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Veröffentlicht am 15.11.2020

Tolles Leseabenteuer auf Münchner Volksfest im Jahr 1900

Oktoberfest 1900 - Träume und Wagnis
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Colina glaubt fest daran, dass das Leben mehr für sie bereithält, als Bier auszuschenken. Doch als einfache Schankmagd 1990 im München ist das Leben hart: Sie lebt lediglich vom Trinkgeld der Gäste, hat ...

Colina glaubt fest daran, dass das Leben mehr für sie bereithält, als Bier auszuschenken. Doch als einfache Schankmagd 1990 im München ist das Leben hart: Sie lebt lediglich vom Trinkgeld der Gäste, hat noch einen kleinen Sohn zu versorgen und ist permanent auf der Flucht vor dem gewalttätigen Ehemann. Selbstbewusst beschließt Colina, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und bewirbt sich bei einem reichen Bierbrauer aus Nürnberg als Gouvernante für dessen Tochter Clara. Diese hat jedoch ihren eigenen Kopf und agiert ganz und gar nicht so, wie Colina und ihr Vater es sich wünschen…

„Oktoberfest 1990 – Träume und Wagnis“ ist das Erstlingswerk der bayrischen Autorin Petra Grill und wurde als begleitender Roman zur gleichnamigen ARD-Serie anhand der Drehbücher verfasst. Trotz dieser Vorlage steht das Buch als eigenständiges Werk da, welches sich vor der Serie keinesfalls verstehecken muss, meiner Meinung nach diese sogar übertrifft. Es lassen sich aber problemlos Buch und Serie genießen, da es sich zwar um dasselbe Geschehen handelt, dieses aber aus anderen Blickwinkeln und aus Perspektive unterschiedlicher Figuren beleuchtet wird.

Petra Grill ist es ganz wunderbar gelungen, die Stimmung und das Flair der 1990 mit allen Licht- und Schattenseiten einzufangen. Auch der typisch Münchnerische Lokalkolorit inklusive Dialekt zieht sich durch das gesamte Buch, als Leser hat man wirklich sofort das Gefühl, in die bayrische Landeshauptstadt zur damaligen Zeit katapultiert worden zu sein. Sehr gut gefallen hat mir insbesondere der Einbezug tatsächlich existierender Personen oder historischer Ereignisse, es ist spürbar, dass sich die Autorin intensiv und mit viel Herzblut befasst und jede Menge recherchiert hat. Chapeau vor dieser wunderbaren Leistung!

Dies hängt insbesondere mit dem lebendigen und anschaulichen Schreibstil Petra Grills zusammen. Sie beschreibt Menschen, Gebäude und Gegebenheiten sehr detailliert und authentisch, so dass man sich als Leser ein genaues Bild machen kann. Noch dazu lässt sich das Buch flüssig und angenehm lesen, die Kapitel haben eine angenehme Länge. Emotionen sind nachvollziehbar beschrieben und greifen auf den Leser über, ich habe eine regelrechte Achterbahn der Gefühle erlebt.

Inhaltlich gibt es in „Oktoberfest 1990“ mehrere Handlungsstränge, die parallel laufen, sich miteinander verflechten, wieder auseinanderdriften und letztendlich aber doch alle Bestandteile eines großen und ganzen sind. Dabei gibt es einen permanent hohen Spannungsbogen, der verschiedene Höhepunkte erlebt, auch durch teilweise wirklich überraschende Wendungen. Am Ende sind mir noch einige Fragen offen geblieben, aber diese werden sich im Verlauf der Serie noch klären – insofern hat das dem positiven Gesamteindruck keinerlei Abbruch getan. Verschiedene Figuren erfahren in den einzelnen Phasen des Buches mal mehr, mal weniger Beachtung, so dass sie nach und nach dem Leser immer vertrauter werden, er sie aber dennoch gut auseinanderhalten kann. Einige davon wachsen einem richtig ans Herz, andere benötigen etwas Zeit, bis man sie einschätzen kann, wieder andere sind von Beginn an unsympathisch. Jede für sich ist aber facettenreich und durchgängig konzipiert und somit absolut glaubwürdig. Eine tolle Mischung!

