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Veröffentlicht am 11.08.2021

Ich hab die Geschichte so nicht kommen sehen. Überraschung geglückt :)

Dich hab ich nicht kommen sehen
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Dich hab ich nicht kommen sehen von Nina Resinek

Was man manchmal im Leben kommen sieht, und was nicht, unterscheidet sich oft voneinander. Das war wir planen, geht oftmals schief, auch das, was wir für ...

Dich hab ich nicht kommen sehen von Nina Resinek

Was man manchmal im Leben kommen sieht, und was nicht, unterscheidet sich oft voneinander. Das war wir planen, geht oftmals schief, auch das, was wir für unser Leben planen. Stattdessen bekommen wir oftmals spontane Dinge, die so nicht in unserer Planung waren, und die uns oft verwirren und uns nicht in den Kram passen. Es kann aber auch sein, dass das Schicksal zuschlägt, und diese ungewollten Vorkommnisse sind genau das, was wir brauchen. Sie zeigen uns einen anderen Weg, als den geraden, den wir bestreiten wollten. Haben oftmals Abbiegungen auf denen wir wandeln, und führen uns zu einem Ziel, das vom Start unseres Laufes aus noch nicht so zu sehen war, sondern sich erst mit dem Lauf unseres Umweges offenbart haben. Ist das ärgerlich? Nein. Alles Durchgeplante muss ja nicht immer nur gut für uns sein. Und manchmal ist es genau das Spontane, die Überraschung, die uns zufriedener stellt und uns glücklicher macht, als das Geplante. Chaos statt Planung. Nicht im bösen Chaos-Sinne. Sondern in der liebevollen Art dessen, und in der Gewissheit, dass eben nicht alles planbar ist. Warum ich das alles erzähle liegt auf der Hand. Das Buch erzählt es uns durch den Titel. Hier geht es um etwas, das so nicht vorhersehbar war. Und um was genau…. Dazu komme ich nun.

Die Geschichte des Buches…….:

…..Ist schwer zu beschreiben und noch schwieriger zu erzählen, wenn man nicht spoilern will. Und so mancher erkennt sie erst auf den zweiten Blick in all ihrer Vielfalt. Mari flüchtet aus ihrem alten Leben von Düsseldorf nach Berlin. Denn da gibt es diesen Mann namens „Leaky Condom“ (und das ist kein Witz, aber irgendwie witzig), den Verlust eines Babys, Eltern, die mehr auf Leistung schauen als darauf, ihre Tochter zu lieben, und einen Job, der zwar eine Menge Arbeit und Ablenkung vom Leben bringt, aber keine Erfüllung, weil irgendwie keine Zeit mehr da ist, sein Leben zu leben. Auf nach Berlin. Vergessen, was passiert ist, verkriechen in die neue Arbeit in einer Anwaltskanzlei, und vor allen Dingen mit der neuen Vermieterin klarkommen Neue Vermieterin? Moment. Vielleicht sollte ich eher den Bruder der Vermieterin erwähnen, Leo, dem sie unweigerlich die Tür in den Rücken rammt, als dieser in der Wohnung am werkeln ist. Wieso er das tut, was er sonst noch tut, was seine Schwester dazu sagt, und der Freund der Schwester auch noch. Woher auf einmal die ganzen Protagonisten herkommen. :D. Ob Mari glücklich wird mit ihrer Arbeit, und vergessen kann. Warum sie auf einmal umgeben von Menschen ist, die sie fast wie eine Familie aufnehmen. Und vor allen Dingen die Bedeutung dieses Zitterns, das sie immer überkommt, wenn sie Leo sieht…. Das solltet ihr alles selber erforschen. Denn es ist gar nicht so einfach rüberzubringen, wie schon erwähnt. Und manches sieht man wirklich einfach nicht kommen :). Und manchmal muss man Dinge im Leben eben GANZ neu überdenken, nicht nur im Kleinen.

Cover und Titel:

Das Cover mag ich diesmal wirklich, weil es eine Fröhlichkeit ausstrahlt, und damit irgendwie den Humor und das Lustige des Romans wiederspiegelt. Denn trotz all der Thematiken ist er vor allen Dingen eines: witzig und der guten Laune zugetan. Der Titel selbst sagt fast schon aus, wie der Roman agiert. Nämlich dass man sich auf etwas Ungewisses einlässt, das man so gar nicht kommen sehen kann, sich aber trotzdem drauf einlassen sollte. So wie im Leben, wenn wir vor der Ungewissheit stehen, und uns nicht trauen dieses nicht Geplante zu erleben.

Fazit und Gedankenallerlei:

Mari hat Leo nicht kommen sehen. Im wahrsten Sinne der Worte. Denn ein Türstoß in den Rücken besiegelt die erste Begegnung der beiden. Das ist leicht tollpatschig, volle Turbulenzen, aber irgendwie charmant, weil es fernab von Perfektion ist. Und genau dieses Unperfekte zieht sich durch den Roman, was ich sehr er frischend fand, weil ich Perfektionismus und perfekte Menschen ohne Fehler und Kanten nicht so mag. Und gerade dieses Potpourri aus Eigenarten, Unzulänglichkeiten, Unsicherheit, Selbstwertgefühl, Traurigkeit unter Hochgefühl und Fröhlichkeit, das man oft in den Protagonisten wiedererkennt, lässt das Ganze so echt und wahrhaftig erscheinen. Ein ganz großer Pluspunkt im Buch. Ein Pluspunkt? Awwww. DA gibt es nicht nur einen, sondern einige (wobei ich euch den niedlichsten nicht mal verraten darf). Fangen wir bei den Protagonisten an, jeder für sich ein Unikat, und keinem kann man wirklich böse sein, weil er seine Einzigartigkeit auslebt. Gehen wir weiter zum Humor. Der ist nicht nur ein Knüller, sondern ein Super Knüller, den man so hat nicht kommen sehen (jaja, dumme Anspielungen müssen immer wieder sein :D). Das Vermischen zwischen Tiefgründigkeit, die einen aber nicht depressiv zurücklässt, die überspielt wird mit genau dem schon genannten Humor, und Rückblicken, die einen dann doch Schmunzeln lassen, das ist ein Balanceakt, der hier wunderbar gelungen ist. Ein gutes Mischverhältnis. Eine schöne Symbiose. Es ist und bleibt ein Buch zum Wohlfühlen, zum Reinversetzen, zum Mitlachen und fast schon Dauergrinsen. Und für die Liebeshungrigen unter euch. JA, es gibt eine Anziehung zwischen Mari und Leo. JA, man spürt sie in den Szenen, und JA, das ist wahnsinnig schön zu lesen. Doch ist es nicht so, dass beide übereinander herfallen. Denn man darf nicht vergessen, dass beide sich gegenseitig ja nicht haben kommen sehen. Und wer dem Verlauf des Prickelns zwischen den beiden folgen möchte, der sollte wohl selbst zum Buch greifen, um das, was Mari und Leo nicht haben kommen sehen, mit eigenen Augen zu sehen. Es knistert zeitweise ganz ordentlich, und das obwohl es keine Berührungen im Direkten und Offensichtlichen gibt, keine Liebesbekundungen, kein Übereinander herfallen….. und trotzdem wird hier geschaffen, dass man die Atmosphäre, das Prickeln und Knistern, dieses sich langsam anbahnende Etwas zwischen Mari und Leo, spürt und fühlt. Irgendwie zumindest. Auch das ist schwer erklärbar (Ja ich wiederhole mich). Viele Dinge im Buch sind schwer erklärbar, und trotzdem einfach da. Richtig, auch sie hat man so nicht kommen sehen (jahaa, ich wiederhole mich immer noch).

Eine Besonderheit des Buches ist, dass man wirklich jedes Wort behalten sollte, die Zusammenhänge nachvollziehen muss, um sich das alles für spätere Situationen zu merken. Denn ja: Es ist wie als ob das Buch seine eigenen Insider mit sich selbst hätte. Dinge, die nur das Buch kennt, die es wie ein Geheimnis bewahrt, und beim Lesen dann entfaltet. So dass es die Insider mit uns Lesern teilt. So dass wir auf einmal wissen, welche Bedeutungen alten Geschichten zugedacht sind, welche merkwürdigen Begriffe was bedeuten, und andere Dinge, die man nicht wüsste, wenn man das Buch nicht richtig liest, oder gar nur überfliegt (was wirklich ein Versäumnis wäre bei der Masse an Fantastereien).

Das Buch beschreibt ein Leben, dass aufgefressen wird von Arbeit, und eine Arbeit, die das Leben an sich auffrisst, da das Leben nicht nur aus Arbeit besteht. Dass es viel wichtigere Dinge im Leben gibt. Dass man nicht alles planen kann, und vor allen Dingen, dass das Leben bunt und schwerelos, und voller Überraschungen sein kann, voller Dinge, die wir nicht voraussehen. Und dass das meist die schönsten Dinge sind. Und dass man genau diese unerwarteten Dinge Leben nennen und genau darauf sein Leben auslegen sollte, und nicht nach einem festgefahrenen Plan, der einen einengt, alle Träume zerplatzen lässt, und einem die Freiheit und die Luft zum Leben nimmt. Denn das Buch zeigt uns auf, dass das Leben nicht immer planbar ist und so manche unvorhergesehene Überraschung bereithält. In jeglicher Form, und wie auch immer diese Form auch aussehen mag. Klein, Groß, verspielt, niedlich, oder ernst schauend und Augenbrauen hebend (ach Leo).

Der Schreibstil an sich ist anders, als ich ihn mir vorgestellt habe. Speziell und besonders. Aber auch da bin ich eher positiv überrascht. Er ist anders, als ich ihn habe …… ihr wisst schon :D. Und tatsächlich hatte ich bisher wenige Bücher, die eine solche Situationskomik und Überspitztheit hatten. Ebenfalls darauf achten muss man beim Lesen, dass man mitkommt. Denn die Gedanken sind manchmal wirr, chaotisch, aber auch flott und spritzig. Und wer mit unsichtbaren Tierchen, Fantasie, speziellen Charakteren und einer Protagonistin klarkommt, die eben mal nicht immer die toughe Frau ist, die sich die Liebe ins Leben holt, der könnte hier richtig sein. Es braucht nur ein wenig Toleranz und Offenheit, ein aufeinander zugehen des Buches mit einem Selbst. Es ist eine Komödie, nicht immer sommersonnigleicht, die in die Gedankenwelt abtauchen lässt, aber einen gerne auch mal ins Buch steigen lassen würde, um einige Charaktere zu schütteln und zu rütteln. Aber was soll ich sagen? Ich mag dieses Chaotische einfach. Es zeigt eine Abweichung der Normalität. Und alles was sich von der Normalität abweicht, finde ich gut! Denn es ist besonders, es ist speziell, es ist bunt, und somit lustig. Und genau diese Dinge sehe ich im Buch. Selbst die Themen, die eigentlich traurig machen müssten, die sind durch den Schreibstil leichter zu ertragen, und das ist wirklich merkwürdig. Aber es funktioniert. Für mich ist das Ganze frisch, erfrischend und neu. Und Neues ist doch eigentlich immer mal gut. Denn tatsächlich habe ich selten bis gar nicht einen Liebesroman gelesen, der sich aus diesen Elementen und genauso zusammensetzt. Der den Humor mit der Geschichte verbindet. Die dann auch noch so spielt, und das wiedergibt, was sie nun mal tut. Nicht unbedingt auf die klassische Art, und trotzdem mit den klassischen Elementen einer Liebesgeschichte, die sich da unter dem Wortwitz verbirgt. Denn natürlich kommt sie auch vor, die Liebe. Wie sollte es anders sein? Man muss sein Augenmerk vielleicht etwas schärfer darauflegen, und sie suchen, aber sie ist definitiv da. Und das ist ja auch mal ganz gut, dass es nicht gleich so ist, wie andere Geschichten.

