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Veröffentlicht am 28.11.2020

Perfekt für die kalte Jahreszeit

Der goldene Kürbis
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Katie ist gerade erst in eine neue Stadt gezogen. Ausgerechnet an Halloween wird sie von der Clique um die fiese Gina herausgefordert, in die so genannte „Gruselvilla“ einzusteigen. Um nicht als Feigling ...

Katie ist gerade erst in eine neue Stadt gezogen. Ausgerechnet an Halloween wird sie von der Clique um die fiese Gina herausgefordert, in die so genannte „Gruselvilla“ einzusteigen. Um nicht als Feigling zu gelten und noch mehr gehänselt zu werden, klettert sie tatsächlich durch ein Fenster in das alte Spukhaus.

Es ist genau acht und beim letzten Schlag der Uhr geht eine Druckwelle durch den Raum; Katie wird ohnmächtig und als sie aufwacht, findet sie sich auf einem Maskenball im Jahr 1670 wieder. Dort muss sie erfahren, dass der goldene Kürbis gestohlen wurde und seitdem alle Gäste in einer Zeitschleife festhängen. Wird der Kürbis nicht vor Mitternacht gefunden, bleibt der Fluch bestehen und auch Katie kann nicht in ihre Welt zurückkehren. Gemeinsam mit dem jungen Adeligen Nicolas macht sie sich also auf die Suche nach dem Dieb – nur noch vier Stunden bis Mitternacht!

An „Der goldene Kürbis“ ist mir zuerst das wunderschöne Cover aufgefallen, das wirklich gut in diese düstere Jahreszeit passt. Doch auch die Handlung klang unheimlich spannend. Dorothea Masals Schreibstil ist sehr detailreich; ihre Schilderungen schmückt sie mit zahlreichen Adjektiven aus, von denen es manchmal auch ein paar weniger hätten sein dürfen. Die Protagonistin Katie ist ein sehr sympathisches Mädchen, die mit ihrer starken Meinung im 17. Jahrhundert natürlich aneckt. In Nicolas hat sie jedoch einen würdigen Gegenpart, der durch Witz und Charme besticht.

Die eigentliche Haupthandlung ist klassischer Kriminalfall, der mit einigen interessanten Wendungen punktet. Die nur wenigen verbleibenden Stunden führen zu einem straffen Spannungsbogen, der keinerlei überflüssige Szenen zulässt und sich daher sehr gut lesen lässt. Das freundliche Geplänkel zwischen Katie und Nicolas lockert die Geschichte auf, wobei die schwärmerischen Momente der Protagonistin vermutlich für ein etwas jüngeres Lesepublikum, als ich es bin, gedacht sind. Das tut aber dem Lesevergnügen keinen Abbruch und macht Lust, mehr von der Autorin zu lesen.

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Veröffentlicht am 10.11.2020

Zauberhaft illustrierte Geschichte mit Kritikpunkten

Juno und die Reise zu den Wundern
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Juno war schon als Kind anders als ihre Klassenkameraden – ein stilles Mädchen, das sich durchs Leben träumte. Auch das Verhältnis zu ihren Eltern ist nicht immer einfach. Die Mutter verlies die Familie, ...

Juno war schon als Kind anders als ihre Klassenkameraden – ein stilles Mädchen, das sich durchs Leben träumte. Auch das Verhältnis zu ihren Eltern ist nicht immer einfach. Die Mutter verlies die Familie, als Juno noch jung war, der Vater blieb oft auf Distanz. Und so wünscht sie sich, den einen Menschen zu finden, der nur zu ihr gehört. Als sie schließlich auf den geheimnisvollen Mr. James trifft, zwingt der sie, aus ihrer Komfortzone auszubrechen und Juno macht sich voller Neugier, aber auch Furcht auf ihre erste große Reise.

„Juno und die Reise zu den Wundern“ ist als klassisches Geschenkbuch mit einem sehr ansprechendem Umschlag, verspielten Illustrationen im Inneren und einem eher kurzen Text von knapp 150 Seiten konzipiert. Ergänzt wird dieses Layout durch eine Weltkarte auf den Buchinnendeckeln, welche all die Länder abbildet, die Juno auf ihrer Suche nach dem Glück durchreist. Auch sprachlich versucht das Buch an Vorbilder wie „Der kleine Prinz“ anzuknüpfen, was grundsätzlich gut gelingt.

