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heinoko

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.03.2017

Regen und viel Whisky

Rain Dogs
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Das Cover lässt Spannung und Geheimnisvolles vermuten, hat allerdings so ganz und gar nichts zu tun mit dem, was wir tatsächlich zwischen den Buchdeckeln finden: Eine Begegnung mit Mohammad Ali, eine ohne ...

Das Cover lässt Spannung und Geheimnisvolles vermuten, hat allerdings so ganz und gar nichts zu tun mit dem, was wir tatsächlich zwischen den Buchdeckeln finden: Eine Begegnung mit Mohammad Ali, eine ohne großes Tam-Tam zu Ende gehende Beziehung und eine gestohlene Geldbörse. So beginnt das Buch. Bald jedoch wird klar, dass dies alles nur "Vorgeplänkel" ist. Die eigentliche spannungsreiche Geschichte beginnt damit, dass eine Journalistin im Innenhof einer Burg tot aufgefunden wird. Alles deutet auf Selbstmord hin, denn niemand konnte zum Zeitpunkt des Todes in die Burg hinein oder aus ihr heraus. Aber Sean Duffy, dieser durch und durch irische Bulle, lässt nicht locker. Spannungsreich gehen die Ermittlungen in verschiedene Richtungen und enden geradezu hoffnungslos...

McKinty schreibt großartig! Seine Schilderungen benötigen oftmals keine kompletten Sätze. Er hämmert mit einzelnen Worten Situationen in den Kopf des Lesers. Und was für ein Kerl ist Sean Duffy! Was für ein Musikwissen! Wie belesen! Wie vulgär! Und dazu Unmengen von Whisky und Regen und Regen und Kälte und wieder Regen, eingebettet das Ganze in einen unvergleichlich hinterhältigen irischen Humor. Absolutes Lesevergnügen!

Veröffentlicht am 05.03.2017

Vergnügliche Spannung

Der Tote in der Buchhandlung
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Vergnügliche Spannung


Da sind sie wieder, die bereits liebgewonnenen Akteure aus dem früher erschienenen Roman "Ein gutes Alibi", wie z. B. Kriminalhauptkommissar Carsten Kantner, seine Schwester Buchhändlerin ...

Vergnügliche Spannung


Da sind sie wieder, die bereits liebgewonnenen Akteure aus dem früher erschienenen Roman "Ein gutes Alibi", wie z. B. Kriminalhauptkommissar Carsten Kantner, seine Schwester Buchhändlerin Sophie Liebermann, die im übrigen erst im letzten Drittel des Buches zu ihrer vollen Form aufläuft, und noch ein paar andere Personen. Es ist wohltuend, diesen bereits vertrauten Menschen erneut zu begegnen. Dass allerdings der "Professor", ein etwas anderer Obdachloser ohne Namen, den man ebenfalls aus Band 1 kannte, ausgerechnet in der Buchhandlung von Sophie Liebermann ermordet wird, stimmt traurig. Auch ihm hätte man ein Weiterleben in Wuppertal gegönnt. Überhaupt Wuppertal: Ausnahmsweise ohne Regen, aber mit Schnee und vor allen Dingen bergig, und ein Ort, der immer irgendwie anstrengend ist. Das finden auch die Ermittler der Kripo Wuppertal, als bereits am nächsten Tag die nächste Leiche gefunden wird. Und auch das ist nicht die letzte Leiche. Was haben die Toten gemeinsam oder gibt es gar keinen Zusammenhang? Gibt es einen oder mehrere Täter? Alles bleibt lange Zeit unklar, verworren, spannend.

