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Veröffentlicht am 09.11.2020

ein grandioser skandinavischer Krimi, spannend, skurril und unterhaltsam

Wolfssommer
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Haparanda ist eine beschauliche Stadt im Norden Schwedens unweit der finnischen Grenze. Mit der Ruhe ist es vorbei, als in der Nähe der Stadt zwei Tote Wölfe gefunden werden, die offenbar Menschenfleisch ...

Haparanda ist eine beschauliche Stadt im Norden Schwedens unweit der finnischen Grenze. Mit der Ruhe ist es vorbei, als in der Nähe der Stadt zwei Tote Wölfe gefunden werden, die offenbar Menschenfleisch gefressen haben. Das Opfer ist schnell gefunden, es handelt sich um einen Mann, der den Spuren nach zu urteilen bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Aber wie konnte das in dieser einsamen Gegend passieren?
Dieser auf den ersten Blick unscheinbare Mord offenbart bald seine Verbindung zum organisierten Verbrechen und führt nicht nur zu unerwarteten Verwicklungen, sondern auch schnell zu mehr Toten, als die Polizei von Haparanda zu handhaben vermag.
Wechselnde Perspektiven sorgen für eine Nähe zu den Charakteren, die oft mit ganz eigenen Sorgen und Problemen zu kämpfen haben. Die persönlichen Geschichten verschiedener Personen spielen eine nicht unerhebliche Rolle, was jedoch der Spannung nicht schadet, sondern für eine besondere Atmosphäre und große Authentizität sorgt trotz der in ihrer Entwicklung skurril anmutenden Geschichte. Dazu trägt auch bei, dass der Krimi trotz einiger brutalen Szenen oft wie mit einem Augenzwinkern erzählt.
Sehr schön fand ich die Zwischensequenzen, In denen wie in einer Art Kameraschwenk in kleinen Szenen das Leben des Ortes beleuchtet wird. Auf sehr spitzfindige Art wird die Stimmung des Ortes eingefangen, aber auch aufgezeigt, dass sich hinter den idyllischen Fassaden viele kleine Geheimnisse verbergen.
Auch in anderen Szenen merkt man dem Krimi an, dass der Autor Erfahrung im Schreiben von Drehbüchern gesammelt hat; die Geschichte ist in vielen lebendigen Bildern erzählt, es gibt immer wieder überraschende Wendungen, viele kleine Details runden die Geschichte ab, der Schreibstil ist spannend und unterhaltsam zugleich.
Bei der Hörbuchfassung des Audiobuch-Verlags gelingt es des Sprecherin Vera Teltz großartig, die Stimmungen des Buches einzufangen und die Szenen mit passendem Tempo und Betonungen lebendig werden zu lassen.
Dieser Krimi ist mit seiner subtilen Geschichte genau nach meinem Geschmack, so dass ich mich auf eine Fortsetzung freue und gespannt bin, was die Nachforschungen der örtlichen Polizisten Hannah Wester ergeben werden.

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Veröffentlicht am 07.10.2020

Die Aufforderung des Titels nehme ich gerne an.

Komm in meine Küche!
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An dem Kochbuch „Komm in meine Küche“ aus dem GU-Verlag begeistert mich neben der Vielfältigkeit der Rezepte deren Authentizität. Der Leser wird nicht nur in eine Küche eingeladen, sondern es sind Menschen ...