Das Buch besteht aus Peinlichkeiten, peinlichen Situationen. Es sind Absurditäten und eine absurde Situationskomik der guten Sorte, von der man nicht genug bekommen kann. Beinahe erscheint es, als ob die Protagonisten sich vor einem entblößen, sich offenbaren, und doch wieder nicht. Sie geben ihr Inneres preis, aber nicht immer. Okay, bis auf Mari, die Hauptprotagonistin. Denn von der erfahren wir ganz schön viel. Was mir dabei gefällt ist ihre Unsicherheit gegenüber Menschen, dass sie sich selbst anders sieht, als der Rest der Welt. Dass sie geprägt ist von dem, was ihr im Leben passiert ist, von ihrem Elternhaus, und ihrem Umgang, so wie ihrer Arbeit. Sie wirkt menschlich. Mal träumerisch, mal zerbrechlich, mal wütend auf sich selbst…… und zeigt damit eine Figur die nicht im Perfektionismus dargestellt wird, sondern so, dass man sie als Leser und Mensch gut verstehen kann, und die Dinge nachvollziehen kann. Dieses Buch ist das wandelnde und verkörperte Missverständnis, das in einem Buch personifizierte Chaos, das man nicht kommen sieht, die Überraschung, mit der man nicht gerechnet hat. Und es hält wirklich eine Menge für den Leser bereit. An spritziger Quirligkeit, aber auch an Themen die zum Nachdenken anregen, und die sich unter den Absurditätssituationen verstecken, sich tarnen als Szenen mit Dialogen, die eher zum Schmunzeln anregen. Aber dann doch auch wieder zum Nachdenken. Ja, ich gebe zu, der Humor in diesem Buch war ganz besonders, hat mir aber gefallen. Es ist diese Art von chaotischem Humor, bei dem Dinge nicht so laufen, wie sie sollen, und in denen unvorhersehbare Sachen passieren. Vielleicht deshalb auch das, was man nicht auf den ersten Blick sieht. Dieses Buch lebt von verrückten Menschen, und, das meine ich keinesfalls böse. Denn es sind liebenswerte Verrücktheiten und Eigenarten, die diese Menschen ausmachen. Merkwürdig anmutend, aber irgendwie auch schön. Und das Ganze ist unterlegt mit einem Hintergrund aus Kindereien. Wie jetzt? Kindereien? Ja! Denn sogar die Erwachsenen erschaffen sich ihre eigene fantastische Welt in Erzählungen, und das, obwohl sie nebenher ihr ganz normales reales Leben leben. An manchen Stellen realistisch, an anderen zauberhaft, an anderen merkwürdig, aber zum Schmunzeln anregend. Und sehr oft so strange, dass man einfach nur lachen muss.

Ich spüre die Unsicherheiten von Mari, ich spüre die Niedlichkeit……äh…einer anderen Buchfigur :D……ich kann mir alles vorstellen, weil es so lebhaft beschrieben wird, als ob ich direkt dabei wäre. Und das macht mir beim Lesen nicht nur unheimlich Spaß, sondern es macht mich auch nebenbei glücklich. Mari stellt sich selbst viele Fragen und Überlegungen, und wir dürfen daran teilhaben. An ihrer Vergangenheit und Gegenwart. Sie hinterfragt. Und manchmal fragt man sich wirklich, was sie hat kommen sehen, und was nicht. Leo dann wohl eher nicht, denn er stürmt unerwartet einfach so in ihr Leben. Doch was für ein Leben? Sie möchte die Vergangenheit hinter sich lassen, sich am liebsten in ihre Höhle von neuer Wohnung eingraben, in die Arbeit einwühlen, und nicht mehr an Vergangenes denken. Dabei spielt eine Rolle, wie ihr Leben bisher verlaufen ist. Der Verlust ihres Babys spielt unterschwellig immer wieder eine Rolle. Ebenso, wie Mari aufgewachsen ist. Mit der Kälte der Eltern, die ihr immer nur eingetrichtert haben, wie man zu sein hat. Fleißig, so wie die anderen, lehrsam, zuhörend, und immer mit einer hohen Leistung und gutem Aussehen. Sich anderen beugend. Mari selbst ist durchzogen von Selbstzweifeln, wie sie selbst sich sieht. Zu dünn, zu schmächtig, zu unperfekt. Zu angeblich faul, weil sie nicht wie ihre Eltern ist. Weil sie Träume hat jenseits der Arbeit. Weil sie eigentlich ihren Job gar nicht mag, und das nur getan hat, damit ihre Eltern Stolz empfinden. Weil das Leben laut Eltern eine geplante Karriere vorsieht. Und weil es so etwas sie spontane Dinge, die man nicht kommen sieht, irgendwie in ihrem Leben nicht geben sollte. Und die Dinge, die ungeplant waren, dann doch die besten waren.

Irgendwie wächst man mit dem Buch, mit der Thematik. Reingeworfen in das Thema scheint es fast, als ob man in verschiedenen Leseabschnitten in verschiedenen Geschichten steckt. Das KANN irritieren, muss es aber nicht unbedingt. Das Ganze führte dann dazu, dass ich zuweilen und ab und an die Protagonisten und die Nebencharaktere nicht mehr in sich selbst wiedererkannt und gesehen habe, was auch eher weniger mit der Persönlichkeitsentwicklung eines Charakters in einem Roman zu tun hat, sondern dass diese Persönlichkeitssache ein wenig gewankt hat. Nichts desto trotz ist das Buch eines, das mit Freude gemacht und Spaß bereitet hat. Es war eben so, dass es sich für mich angefühlt hat, als sei das Buch eine Medaille die man in der Mitte teilt, und beim wieder zusammenfügen passen die Ränder dann nicht mehr ganz genau zusammen, aber trotzdem noch so gut, dass man es als gute Medaille erkennt. Teil 1 fand ich spitzenmäßig, allein schon vom Humor, Teil 2 hat ein klein wenig nachgelassen, nicht am Humor, nur an der Charaktersache. Und weil das bei mir mal wieder das Wichtigste ist, gibt es einen kleinen Sterneabzug, was das Buch trotzdem noch zu einem guten Buch macht, dessen Geschichte mir ungemein gefallen hat, welches einen völlig neuen und erfrischenden Schreibstil hatte, und einen Humor, der mit Einzigartigkeit und Neuheit geglänzt hat. Der Fokus von Teil 1 hat sich in Teil 2 der Geschichte nur etwas gewandelt und verschoben. Was an sich auch für die Geschichtsentwicklung gut war, aber nicht das, was ich erwartet hätte. Trotz alledem ist dies nur meine persönliche Meinung, und was Charaktere und ihre Entwicklungen angeht, da muss ja wirklich jeder Leser das mit sich selbst ausmachen, denn dies alles beruht auf meinen persönlichen Vorlieben. Die Geschichte hat also nicht ihre eigene Kontrolle verloren.

Heutiges Rezensionslied passt für mich irgendwie, weil die Geschichte irgendwo zwischen harter Realität und Träumerei spielt, zwischen Welten die miteinander verschwimmen, obwohl wir uns doch „nur“ in Berlin befinden. Und weil Mari eine träumerische Märchenerzählerin ist, tief in ihrem Inneren:

„Sieh dich einfach nur um. Es gibt so viele Wunder. Schau hinauf und hinunter. Es ist fast wie Zauberei.

In meiner Welt, fängst du ein neues Leben an. Hier hörst du niemals „nein“. Hier kann dir keiner Deine Träume nehmen.“

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Veröffentlicht am 19.02.2021

Es ist ein Spiel mit dem Feuer…. Oder doch mit dem Eis?

Eiskalte Liebe
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Eiskalte Liebe von Lisa Lamp

Eisherzen. Wir kennen sie als Synonym dafür, dass ein Herz erkaltet ist. Dies kann viele Dinge bedeuten, aber auch an vielen Dingen liegen. Zum einen kann man einfach ein ...

Eiskalte Liebe von Lisa Lamp

Eisherzen. Wir kennen sie als Synonym dafür, dass ein Herz erkaltet ist. Dies kann viele Dinge bedeuten, aber auch an vielen Dingen liegen. Zum einen kann man einfach ein böser und eiskalter Mensch sein, dessen Herz gefroren ist, und keinerlei Wärme in sich und für andere trägt. Aber es kann auch bedeuten, dass man für sich selbst keine Wärme übrighat. Das Herz kann erkalten, aber auch von Anfang an da sein. Es kann sich wieder erwärmen, wie in einigen sehr schönen Geschichten, zum Beispiel durch Magie, oder einfach Liebe (wobei, das kann man ja so gar nicht auseinanderhalten). Man kann es bekommen, wegen Flüchen, wegen Prophezeiungen, oder, wenn uns Schlimmes widerfährt, wir enttäuscht werden, oder so sehr verraten, dass unsere Wärme und unsere Liebe im Herzen gefriert, und wir nur noch diese weitergeben und empfinden können. Und manchmal sind die Menschen die sich mit Eis und Kälte umgeben, gar nicht so eisig und frostig, wie sie anfangs scheinen, sondern werden zu den tollsten Menschen, die wir kennenlernen können. Hier ganz spezielle Grüße an meine spezielle Freundin Elsa, die Eiskönigin :D. Was ich aber eigentlich sagen will ist, dass Eiskalte Herzen natürlich auch manchmal mit eiskalter Liebe zusammenhängen können. Denn die ist es ja eigentlich, die unser Herz erwärmt. Und genauso wie die Wärme in unser Herz kriecht, wenn die wahre Liebe auf einmal da ist, so kann dieses Herz auch erkalten, wenn diese Liebe uns hintergeht, enttäuscht, oder unserem Herz schlimmere Dinge antut. Und erzählen tu ich euch das mal wieder warum? Natürlich, weil das Buch und die Geschichte mit der Thematik zusammenhängt, was ja diesmal schon am Titel erkannt werden kann. Worum geht es also?