Dieses Buch gefällt mir ganz erheblich besser als Band 1. Mir kommt es so vor, als habe sich die Autorin mit "Ein gutes Alibi" erst einmal "warmgeschrieben", um nun mit Band 2 einen richtig, richtig gut geschriebenen Krimi vorzulegen unter Nutzung ihrer gesamten ihr zur Verfügung stehenden Schreibklaviatur. Das Lokalkolorit ist perfekt getroffen und stimmig dargestellt. Die Akteure sind nicht mehr so plakativ und lieblos überzeichnet wie in Band 1, sondern aus sehr viel wohlwollenderer Sicht beschrieben, d. h. was in Band 1 mitunter befremdlich böse war, ist hier eher vernüglich zu lesen. Die Handlung bleibt für den Leser lange Zeit undurchsichtig und damit spannend. Besonderen Spaß machten mir persönlich die Dialoge, die sehr viel direkten oder versteckten Witz enthalten. Ich hatte öfters die Wunschvorstellung, es sollte ein Hörspiel geben, um mit verteilten Rollen den Dialogen in ihrem Humor noch mehr Gewicht zu geben.
Der Beginn und das Ende des Buches sind die einzigen Passagen, die ich persönlich für misslungen halte. Warum die dort geschilderten und durchaus bedeutsamen Szenen aus den Augen eines Kauzes geschildert werden, und zwar eines Kauzes, der merkwürdigerweise sehr kindische Begriffe für seine Beobachtungen wählt, bleibt mir unverständlich.
Mag sein, dass es etwas zuviel an gebrauchten Taschentüchern gibt und etwas zuwenig an Empathie, dafür jedoch gibt es vor allen Dingen in der zweiten Buchhälfte weiter ansteigende Spannung und viel Humor und Situationskomik. Kurzum: Ein Buch, das fesselt und zum Lachen bringt. Was will man mehr.

Veröffentlicht am 26.02.2017

Bilderreich und intensiv

Spreewaldtod (Ein-Fall-für-Klaudia-Wagner 2)
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Der schöne, sonnige Tag bricht sich durch die Bäume, spiegelt sich im Wasser - Idylle pur. So stimmt das Titelbild ein, und dann dieser fulminante Beginn mit einem im Wasser treibenden Menschenkörper, ...

Der schöne, sonnige Tag bricht sich durch die Bäume, spiegelt sich im Wasser - Idylle pur. So stimmt das Titelbild ein, und dann dieser fulminante Beginn mit einem im Wasser treibenden Menschenkörper, genau auf dem Scheidepunkt zwischen Leben und Tod. Genial beschrieben! Schon ist der Leser eingefangen, ist ins Netz der Autorin gegangen...

Kommissarin Klaudia Wagner hat einen neuen Fall: Ein junger Erntehelfer aus Rumänien treibt tot im Fließ. Die Geschichte führt uns tief in den Spreewald, zu den Gurkenbauern und der aktuell auf Hochtouren laufenden Ernte. Brütende Hitze, Mücken, Touristen - und noch eine Tote. Dazu die psychisch schwer angeschlagene Kommissarin, die mit unermüdlicher Willenskraft die Schatten ihrer eigenen Vergangenheit angeht. Viele Verdächtige, viele Spuren, die nirgendwo hin führen. Es bleibt bis zum Schluss sehr spannend.

Ohne Kenntnis des ersten Bandes, in dem offensichtlich die traumatischen Erlebnisse der Kommissarin geschildert werden, ist es in diesem Band für den Leser etwas ermüdend, von immer neuen Panikattacken der eigentlich sehr sympathischen Klaudia Wagner lesen zu müssen. Genauso anstrengend empfand ich die ständigen arg übertriebenen Körperreaktionen der handelnden Personen (glühende Pickel, Zunge wie Putzlappen, zuckende Krähenfüße und Blasendrang in allen Variationen). Etwas weniger wäre mehr gewesen. Da die Autorin sehr bildintensiv schreibt, hat man leider auch dieses Zuviel an unnötigen Beschreibungen im Kopf.

Fazit: Ein Buch, das man mit Spannung in einem Rutsch durchliest - und das Ende weist erfreulicherweise bereits auf eine Fortsetzung hin.