An dem Kochbuch „Komm in meine Küche“ aus dem GU-Verlag begeistert mich neben der Vielfältigkeit der Rezepte deren Authentizität. Der Leser wird nicht nur in eine Küche eingeladen, sondern es sind Menschen aus 21 Ländern, die hier ihre Küchen öffnen und in die Zubereitung typischer Rezepte aus ihren Heimatregionen einweihen.
Alle diese Menschen leben in der Kleinstadt Puchheim, stammen jedoch aus verschiedensten Ländern der Welt. Essen müssen alle Menschen, nicht nur das Essen sondern auch das Zubereiten ist oft ein Anlass für Geselligkeit und bringt die Menschen zusammen. Dieser Gedanke ist die Grundidee Mehmet Ismail Birincis hinter diesem Kochbuch, indem man den Menschen in ihrem Zuhause beim Kochen über die Schulter blicken kann.
Die Zubereitung erfolgt ohne aufwendiges Zubehör in ganz gewöhnlichen, oft kleinen Küchen mit einfachen Mitteln. Die Zutaten muten zum Teil exotisch an, dürften aber problemlos in den Sortimenten hiesiger Händler zu finden sein.
Zu jedem der „Köche“ gibt es Foto und einen kleinen Steckbrief, so dass man einen kleinen Eindruck von der Person und ihrer Herkunft bekommt. Die Rezepte sind übersichtlich angelegt, neben Zubereitungs- und Garzeiten gibt es auch Angaben zum Nährwert. Bei vielen Rezepten handelt es sich um traditionelle Gerichte, die in der Familie schon lange überliefert wurden oder zu besonderen Anlässen auf den Tisch gebracht werden. Die Mengen sind deshalb zum Teil auf mehrere Portionen angelegt, aber das kann man ja bei Bedarf umrechnen. Die Zubereitung ist entsprechend ebenfalls zum Teil eher aufwendig, es geht hier aber ja auch nicht um Alltagsgerichte, und mir gefällt es, mir Zeit zu nehmen, um die Besonderheiten der Küche anderer Länder und ihrer Traditionen kennen zu lernen. Es ist interessant zu sehen, wo sich die Zubereitungen und Zutaten unterscheiden und wo sich Parallelen zeigen.
Zu jedem Gericht gibt es mindestens ein Foto, manchmal zusätzliche Bilder von der Zubereitung oder eine Abbildung der verwendeten Zutaten. Mir gefällt es besonders gut, dass diese Bilder nicht geschönt wirken, sondern dass man hier tatsächlich den Eindruck bekommt, einen Blick auf die eben zubereiteten Speisen zu erhalten. Die Zubereitungsschritte der Rezepte, die ich ausprobiert habe, waren gut nachvollziehbar.
Der Schwerpunkt der Rezepte liegt auf gehaltvollen Hauptgerichten, es sind aber auch kleinere Gerichte sowie ein paar Vorspeisen und etwas Süßes dabei. Wer die authentische Küche verschiedener Regionen der Welt selber ausprobieren möchte, der sollte sich dieses Kochbuch näher ansehen.

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Veröffentlicht am 29.09.2020

ein spannender und überzeugender Psychothriller

Spiele
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Robert Lindström wird beschuldigt, im Alter von 11 Jahren seinen Schulfreund mit einem Betonklotz erschlagen zu haben. Das ist zumindest das Ergebnis der damaligen Polizeiermittlung, Robert selbst kann ...

Robert Lindström wird beschuldigt, im Alter von 11 Jahren seinen Schulfreund mit einem Betonklotz erschlagen zu haben. Das ist zumindest das Ergebnis der damaligen Polizeiermittlung, Robert selbst kann sich an die Tat nicht erinnern, ebenso wie die Erinnerungen an seine gesamte Kindheit aus seinem Gedächtnis gelöscht sind. Er wurde aufgrund seines Alters nicht verurteilt, dennoch hat die Tat sein Leben nachhaltig beeinflusst, er ist menschenscheu und lebt zurückgezogen.
Als 28 Jahre später die Journalistin Lexa Andersson ein Buch über sein Leben schreiben will und zur selben Zeit in der Nähe des damaligen Tatorts ein 11-jähriges Mädchen ermordet wird, gerät Roberts Leben aus den Fugen. Kann Lexa recht haben mit ihrer Theorie, dass Robert unschuldig ist? Ist es Zufall, dass ausgerechtet dann ein neuer Mord geschieht, als Robert mit Lexa in den Stockholmer Vorort seiner Kindheit zurückkehrt?
Bo Svernström spielt mit den Gedankengängen und Spekulationen des Lesers. Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt, einer folgt Lexa und Robert, der andere dem aktuellen Geschehen und den Ermittlungen Carl Edsons und seines Teams. Zu Beginn des Buches liegt dabei der Handlungsstrang um Robert ein paar Tage in der Zeitlinie zurück und lässt damit offen, inwieweit er in die aktuellen Ereignisse involviert ist. Während der überwiegende Teil des Buchs in der 3. Person erzählt wird, erzählt Robert aus der Ich-Perspektive von seinen Erinnerungen und Gedanken, was eine besondere Nähe zu seiner Person schafft.
Der Spannungsbogen des Thrillers ist hoch, Nebenhandlungen und Rückblicke erhöhen die Komplexität, es wird immer wieder infrage gestellt, was hier die Wahrheit sein könnte, und wo die Wahrnehmung der einzelnen Personen die Sichtweise beeinflusst. Nach und nach kristallisiert sich heraus, dass vieles nicht so verlaufen ist, wie es auf den ersten Blick scheint.
Obwohl sich der ein oder andere Verdacht meinerseits bestätigt hat, konnte mich das Buch immer wieder überraschen, es ist erschreckend, wie nachhaltig einige der Ereignisse das Leben einzelner Protagonisten beeinflusst haben.
Mir hatte schon der erste Band um Carl Edson mit dem Titel „Opfer“ gut gefallen, ist dieser alleinstehenden Geschichte konnte mich Bo Svernström mit seinem Erzähltalent wieder überzeugen.