Insgesamt haben mich das Buch und das Münchner Oktoberfest mich sehr schnell in seinen Bann gezogen und ich war wirklich traurig, als ich mich von Colina, Clara und Co. Verabschieden musste. Die toll recherchierten Hintergrundinformationen und die dadurch treffend vermittelte Atmosphäre haben dem Buch eine Authentizität gegeben, die man oft in historischen Romanen vermisst. Auch die Figuren waren lebensnah und sind mir ans Herz gewachsen. Ein Buch, das ich auf jeden Fall weiterempfehlen kann!

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Veröffentlicht am 23.10.2020

Sympathische Protagonistin ermittelt im dänischen Sektenumfeld

Helle und der falsche Prophet
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Kommissarin Helle Jespers wird jäh aus ihrem Frankreich-Urlaub gerissen, als sie die Nachricht eines toten Mädchens im Zuständigkeitsbereich ihres Polizeibezirks Skagen erhält. Viel schlimmer noch, bei ...

Kommissarin Helle Jespers wird jäh aus ihrem Frankreich-Urlaub gerissen, als sie die Nachricht eines toten Mädchens im Zuständigkeitsbereich ihres Polizeibezirks Skagen erhält. Viel schlimmer noch, bei der jungen Frau handelt es sich nicht nur Merle, eine Jugendfreundin ihres eigenen Sohnes, sondern ihr Leichnam weist zudem Hinweise auf ein Fremdverschulden auf. Bei der Rekonstruktion von Merles letzten Stunden stößt Helle auf eine Begegnung mit einem jungen Paar, das sich seltsam verhält. Dieses taucht wenige Zeit später in Kopenhagen auf – und kurz darauf gibt es einen weiteren Toten. Helle und ihre Kollegen machen sich auf die Jagd nach dem mysteriösen Paar, um die Zusammenhänge der beiden Todesfälle zu klären. Doch sie sind nicht die einzigen, die die beiden suchen. Ungewollt wirbelt Helle Staub der Vergangenheit auf, der plötzlich ihre eigene Familie in Gefahr bringt.

„Helle und der falsche Prophet“ ist der dritte Band der Autorin Judith Arendt rund um die dänische Ermittlerin Helle Jespers. Auch ohne die Vorgängerbände gelesen zu haben ist ein Einstieg problemlos möglich, alle relevanten Informationen aus den ersten Bände werden geschickt eingestreut, so dass ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl hatte, nicht durchzublicken. Zur Orientierung ist vorne im Buchdeckel die Karte des nördlichen Dänemarks abgedruckt, die dem Leser hilft, die im Buch genannten Schauplätze mitzuverfolgen. Auch sehr passend und ansprechend ist das Cover mit dem geheimnisvollen alten Auto am Nordseestrand.

Das skandinavische Setting und Lebensgefühl wurde durchgehend sehr gut transportiert und hat mir gut gefallen. Auch die wechselnden Perspektiven, aus denen die Kapitel geschrieben sind, haben Spannung und Story temporeich vorangetrieben und mir verschiedene Gedanken und Beweggründe näher gebracht. Ein toller Schreibstil, der mal heimelige, mal gruselige Atmosphäre hervorzurufen vermag. Das Buch liest sich flüssig, nimmt schnell an Tempo zu und lässt sich kaum aus der Hand legen. Mir hat gut gefallen, dass auch aktuelle Themen wie die „Fridays for future“-Bewegung oder die Perspektivlosigkeit vieler Jugendlicher aufgegriffen wurden. Auch das Thema der – leider heute noch immer existierenden – Sekten hat mich fasziniert und wirkte auf mich sehr gut recherchiert und durchdacht. Auch wie am Ende nach einigen überraschenden Wendungen alle Handlungsstränge geschickt ineinander gelaufen sind, war nachvollziehbar und sehr geschickt geschrieben.

Auch die facettenreich konzipierten Figuren wirkten auf mich authentisch und haben überzeugt. Helle ist eine sehr sympathische Ermittlerin mit Ecken und Kanten, sie ist bodenständig, geht oftmals ihren eigenen (weniger regelkonformen) Weg und ist dennoch ein herzensguter Mensch, der alles für die Menschen die sie liebt tun würde. Ich kann mich sehr gut mit ihr identifizieren und mit ihr mitfühlen. Auch die Nebenfiguren wie Willem oder Niklas konnte ich mir aufgrund der detaillierten Beschreibungen gut vorstellen.