Die Geschichte, die das Buch erzählt:

Die Geschichte des Buches ist die von Leandra und Nikolai. Anfänglich noch zwei ganz normale Teenager. Ganz normal? Naja. Leandra und Nikolai können sich nicht ausstehen, und sind in der Schule wirklich sowas wie Feinde, die sich gegenseitig jeden Tag gerne die schlimmsten Dinge an den Kopf werfen. Dabei reitet Nikolai gerne darauf herum, dass Leandra nicht weiß, wie man aus sich herausgeht, Partys mit all ihren Versuchungen meidet, und überhaupt viel z gut in der Schule ist. Leandra hat dagegenzusetzen, dass Nikolai ein Mädchen nach dem anderen verführt, und es eben nicht schafft, eine ernsthafte Beziehung aufzubauen, die darüber hinausgeht, jemanden einfach nur ins Bett bekommen zu haben. Man sieht, die beiden sind wie Feuer und Eis. Moment mal, Feuer und Eis? War da nicht was? Ja, natürlich, das war es. Aber dazu später mehr. Wir sind noch im Moment der High-School Feindschaft. Merkwürdig, wie es nun mal im Leben ist, liebt man auf dieser High-School dann Nikolai auch noch, weil er einfach so gut aussieht, und alle Mädchen ihn irgendwie haben wollen (hä?). Jaja, er ist schon irgendwie heiß, unser feuriger Kerl. Dass dies alles nicht gerade dazu beiträgt, dass Leandra die Beliebteste der Schule ist, kann man dann wohl verstehen. Tatsächlich ist sie eine ziemliche Einzelgängerin. Und so überschlagen sich eines Tages die Ereignisse. Lilly, Leandras Schwester, und einzige noch lebende Verwandte, wird verschleppt. Vorher gibt es noch einen eisigen Zwischenfall in der Umkleidekabine der Schule. Und dann? Ja dann……. Kommen nacheinander viele Dinge ans Licht. Dass Leandra Lilly suchen wird, ist klar. Hat sie doch sonst Niemanden mehr auf der Welt, da die beiden Waisen sind. Dass sie dazu Hilfe von Nikolai benötigt, ist…..ärgerlich für sie. Vor allem, weil Lilly doch glatt denkt, Leandra und Nikolai passen in Wirklichkeit super zusammen. Und somit beginnt die Suche nach Lilly, der Wahrheit, und irgendwie auch sich selbst. Und dann muss es ja auch noch die Antwort auf die Frage geben, warum ausgerechnet Nikolai so viel über diese Welt, jenseits unserer, weiß.

Cover und Titel:

Das Cover gefällt mir sehr gut, da es die Thematik des Eises und des eisigen Herzens gut widerspiegelt. Und somit gleich einen Bezug zum Titel findet. Dass noch ein Schloss mit abgebildet ist, verrät uns eigentlich schon, dass das Buch nur teilweise in unserer Welt spielt, und wir in ein anderes Königreich reisen werden.

Fazit und Gedanken:

Natürlich sind wir hier im Genre Romantasy, das nicht ohne Fantasyelemente auskommt. Diese werden auch hier im Buch geboten. Denn, Lilly wurde nicht einfach nur verschleppt, sondern entführt. Und das in eine ganz andere Welt. Denn jenseits unserer Welt gibt es die Welt von Eisblumen und Feuerteufeln. Zwei Völker, die nicht gerade in Frieden miteinander leben. Der Gegensatz von Feuer und Eis ist hier also nicht nur in seiner natürlichen Form gegeben und sichtbar, sondern wird symbolisch auch noch verkörpert durch Feuerteufel und Eisblumen, die sich gegenseitig bekriegen.

Das ganze Buch ist quasi aus der Sicht von Leandra erzählt, die uns direkt in ihre Geschichte einweiht, ihre Gedanken, ihre Vergangenheit, und was in ihr vorgeht. Gerade deshalb ist sie wohl auch so präsent im Buch, und bleibt beim Leser hängen. Doch vielleicht ist das ein wenig zu viel, und gerne hätte ich auch etwas aus der Sicht von Nikolai erfahren, so als kleinen Perspektivwechsel. DAS aber nur am Rande. Denn Nikolai bleibt mir als Figur ein wenig fern, sowohl in seinen Gedanken, als auch in seinem Handeln. Nähe konnte nicht so viel aufgebaut werden. Dafür war die Gefühlswelt und die Nähe rund um Leandra sehr viel intensiver.

Was mir am Buch super gut gefallen hat, das ist, dass sich Leandra nicht aus der Ruhe bringen lässt. Gerade anfänglich ist es so, dass sie öfter gemieden wird, und in der Schule alleine steht. Bis auf ihre kleine Schwester natürlich. Wie Leandra mit dieser Tatsache umgeht ist bemerkenswert, denn ich wäre wohl schon nach Tag 1 dort nicht mehr gerne zur Schule gegangen, und hätte auch nicht so schlagfertige Antworten draufgehabt. Leandra erscheint eiskalt? Oder nur kalt? Naja, so schlimm ist es nicht. Aber sie ist eher bei den mutigeren Heldinnen in Büchern anzusiedeln. Kein Wunder. Musste sie sich ihr ganzes Leben doch gegen alle wehren, die sie niedergemacht haben, Streit mit ihr gesucht haben, oder versucht haben ihr einzureden, sie sei etwas, das sie nicht ist. Da kann man schon mal gefühlskalt werden. Ich persönlich nenne es ja eher vorsichtig und misstrauisch, mit einem gesunden Respekt davor, dass andere einen immer wieder verletzen, oder auch verlassen können. Tatsächlich war es sogar genau diese Seite an Leandra, die mir anfänglich sympathisch war, und die ich gemocht habe. Da eine gewisse Kratzbürstigkeit da war, und eine Abwehrhaltung gegen die Leute, sie verspottet haben. Wie ich das unter einen Hut damit bringen kann, dass ich sonst eher gefühlvolle Charaktere mag? Nun ja. Ich weiß ja, warum Leandra das ganze tut. Gerade UM ihre Gefühle zu schützen. Ein kleiner Kritikpunkt am Buch ist dann auch, dass sie zu schnell einbricht, und sich auf Nikolai einlässt. Ich hätte ihm vielleicht noch ein wenig länger meine Kratzbürstigkeit gezeigt. Selbst, wenn ich schon geahnt hätte, dass man sich in Menschen auch täuschen kann, und unter der Fassade manchmal ganz andere Gründe zum Agieren stecken, als uns bewusst ist, oder wie es eben scheint.

Gerade den zweiten Teil der Geschichte fand ich dann größtenteils sehr gut gelungen, weil es wie eine kleine Wandlung von Leandra gibt. Sie wird weicher, das Eis ums Herz schmilzt, und damit auch verletzlicher. Nun ist sie sich bewusst dessen, was sie ist, und weiß ob ihrer Vergangenheit, und den dunklen Stellen darin. Allerdings hätte ich gerne gesehen, dass die Story entweder ein dickeres Buch gewesen wäre, oder dass man daraus sogar eine Dilogie gemacht hätte, um die Landschaften, die Welt, und die Historie der Völker von Eisblumen und Feuerteufeln mehr zu beschreiben. Trotz allem konnte ich mich gut in die Charaktere versetzen, und auch mit ihnen mitfühlen, wenngleich das natürlich wegen der Perspektive bei Lea am meisten der Fall war (und ich sie wie gesagt einmal nicht verstanden habe, weil die Sache mit Nikolai mir zu schnell voranging). Gefallen haben mir die vielen Denkansätze, wie es bei jedem Buch das ich lese, immer so ist. Denn Vertrauen, Misstrauen, Enttäuschung und Verrat sind auch hier unterschwellig Thematiken, die vorkommen. Aber verständlicherweise auch der Wunsch, jemandem vertrauen zu können, wenn man bisher meist alleine durch die Welt gegangen ist. Womit wir schon bei einer weiteren Aussage des Buches sind.

Denn unterbewusst wird hier natürlich auch angesprochen, dass man in der Liebe unter sich bleiben muss. Sollte. Dass Eisblumen sich nur in Eisblumen, und Feuerteufel sich nur in Feuerteufel verlieben dürfen. Sie nur untereinander Familien gründen sollen. Und Feuer zu Eis natürlich gar nicht passt. ABER das Buch zeigt auch, dass diese Aussage so natürlich total falsch ist. Denn passen sollte jeder ja zu demjenigen, den er ganz einfach liebt. Und sowas sollte kein Gesetz verbieten. Hier im Buch ist es ein Spiel mit dem Feuer. Wortwörtlich.

Die Geschichte birgt auch das Problem des Vorurteils. Man verurteilt jemanden, weil er dies oder das ist, und wird wiederum für sein eigenes Selbst verurteilt. Es zählt nur als was man geboren wurde, und in diese Schublade huscht man rein, und muss sich wieder rausarbeiten. Denn als Individuum ist man eventuell ganz anders. Diese Problematik zeigt sich nicht nur in den Völkern, sondern auch in kleinerer Runde in der Schule von Lea und Nik.

Als Kleine Kritik habe ich nun schon genannt, dass ich gerne alles etwas mehr ausgeschmückt gehabt hätte, mehr über die Welten und die Umgebung erfahren hätte, um mich besser hineinzuträumen, oder sie besser in meinem Kopf entstehen zu lassen. Und dass alles in der Geschichte etwas zu schnell geht, sowohl im Geschehen als auch im Fortgang. Und trotzdem. Für ein Buch von knapp 268 Seiten ist die Geschichte an sich als Story wirklich toll. Mir gefällt die Welt, zumindest das, was ich von ihr kennenlernen durfte. Auch die Geschichtsentwicklung hat Potenzial nach oben. Und die Aussage von Allem, was dahintersteckt, sowohl hinter der Geschichte, als auch dahinter, warum sich Die Völker eigentlich bekriegen, mag ich. Denn es zeigt, dass immer mit dem Herz entschieden wird, und genau daraus, aus persönlichen Gefühlen, sogar Kriege entstehen können, und ein Hass, der weit in die Gegenwart reicht. Der sich immer neu aufbaut, eins ums andere, und neben den alten Gründen immer neue sucht, und oben drauf packt. Es ist also eine Geschichte, in der ich mir mehr Beschreibungen und damit Dichte gewünscht hätte. Aber die grundsätzliche Idee fand ich toll, weshalb ich dem Buch 4 von 5 Eissternen gebe. Und da dies natürlich nur meine persönliche Meinung ist, darf sich gerne jeder davon überzeugen, wie die Geschichte auf ihn selbst wirkt. Denn jeder Mensch ist ja anders, und jedermanns Gefühls – und Gedankenwelt funktioniert in anderen Bahnen :)

Als positiven Punkt möchte ich auch noch ansprechen, dass ich die vielen kleinen Einblicke in die Vergangenheit gemocht habe, weil sie zum Verständnis der Geschichte beitragen. Es sind Einblicke über Vorfahren, über ihr Leben, und über Dinge aus der Vergangenheit, die bis in die Gegenwart reichen. Auch, dass diese Emotionen und Gefühle nachvollziehbar waren, hat mir gefallen. Dass sie nicht aus der Luft gegriffen waren, und man kein Verständnis dafür hat, warum Dinge damals passiert sind.

