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Veröffentlicht am 09.11.2020

Die Wasserkonferenz

Dunkle Wolken über Alberta
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Thumbs DreadfulWater hat es nach Chinook gezogen. In Kanada soll es ruhiger zugehen als in Kalifornien, wo er als Polizist den einen Fall hatte, mit dem er nicht fertig werden konnte. Von der Polizeiarbeit ...

Thumbs DreadfulWater hat es nach Chinook gezogen. In Kanada soll es ruhiger zugehen als in Kalifornien, wo er als Polizist den einen Fall hatte, mit dem er nicht fertig werden konnte. Von der Polizeiarbeit will er nichts mehr wissen und verdingt sich als Fotograf. Das hindert den örtlichen Sheriff allerdings nicht, Thumbs als kommissarischen Deputy anzuheuern. Zum einen ist kein anderer verfügbar und zum anderen hat Thumbs schließlich einschlägige Erfahrung. Und so wird Thumbs gegen seinen Willen in die Ermittlung um den Tod eines Unternehmers hineingezogen, der wegen der anstehenden Wasserkonferenz im Ort weilte.

Eigentlich ist Thumbs DreadfulWater vor seiner Vergangenheit geflohen. So ganz lässt sie ihn allerdings nicht los. Er trägt die Ermittlergene einfach in sich. Doch zu Beginn dieses Falls fühlt er sich garnicht wohl. Zwar erreicht er so langsam die Mitte des Lebens, aber ein Mann wird nicht krank und schon erst recht nicht geht er zum Arzt. Seine freundlichen Mitmenschen weisen ihn aber immer wieder auf die Möglichkeit hin, dass er sich doch mal untersuchen lassen kann. Und schließlich ist Beth, die Leichenbeschauerin, auch Ärztin. Da kann sie ihm nach der Obduktion doch gleich mal Blut abnehmen. Da gehen Thumbs dann doch die Argumente aus.

Dies ist der erste Band um den indigenen Ex-Polizisten Thumbs DreadfulWater, der auf Deutsch erschienen ist. Im englischen Original handelt es sich wohl bereits um den dritten Band. Da Thumbs eine Vorgeschichte hat, stellt sich die Frage, warum mit der Reihe nicht von vorne begonnen wird. Zum Verständnis der vorliegenden Geschichte ist dies glücklicherweise nicht notwendig, die vorhandenen Hinweise machen aber schon neugierig. Thumbs wirkt wie ein sympathischer, aber etwas paddeliger mittelalter Mann, der auch nicht richtig nein sagen kann. Vielleicht will er das insgeheim auch nicht. Mit seiner Art, nicht als Polizist zu arbeiten kommt er ganz gut durch und auch ganz gut an. Obwohl eine ganze Menge passiert wirkt die Handlung eher ruhig, aber auf eine positive Art. Gut vorstellbar, sich weitere Fälle über Thumbs DreadfulWater einzuverleiben.

Veröffentlicht am 05.11.2020

Die schönste Stadt

Im schwarzen Wasser
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In einem der Becken der Gerber an der kleinen Alster findet der Lehrjunge Jakob, bei dem es sich gleichzeitig um den Sohn des Hauses handelt, eine männliche Leiche. Schnell müssen die Leichenfrau und Weddemeister ...

In einem der Becken der Gerber an der kleinen Alster findet der Lehrjunge Jakob, bei dem es sich gleichzeitig um den Sohn des Hauses handelt, eine männliche Leiche. Schnell müssen die Leichenfrau und Weddemeister Wagner herbeieilen, um den Toten zu untersuchen. Jacob kannte den Toten flüchtig. Dieser war ein junger Erfinder, über dessen Herkunft nicht viel bekannt war. Meunier war noch neu in Hamburg und dennoch hatte er schon einige Bekanntschaften geschlossen. Aber nichts hätte darauf hindeuten können, dass ihm jemand nach dem Leben trachtet. Auch die ehemalige Komödiantin Rosina, nun eine ehrbare und meist glückliche Ehefrau, beginnt sich zu fragen, wieso der junge Mann sterben musste.

Nach etlichen Jahren Pause ist die Komödiantin Rosina wieder da. Auf ruhigeren Wegen wandelt sie durch Hamburg. Mit ihrem Mann Magnus Vinstedt lebt sie in einem wohlhabenden Haus, das auch Platz für ihren Pflegesohn Tobi bietet. Doch so sehr verändert hat Rosina sich nicht. Noch immer treiben Wissbegier und Neugier sie an. Und die Sehnsucht mal wieder in die Ferne zu schweifen, ist nicht aus Rosinas Leben wegzudenken. Doch meist genießt Rosina ihr Leben in der Stadt, die sie so gut aufgenommen hat. Der Tod des jungen Meunier bringt einiges an Aufruhr und Rosina möchte herausfinden, was hinter der Tat steckt.