Mein Fazit: Das war definitiv nicht mein letztes Buch der Autorin! Eine sympathische, authentische Protagonistin, die optimale Mischung aus Spannung und Emotion und ganz viel Herz haben mir wunderbare Lesestunden bereitet, die ich nicht missen möchte.

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Veröffentlicht am 06.10.2020

Spannender Young Adult-Agentenroman voller Überraschungen und Emotionen

Secret Academy - Verborgene Gefühle (Band 1)
4

Bei der 19jährigen Alexis handelt es sich um kein gewöhnliches Londoner Mädchen, auch wenn sie auf den ersten Blick diesen Eindruck vermitteln möchte. Denn Alexis besitzt die perfekte Genzusammensetzung, ...

Bei der 19jährigen Alexis handelt es sich um kein gewöhnliches Londoner Mädchen, auch wenn sie auf den ersten Blick diesen Eindruck vermitteln möchte. Denn Alexis besitzt die perfekte Genzusammensetzung, welche es ihr ermöglicht, Agentin des Geheimdienstes MI20 zu werden. Mithilfe der Ausbildung und des speziellen Serums der Organisation entwickelt Alexis Fähigkeiten, die sie für besonders herausfordernde Aufgaben im Dienste ihres Landes qualifizieren. Doch zunächst muss sie ihre Agenten-Ausbildung an der „Secret Academy“ des MI20 erfolgreich abschließen – immer in Konkurrenz mit ihrem Partner und Kommilitonen Dean, denn zwischen den beiden hat sich ein ehrgeiziger, interner Wettkampf darum entwickelt, wer als Jahrgangsbester die Agentenausbildung abschließen wird. Doch all dies wird für Alexis zweitrangig, als Unbekannte ihre kleine Schwester Cassie entführen – und schier Unmögliches von ihr verlangen. Wer steckt hinter der Entführung? Hat Adam, der Neue an der Academy, etwas damit zu tun? Oder jemand, dem sie bislang blind vertraut hat? Alexis ist hin- und hergerissen zwischen ihren Emotionen, Schuldgefühlen und ihrem Misstrauen – wer ist der Verräter? Wem kann sie noch trauen? Und wird es ihr gelingen, ihre geliebte Schwester zu befreien?!

Um es kurz zusammenzufassen: Ich habe das Buch geliebt und es gehört definitiv zu meinen Highlights des Jahres! Die sympathische und talentierte Valentina Fast hat mit der „Secret Academy“-Dilogie eine meiner neuen Lieblingsgeschichten geschaffen! Das Gesamtkonzept, die Grundidee sowie das Setting in London ist absolut passend und einfallsreich: Valentina hat eine detailliert durchdachte Agentenwelt ins moderne London versetzt und diese mit einer Prise Fantasy versehen – was ein absolut stimmiges und überzeugendes Gesamtbild ergibt. Das System der MI20-Agenten, welche an einer geheimen Akademie ausgebildet werden, realistische wie gefährliche Aufträge ausführen müssen, aber trotzdem auch einen „normalen“ Schulalltag mit Freundschaften, Schwärmereien, Prüfungen, Schulfächern und Alltagsabläufen pflegen wurde sehr gut beschrieben. Der Leser lernt den Alltag in der Secret Academy in all seinen Details kennen und kann sich somit sehr leicht in die Welt der Nachwuchsagenten einfinden.

Valentina Fasts Schreibstil ist einfach nur wundervoll! Sie schafft es, mich als Leser komplett zu vereinnahmen und lässt mich geradezu durch die Seiten fliegen! Selten liest sich eine Geschichte so flüssig und leicht, schafft es dabei aber gleichzeitig große Emotionen und jede Menge Spannung zu erzeugen. Insbesondere ist es der Autorin ganz wunderbar gelungen, mich mit Alexis mitfühlen und -leiden zu lassen, ich konnte ihre Wut, Zerrissenheit und Enttäuschung richtiggehend mitfühlen. Aber auch einige prickelnde und jede Menge humorvolle Szenen mit aktuellen Anspielungen sind nicht ausgeblieben – Valentinas Schreibstil sorgt für ein wahres Lesevergnügen!