Außerdem ist es ein Buch über Vertrauen, Misstrauen, aber auch enttäuschte Liebe und darüber, jemanden zu hintergehen. Und manchmal ist hinter einer Schicht aus Eis und Kälte, oder gar einer Wand aus Feuer, nicht genau das, was wir erwarten, und wir sollten einen zweiten Blick wagen, oder auf unsere Gefühle und unser Herz hören. Falls es nicht gerade mal wieder zu Eis erstarrt ist :). Oh, und dann haben wir noch diese kleine Lehre, dass es beängstigend sein kann, wenn plötzlich Eis aus unseren Fingern kommt. Das wissen wir spätestens seit Elsa. Immer noch! Ich muss die Eiskönigin einfach immer mal wieder erwähnen. Sorry dafür :D

Das Vertrauen zwischen Leandra und ihrer kleinen Schwester Lilly ist übrigens fühlbar, da merkt man den Zusammenhalt, zum einen der Liebe zur Schwester, und zum anderen, weil die beiden als einzige noch füreinander da sind, und sich alles bedeuten.

Und da die Geschichte ja diesmal wirklich von Liebe, Wärme, Feuer, und größtenteils Eis handelt, fand ich diesmal dieses Rezensionslied passend zur Geschichte:

„Einst gebor'n aus kalter Luft und Regen aus den Bergen. Die Nacht, die eiskalt vor uns liegt, trägt ein kaltes Herz verborgen.
Jetzt schlag in das Eis, kalt und klar. Suche nach Liebe und auch Gefahr. Finde Schönheit rein und wahr. Brich das Eis entzwei. Das Herz aus Eis leg frei.“

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Veröffentlicht am 14.02.2021

Wenn es keine Garantien gibt, braucht es eben Vertrauen

London Prince
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London Prince - Kings of London Reihe Band 3 von Louise Bay

Wie soll man dieses Buch am besten beschreiben?! Ohne zu viel zu verraten, man erkennt es ja schon am Klappentext, handelt es sich um einen ...

London Prince - Kings of London Reihe Band 3 von Louise Bay

Wie soll man dieses Buch am besten beschreiben?! Ohne zu viel zu verraten, man erkennt es ja schon am Klappentext, handelt es sich um einen Liebesroman. Und wenn aus Freundschaft eine Liebe werden soll, das Ganze erotisch ist, und man dann noch auf ein Happy End hofft…Tja…Dann muss man das Buch lesen, um zu erfahren, ob am Ende all das hinhaut. Womit fange ich also an, und worin unterscheidet sich dieses Buch von anderen Büchern? Was ist anders? Was besonders? Die Gegner der Liebesromankultur werden nun wohl sagen „da wird sich wohl gar nichts unterscheiden, am Ende kommen sie zusammen und zwischendurch verlieben sie sich irgendwie ineinander, nachdem sie jahrelang ihre Gefühle unterdrückt haben.“ So ganz kann ich dem natürlich nicht zustimmen, und so ist es auch in diesem Buch nicht, wenngleich ich über Emotionen und Gefühle in Büchern ja immer froh bin. Lasst mich also anstatt die Geschichte nachzuerzählen ein paar Worte zu den Charakteren sagen. Denn wie ihr wisst, sind diese bei mir immer ganz besonders wichtig. Bei diesem speziellen Buch war es sogar wirklich so, dass ich aufgrund der Leseprobe eine gewisse Ähnlichkeit von Truly Weibliche Protagonistin) und ihrer Unsicherheit gegenüber Menschen in mir erkannt habe, und das Buch unbedingt lesen wollte, um zu erfahren, wie sie auf einen Mann wie Noah (männlicher Protagonist) reagiert. Sie ist schon ein klein wenig Nerd, was ich als positiv ansehe. Versteckt diesen nicht immer, lässt ihn aber auch nicht raushängen. Kann genauso sexy wie nerdig sein. Fast immer sieht sie sich selbst als nicht besonders. Und Noah? Ach Noah. Zu dir komm ich noch. Wobei ich glaube unter diesem Mann wohl auch einen kleinen Nerd gefunden zu haben, den er fleißig unter dem erfolgreichen Geschäftsmann versteckt, der er eben ist. Du bist durchschaut, Noah Jensen :D. Tatsächlich denke ich, dass bei dieser „Art von Roman“ die Figuren ziemlich wichtig sind, noch mehr als bei anderen Genres. Und ja, in einer Zeit in der man reale Menschen meiden soll, da will ich mir schon aussuchen, ob ich meine Zeit mit Menschen verbringe, die mir sympathisch sind. Und mit Büchermenschen verbringe ich ziemlich viel meiner Zeit. Meine heutige Rezension wird also wohl eher eine kleine Charakterstudie in Kombination mit einer psychologischen Einschätzung der Charaktere werden :D. Trotzdem hier noch ein bisschen was zum Ablauf der Story.

Die Geschichte im Buch:

Wir haben hier nicht die typische Freundschaftsgeschichte von Menschen, die sich seit Kindheitstagen kennen, und alles voneinander wissen. Und trotzdem ist eine gewisse Nähe da, die man anfänglich zwar nicht so ganz spürt, aber an die Noah sich auch erst erinnern muss. Dazu später mehr. Nach 4 Jahren in New York kommt Noah also nach London zurück, und das als reicher Geschäftsmann. Aufgrund einer Sache in seine Vergangenheit, hat er immer das Bedürfnis höher, schneller und weiter, zielorientiert zu leben. Seine damalige beste Freundin in London war Truly, und auf die trifft er nun wieder. Truly geht erst auf Distanz, weil sie damals in Noah verliebt war, er dann einfach nach NY abgehauen ist, und sie damit unglücklich war. Nun schützt sie ihr eigenes Selbst, und nun merkt Noah, dass er Truly irgendwie begehrt. Als sie also durch ein Ereignis Hilfe in ihrer Firma, die sie zusammen mit ihrer Schwester betreibt, braucht, springt Noah ihr zur Seite. Immerhin kennt er sich mit gesellschaftlichen und geschäftlichen Ereignissen besser aus, als die schüchterne und eher introvertierte Truly, die nicht so gerne mit Menschen agiert, weil sie es sich einfach nicht zutraut. Wäre da nur nicht die Sache, dass Noah sich nicht ernsthaft auf Frauen einlässt, mit ihnen keine gemeinsame Zukunft sieht. Und auf Trulys Seite natürlich die Sache, dass Noah noch genauso charmant ist, wie zur Zeit ihrer Freundschaft, als sie in ihn verliebt war. Klingt irgendwie nicht so gesund für ein Herz, das nicht brechen sollte. Nun beginnt ein Hin und Her des gegenseitig aufeinander Einlassens. Die Meinungen schwanken, und man selbst wird manchmal seekrank ob des Wellenganges dessen, dass sich zwei Menschen hier nicht eingestehen können, was sie sich gegenseitig bedeuten. Wir haben ein ständiges Auf und Ab, ein Zwischenspiel aus Abstand zueinander halten und Nähe, Fehlinterpretationen, Missverständnissen, und um den heißen Brei herumreden. Und Angst. Jeder auf seine eigene Art, und aus anderen Gründen. Und natürlich ist da die Frage, ob eine Freundschaft noch bestehen kann, wenn man etwas miteinander anfängt, das nur auf körperlicher Basis steht. Hinzu kommt, dass dann die Freundschaft nicht nur zwischen Noah und Truly auseinandergehen könnte, sondern auch zwischen ihm und Rob und Abigail (Trulys Schwager und Trulys Schwester). Truly will über Noah hinwegkommen mit unverbindlichen Sex. Doch dass das noch nie eine gute Idee war, ist klar. Denn ausgerechnet jetzt, da Truly sich gefühlsmäßig von Noah lösen will, fängt dieser an, etwas zu tun, was er jahrelang verschlafen hat. Zu merken, dass er unbedingt mehr von ihr will. Wie genau dieses „Mehr“ aussieht, das weiß Noah in ungefähr genauso wenig, wie die Nichtleser des Buches. Und so wandelt sich die anfangs unsichere Truly zu einer selbstbewussten Frau, und Noah der selbstbewusste Mann zu einem etwas unsicheren Kerl, der nicht ganz bei Truly durchblickt, was sie eigentlich im Leben erreichen möchte. So kommt es wohl zu Missverständnissen, Dinge werden nicht gegenseitig nicht gesagt und angesprochen. Und das Beziehungsgeflecht ist angerichtet, und bereitet uns Lesern Spaß…… und Kopfzerbrechen.

Cover:

Da gibt es nicht viel zu sagen. Es gefällt mir, und zeigt deutlich die Stellung Noahs, als erfolgreicher und selbstbewusster Geschäftsmann. Und passt natürlich zur Buchreihe.