Veröffentlicht am 18.02.2017

Kleines Buch riesengroß

Der Mann, der Luft zum Frühstück aß
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Dieses Buch, nein Büchlein, ist für mich wie die Entdeckung eines Schatzes. Der Inhalt ist schnell erzählt: Der 12-jährige Walerian, benannt nach einem Beruhigungsmittel, kommt mit seiner Mutter von Warschau ...

Dieses Buch, nein Büchlein, ist für mich wie die Entdeckung eines Schatzes. Der Inhalt ist schnell erzählt: Der 12-jährige Walerian, benannt nach einem Beruhigungsmittel, kommt mit seiner Mutter von Warschau nach Wien. Hinauswurf aus der Schule, Hinauswurf aus Gelegenheitsjobs, Hinauswurf aus der Wohnung der Mutter – so lernt Walerien als wesentliche Erkenntnis: „Der Einzige, auf den man sich verlassen kann, ist man selbst.“ Oder dass man den Aufenthaltsort während des Schuleschwänzens gut wählen musste. Museumsbesuche sind perfekt, Zooaufenthalte dagegen weniger, da man nicht durch eine zu gesunde Hautfarbe auffallen durfte. So wandert Walerian weiter auf dem Weg zum Erwachsenen, wohnt in einer Wohnung mit einem wandernden Schimmelpilz, begegnet einem Selbstmörder und Teresa, bis er endlich „sein Boot laufen lässt“.
Der Titel des Buches sagt bereits alles aus über die Schreibweise des Autors. Die vielen kleinen geschilderten Episoden werden ganz lapidar und einfach erzählt und sind dabei oft zum Schreien komisch. Ich habe selten beim Lesen eines Buches so oft laut gelacht. Aber nur im Vordergrund sind die Ereignisse urkomisch, dahinter sind sie ganz versteckt ernst, fast tragisch. Das ist ganz große Kunst, so leichtfüßig heiter daher zu kommen und damit Großes zu sagen.
Ich finde diesen Schriftsteller genial und das kleine Buch riesengroß!

Veröffentlicht am 17.02.2017

Schlaf, du kleines Weidenkind

Schlaflied
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So großartig wie das Cover, so fulminant ist der Bucheinstieg, der auf den Philippinen spielt. Diese Szene steht bis fast zum Buchende allein für sich. Erst gegen Ende passt auch dieses Puzzle in das Gesamtbild.
Verschiedene ...

So großartig wie das Cover, so fulminant ist der Bucheinstieg, der auf den Philippinen spielt. Diese Szene steht bis fast zum Buchende allein für sich. Erst gegen Ende passt auch dieses Puzzle in das Gesamtbild.
Verschiedene Handlungsstränge öffnen sich: Ströme ankommender Flüchtlinge, der Fund der Leiche eines schrecklich verstümmelten kleinen Jungen, eine drogenabhängige obdachlose junge Frau, die sich eines Flüchtlingskindes annimmt, ein Pädophiler, der mitten im Wald lebt… Das Ermittlerteam rund um die Polizistin Olivia und den ehemaligen Kommissar Tom, selbst noch vor kurzem Obdachloser, verfolgt eine Spur nach Rumänien und geraten dabei in große Gefahr. Korruption, Organhandel, gescheiterte Existenzen und sympathische Protagonisten, die bis an die Grenzen gehen – das Buch lässt kein Thema aus.
Das Buch ist immens spannend geschrieben. Man liest und liest und versinkt immer mehr in die Handlung, ohne zu merken, wie die Zeit vergeht. Die kurzen Abschnitte, die die Gesamthandlung unterteilen und die Spannung noch zusätzlich erhöhen, machen Lesefreude pur. Die Personen sind allesamt sehr glaubwürdig gezeichnet, mit Stärken und Schwächen versehen, allerdings auch mit fast nicht zu glaubenden bewundernswerten Kräften und ungewöhnlicher Ausdauer ausgestattet.
Fazit: Ein Buch, das jedes langweilige Regenwochenende auf perfekte Weise rettet!