„Secret Academy – Verborgene Gefühle“ ist aus der Ich-Perspektive der Protagonistin Alexis geschrieben, welche der Leser mit all ihren Gefühlen und Gedanken intensiv kennenlernt. Sie ist sehr taff, selbstbewusst und wahnsinnig ehrgeizig. Hinter dieser professionellen, rationalen Fassade vergisst sie aber nie, wo sie herkommt und wacht liebevoll über ihre kleine Schwester, die ihr unendlich viel bedeutet. Auch ihr innerer Kampf und die Zerrissenheit zwischen der Liebe zu Cassie und ihrer Loyalität zur Academy ist sehr anschaulich dargestellt, ihre Zweifel und das Misstrauen gegenüber anderen spürbar. Alexis ist sehr authentisch dargestellt worden als eine starke, mutige „Kick-Ass“-Protagonistin, die mir sehr sympathisch ist! Ebenso gelungen ist ihr Kampfpartner Dean, der nach außen hin gerne machomäßig auftritt, aber ganz zahm wird wenn es um Alexis geht. Die beiden ergänzen sich super und geben ein tolles Team ab, auch wenn sie sich ihre Gefühle füreinander noch nicht wirklich eingestehen wollen. Insbesondere ihren internen Konkurrenzkampf, ihre Wortgefechte und ihre flirtenden Neckereien haben mich sehr unterhalten und auch in Aktion agierten sie sehr harmonisch miteinander. Die Luft zwischen den beiden hat regelrecht durch die Seiten geknistert und ihre gegenseitige Rivalität diese Spannung nur noch zusätzlich befeuert. Auch die Nebencharaktere wie der mysteriöse, rätselhafte Adam oder die kontrollierte, regeltreue Vivien wurden facettenreich ausgearbeitet, der Academy-Jahrgang an sich als bunte, verrückte aber liebenswerte loyale Clique dargestellt. Lediglich Cassie blieb noch etwas blass, was sich aber hoffentlich im zweiten Band ändern wird.

Auf diesen fiebere ich bereits heute heftig hin, denn das Buch endet mit sehr vielen offenen Fragen und einem Cliffhanger, den ich unbedingt aufgeklärt haben möchte! Gerade das Ende war so spannend und aufregend, dass ich das Buch unmöglich aus den Händen legen konnte. Die Ereignisse haben sich nur so überschlagen, aber auch während des Buches gab es schon jede Menge Action und überraschende Wendungen. Gerade die „Übungsaufträge“, die die Nachwuchsagenten erfüllen mussten, haben an vielen Stellen zwischendurch schon für Spannung gesorgt, wobei mir bei diesen auch die Vorbereitungen und die Ausrüstung mit superpraktischen, kreativen Gadgets gut gefallen haben. Insgesamt ist die Mischung aus Academy-Alltag, externen Aufträgen und Privatleben perfekt gelungen. Wir Leser wurden immer wieder zum Mitdenken und -rätseln animiert und konnten den kleinen Agenten in uns selbst wecken, indem an vielen Stellen die Möglichkeit für eigene Lösungsideen geboten wurde. Umso erstaunlicher, dass Alexis stets anders gehandelt hat und wir Leser dabei wunderbar der Entwicklung ihrer Spezialfähigkeit beiwohnen konnten.

Mein Fazit:
Valentina Fasts Einstieg in die „Secret Academy“-Dilogie ist mehr als gelungen und zählt definitiv zu meinen Buchhighlights des Jahres! In einem wahnsinnig mitreißenden Schreibstil wurden Spannung, Gefühle, Action, etwas Fantasy und sympathische Charaktere in einer perfekt konzipierten Agenten-Welt vereint, was zu einem wahren Lesevergnügen geführt hat. Ich bin absolut begeistert und kann es kaum erwarten, den zweiten Band zu lesen!

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  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 17.09.2020

Grandioser Auftakt der neuen Hunters-Reihe – LOVE IT!

Midnight Chronicles - Schattenblick
3

Die freie Huntress Roxy steht vor einer schier unmöglichen Aufgabe: Durch die Verkettung unglücklicher Umstände hat sie unwissentlich 449 Seelen aus der Unterwelt befreit und von einem Todesboten ebenso ...