Mit ruhigen und genauen Beschreibungen über das Leben in Hamburg um das Jahr 1774 trifft die Autorin den richtigen Ton. Das führt beim Lesen zu einer gewissen Entschleunigung, was man durchaus genießen kann in der heutigen recht schnelllebigen Zeit. Hin und wieder nimmt dies ein wenig zu viel Raum ein und auch die diversen Handlungsstränge, denen es zu folgen gilt, lassen Rosina fast schon in den Hintergrund treten. Doch gerade wenn Rosina mit der ihr eigenen Frische und Neugier ins Geschehen eingreift, werden Erinnerungen an die junge Frau geweckt, die schon so manches Rätsel gelöst hat. Dennoch kommt Freude auf, wenn man durch Rosinas Hamburg wandelt.

Veröffentlicht am 24.10.2020

Der letzte Wald

Das Flüstern der Bäume
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Jacinda Greenwood arbeitet als Parkführerin auf Greenwood Island. Über ihren Vater und dessen Familie ist ihr nicht viel bekannt. Es ist ihr auch nicht so wichtig. Viel wichtiger sind ihr die Bäume, die ...

Jacinda Greenwood arbeitet als Parkführerin auf Greenwood Island. Über ihren Vater und dessen Familie ist ihr nicht viel bekannt. Es ist ihr auch nicht so wichtig. Viel wichtiger sind ihr die Bäume, die auf Greenwood Island eines der letzten Refugien in einer unwirtlich gewordenen Welt haben. Als Jacindas ehemaliger Verlobter auf die Insel kommt, ist sie nicht übermäßig erfreut. Das Tagebuch, welches er mitbringt, hat angeblich ihrer Großmutter gehört. Es könnte eine Verbindung zu dem unbekannten Teil von Jacindas Familie herstellen. Möglicherweise handelt es sich bei der Namensgleichheit zwischen ihrem Nachnamen und dem Namen der Insel um keinen Zufall.

In einer Welt, in der es immer weniger Bäume gibt, lebt Jacinda Greenwood in einer der letzten Oasen. Leicht ist ihr Leben nicht, sie muss ihre Studienkredite abzahlen und ihr Job hängt von den Bewertungen ab, die die Touristen, die auf Greenwood Island Pilger genannt werden, abgeben. Doch ihre Verbundenheit mit den Bäumen lässt Jacinda viel ertragen. Das Tagebuch bietet ihr einen Ausweg, eine Verlockung und jede Menge Informationen über ihren Vater und dessen Herkunft. Jacinda ist unsicher, ob sie das Angebot ihres ehemaligen Verlobten annehmen soll. Doch zunächst taucht sie in das Tagebuch und alle weiteren Informationen ein, die sie bekommen hat.

Mit dem ungewöhnlichen Aufbau seines Buches fesselt der Autor seine Leser. Werden zunächst eher Fragen aufgeworfen, muss eine Weile auf die Antwort gewartet werden. Dabei komponiert der Autor eine Familiengeschichte, die so eigentlich nicht stattgefunden haben kann. Allerdings gewinnt die Handlung gerade dadurch an geheimnisvoller Dunkelheit. Man dringt in die Tiefe der Geschichte der Familie Greenwood ein. Über mehrere Generationen entfaltet sich ein Drama, für das es eigentlich kein glückliches Ende geben kann. Haben die Greenwoods jemals glückliche Zeiten erlebt? Bemerkenswert ist ihr Bezug zu den Bäumen und Wäldern, wie unterschiedlich die Familienmitglieder die Bäume sehen, als Lieferant von Holz und Wohlstand, als Lebensgrundlage, die es zu erhalten und zu schützen gilt. Planzen und fällen sind wie zwei Seiten der Geschichte.
Auch wenn es ein paar Ungereimtheiten gibt, so ist dieser Roman doch sehr spannend und in mit seiner Dramatik ergreifend.

Veröffentlicht am 17.10.2020

Göttliche Tragödie

Der Todesbruder
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Kommissar Viktor Puppe, von seinem Kollegen Kenji Tokugawa gerne mal als Besserwisser bezeichnet, bekommt es mit einem Mord zu tun, dessen Grausamkeit jede Phantasie übersteigt. Bis ein zweites Opfer gefunden ...

Kommissar Viktor Puppe, von seinem Kollegen Kenji Tokugawa gerne mal als Besserwisser bezeichnet, bekommt es mit einem Mord zu tun, dessen Grausamkeit jede Phantasie übersteigt. Bis ein zweites Opfer gefunden wird. Zunächst scheint der einzige Zusammenhang in einer Folge römischer Ziffern zu bestehen, welche beiden Leichen beigegeben waren. Die ehemalige Kollegin und jetzige Chefin der Beiden Begüm Duran hat einen anderen Ermittlungsansatz, welcher sie zu einem beruflichen Wettstreit mit der Gerichtsmedizinerin Stella Samson führt. Viktor und Ken sind also meist zu zweit auf der Suche nach dem Täter. Dabei führt eine Spur an eine renommierte Schule.