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Veröffentlicht am 30.06.2020

spannender Krimi mit vielen interessanten Hintergrundinfos zum Olof-Palme Mord

Die Taten der Toten
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Als ich den aktuellen Krimi um Stina Forss und Ingrid Nystöm zu lesen begonnen habe, war es gerade ein paar Tage her, dass ich im Radio von dem Abschluss der Ermittlungen um den Olof-Palme-Mord gehört ...

Als ich den aktuellen Krimi um Stina Forss und Ingrid Nystöm zu lesen begonnen habe, war es gerade ein paar Tage her, dass ich im Radio von dem Abschluss der Ermittlungen um den Olof-Palme-Mord gehört habe sowie von den verschiedenen Theorien und Ermittlungsrichtungen.
In „Die taten der Toten“ spielt dieses Ereignis eine wichtige Rolle, und somit beschäftigt sich auch dieser Band wieder mit einem Fall aus der Vergangenheit, greift aber durchaus ein aktuelles Thema auf. Gleichzeitig wird die persönliche Geschichte Stina Forss’ weiter in den Fokus gerückt.
Nach den dramatischen Anschlägen auf Stina in den letzten Bänden war klar, dass es mächtige Gegner darauf abgesehen haben, sie um jeden Preis zum Schweigen zu bringen. In dem Haus ihres Vaters hatte Stina Hinweise gefunden, die auf eine unglaubliche Spur hinweisen. Kann es sein, dass Stinas Vater in den legendären Mord an dem damaligen schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme beteiligt war? Der Mordfall gilt heute als gelöst, lässt aber weiterhin viele Fragen offen.
Während Stina Forss von ihren Verletzungen halbwegs genesen untertaucht, um in dem Nachlass ihres Vaters nach weiteren Spuren und Hintergrundinformationen zu suchen, setzt Ingrid Nystöm ihr Team gezielt darauf an, neue Ideen und Spuren zu dem Olof-Palme-Mord zu finden. Geschickt nutzt sie dazu die unterschiedlichen Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter, die zu unterschiedlichen Theorien recherchieren. Der Leser erfährt dabei viel über die politischen Stimmungen und Hintergründe der damaligen Zeit. Das Autorenduo schafft es, dabei gleichzeitig den Spannungsbogen hoch zu halten. Auch wenn die Recherchen zu der Vergangenheit schon genug spannendes Material bieten, eskaliert zusätzlich die Situation um Stina Forss in der Gegenwart, je mehr sie und ihre Kollegen durch ihr Stöbern in der Vergangenheit mächtige Kreise aufschrecken.
Die Handlung verläuft in mehreren Bahnen, Rückblicke in die Vergangenheit sowie tagebuchartige Einblendungen sorgen zusätzlich dafür, dass man beim Lesen unweigerlich anfängt über die Zusammenhänge zu spekulieren.
Mir hat auch dieser Band mit seiner komplexen Geschichte wieder sehr gut gefallen, er ist spannend und wirkt gut recherchiert, für das Verständnis insbesondere des Parts um Stina ist es auf jeden Fall hilfreich, die Vorgängerbände zu kennen.
In meiner ebook-Version gab es einige ärgerliche Fehler, an mehreren Stellen endeten Absätze mitten in einem Satz. Allerdings hatte ich nicht den Eindruck, wichtiges verpasst zu haben.