Die freie Huntress Roxy steht vor einer schier unmöglichen Aufgabe: Durch die Verkettung unglücklicher Umstände hat sie unwissentlich 449 Seelen aus der Unterwelt befreit und von einem Todesboten ebenso viele Tage erhalten, diese zurückzuschicken – andernfalls wird sie selbst in die Unterwelt hinabgezogen. Bei einer dieser Missionen rettet sie dem attraktiven Shaw das Leben, welcher von einem bösartigen Geist besessen war. Doch nach dem Erwachen erinnert sich Shaw an nichts mehr, sein Gedächtnis ist komplett gelöscht. Roxy wird zu seiner Aufsicht abbestellt. Dies passt der jungen Huntress überhaupt nicht, da sie ihre sowieso schon viel zu knappe Zeit lieber in die Jagd nach den entflohenen Seelen investieren möchte. Doch Shaws Gesellschaft wird ihr durch humorvolle Schlagabtausche und die geteilte Leidenschaft für Fast Food immer angenehmer, obwohl sie das zunehmende Kribbeln in ihrem Magen gerne auf den Hunger schieben würde…

„Midnight Chronicles – Schattenblick“ ist der erste von insgesamt sechs Bänden der neuen „Midnight Chronicles“-Reihe rund um die Hunter Londons des Erfolgsduos Laura Kneidl und Bianca Iosivoni. Letztere hat das Auftaktbuch geschrieben und wird in den Bänden 3 und 5 die begonnene Geschichte um Roxy und Shaw weiterführen. Die Autorinnen ordnen ihre Reihe dem Genre "Romantasy" zu, einer Mischung aus Romance (v.a. New Adult) und Fantasy. Letzteres mag ich eigentlich eher weniger und umso mehr spricht es für das Buch und die darin erschaffene Welt, dass ich totaler Fan geworden bin und dem Erscheinen der nächsten Bände entgegenfiebere.

Aber zunächst zur Optik: Ich liebe die Glitzerschrift auf dem Cover, sie bildet einen tollen Kontrast zu dem eher blassen, neblig-düstern wirkenden Hintergrund. Bereits dieses Cover wirkt mystisch und magisch. Meiner Ausgabe lagen des Weiteren die Character Cards von Roxy und Shaw bei, die ebenso hochwertig und kunstvoll gestaltet sind. Im hinteren Teil findet sich im gleichen Stil die Illustration einer Szene des Buches wieder. Auf diese folgt ein sehr hilfreiches Glossar mit den verschiedenen Arten von Huntern inkl. Erläuterungen und Personeneinordnung.

Bianca Iosivonis Schreibstil ist gewohnt fantastisch: Er verleitet zum Träumen, nimmt mich emotional mit, bringt mich zum Lachen und lässt mein Adrenalin vor Spannung in die Höhe schießen. Die detaillierten Beschreibungen machen jede noch so fiktive Kleinigkeit lebendig, ich konnte mir sowohl erfundene, als auch reale Details der Welt der Hunter bildlich vorstellen. Bianca Iosivoni versteht es perfekt, kleine liebevolle Zusatzinformationen einzustreuen, welche den Leser verwirren, aber auch Zusammenhänge verstehen lassen. Das Buch liest sich flüssig und somit fliegen die Seiten nur so dahin. Außerdem LIEBE ich den Humor der Autorin!

London als Setting der Geschichte passt atmosphärisch sehr gut, da es eine moderne, aber auch geheimnisvolle Großstadt ist. Die Vermischung unserer Lebensrealität mit der fiktiven Welt der Hunter ist absolut gelungen und insbesondere der Einbezug aktueller Ereignisse ließ mich schmunzeln. Die Informationen zur alternativen Welt wurden passend und unaufdringlich eingearbeitet, Bianca Iosivoni hat es geschafft, häppchenweise genügend Informationen zu liefern, so dass man als Leser gut in diese Welt eingeführt wird, ohne dass es langwieriger Erklärungen bedarf.