In diesem Band ermitteln Viktor (von) Puppe und Kenji Tokugawa zum dritten Mal. Die beiden Kommissare müssen eine Reihe von Todesfällen aufklären, für die sie ihre ganzen Fähigkeiten brauchen. Besonders Viktor mit seinem Allgemeinwissen kann einige Teile des Puzzles zusammenfügen. Doch ohne Kenji würde er nicht so richtig vorankommen, auch wenn Kenjis loses Mundwerk nicht immer passend, aber meistens treffend funktioniert. Die gewitzte, aber manchmal aufbrausende Begüm fehlt manchmal. Sie muss sich noch auf ihrem neuen Chefposten zurechtfinden und einige Seminare besuchen. Und dann ist da noch ihre Rivalität zu Stella, die sie in unwegsames Gelände führt.

Dieser klug aufgebaute Thriller fesselt so, dass man ihn nach einiger Zeit nicht mehr aus der Hand legen mag. Die drei Ermittler sind einem aus den vorherigen Bänden ans Herz gewachsen und so einiges, was sie hier erleben müssen, ist auch für die erfahrenen Ermittler nicht leicht zu ertragen. Einiges, was man sich als Leser nicht allzu genau vorstellen möchte, was aber dazu beiträgt, in jedem Moment wissen zu wollen, wie es auf der nächsten Seite weitergeht. Der Fall erweist sich als äußerst spannend und auch die Geschichte Viktors, Kenjis und Begüms wird so weitererzählt, dass man gebannt folgt. Ob jede Wendung den Geschmack trifft, muss natürlich jeder selbst entscheiden, aber insgesamt ist dieser Roman sehr spannend und interessant. Ein toller Abschluss für ein tolles und liebenswertes Team.

Veröffentlicht am 03.10.2020

Saisonbeginn

Die Tote im Stadl
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Chefinspektor Wendelin Kerschbaumer macht Urlaub. Nach seiner Scheidung hat er sich Kummerspeck angefuttert und nun soll ein Sport- und Kururlaub mitsamt Diät es richten. So begeistert ist er allerdings ...

Chefinspektor Wendelin Kerschbaumer macht Urlaub. Nach seiner Scheidung hat er sich Kummerspeck angefuttert und nun soll ein Sport- und Kururlaub mitsamt Diät es richten. So begeistert ist er allerdings nicht und so kommt es ihm eher recht, dass er um Mithilfe bei Ermittlungen in einem ungeklärten Todesfall gebeten wird. Eine junge Hotelbedienstete wurde erstochen in der Nähe der Skipiste gefunden. Sie war unter ihren Kollegen beliebt und es ist zunächst rätselhaft, weshalb ihr jemand nach dem Leben getrachtet haben soll. Könnte es etwas mit ihrem Arbeitsplatz zu tun haben oder liegt das Motiv eher in der Familie?

Dankbar ist Kerschbaumer für jede Ausrede, mit der er seine Diät unterbrechen kann. Die angebotenen kulinarischen Genüsse in Bad Kleinkirchheim sind einfach zu verlockend. Und nicht dass er dem örtlichen Polizeichef, der nach einem Skiunfall im Krankenhaus liegt, etwas will, aber insgeheim ist der Wendelin froh, dass er die Arbeit übernehmen kann. Auch wenn die Wache recht antiquiert wirkt, sind die Kollegen doch umgänglich und besonders Hilde auch der neuen Technik gegenüber aufgeschlossen und ein wenig aufgeschlossen auch gegenüber Wendelin Kerschbaumer. Obwohl sie mit geeinter Kraft loslegen, verlaufen die ersten Befragungen am Arbeitsplatz der Toten eher zäh.

Der sympathische Chefinspektor Kerschbaumer bekommt es in seinem ersten Fall gleich mit einem verzwickten Fall zu tun. Als Wiener muss er sich in dem idyllischen Bad Kleinkirchheim, wo tatsächlich schon Ski-Weltcup-Rennen stattgefunden haben, erstmal zurechtfinden. Durch die liebevollen und detailreichen Beschreibungen des Autors gelingt das sowohl dem Ermittler als auch dem Leser recht schnell. Gerade in der heutigen Zeit, in der man sich genau überlegt, ob man in Urlaub fährt, lassen einen die mit Humor und Hingewandtheit zum Ort des Geschehens geschriebenen Lokalkrimis einen kleinen Ersatzurlaub erleben. Wenn zu diesem schönen Rahmen noch ein spannender Fall kommt, der verzwickt, aber nicht allzu blutig ist, dann schlägt das Leserherz schon höher. Für Wendelin Kerschbaumer ist es ein gelungener Start, der auf etliche weitere Fälle für den gewitzten Ermittler hoffen lässt.