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Veröffentlicht am 28.06.2020

Die Geschichte eines Dorfes in Südtirol wird lebendig

Ich bleibe hier
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Bei Urlaubsfahrten nach Südtirol bietet der aus dem Reschensee aufragende Kirchturm ein markantes und nachhaltiges Bild, so dass das Cover des Romans „Ich bleibe hier“ schnell meine Blicke auf sich gezogen ...

Bei Urlaubsfahrten nach Südtirol bietet der aus dem Reschensee aufragende Kirchturm ein markantes und nachhaltiges Bild, so dass das Cover des Romans „Ich bleibe hier“ schnell meine Blicke auf sich gezogen hat. Während mehrerer Aufenthalte in der Region bin ich häufiger auf Spuren der schicksalhaften Geschichte der Region gestoßen, so dass der Roman meine Neugierde geweckt hat.
Schwerpunkt der Erzählung ist die Zeit zwischen 1939 und 1943, er setzt jedoch schon ein paar Jahre früher an in der Jugend der Erzählerin Trina, die in Rückblicken ihre persönliche Geschichte zu Papier bringt. Sie richtet sich mit ihren Worten und Gedanken an ihre Tochter und versucht dieser die Lebensumstände der damaligen Zeit nahe zu bringen und den Verlauf ihrer Lebensgeschichte zu erzählen. Trinas Erzählung wirkt oft sehr reserviert und schroff, dennoch berührt ihre Geschichte.
Die unbeschwert wirkende Jugend Trinas und ihrer Freundinnen findet ein jähes Ende, als mit der Machtausweitung der Faschisten unter Mussolini ihre Träume von einer Arbeit als Lehrerinnen zerstört werden. Die Region soll Italienisiert werden, in den Schulen wird nur noch Italienisch unterrichtet, Straßen- und Ortsnamen werden ins Italienische übersetzt, eine gezielte Neuansiedelung italiensicher Bewohner soll die traditionell deutschsprachige Bevölkerung in die Minderheit drängen. Widerstand wird zunehmend gewalttätig geahndet, so dass sich Trina in Lebensgefahr begibt, als sie mithilft, im Untergrund die Kinder der Region in deutscher Sprache zu unterrichten. Gemeinsam mit ihrem Mann Erich bleibt Trina ihrer Heimat in wechselnden Machtverhältnissen treu, sie übersteht schicksalhafte Zeiten, nicht zuletzt der zweite Weltkrieg stellt für die Bevölkerung Norditaliens eine harte Probe dar. Auch die Pläne und Arbeiten zum Bau eines Staudamms, die bereits seit den 1920er Jahren die Region mit großflächigen Überschwemmungen bedrohen, sorgen nach Ende des Krieges für neue Unruhen.
Marco Balzano versteht es, mit einer schnörkellosen und gleichzeitig sehr präzisen und eindringlichen Sprache den Leser an dem oft entbehrungsreichen und durch wechselnde politische Einflüsse geprägten Leben der Bewohner dieser Region teilhaben zu lassen. Er fängt ihr Wechselspiel der Gefühle ein zwischen Resignation, Ohnmacht und erbitterter Wut. Vieles dreht sich in dem Roman um Entscheidungen, die den Lebensweg prägen und um die Optionen, die den Menschen trotz aller Unterdrückung bleiben.
Der Roman hat mich ausgesprochen beeindruckt und mein Verständnis wachsen lassen für den gelebten Stolz in der Region und ihr Bestreben für Unabhängigkeit.

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