte das Buch wieder weg, versuchte zu einem anderen Zeitpunkt, dem Buch erneut eine Chance zu geben. Und wieder machte ich die gleiche Erfahrung: Das Buch ließ mich als Leser einfach auf der Strecke…

So beschreibt der Verlag den Inhalt: „Es begann alles damit, dass sie ihn traf – ihn, die Liebe ihres Lebens. Als Catherine damals als Studentin Lucian zum ersten Mal sah, war ihr gleich klar: Das ist für immer. Er ist ihr Seelenverwandter, nichts wird sie auseinanderbringen. Doch dann geschah etwas, das alles änderte. Catherine verließ Lucian, heiratete jemand anderen, gründete eine Familie. Und trotzdem kann sie Lucian nicht vergessen. Als sie ihn 15 Jahre später wiedertrifft, ist alles wieder da, die Vertrautheit von damals, das Gefühl, endlich wieder ganz zu sein, sich selbst in dem anderen wiedergefunden zu haben. Aber manchmal kann man nicht mehr anfangen, wo man aufgehört hat. Und manchmal holt einen die Vergangenheit mit solcher Macht ein, dass sie droht die Gegenwart zu zerstören und damit alles, was man liebt …“

Schön und gut. Das klingt tatsächlich nach einem emotionalen Roman. Aber ich wurde an keiner einzigen Stelle vom Buch berührt. In drei Zeitebenen dreht man sich im Kreis. Ich hatte im Grunde das Gefühl, immer und immer wieder das gleiche zu lesen, mal von vorne, mal von hinten, mal aus der Mitte. Warum Catherine ihre große Liebe Lucien vor 15 Jahren ohne Erklärung über Nacht verlässt, warum sie 15 Jahre später völlig verstummt und in Traumwelten abtaucht, warum Sam, Catherines Mann, nicht ablässt mit seiner grenzenlosen Überfürsorge – all das wurde mir, je weiter ich las, immer mehr und mehr egal. Die Autorin wollte wohl einen großen Spannungsbogen ziehen, aber sorry, für mich wirkte er ehert überzogen. Ich wollte irgendwann nichts mehr wissen von all den Oberflächlichkeiten, von Verstrickungen, alten Lieben, Sehnsucht, Betrügereien, Verlusten, Verwirrungen, Erinnerungen. Wie oben bereits gesagt: Das Buch ließ mich als Leser auf der Strecke, vergaß mich einfach beim endlos wirkenden Rühren in der Erinnerungs-Gefühls-Suppe.

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