Doch warum grundsätzlich? Und warum keine Bewertung mit voller Sternezahl? Eigentlich hat das vor allem mit der erwähnten Karte zu tun; einer Karte, die erlaubt, die von Juno mit blumigen Fantasienamen bedachten Länder – zum Beispiel „Land der runden Brote“ oder „Land der wilden Ponys“ - klar einem real existierenden Land auf der Welt zuzuordnen. Das mag bei den oben genannten Beispielen (Italien und Island) noch zauberhaft und schmeichelnd sein, bekommt aber einen faden Beigeschmack, wenn die Vereinigten Staaten als „Land der dicken Menschen“ bezeichnet werden. Oder wenn Russland als „Land der weinenden Herzen“ mit einer gesellschaftskritischen Szene aus dem Rest heraussticht.

Das muss man sicherlich nicht als politisch motiviert dramatisieren, dennoch bricht es für mich die gewollt magische, träumerische Grundstimmung auf und verhindert, dass ich das Buch als das lesen kann, was es ursprünglich sein wollte: Ein zauberhaftes Märchen für Erwachsene über die Reise zu uns selbst und das, was wirklich wichtig ist. Schade!

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Veröffentlicht am 06.11.2020

Für Naturliebhaber

Spuren lesen
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Wie unterscheidet man eigentlich die Spuren von Haushunden, Wölfen und Rotfüchsen? Und wie erkennt man an den Hinterlassenschaften (=Losungen) eines Tieres, um welche Art es sich handelt? Diese und weitere ...

Wie unterscheidet man eigentlich die Spuren von Haushunden, Wölfen und Rotfüchsen? Und wie erkennt man an den Hinterlassenschaften (=Losungen) eines Tieres, um welche Art es sich handelt? Diese und weitere spannende Fragen beantworten Stefanie Argow und Ulrike Fokken in ihrem Buch „Spuren lesen“. Dabei wechseln sich rein sachliche Texte mit persönlichen Erfahrungen ab, die die beiden Autorinnen in In- und Ausland gesammelt haben. Dabei erzählen sie auch, wie sie überhaupt zum Thema gekommen sind und warum sie in ihrer Freizeit so gerne Wald und Wiesen nach Fußspuren absuchen, Federn auflesen und in Kothaufen herumstochern.

Zunächst einmal muss gesagt werden, dass dieses Buch wirklich ansprechend gestaltet ist. Zwischen den einzelnen Kapiteln finden sich immer wieder schöne Tierillustrationen in Farbe und die passenden Pfoten- bzw. Hufabdrücke sind sowohl im jeweiligen Abschnitt als noch einmal am Ende des Buches gesammelt aufgezeichnet. Das macht das Nachschlagen für eigene Entdeckungen ganz einfach. Für Interessierte gibt es dann auch noch Literatur- und Website-Empfehlungen, Links zu Studien und ein hilfreiches Glossar.

Es ist ungemein spannend zu lesen, was uns Spuren alles über einen Lebensraum verraten können, zum Beispiel, wie viele Wildtiere sich tatsächlich mitten in Großstädten wie Berlin herumtreiben. Oder dass Füchse und Kaninchen sich manchmal ein- und denselben Bau teilen. Dass im April 2013 wieder Wisente im Rothaargebirge angesiedelt wurden, die seitdem zu einem wahren Politikum geworden sind. Oder dass Dachse sich gegenseitig besuchen und in fremden Bauen, so genannten Burgen, auch übernachten.

Zwischen all diesen Informationen spürt man auf jeder Seite die Begeisterung der Autorinnen und ihre Liebe zur Natur – und das ist geradezu ansteckend, so dass man sich am liebsten gleich selbst auf die Suche begeben möchte. Dabei machen Stefanie Argow und Ulrike Fokken aber auch eines ganz deutlich: Diese Vielfalt an Tieren und ihr Lebensraum muss geschützt werden, wenn auch noch viele weitere Generationen aus den Spuren lesen wollen.

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Veröffentlicht am 03.11.2020

Alexandre Dumas auf Verfolgungsjagd

Die Romanfabrik von Paris
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Alexandre Dumas ist in Paris berühmt und berüchtigt. In seiner Romanfabrik helfen ihm zahlreiche Schreiber, seine Geschichten zu Papier zu bringen. An deren Moral und Ausdrucksweise findet die Deutsche ...

Alexandre Dumas ist in Paris berühmt und berüchtigt. In seiner Romanfabrik helfen ihm zahlreiche Schreiber, seine Geschichten zu Papier zu bringen. An deren Moral und Ausdrucksweise findet die Deutsche Anna Moll, ehemalige Grräfin Dorn, Anstoß und macht sich daher auf, die Verbreitung dieses „Schmutzes“ zu verhindern. Doch dann gerät Dumas an den düsteren Magnetiseur Lemaitre, mit dem auch Anna noch eine alte Rechnung zu begleichen hat. Gezwungenermaßen müssen die beiden nun zusammenarbeiten und stellen fest, dass sie eigentlich ein gutes Team bilden. Eine waghalsige Verfolgungsjagd von Paris, über London bis nach Sankt Petersburg soll beginnen...