Fazit und Gedanken:

Noah ist tatsächlich mal einer der Charaktere, mit denen ich anfänglich erst warm werden musste. Genauso wie Truly musste ich lernen hinter die Fassade zu schauen, und zu lernen, warum er alles so macht, wie er es eben tut. Und wir mussten beide lernen, dass hinter dem Kerl, der 15 Millionen besitzt immer noch der Kerl steckt, den Truly kennengelernt hat, der sich durch Geld nicht verändert hat, sich aber im Hinblick auf Gefühle ändern kann. Was ihm den Arsch gerettet hat :D. Sorry der Wortwahl. Aber hier hat er gerade nochmal die Sympathiekurve bei mir bekommen. Denn ein Leben ohne Gefühle und reine Körperlichkeit geht ja wohl mal gar nicht. Trotzdem war es eine neue Erfahrung für mich. Und wenn man meine Zwischentöne genau liest: So ein schlechter Kerl ist er ja nicht. Nur eben einer, den man dauerschütteln und rütteln will, damit er sich seiner Gefühle endlich bewusst wird. Und jetzt passt genau auf, denn nun kommt mein einer kleiner Kritikpunkt, zum genau Nachlesen: NOAH………….VERGISST………TRULY……..IN NEW YORK…….EINFACH SO (okay, das ist Jammern auf hohem Niveau, trotzdem: hä!?). Das hat die Liebesgeschichte zwischendrin ein bisschen weniger glaubhaft gemacht. Ich meine, will ich einen Mann, der mich einfach vergisst, auch wenn er mich dann anscheinend wieder in sein Gehirn reinbekommt? Und das, obwohl ich seine beste Freundin bin? War? Wie auch immer? Will ich über so einen Mann lesen? Will ich ihm meine kostbare Lesezeit widmen? (ja okay, die Lesezeit widmen, und über ihn lesen, will ich dann wohl doch) Das andere: Sicher nicht :/. Ich glaube ich hatte es irgendwie mal erwähnt. Ich vergesse nie Menschen, nicht mal die, die ich NICHT mag. Aber die, die ich mag oder liebe, die erst recht nicht. Und Freunde schon mal gar nicht. Die Wankelmütigkeit macht schwindelig. Und ganz am Ende hat mir ein wenig die Tiefe, sowie ein paar Ausführungen zum Hintergrund der beiden, Rückblicke in die Geschichte von Noah und Truly, gefehlt. Zum Verständnis, was die beiden sich bedeutet haben. Das ist aber nur meine persönliche Meinung, andere sehen das vielleicht ganz anders. Also könnt ihr Noah ruhig eine Chance geben :D

Truly als Charakter war mir sehr nahe, das sofort, und das konnte ich durch die Lektüre hindurch spüren. Sie verkauft sich unter ihrem eigenen Wert, sieht sich selbst als nichts Besonderes. Und genau wie Noah im Wandel ist, so wandelt auch sie sich im Buch zu einer anderen Seite. Vielleicht sind es genau diese Wandlungen, die mir gut gefallen. Dass es von allem zwei Seiten gibt, und nicht nur eine einzige festgefahrene. Und dass da vielleicht Gefühle sind, die man nicht mehr bekämpfen kann. Die sich meist unter Vergessen und Aktivität versteckt haben, und die nun wieder hervorkriechen, und irgendwie da sind. Die Entwicklung von Truly hat mir sehr gut gefallen, weil es diese Wendung und Wandlung gab, man ihr wachsendes Selbstbewusstsein fast greifen konnte, und sie sich und ihrer Schüchternheit trotzdem nicht fremd wurde, und sie dadurch die selbst geblieben ist. Ihre Selbstwahrnehmungsstörungen und das fehlende Selbstwertgefühl fand ich sehr schön, zeig es doch auf, dass es auch solche Menschen gibt, deren Persönlichkeit und Charakter so toll sind, sie selbst es aber nicht an sich selbst wahrnehmen.

Und irgendwie werden sich zwei Freunde die sich immer nahestanden, auf einmal fremd, aufgrund, dass sie die Freundschaft streichen, und durch Körperlichkeit ersetzen. Verzwickt und paradox :D. Denn das Ganze ist gefährlich, und es droht Gefahr zu laufen, dass man sich ineinander verliebt. Was Noah nicht kennt, und Truly nur zu gut, mit dem Ergebnis des gebrochenen Herzens. Für Noah ist es eine ganz neue Sichtweise, dass man einen Menschen nicht nur braucht, um seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen, sondern ihn wirklich braucht, sich nach dem Menschen sehnt, und nicht danach, was er mit einem im Bett anstellt. Hier gibt es Selbsterkenntnisse. Denn am Ende ist es einfach nur herrlich und erfrischend mit anzusehen, wie dieser selbstbewusste Mann, der mitten im Leben steht, und erfolgreich ist, und der eine Frau nach der anderen abschleppt, im Grunde genommen so gar keine Ahnung von Frauen hat (Man Noah, rüttel und schüttel), und was sie wirklich wollen, zumindest, wenn sie etwas Ernsthaftes suchen. Dieser selbstbewusste Mann in Situationen, die ihn etwas unsicher wirken lassen.

Das Buch zeigt schön, dass man manche Menschen nicht mit anderen ersetzen kann, weil sie uns alles bedeuten. Und auch wenn man tausende Dates besucht, und tausende andere Menschen kennenlernt, gibt es dann doch diesen einen Menschen, der mit keinem ersetzt werden kann, weil einen zu viel miteinander verbindet, unter anderem auch Freundschaft, die für mich ganz klar auch in eine Beziehung gehört. Dass man nicht zu sprunghaft sein sollte. Oder, der Gedanke an eine gemeinsame Zukunft, und die Weitsicht, dass sich nicht immer alles nur im Moment abspielt, und man auch zusammen als Paar Spaß haben kann, und eben manchmal ins Ungewisse tappt, ohne Plan, aber dafür mit einem Freund und Partner gleichzeitig. Manchmal gewinnt der Roman dann ein wenig an Bittersüße, in den Szenerien, wenn Noah mal wieder mit sich hadert, und seine Weltanschauung, dass man etwas nie zu lange machen darf, wiederauftaucht. Dass man nie zu lange an etwas festhalten darf, weil es sonst langweilig wird (leider auch Menschen), und man damit die tollen Momente der Erlebnisse vergisst. Noah muss nicht nur Truly davon überzeugen, dass er es ernst mit ihr meint. Vielmehr ist es wie eine langwierige Reise zu sich selbst, mit Anlaufschwierigkeiten. Denn er muss nicht nur sie überzeugen, sondern auch sich selbst davon, was er tief im Inneren eigentlich schon weiß, und will, und was bisher nur noch nicht an die Oberfläche gekommen ist, weil er so agiert, wie bei jeder anderen Frau auch. Mit Abstand und Grenzen. Wie wunderbar, dass hier ein Bogen geschaffen wird, und man die Kurve noch hinbekommt von „Wir haben einfach nur Spaß zusammen, und verbringen Zeit, weil ich nicht alleine sein will“ zu „Ich brauche diesen Menschen unbedingt in meinem Leben, weil ich nicht ohne ihn sein will, aber nicht aufgrund von Langeweile, sondern weil ich seine Nähe immer um mich haben möchte. Und das will ich von keinem anderen Menschen, sondern ausschließlich von diesem“. Noah spürt die Nähe, das Vertrauen, es gefällt ihm. Und er kann es irgendwie nicht einordnen als das, was es ist, weil er es eben nicht kennt. Er beobachtet Truly nahezu immer und bei jedem Treffen, macht er sich Gedanken über sie, sorgt sich, und findet an ihr immer wieder positive Merkmale. Ihre Schönheit, ihr gutes Wesen, ihre Herzlichkeit und ihre Freundlichkeit. Dinge, die sie an sich selbst nie sieht oder sehen würde. Und die jemand, der sich auf rein körperliche Beziehungen einlässt, nie an jemandem erkennen würde. Es ist genau DAS was den besonderen Reiz ausmacht. Zu erfahren, wie sich der Vorhang lichtet, und für Noah so langsam die Sicht klarer wird auf etwas, das er im Leben haben möchte, bisher nicht hatte, und wo er bei Truly nicht mehr dagegen ankämpfen kann, dass er gerne alles über sie erfahren will, und ihm klar wird, dass er das bisher bei niemandem wollte. Und das ist eine schöne Regung seinerseits. Auf Noahs Reise zu sich selbst, die wir hier begleiten, trifft er noch ein paar Fehlentscheidungen, aber auch welche, die aus einem Impuls herauskommen, und nichts mit seinen Plänen fürs Leben zu tun haben, sondern von Gefühlen geleitet werden. Und wie schön, dass das Buch uns beibringt, dass man mit einem Menschen zusammen sein kann, und trotzdem irgendwie alleine, wenn man ihn nicht kennt, und nichts über ihn weiß, und keine Nähe da ist. Und dass Vertrauen immer darauf basiert, dass man sich gegenseitig kennt, und sich aufeinander einlässt, in mehrerlei Hinsicht als nur der körperlichen. Angenehm an Noah fand ich, dass er nicht als dauergeiler Kerl durch den Roman gelaufen ist, sondern tatsächlich angefangen hat Truly erstmal als Frau wahrzunehmen, bevor ihm klar wurde, dass er ohne sie eigentlich nicht leben kann, will, oder wie auch immer. Und dass das Ganze mit Zweifeln seinerseits gespickt war. Denn wo Truly in sich selbst zweifelt, und an sich, da zweifelt Noah daran, dass er ein Leben möchte, das nicht immer am Limit ist, welches man ausnutzen muss, welches immer neue Ziele und Herausforderungen bringt, weil er schon fast alles erreicht hat, rast- und ruhelos ist, und immer neue aufregende Erlebnisse und neue Ziele im Blick hat. Noah selbst ist ein interessanter Charakter in Bezug auf seine Denkweise. Dieser Drang, dass man alles aus seinem Leben herausholen muss, ist im Grunde genommen ja nichts Falsches. Das Problem dabei ist nur, dass er diesem Drang nachgibt, sich alle Wünsche erfüllt, immer höher schneller und weitergeht, und am Ende nicht weiß, was noch übrigbleibt, und noch zu tun ist. Denn manchmal sind die Menschen zufriedener, die noch Träume haben, und wenn diese sich nicht so leicht erfüllen. Dann brennt man für eine Sache, tut es länger, weil sich der Wunsch einfach noch nicht erfüllt hat. Wenn man sich alles erfüllen kann, ist das anders. Noah selbst ist so abgelenkt im Leben durch die Ablenkungen, die ihm all seine Aktivitäten bringen, dass er nicht das kleine wichtige Ziel sieht, das die ganze Zeit vor seiner Nase ist. Nämlich Truly. Er spürt zwar, dass sie anfängt, ihm mehr als Freundschaft zu bedeuten, doch kann es nicht umsetzen, da sein altes Denkmuster ja sagt, dass er mit einer Frau keine Zunft planen kann.

Trotzdem hat man im Buch das Gefühl, irgendwie mit den Charakteren mitzuleiden, und alles mitzuerleben. Weswegen ich wohl auch irgendwann angefangen habe, mit den Buchfiguren, und mir selbst zu reden :D. Noah Noah, da hast du dich wirklich manchmal nicht mit Ruhm bekleckert. Aber du fragst dich ja zumindest wirklich die ganze Zeit selbst, was da in dir vorgeht, weil du es nicht verstehst. Du bist also noch nicht ganz verloren. Trotzdem Noah, die Bewertung musst du jetzt ganz alleine ausbaden. Und so dachte ich mir die ganze Zeit während der Lektüre „Lieber Noah, wann erkennst du denn endlich, was da vor dir steht, und die ganze Zeit da war, und wieso hast du genau das vergessen, und wieso nimmst du es jetzt nicht an, obwohl du es willst?“. Tatsache, ich habe mich gefragt, warum Noah nicht einfach auf Truly zugeht, und ihr eine dieser wundertollen 80 er Jahre Schnulzen vorsingt, in denen Freundschaft zu Liebe wird. Doppelseufz. Das Singen wurde mir überlassen (zusammen mit meinen Selbstgesprächen). Noah hat wohl einen anderen Stil, als meiner ist. Aber ich bin ja auch kein Millionär, der eine Frau erobern will, die ihm im Kopf herumgeistert. Schätze, da unterscheiden wir uns ein wenig.