Der Plot der Geschichte an sich ist genial und detailliert durchdacht. Man spürt in jeder Zeile, dass die Autorinnen mit viel Herzblut und Kreativität am Werk waren, ihre Ideen und die geschaffene Welt sind absolut beeindruckend. Die Geschichte selbst wird sowohl aus Roxys, als auch aus Shaws Perspektive erzählt. Das hat mir sehr gut gefallen, da wir Leser sowohl die Gedanken von Roxy erfahren, als auch Shaws Unsicherheit nach dem Erwachen und seine Gefühle verstehen lernen. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Charaktere sind die jeweiligen Kapitel stilistisch angepasst. Besonders gut hat mir gefallen, dass der Leser gemeinsam mit Shaw in die Welt der Hunter eingeführt wird, da auch er diese erst kennenlernt.
Der Einstieg in das Buch erfolgt sehr schnell, der Leser ist direkt mitten im Geschehen und begreift erst langsam, dass Roxy kein „normales“ Mädchen ist. Im weiteren Verlauf lernt man sie und ihre Welt nicht nur kennen, sondern erfährt auch Teile aus ihrer Vergangenheit und Familiengeschichte. So laufen mehrere Handlungsstränge parallel zueinander, das Bild setzt sich erst langsam und noch nicht an allen Stellen zusammen. Insgesamt herrscht ein hohes Tempo und eine permanente Spannung vor, es gibt zahlreiche Wendungen und Überraschungen, die mich begeistern konnten. Die Spannungskurve gipfelt in einem fulminanten Showdown in Form eines Kampfes, der für meinen Geschmack sogar noch hätte weiter ausgebaut werden können. Zwischen diesen actionreichen Szenen finden sich kleine, emotionale Momente der Verletzlichkeit der Protagonisten. Mir hat gut gefallen, dass die Liebesgeschichte zwischen Roxy und Shaw nicht im Mittelpunkt stand, ihr aber trotzdem eine sehr wichtige Rolle zukommt. Fast keiner der Handlungsstränge wurde bisher vollständig aufgeklärt, vielmehr aber schon der Protagonist des zweiten Bandes als Teil der Hunter-Clique rund um Roxy eingeführt – so freut man sich umso mehr auf die Folgebände und ist neugierig, wie sich die vielen offenen Punkte wohl klären werden. Momentan ist noch alles möglich und kein Ausgang eindeutig absehbar. Trotzdem hat Bianca Iosivoni den Cliffhanger am Ende des Buches nicht zu fies gestaltet, der Plot für diesen ersten Abschnitt der Gesamtgeschichte wirkt gut abgerundet.

Zu den Protagonisten: Roxy und Shaw sind mir direkt ans Herz gewachsen, sie sind beide in ihren individuellen Facetten, Ecken und Kanten einmalig, authentisch und liebenswert. Die Anziehungskraft zwischen den beiden ist spürbar, auch wenn sie sich einander nur langsam öffnen. Diese Szenen sind deshalb auch umso schöner und kostbarer. Aber auch ihren sarkastischen, humorvollen Schlagabtausch habe ich sehr genossen, sie teilen denselben Humor und ihre Dialoge sind häufig zum Totlachen!
Roxy ist eine starke, taffe junge Frau. Ich liebe ihre direkte, selbstbewusste Art und dass Aufgeben für sie keine Option ist. Sie liebt Essen, ist ein Sportmuffel und stellt sich ihren Ängsten. Sie ist geheimnisvoll und verbirgt ihre besondere Gabe. Außerdem versucht sie kühl und unnahbar zu wirken, um sich zu schützen. Es hat mir viel Spaß, gemeinsam mit Roxy auf „Einsätze“ zu gehen und böse Wesen zu beseitigen, sie ist eine absolute Identifikationsfigur. Ihre Gefühle zu Shaw entwickeln sich langsam und sie möchte sich diese noch nicht wirklich eingestehen.
Ebenso ergeht es Shaw, obwohl er etwas offensichtlicher an Roxy interessiert ist. Shaw ist ein rätselhafter, mysteriöser Charakter. Seine Vergangenheit liegt aufgrund des Gedächtnisverlustes völlig im Dunkeln, was ihn natürlich sehr beschäftigt. Trotzdem ist er witzig, aufrichtig und loyal und somit der perfekte Gegenpart zu Roxy.
Genial sind auch die individuell ausgearbeiteten Nebencharaktere. Sowohl Kevin der Todesbote, als auch Finn, Maxwell und die anderen Hunter haben jeder eigene Persönlichkeiten und Eigenheiten. Diese Figuren in all ihrer Diversität machen ebenfalls einen wichtigen Teil der Geschichte aus. Auch durften wir bereits Warden Prinslo kennen und schätzen lernen, der im zweiten Band die entscheidenden Rolle spielen wird.

Fazit:
„Midnight Chronicles – Schattenblick“ ist ganz unerwartet zu meinem persönlichen Highlight des Jahres geworden und lässt mich meine Abneigung gegen Fantasy-Literatur nochmals gründlich überdenken. Das Buch ist ein grandioser Pageturner, der spannend, emotional, traurig und schön gleichzeitig ist. Ein mehr als gelungener Auftakt dieser wunderbaren New Adult-Fantasy Reihe, dessen Fortsetzung ich voller Vorfreude heute schon erwarte!

