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Veröffentlicht am 28.02.2021

Poirot im Urlaub

Das Böse unter der Sonne
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Die englische Sommerfrische auf der Schmugglerinsel scheint so gar nicht zum anspruchsvollen Hercule Poirot zu passen. Die gesichtslosen Menschen, die wie aufgebahrt am Strand liegen, bringen den Meisterdetektiv ...

Die englische Sommerfrische auf der Schmugglerinsel scheint so gar nicht zum anspruchsvollen Hercule Poirot zu passen. Die gesichtslosen Menschen, die wie aufgebahrt am Strand liegen, bringen den Meisterdetektiv auf düstere Gedanken. Die anderen Hotelgäste mit echter englischer, plappernder und doch nichtssagender Touristenmentalität, bleiben ihm fremd – bis ein Mord die Urlaubsstimmung erschüttert.

Ein wunderbarer Fall für Poirot, der wieder mit der ganz besonderen Stimmung zu fesseln weiß, die Agatha Christie für ihre Krimis aufbaut: ein wenig altmodische Gemütlichkeit, das unwillkürliche Gefühl von Bedrohung, dass einen frösteln lässt und der Reiz eines intellektuellen Rätsels. Jeder Charakter ist sorgfältig ausgearbeitet so kurz und unwichtig sein Auftritt auch sein mag. Das macht es dem Leser wieder schwer mit zu raten, denn Verdachtsmomente gibt es mehr als genug – von offensichtlichen bis zu völlig überraschenden.

Poirot ist hier angenehm zurückhaltend. Seine Selbstbeweihräucherung oder hingebungsvolle Bewunderung durch einen Ich-Erzähler finden sich hier nicht. Seine sympathischen Züge treten in den Vordergrund und er agiert als kompetenter Detektiv, der immer einen Schritt weiterdenkt als die Polizei. Genau das erwarte ich von ihm.

Trotz aller Vorzüge fehlte mir in diesem Buch das gewisse Etwas. Dazu kommt, dass ich den Schluss wieder einmal nicht ganz rund finde. Er macht Sinn. Es bleiben keine Fragen offen, aber er wirkt trotzdem etwas abwegig. So gibt es von mir nur 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 28.02.2021

Des Lebens müde

Ich habe mein Leben für 10.000 Yen pro Jahr verkauft
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Kusunoki hat das Leben satt. Im Studium kommt er nicht weiter, er ist pleite, einsam – ohne Plan oder Hoffnung für die Zukunft. Als er gezwungen ist für das reine Überleben die letzten Dinge zu verkaufen, ...

Kusunoki hat das Leben satt. Im Studium kommt er nicht weiter, er ist pleite, einsam – ohne Plan oder Hoffnung für die Zukunft. Als er gezwungen ist für das reine Überleben die letzten Dinge zu verkaufen, die ihm wirklich etwas bedeuten, ist er mit seiner Existenz fertig. Da erfährt er von einer Firma, die Lebenszeit kauft. Nach anfänglichen Zweifeln wird er doch neugierig. Wie viel wird sein Leben wohl wert sein? Doch nichts läuft wie es soll. Die letzten drei Monate seines Lebens behält er, um vielleicht doch noch etwas zu erreichen. An seiner Seite Miyagi, die ihn – unsichtbar für andere – als Wächterin begleitet.

Ein packendes Buch über den Wert des Lebens. Was ist wirklich wichtig? Zeit, Erfolg, Geld? Auf ergreifende Art wird hier subtil jede Möglichkeit durchgespielt. Mit Kusunoki – ein Charakter mit dem man nur langsam warm wird – erlebt man die Höhen und Tiefen des Lebens. Situationen, die jawohl jeder in der einen oder anderen Art schon mal erlebt hat. Das Gefühl von verpassten Chancen, großen Gelegenheiten, Wege, die man nicht eingeschlagen hat und Fehlentscheidungen, die in einem noch lange nachklingen – genau wie wunderbare Erlebnisse, die viel zu wenig verinnerlicht werden können. Der Sinn und der Wert des Lebens finden hier eine berührende Antwort, die den Leser noch lange nachdenken lässt.

Ein ungewöhnliches Buch mit einem komplizierten Protagonisten, das ungewöhnliche Antworten gibt und nachdenklich werden lässt.

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Veröffentlicht am 28.02.2021

Ein Abenteuer nach Motiven von Karl May

Die Tramps vom Kansas River
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Ein Besuch bei den Osagen wird für Old Shatterhand und Winnetou zu einer rasanten Jagd auf eine Bande Tramps, die weder vor Raub noch Mord zurückschrecken. Bei einem vereitelten Postkutschenüberfall treffen ...

Ein Besuch bei den Osagen wird für Old Shatterhand und Winnetou zu einer rasanten Jagd auf eine Bande Tramps, die weder vor Raub noch Mord zurückschrecken. Bei einem vereitelten Postkutschenüberfall treffen die Freunde auf die beiden Snuffels und zwei Engländerinnen, die ihren verschollenen Bruder suchen. Selbstverständlich sagen die Westmänner ihre Unterstützung zu.