Der Roman in sich selbst und seiner Geschichte gesehen ist ein solider Roman mit Romance- und Erotikelementen. Beides ist nicht überlaufen, und nicht kitschig, was ja auch mal nett ist. Die Figur von Truly gefällt mir sehr gut, weil man ihre Wandlung von der introvertierten Frau zu einer Frau sieht, die mehr Selbstbewusstsein bekommt, je mehr sie an Aufgaben übernehmen muss. Auch dass sie immer selbstbewusster wird, nachdem Noah ihr zeigt, dass er sie irgendwie begehrt, ist schön. Noah hat mir im Großen und Ganzen als Charakter gefallen. BIS…. Eben auf diese eine Sache des Vergessens von Truly. Man Noah, da hast du dir echt keine Freundin in mir gemacht :). DA mir die Geschichte aber ansonsten total gut gefallen hat, gebe ich dem ganzen 4 von 5 Sternen.

Und da Noah irgendwie eine Leidenschaft für Lieder der 80 er hat, was ich super verstehen kann, hier das heutige Rezensionslied, weil es noch dazu passend ist (auch wenn ich zwischendrin auf Abwege kam, und kurz zu True von Spandau Ballet gewechselt bin. Warum das? Ach fragt erst gar nicht. Die Lösung gibt es im Buch.):

„I can't fight this feeling any longer. And yet I'm still afraid to let it flow. What started out as friendship has grown stronger. I only wish I had the strength to let it show.

And I can't fight this feeling anymore. I've forgotten what I started fightin' for. It's time to bring this ship into the shore, and throw away the oars, forever.“

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Veröffentlicht am 30.10.2020

Die finale Schleifenfahrt für Lucy und Atlas….zumindest in unserem Leserbeisein

Augenschön Das Herz der Zeit (Band 3)
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Augenschön Band 3 – Das Herz der Zeit von Judith Kilnar

Auf dieses Buch hatte ich mich wirklich gefreut. Es ist das Finalband einer Trilogie, in der endlich die Auflösung zu allen Rätseln der vorherigen ...

Augenschön Band 3 – Das Herz der Zeit von Judith Kilnar

Auf dieses Buch hatte ich mich wirklich gefreut. Es ist das Finalband einer Trilogie, in der endlich die Auflösung zu allen Rätseln der vorherigen Teile steht. So wie es bei Finalbänden also immer ist, wartet man mit Spannung darauf, wie sich alles auflöst, und blickt dem Erscheinungsdatum freudig entgegen. So war es auch hier. Es ist dann wie ein Abschluss, eine Verabschiedung von der Geschichte. Man sagt Adieu, und…. nun ja….blickt einer neuen Trilogie entgegen. Möchte aber mit den Protagonisten der Bände nicht brechen, und sie in guter Erinnerung behalten. Wie alte Freunde. Und wer Band 1 und 2 nicht gelesen hat, wird wahrscheinlich auch nicht verstehen, worum es in Band 3 geht. Die Bände bauen aufeinander auf. Ohne das Lesen von Band 1 und 2 findet man wohl an der Lektüre keine Freude, weil man kaum etwas von der Handlung verstehen würde. Tatsächlich habe ich Band 1 und 2 sehr gemocht, weil ich die Idee toll fand, und die Umsetzung ebenfalls. Deshalb als kleinen Tipp von mir. Lest die Reihe nacheinander, sonst werdet ihr wenig verstehen. Worum geht es also in Band 3?

Die Geschichte in Band 3:

Eine kleine Umschreibung der Begebenheiten aus Band 1 und 2 will ich euch trotzdem geben. Ohne dieses Wissen fällt es mir schwer, Band 3 zu beschreiben, und meine Eindrücke niederzuschreiben.

Band 1 ist das Kennenlernen der Welt, der inneren Schleife in der alle Augenschön wohnen, ihre Rituale und Regeln. Hier lernt Lucy dann auch viele augenschön kennen, wenngleich nicht alle. Darunter ist dann auch Atlas, der sozusagen derjenige ist, für den sie Gefühle entwickeln wird. Wir erfahren auch von den Nächtlichen Geschöpfen, die das Ende aller Augenschön wollen, und versuchen diese auszulöschen. Band 2 ist dann die Reise der Suche nach dem Herzen der Zeit. Einem magischen Gegenstand, welchen die Nächtlichen Geschöpfe brauchen, um mehr Macht zu bekommen. Was natürlich nicht sein darf, denn dies würde alle Augenschön in Gefahr bringen. Dieser Band beschäftigt sich so sehr damit, dass ein ganzes Jahr vergeht. Auf die Suchmission geschickt werden Atlas, Lucy, und James.

Und in Band 3 zeigt sich nun, ob das, was in Band 1 an Freundschaften geschlossen wurde, auch wirklich Bestand hat. Und es hat. Die Loyalität der Freundschaften ist zu spüren, selbst, wenn man die Augenschön nur am Rande kennengelernt hat. Denn, in diesem Finalband kommen sehr viele neue Namen dazu, die alle total interessant in ihren Charakteren sind, die wir aber nur streifen, und nicht richtig und tief mehr kennenlernen, da es ja das Finalband ist. Der Zusammenhalt in der Gemeinschaft, das gemeinsame Kämpfen in diesem Krieg und der finalen Schlacht gegen die Nächtlichen Geschöpfe, das hat mir sehr gefallen. Fast alle Augenschön werden irgendwie nochmal erwähnt, auch wenn sie gar nicht solche großen Rollen in der Geschichte hatten. Trotzdem hätte ich noch ein wenig mehr, als das pure Erwähnen, über die diversen Augenschön erfahren. Und dann ist da noch dieses Loch, in das Lucy in Band 3 fällt. Damit hat es aber etwas auf sich, das spoilern würde, was ich deswegen nicht erwähne.

Cover:

Das Cover ist in der Buchreihe ein Wiedererkennungszeichen. Die farbigen Augen der Augenschön sind ihr Erkennungsmerkmal, und das, was die Menschen in den äußeren Schleifen so sehr ängstigt. Es sind ausdrucksstarke Augen mit ungewöhnlichen Farben. Und ich habe wohl eine Schwäche für tolle Augenfarben :)

Fazit und Gedankenallerlei:

Die Geschichte war detailliert, hätte aber noch etwas detaillierter sein können in Bezug auf Personen und Geschichtshandlung, hatte sehr viel zu erzählen, hätte aber dabei auch mehr auf die Finalauflösungen konzentriert sein können. Es wurden sehr viele Dinge angesprochen und aufgelöst, wo Fragen sich aufgebaut haben, und trotzdem bin ich mit Fragen zurückgeblieben (da kann aber natürlich auch einfach an mir liegen). Wir haben sehr viele neue Charaktere kennengelernt, und in kurzer Zeit liebgewonnen, so dass es dann schade war, dass wir sie erst am Ende kennenlernen durften. Es war das kleine Zünglein an der Waage, das gefehlt hat, um das Finale ganz rund zu machen. Und trotzdem: Wer beide vorherigen Teile gelesen hat, der sollte diesen Teil auch lesen, um einfach einen Abschluss zu finden, und sich von den liebgewonnenen Figuren zu verabschieden. Und was unweigerlich im Buch und in der Geschichte mit drin ist, das ist der Zusammenhalt der Augenschön, ihre Loyalität untereinander, selbst wenn sie sich untereinander noch nicht gut kennen. Und die Fragen, die man sich nach der Lektüre stellt über Themen wie „Was wäre, wenn…?“ Oder „Wenn ich früher reagiert hätte, hätte ich was verhindern können?“, oder „Was wäre aus uns geworden, wenn ich den und diesen angesprochen hätte?“ oder „Ist es einfacher Jemanden zu belügen, um ihm etwas vorzuspielen, und ihn dadurch zu schützen?“. Schicksalshafte Fragen, die man sich immer mal wieder stellt, und die ich irgendwie herausgelesen habe. Das Buch weist also auf alle menschlichen Schwächen hin. Die Schwäche der Liebe, des Verrats, der Freundschaft, der Lüge, des Betrugs, des Verliebtseins, und die Schwäche der Seele, etwas zu vermissen. Doch wenn wir uns diese Worte genau anschauen, geht es dann darin wirklich um Schwäche, oder zeugen sie eher von Stärke? Alles ist Auslegungssache. Es ist keine Schwäche jemanden zu lieben, und keine Stärke, jemanden beschützen zu wollen, den man liebt, und ihn dafür zu belügen. Oder sieht das jemand anders, und lügen kann sowohl Schwäche und Stärke sein?

Auch hat das Buch eine schöne Lehre über Kämpfe und ihre Grausamkeiten, das man Leuten immer sagen sollte, was man sagen möchte, denn es könnte sonst vorher zu spät sein. Darüber, dass es immer die Falschen im Kampf trifft, und es eigentlich keine Richtigen gibt. Dass Töten grausam und ohne Sinn ist, dass es Menschen gibt, die sich auf die Seite der Bösen schlagen, weil sie denken dieses wäre mächtiger, und zu spät merken, dass sie selbst nur ausgenutzt werden, und Marionetten sind. Dass man viele Menschen im Kampf und in einer Schlacht verlieren kann, an die man Erinnerungen hat, und die viel zu jung ihr Leben gelassen haben, und dass es Menschen gibt, die gerade ihre zweite Chance bekommen haben, und am Ende doch sterben und tot sind, weil das Schicksal einfach grausam ist, und man vorher nie weiß, wen es trifft. Das Buch spricht von verlorenen und vergangenen verspielten Gelegenheiten, die wir uns nie mehr zurückholen können, und zweiten Chancen, die genutzt wurden, oder auch nicht. Wer also die ersten beiden Bände gelesen hat, der wurde ja schon ein wenig vorbereitet, auf diesen Endkampf der Augenschön gegen die Nächtlichen Geschöpfe.