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Veröffentlicht am 13.07.2020

Eine wahre Begebenheit, die die Seele tief berührt und erschüttert

Wo du nicht bist
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Berlin in den 20er Jahren: Irma Weckmüller hatte es bisher alles andere als leicht in ihrem jungen Leben. Der Vater ist im ersten Weltkrieg verstorben, die Mutter hat diesen Verlust nie verkraftet und ...

Berlin in den 20er Jahren: Irma Weckmüller hatte es bisher alles andere als leicht in ihrem jungen Leben. Der Vater ist im ersten Weltkrieg verstorben, die Mutter hat diesen Verlust nie verkraftet und sich das Leben genommen. Irma kümmert sich aufopferungsvoll um ihre kleine Schwester Martha, erarbeitet sich einen attraktiven Job im KaDeWe und verdient nebenher noch etwas Geld mit Nähen. Eines Tages lernt sie den charmanten Gynäkologen Erich Bragenheim kennen, der ihr immer offensichtlichere Avancen macht. Zunächst hält sich Irma – auch zuliebe ihrer Schwester – zurück, doch die Anziehung überwiegt: Irma und Erich werden ein Paar, verleben eine unheimlich liebevolle glückliche Zeit miteinander und planen ihre Hochzeit. Doch Erich ist Jude und die NSDAP wird immer mächtiger in Deutschland, so dass bald auch Irma in Gefahr gerät. Eines Tages wird Erich ins Konzentrationslager verschleppt und kommt dort ums Leben. Dieser Schicksalsschlag droht Irma zu zerbrechen, bis sie einen Plan fasst, der ihr wieder den alten Lebensmut und Kampfeswillen zurückgibt: Trotz allem möchte sie an ihrem Versprechen festhalten und Erichs Frau werden!

Bereits das Cover zu „Wo du nicht bist“ strahlt für mich pure Nostalgie und etwas Schwermut aus. Die Farbgebung gefällt mir sehr gut, das Motiv ist mehr als passend. Ich mag es, dass man die Gesichter des Paares nicht sieht, da dies meine Phantasie nur eingeschränkt hätte und den wahren Personen sowieso nicht gerecht geworden wäre. Ich war bereits beim Betrachten des Covers sofort in der richtigen Stimmung für die Story und habe mich direkt in die damalige Zeit zurückversetzt gefühlt. Unterstrichen wird das noch durch die passende Haptik, der Papiereinband ist absolut stimmig zur Geschichte des Buches.

Dieses startet mit dem Text „Dein ist mein ganzes Herz“ von Fritz Löhner-Beda, welcher bereits eine schwermütige Atmosphäre verbreitet und im folgenden Geschehen noch eine große Rolle spielen wird. Absolut toll finde ich deshalb, dass auf diesen auch am Ende des Buches noch einmal näher eingegangen wird und seine historischen Hintergründe sowie die der zugehörigen Personen erläutert werden.

Bereits der Prolog vor dem eigentlichen Beginn des Buches weckt beklemmende Gefühle in mir und deutet darauf hin, dass es sich um eine Geschichte ohne Happy End handeln wird. Bereits hier musste ich schlucken, vor dem Hintergrund, dass die Geschichte auf einer wahren Begebenheit basiert war dieser Einstieg bereits sehr berührend. So ein bisschen in der richtigen, melancholischen Stimmung muss man als Leser deshalb schon sein, es wird schnell klar dass das Schicksal der Protagonisten grausam werden wird. Dann jedoch zieht einen das Buch vollständig in seinen Bann und geht so tief unter die Haut, dass man es nicht so schnell vergessen kann.