Nachdem ich vom ersten Buch Reinhard Marheineckes so enttäuscht war, bin ich mit sehr gemischten Gefühlen an dieses Abenteuer herangegangen – und wurde positiv überrascht. Das Buch hat einen eigenen Stil und eine eigene Atmosphäre. Es ist Karl May und doch merkt man, dass die andere Autorschaft – nicht negativ, sondern einfach nur als Tatsache. Das sorgt dafür, dass die Geschichte flüssig geschrieben und in sich rund ist.

Das Abenteuer ist spannend, das Personal nicht überladen und die Dialoge machen Spaß. Manchmal wird mir noch zu oft vom Blutsbruder gesprochen, da stolper ich beim Lesen immer mal; es liest sich dann sehr gespreizt – auch im Original wurde Winnetou von seinem Freund durchaus mit Namen angesprochen. Aber das sind Kleinigkeiten, die nicht weiter ins Gewicht fallen. Das Buch bietet alles, was ich von einem Roman nach Motiven Karl Mays erwarte: Spannung, Witz, originelle Charaktere und große Schurken.

Ein schöner Abenteuerroman für jeden Karl May-Fan.

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Veröffentlicht am 16.01.2021

Ein Tag in London

Mrs Dalloway
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Es ist ein ganz gewöhnlicher Tag im Leben der Clarissa Dalloway. Sie bereitet eine Abendgesellschaft vor, da steht plötzlich ihre Jugendliebe Peter vor der Tür und löst eine Flut der Erinnerung aus. Währenddessen ...

Es ist ein ganz gewöhnlicher Tag im Leben der Clarissa Dalloway. Sie bereitet eine Abendgesellschaft vor, da steht plötzlich ihre Jugendliebe Peter vor der Tür und löst eine Flut der Erinnerung aus. Währenddessen verstreicht der Tag im London kurz nach dem Ende des Ersten Weltkrieges für die verschiedensten Menschen auf völlig unterschiedliche Art. Sie haben jedoch eines gemeinsam: eine namenlose Bedrückung, die ihre Art zu leben dämpft.

In einer beeindruckenden Leichtigkeit erweckt Virginia Woolf diesen einen Tag aus dem Blickwinkel vieler Charaktere zum Leben. Im Stream of Consciousness wechselt der Leser ohne Vorwarnung von Figur zu Figur, leichtfüßig fließen die Wahrnehmungen ineinander und erschaffen in ihrer Gesamtheit ein ergreifendes Bild der englischen Nachkriegszeit. Vergangene, glorreiche Tage der gehobenen Gesellschaftsklasse und zerschmettertes Leben von Kriegsveteranen. Verluste werden vielschichtig thematisiert, von hoffnungslosen Träumen bis zu ungeträumter Zukunft wird alles abgedeckt. Je tiefer der Leser in die Geschichte eintaucht und je mehr er versucht das Bild zu erfassen desto komplexer wird die Geschichte und desto mehr Interpretationsansätze entdeckt man.

Ein Tag komprimiert auf knapp 250 Seiten und so viele Schicksale, die ein eindrucksvolles Gesamtbild einer Zeit im Umbruch spiegeln. Etwas düster und melancholisch, aber auch farbenprächtig und voller Hoffnung.

Ein Klassiker, der noch lange nachklingt.

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Veröffentlicht am 25.10.2020

Familiengeschichte

Das Rätsel des Pferdeamuletts – Godivas Geschenk
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Godje hat so viele Fragen an ihre Schwester Cora und deren Mann Aides. Während sie und Arion sich von der strapaziösen Flucht erholen, versucht Godje herauszubekommen, warum ihre Großmutter ihr auch ihre ...

Godje hat so viele Fragen an ihre Schwester Cora und deren Mann Aides. Während sie und Arion sich von der strapaziösen Flucht erholen, versucht Godje herauszubekommen, warum ihre Großmutter ihr auch ihre Schwester verschwiegen hat. Hat Cora die gleiche Gabe wie sie? Und dann nähert sich auch die mysteriöse dunkle Bedrohung, deren Ursprung weit in die Vergangenheit zurückreicht.

Auch der zweite Band ist fesselnd geschrieben und führt den Leser weiter in die faszinierende Geschichte der Pferdegöttin Epona ein sowie die Geschichte Godjes. Diese wird immer beklemmender und die Sympathie für die Charaktere nimmt merklich ab, auch wenn diese für ihr Handeln nur die besten Gründe hatten. Man traut niemandem mehr. Wie Godje fühlt sich der Leser in all diesen Lügen, Geheimnissen und düsteren Andeutungen etwas verloren und will endlich Klartext.

Im zweiten Band wird einiges in der Familiengeschichte Godje geklärt, doch hatte ich den Eindruck vieles davon schon aus dem ersten Band zu kennen. Große neue Enthüllungen habe ich hier vermisst und fühlte mich dann auf der letzten Seite etwas verloren. Deswegen kann ich dem zweiten Band nur 4 Sterne geben. Ich gehe davon aus, dass der Abschluss im dritten Band endlich die erhofften Erkenntnisse bringt und auch die Sympathie für die einzelnen Charaktere rettet.

Ein schöner zweiter Band, bei dem mir allerdings ein bisschen Entwicklung gefehlt hat.

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