Die Entwicklung von Lucys Charakter ist vielleicht eines der wichtigsten Dinge in der ganzen Trilogie. Wir haben anfänglich ein Mädchen des 17. Jahrhunderts, so wie wir es uns vorstellen. Keine Heldin, weil genau in diesem Jahrhundert, und natürlich auch in vielen anderen, den Frauen keine Stärke zugesprochen wurde, gar verboten. In den inneren Schleifen, nach ihrem Tod, lernt sie dann zu kämpfen, und das recht schnell. In normalen Büchern würden wir nun im finalen Abschlussband eine Heldin vor uns haben, die allen Dingen und Kämpfen gegenüber trotzt. Doch nicht Lucy. War sie in Band 2 noch die starke Titanin, so erleben wir in Band 3 eine völlig neue Lucy. Nicht nur äußerlich. Sie ist schwach, körperlich und seelisch, und trotzdem hat sie das Potenzial zur Heldin zu werden. Sie ist zurückhaltend, aber nicht schüchtern gegenüber Menschen. Vielleicht ist es genau das, was mir gefallen hat, Lucys Verletzlichkeit. Natürlich gehört dazu, dass sie auch mal weinerlich reagiert, aber ……. Ich habe schon weinerlichere Mädchen in Büchern erlebt. Es ist also eine Weinerlichkeit, die nicht nervt, sondern die ich nachvollziehen kann. Und vielleicht alle anderen…..die schon mal unter dem heftigsten aller heftigen Liebeskummer gelitten haben :D. Und trotzdem ist Lucys Zustand schwankend. Mal weinerlich, mal stark für die anderen Augenschön, die dann plötzlich weinerlich sind. Da gibt es keine Konstante. Zusätzlich zu dieser seelischen „Schwäche“, die uns nur daran erinnert, wie wichtig die Liebe für unser Leben ist, kommt bei Lucy noch das Körperliche dazu. Diese „Krankheit“, die ihr Leben auszusaugen scheint, und die ihr immer mehr von ihrem Lebensmut und ihrer Kraft nimmt. Auch hiermit geht sie um, wie ich es nur bewundern kann. Gerade beim Thema Krankheiten wäre ich wohl viel weinerlicher. Menschen sind nicht alle gleich, und es gibt kein Regelwerk, wie man auf Dinge zu reagieren hat, gerade in Bezug auf Gefühle und Kranksein. Deswegen fand ich es…… ich will nicht sagen erfrischend……. Aber menschlich. Und alles was menschlich dargestellt wird, finde ich nicht unbedingt schlecht. Vielleicht ist es aber auch nur eine menschliche Phase meinerseits. Und so kommt es, dass Lucys Entwicklung nicht auf die Erstarkung zielt, sondern für mich viel mehr bedeutet, dass man auch Welten retten kann, oder es zumindest versuchen möchte, wenn man ganz am Boden ist. Sowohl seelisch, als auch körperlich.

Die erste Hälfte ist aus Lucys Sicht, und zur Hälfte hin gibt es dann diese neue Erzählperspektive, oder besser gesagt Perspektiven, die aus der Sicht der anderen Augenschön die Geschichte erzählt, was es nochmal inniger macht, und ein Verhältnis aufbaut, so als ob wir am Schluss der Trilogie nochmal einen Einblick in deren Welt und Denkweisen bekommen. Leider ist es immer mal nur ein Kapitel zwischen denen von Lucy, so dass sich das Verhältnis zwar aufbaut, uns aber nur streift, da die Zeit nicht bleibt, dies alles zu intensivieren. Und obwohl ich die Geschichte mag, und auch die Idee dahinter toll fand, und das schon in den ersten beiden Bänden, ist beim Finalband irgendwas verrutscht. Anfangs passiert nicht gar so viel, und zur Mitte und zum Ende hin, dann ganz viel und alles ganz plötzlich und sehr schnell. Wenn man dieses Geschehen auf das gesamte Band ausgeweitet hätte, wäre es ein sehr schönes Finale geworden, welches auch keinen Abbruch darin gefunden hätte, dass ich diesen Hauch an Ähnlichkeiten in der Geschichte gespürt habe, die mich an andere Buchgeschichten erinnert haben. Ja, man merkt im Buch diesen Hauch von anderen bekannten Geschichten. Zwei an der Zahl. Aber es ist ein leichter Hauch, etwas das hinten im Kopf leicht anpocht, aber nicht weiter stört. Denn auch wenn man in einigen Büchern manchmal Dinge liest, die einen an andere erinnern, so ist es ja nicht so, dass die Geschichte nicht trotzdem eine völlig eigenständige ist. Und wer wahrlich viel liest, wird in vielen Büchern kleine Ähnlichkeiten zu anderen Geschichten finden, und das ist gar nicht böse gemeint. Es gibt einfach sehr viel Buchlektüre auf diesem Planeten…..und das ist übrigens auch gut so :) Und trotzdem mag ich momentan Romantasy, und von der Liebesgeschichte ist einiges im Buch enthalten. Manchmal nimmt sie sogar überhand, so dass der Rest der Geschichte samt Schlacht, und die Bedeutung des Herzens der Zeit, in den Hintergrund rücken. Und DOCH: Die Gedanken und Lehren zu den Thematiken, die ich schon beschrieben habe, die gefallen mir sehr gut. Und auch die Gefühle der Protagonisten kommen gut rüber, so dass man sich in ihr Denken einfühlen kann. Zumindest bei dem Großteil der Hauptprotagonisten. Am Ende kam es mir so vor, als ob der eine Teil zu viel Platz einnimmt, der andere zu wenig, und die Geschichte sich irgendwie verschoben hat, weil alles in dieses finale Band hineinmusste.

Wir lernen in den Bänden die Augenschön kennen, und wie eine fließende Geschichte gibt es in jedem Buch kleine Schnipsel und Gedanken aus Büchern der Welt der Augenschön, so auch hier. Ebenfalls, gibt es in jedem Buch die Geschichte eines Augenschön, die dann nochmal aufgegriffen wird, in irgendeiner Form, sich aber nicht tiefe damit beschäftigt. Und am Ende gibt es im Buch nochmal eine Zusammenfassung der Gesamttrilogie mit Namensverzeichnissen aus allen Welten und Schleifen, die nochmal Erlebnisse aus den anderen Bänden in Erinnerung rufen, und so den Abschied der Reihe etwas leichter machen, selbst wenn Finalbände einen ein wenig melancholisch zurücklassen. Die Zusammenfassung besteht aus Anekdötchen, und Geschichten, die einen dann doch wieder schmunzeln lassen. Eine schöne Idee.

Es ist ein Buch voller Irrungen Wirrungen und Missverständnissen, die uns begleiten. Und das alles in der schönsten Form des menschlichen Zusammenseins, der Liebe. Diese wird diesmal von allen möglichen Augenschön gefunden, erwähnt, und wir erhalten Beispiele, die das Buch mit genau dieser Thematik umwehen. Und das große Thema des dritten Bandes ist, dass man das richtige tun will, und ob dieses auch genau das Richtige ist, oder in eine falsche Richtung geht. Ob all unser Sein und unser Tun mit unserem Schicksal verbunden ist, oder ob wir selbst für unsere Taten zuständig sind. Ist alles festgelegt? Gibt es Prophezeiungen? Und wenn ja, und wir diesen folgen, ist es dann unser selbstbestimmtes Schicksal, oder erfüllt sich die Prophezeiung nur deswegen, weil wir genau das tun, was wir von ihr denken, tun zu müssen? Und was ist das überhaupt? Auch hier hat unser Willen zwei Wege. Den richtigen und den falschen. Und unweigerlich steht man mitten auf einem Weg der zwei Abzweigungen hat, und fragt sich, welche die richtige ist. Wenn wir in die eine gehen wird es einen anderen Einfluss auf unser Leben haben, wie die andere. Das als Metapher finde ich gut in die Geschichte eingebracht. Denn es geht hier nicht nur um Lucy und Atlas, sondern um mehrere Augenschön, die dieselben Entscheidungen für sich selbst treffen müssen. Und nicht immer sind diese richtig, obwohl sie so vernünftig am Anfang erscheinen. Doch vielleicht ist Vernunft ja nicht immer die Lösung für alles, sondern man sollte auch ab und an auf sein Gefühl und Herz zu hören. Denn meist ist es so, dass wir eine Entscheidung für uns selbst treffen müssen, dafür aber jemand andren verletzen könnten, und manchmal sogar uns selbst.

Also, ihr wisst Bescheid: Band 1 und 2 erst lesen, alles baut aufeinander auf. Und ihr würdet in Band 3 Personen vorverurteilen, ihnen Charaktereigenschaften andichten, die so gar nicht stimmen. Denn wer den Anfang von etwas nicht kennt, darf das Ende doch nicht beurteilen, oder? Es gibt immer Gründe, wieso jemand so ist, wie er nun mal ist. Bei Buchprotagonisten ist das nicht anders. Bilde ich mir zumindest gerne ein. Natürlich schreiben Autoren Charaktereigenschaften nicht zu, sondern manche Charaktere entwickeln sich selber. Wenn ich nun also von Lucy, unserer Hauptprotagonistin lese, dann sehe ich in ihr das junge Mädchen, das aus einem Jahrhundert kommt, in dem Zurückhaltung und Schüchternheit an der Tagesordnung waren. Das kann sie natürlich nicht schnell ablegen. Aber ich sehe ebenfalls das Mädchen, das sich in den inneren Zeitschleifen (seht ihr, um das nun zu verstehen, müsst ihr Band 1 und 2 lesen) in Atlas verliebt, unsterblich. Manche werden jetzt stöhnen, andere innerlich seufzen. Doch was ihr hinter der Fassade nicht sehen würdet, ist die Entwicklung, die Lucy seit dem ersten Teil durchgemacht hat, die Aufgaben, an denen sie gewachsen ist. Auch wenn sie immer noch nicht die Heldin aller kriegerischen Heldinnen ist. Denn das ist einfach nicht ihre Art.

Ich würde hiermit dem Buch 3,5 Sterne geben (die ich auf 4 aufrunde), weil es mich nicht vollkommen und ganz überzeugt hat, in der Erwähnung der finalen Schlacht, und beim Eintauchen in neue Protagonisten, die in viel zu großer Vielzahl in einem Finalband erscheinen, so dass ich leider nicht die Gelegenheit hatte, sie kennenzulernen. Dass darüber hinaus der eigentliche Kampf und das Herz der Zeit ein wenig in den Hintergrund gerückt sind, ist ebenfalls schade. Trotzdem fand ich den Abschluss sehr schön, weil er als Verabschiedung von liebgewonnenen Charakteren dient.

Heutiges Rezensionslied, welches ich passend fand:

„I'm sorry that I hurt you. It's something I must live with everyday. And all the pain I put you through. I wish that I could take it all away. And be the one who catches all your tears. That's why I need you to hear: I've found a reason for me. To change who I used to be. A reason to start over new.
And the reason is you.“

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Veröffentlicht am 26.01.2020

Welches Schicksal ereilt Felicity als Banshee?

Das Schicksal der Banshee
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Das Schicksal der Banshee von Alina Schüttler

Wenn man sagt, dass der Ruf der Banshee einen ereilt hat, ist es, gelinde gesagt, nicht gerade vorteilhaft für Jemanden. Denn was der Gesang oder Ruf dieses ...