Während des Hauptteiles des Buches wechseln sich Szenen aus unterschiedlichen Jahren ab, der Großteil wird jedoch chronologisch erzählt. Da alle Kapitel aber mit Jahreszahlen überschrieben sind fällt die Einordnung nicht schwer, auch wenn die Sprünge zwischen 1932 zu 1945 recht groß sind und man als Leser teilweise gefordert ist, zwischen Irmas Erinnerung und ihrer Gegenwart zu unterscheiden. Der Kontrast zwischen ihren Erlebnissen wird dadurch aber noch deutlicher. Die einzelnen Kapitel sind sehr lang und in einem nüchtern-sachlichen Schreibstil verfasst. Trotz dieser eher unemotionalen und vielmehr berichtenden Erzählweise war ich gefühlsmäßig sehr involviert. Ich glaube, dieser Stil ist genau richtig, um das Unerträgliche erträglich zu halten und den Leser auf das damals Geschehene anstatt auf seine eigenen Emotionen zu fokussieren. Am Ende des Buches findet man noch interessante Informationen über die wahren Hintergründe der Geschichte und wie es zur Entstehung des Buches kam. Außerdem Abbildungen historischer Dokumente wie der offiziellen Heiratsurkunde des Paares und Fotos der beiden, die mir die Tränen in die Augen getrieben haben.

Die Geschichte der zwei unterschiedlichen Schwestern wird anschaulich beschrieben, der Leser lernt Irma und Martha in all ihren Facetten sowie ihre gemeinsame Vergangenheit kennen. Irma ist eine starke Persönlichkeit, der man im Leben bisher noch nichts geschenkt hat. Sie musste von klein auf Verantwortung übernehmen und kümmert sich aufopferungsvoll um ihre jüngere Schwester Martha und später auch um deren Sohn Max. Im Gegensatz zu ihrer Schwester wirkt sie fast schon als „Heilige“, die fleißig, begabt und empathisch ist. Martha hingegen ist missgünstig und behandelt Irma oft ungerecht. Das erste Aufeinandertreffen mit Erich und die passend für die damalige Zeit langsame Annäherung werden sehr realitätsnah und gefühlvoll beschrieben. Gerne hätte ich aus Sympathie zu den beiden Protagonisten noch mehr Details aus der unbeschwerten Zeit gelesen, verstehe aber, dass bei diesem Buch der Fokus (leider) nicht auf den glücklichen Tagen liegt. Ich bin so traurig, dass die gemeinsame Zeit so kurz geschildert wurde, denn bereits in den Vorkriegsjahren wird der schleichende Judenhass in vielen kleinen Zwischentönen deutlich. Nach Erichs Tod zieht sich Irma in sich selbst zurück, bis sie für sich den Entschluss fasst, eine postmortale Eheschließung durchführen zu lassen. Die Veränderung, die ab diesem Punkt mit ihr einhergeht wird sehr deutlich, ihre Hartnäckigkeit und ihr ungebrochener Wille sind bewundernswert. Auf dem Weg dorthin erfährt sie zahlreiche Demütigungen, aber durch ihre unbändige Willenskraft setzt sie letztendlich ihr Ziel um – ein sehr ergreifendes, emotionales und stimmiges Ende.

Was besonders hervorzuheben ist, ist die damalige Atmosphäre, die Anke Gebert wie keine zweite heraufzubeschwören vermag. Durch ihren bildhaft-beschreibenden Stil wird der Alltag der Protagonisten plastisch, als Leser habe ich mich sofort in das Berlin der damaligen Zeit hineinversetzt gefühlt. Ich liebe dieses authentische Zeit- und Lokalkolorit! Anschaulich und ungeschönt beschrieben wird auch die Nachkriegszeit mit den Entbehrungen und dem täglichen Kampf ums Überleben nach 1945. Auch der Einblick in ein mit bis dato unbekanntes Kapitel der deutschen Justizgeschichte war sehr faszinierend, ich habe noch niemals von einer postmortalen Heirat gehört und konnte mir bisher auch noch nicht vorstellen, dass dies überhaupt möglich ist.

Bücher, die auf einer wahren Begebenheit beruhen, ergreifen mich immer besonders. „Wo du nicht bist“ hat mich allerdings noch nachhaltig berührt und beschäftigt. Zwar wird gleich am Anfang klar, dass das Buch kein "leichter" Stoff ist, aber dennoch fiebert man mit Irma und Erich mit und hofft bis zum Schluss auf ein anderes Ende. Ich bin sehr fasziniert von Irmas Lebens- und Liebesgeschichte und immer wieder aufs Neue darüber erschüttert, zu welch grausamen Handeln Menschen fähig sind. Das Buch ist ein Plädoyer für die Macht der Liebe und gegen die Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit des Nationalsozialismus, das den Leser erschüttert, berührt und nachdenklich zurücklässt.

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