Das Schicksal der Banshee von Alina Schüttler

Wenn man sagt, dass der Ruf der Banshee einen ereilt hat, ist es, gelinde gesagt, nicht gerade vorteilhaft für Jemanden. Denn was der Gesang oder Ruf dieses Wesens nach sich zieht, das ist der eigene Tod. So wurde es uns gelehrt und beigebracht. So kennen wir die Fähigkeiten dieses Wesens aus der Mythologie. Die Banshee und ihr Schrei besiegeln das Schicksal eines Menschen, vor seinem Tod. Der Titel des vorliegenden Buches heißt nun „Das Schicksal der Banshee“. Und genau dies hat mich neugierig gemacht. Denn welches Schicksal sollte eine Banshee ereilen, wenn sie selbst doch dafür zuständig ist, für Schicksalsschläge bei anderen Menschen zu sorgen? Und so wurde ich aufmerksam auf dieses Buch. Denn Mythologien, und natürlich auch das Schicksal, haben mich schon immer interessiert.

Viele werden sich nun denken, dass es im Buch um eine Geschichte geht, in der entweder eine Banshee einen verfolgt, oder ein Mädchen genau davon erfährt. Ehm. Ich meine. Also, dass sie eine Banshee ist. Wir haben viele solcher Geschichten in Büchern, die sich darum drehen, dass eine Banshee geboren wurde, und es irgendein Ereignis in ihrem Leben gibt, welches dafür sorgt, dass die Wandlung ihres Erbes, welches sie in sich trägt, dafür sorgt, dass sie nun vollständig gewandelt wird.

Das Buch „ Das Schicksal der Banshee“ ist…………….. ANDERS. :D

Es ist eine Geschichte über Jugendliche, aber nicht mit den typischen Jugendelementen des Jugendromans. Ebenso finden wir nicht durchweg die typischen Anzeichen einer Fantasygeschichte, die normal bei solchen Büchern nachgezogen wird.

Dabei hat das ganze Buch, zumindest meiner Meinung nach, hindurch eine sehr düstere Atmoshäre. Es geht um Verlieren von geliebten Menschen, und das nicht akzeptiert sein, von fast allen Menschen, der Umwelt. Sie merken unterbewusst, dass etwas mit Felicity nicht stimmt. Und dieses Gefühl hat mich sehr berührt. Kenne ich es doch persönlich. Und nein, natürlich bin ich keine Banshee :)

Was wir finden ist eine Protagonistin, die im Buch zu sich selber findet, sich wandelt, lernt, und immer mutiger wird, ja. Anfänglich von allen Menschen gemieden, auch denen in der Schule, könnte man denken, ihr Schicksal ginge in die Richtung, dass sie etwas erlebt, mutig wird, sich verliebt, und glücklich bis ans Ende ihrer Tage lebt. Doch auch so ist das Ganze nicht aufgebaut. Vielleicht fange ich am besten mal damit an, worum es im Buch überhaupt geht.

Die Geschichte des Buches:

Felicity ist unsere Hauptprotagonistin im Buch. Sie ist 17, und gerade von Irland nach Schottland gezogen, zusammen mit ihren Eltern. Das liegt daran, dass es Probleme auf ihrer alten Schule gab, und auch hier und nun, in Schottland, wird sie nicht so wirklich akzeptiert. Die Leute meiden sie, obwohl es nicht mal einen Grund dafür gibt. Soweit, so gut. Dies ist der Anfang von vielen Außenseiterinnen in Büchern. Aber nun geht es weiter. Denn wenn Außenseiterin eines sind, dann ist es alleine. Und so nutzt Felicity diese Zeit alleine, um ihr neues Zuhause und die Umgebung zu erkunden. Dabei fallen ihr immer mehr unheimliche Dinge auf. Als sie eines Tages für ein Buchprojekt mit Bonnie, aus ihrer Klasse, zusammengesteckt wird, sind alle dagegen. Wollen sie doch nicht, dass Bonnie, sich mit der Neuen, ach so unheimlichen Felicity, abgibt. Doch Bonnie stört das nicht. In der örtlichen Bibliothek treffen sie sich also von nun an, um zu recherchieren. Doch am nächsten Morgen einer dieser Tage, ist Bonnie auf einmal tot. Und ja, dies ist kein Spoiler, aber sie wird in diesem Buch nicht die einzige bleiben, die stirbt. Felicity, die nun endlich jemanden hatte, der sie zumindest ein wenig akzeptiert, fällt immer weiter hinab in eine Traurigkeit, und weiß nicht warum. Auch sieht sie weiterhin unheimliche Dinge, und hat Alpträume von sterbenden Menschen, im Wechsel mit Träumen eines anderen Landes. Als ihr eines Tages in just der Bibliothek des Ortes Jack begegnet….. ( jaaaaaaa, ich weiß was ihr jetzt denkt. Ihr denkt: ….. verliebten sie sich unsterblich ineinander, und konnten fortan nicht mehr die Blicke voneinander lassen… aber nein! So ist es nicht!), erzählt er ihr, was es mit all den Dingen auf sich hat. Und wenn ich nun Jack wäre, würde ich euch das natürlich auch erzählen. Aber ich bin nicht Jack, und alles was ich euch erzähle, könnt ihr auch im Buch nachlesen. Denn alle weiteren Einzelheiten würden zu viel von der Geschichte preisgeben. Nur noch so viel. Felicity ist eine Banshee. Welche Art von Banshee wird hier nicht gesagt. Jack ist ein Krieger. Es gibt einen Schwarzen Orden, der hinter Felicity her ist. Und vielleicht ja irgendwas mit all dem zu tun hat? Wer weiß das schon ;) Und es gibt natürlich eine andere parallel existierende Welt, namens Aldean. Die so viel aufregender ist als unsere Welt. Das ist mal klar. Und all diese Dinge, auch, dass diesem Land ein Krieg droht, haben wohl irgendwie mir Felicity zu tun. Nun ist aber gut. Jetzt hab ich echt genug verraten :D. Also weiter….

Das Cover:

Das Cover ist schön, nicht wahr? Für mich ist es ein richtiger Eyecatcher. Es bringt die Dunkelheit und Düsternis richtig rüber, und somit auch die Thematik einer Banshee. Denn was wir nicht vergessen dürfen, das ist, dass diese immer auch mit dem Tod zusammenhängen Also ja. Macht euch bekannt mit der jungen Dame auf dem Cover. Denn hier seht ihr Felicity. Zusammen mit einem wunderschönen Pegasus. Der….. ja ok…. Ich geb es zu…… auch in der Geschichte vorkommt.

Fazit:

Auf jeden Fall wird man sich ob des Buches der eigenen Sterblichkeit bewusst. Doch nicht nur das. Auch die Sterblichkeit um einen herum, die Sterblichkeit der Liebsten, und derer, mit denen wir eigentlich lieber unser Leben lebend verbringen wollen. Die Atmosphäre im Buch ist düster, was mir zum einen sehr gut gefällt, denn damit muss ich rechnen, wenn ich ein Buch über eine Banshee lese. Mich persönlich hat das Buch aber auch ein wenig melancholisch oder traurig gemacht.

Just am Anfang die Szenerien, in der Felicity sehr gemieden wird, kamen mir bekannt vor. Gibt es doch manchmal wirklich Menschen, die einen nu ansehen, und schon mit einem nichts zu tun haben wollen, und das nur deswegen, weil man vielleicht etwas anders aussieht als die anderen. Und ja. Die Menschen können manchmal nichts dafür. Es stimmt ja. Manche fühlen einfach unterbewusst, wenn von anderen eine Gefahr ausgeht, oder wenn diese einfach anders sind. Und der Mensch, oder das menschliche Unterbewusstsein, sind ist einfach nicht auf Andersartigkeit gepolt, sondern auf Anpassung. Was ich persönlich leider viel zu schade finde. Denn ich finde Andersartigkeit gut. Das nur mal dazu. Ein wenig ist diese Thematik ja im Buch vorhanden. Und irgendwie muss ich meine Protagonistenpsychologie ja hier auch einbringen.

Oh und ja, es geht auch darum, wer am Ende wirklich zu dir, und an deiner Seite steht, also quasi ein Buch über Freundschaft. Und dass diese auch unter Leuten hervorgebracht werden kann, die man erst kurz kennt, die einen aber akzeptieren.

Die Geschichte ging Auf und ab und auf und nieder. Heißt. Es war nicht gleichmäßig gut, und auf gar keinen Fall schlecht. Das einzige, was ich als Makel bezeichnen würde, war das forsche Voranschreiten der Geschichte, die manchmal etwas langsamer hätte sein können. Langsamer, nicht langatmiger. Bedeutet. Man hätte sich manchmal mehr Einzelheiten und Informationen gewünscht. Oder eben ein wenig mehr Einblick in die Köpfe und Gefühle der Protagonisten gehabt. Alles ein wenig tiefgehender. Aber das klingt alles so negativ, und das war die Geschichte keinesfalls. Denn wenn wir nur danach gingen, dann war die Story an sich wirklich fantasievoll, und wunderbar ausgedacht. Das Gerüst der Geschichte ist gut und stabil. Aber eben auch ausbaufähig. Ich hätte mir bei manchen Szenerien ein paar mehr Ausschmückungen gewünscht, um dieses Gerüst herum. Quasi ein besser ausgebautes Haus, oder eben ein um ein paar Seiten dickeres Buch. Trotz allem hat das Buch Potenzial ein gemütliches Heim zu werden. Da für mich diese Wandlung noch andauernd ist, gibt es nur einen kleinen Abzug, denn, wie schon erwähnt, ist der Verlauf der Geschichte wirklich total spannend, überraschend, mit viel Abenteuer. Gerade auch in der zweiten Hälfte der Geschichte. Die Landschaft in diesem Teil des Buches wurde wunderbar beschrieben, und auch hier konnte ich nur sagen, dass man sich fast gefühlt hat, als ob man selbst in Aldean unterwegs wäre. Dass die ausgedachte Welt von Aldean toll ist, brauche ich nicht extra zu sagen. Hoffe ich zumindest. Ich tus trotzdem mal.

Es gab außerdem ein paar Fragen und Ungereimtheiten, die nicht beantwortet wurden, was mich ein wenig traurig zurückgelassen hat. Ja, und traurig war ich manchmal wirklich. Aber nicht wegen des Buches, sondern wegen der Gedanken, die sich in meinem Gehirn während der Lektüre gebildet haben.

Zum Schluss noch ein Satz, den ihr nach der Lektüre, aber natürlich auch so, verstehen wird: Kriege aus niederen Gründen sind immer uncool. Kriege ohne niedere Gründe auch. Und Menschen sterben. Ebenfalls uncool. Nein falsch. Das Uncoolste überhaupt.

Und auch diesmal gibt es ein Rezensionslied, welches mir ab und an durch den Kopf gegangen ist. Besonders am Ende des Buches, welches mir dann doch ein paar Tränen abgerungen hat:

„…………lebte lange und unverzagt…………. bis sie den Fremden zu sich bat:

Sieh mich an und geh’ mir voraus mein Freund……auf Erden hab ich lang gewohnt.

Sieh mich an und nimm mich hinauf mein Freund……so ging das Mädchen mit dem Tod.“

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