Der Roman spielt im Jahr 1851/52 und orientiert sich zumindest grob an historischen Begebenheiten, zumindest soweit es Dumas‘ Person und sein Werk betrifft. Die Handlug wird dabei aus mehreren Perspektiven erzählt und das Geschehen so von allen Seiten beleuchtet. Vor allem Lemaitres Kapitel sind interessant, da sie einen Einblick in seine abstoßende, aber zu gleich faszinierende Persönlichkeit bieten. Der Sprachstil ist einem historischen Roman angemessen und geizt auch nicht mit umgangssprachlichen Wendungen, die durchaus seltsam anmuten.

„Die Romanfabrik von Paris“ lebt von ihren Figuren. Der Lebemann Dumas ist unglaublich charismatisch und seine witzig-ironische Art lockert den Text auf. Auch Anna, die übrigens im Rollstuhl sitzt, macht im Verlauf der Handlung eine große Veränderung durch und überzeugt als starke Frauenfigur. An manchen Stellen ufert das Geschehen etwas aus, kapitellang wird dasselbe Szenario wiederholt. Dafür sind einige atmosphärische Szenen am Ende des Romans doch recht kurz gehalten – eine gewisse Balance wäre hier schön gewesen.

Der Schluss der Geschichte kommt überraschend, führt aber alle losen Enden wieder zusammen. Ob am Ende alles glaubwürdig und realistisch ist, muss der Leser für sich selbst entscheiden. Ich jedoch fühle mich gut unterhalten und der Roman macht definitiv Lust, mal wieder die Nase in die Seiten der „drei Musketiere“ zu stecken.

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Veröffentlicht am 13.10.2020

Maja Lundes persönlichstes Buch

Als die Welt stehen blieb
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März 2020. Nach und nach übernimmt der Coronavirus die Kontrolle über das alltägliche Leben: Kontaktverbote, geschlossene Schulen und Pflegeheime, Homeoffice und Homeschooling. Mittendrin auch die bekannte ...

März 2020. Nach und nach übernimmt der Coronavirus die Kontrolle über das alltägliche Leben: Kontaktverbote, geschlossene Schulen und Pflegeheime, Homeoffice und Homeschooling. Mittendrin auch die bekannte norwegische Schriftstellerin Maja Lunde und ihre Familie. Eigentlich schreibt sie gerade an einem neuen Roman, aber Konzentration und Motivation wollen sich nicht einstellen. Stattdessen kreisen all ihre Gedanken um ihre Familie, in der es auch einige Risikopatienten gibt und um ihre verlorene Freiheit. Sie beschließt, all das in einem Tagebuch festzuhalten.

„Als die Welt stehen blieb“ ist ihr persönlichstes Buch, so sagt Maja Lunde. Es handelt sich nicht um einen Roman, nicht um düstere Zukunftsperspektiven wie in ihrem Klimaquartett. Umso seltsamer und beklemmender ist daher, dass das, was während der Coronapandemie geschieht, durchaus dystopische Züge annimmt. Und so erzählt die Autorin aus ihrem Alltag mit drei Söhnen, die auf einmal jede Menge Zeit zuhause verbringen. Von verzweifelten Versuchen, ihnen und ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, von immer gleichen Diskussionen und Streitereien mit ihrem Ehemann. Doch sie weiß auch, dass sie durchaus in einer privilegierten Position ist mit finanzieller Sicherheit, einem eigenen Zuhause und einem Partner, mit dem sie Arbeit und Gefühlsausbrüche teilen kann.

Der etwas reißerische deutsche Titel beschreibt nicht unbedingt das, was diesen Roman ausmacht.Passender wäre wohl der originale gewesen, der einfach „Die ersten Tage“ lautet. Denn das ist genau, was Maja Lunde liefert; eine ungefilterte Beschreibung der ersten drei Wochen mit dem Coronavirus. Mit allen Sorgen und Ängsten, zum Beispiel um die Großmutter im Pflegeheim und den wachsenden Knoten in ihrer Brust, aber auch mit viel Zeit für Mann und Kinder sowie neue Familienrituale. Und sie macht sich Gedanken über alle, die in diesen Zeiten zu kämpfen haben: alleinerziehende Mütter, Kinder in gewalttätigen Familien oder Familienangehörige, die bei einer Beerdigung nicht tröstend in den Arm genommen werden können.

Fazit: Ein sehr persönliches Tagebuch aus den Anfangstagen der Corona-Pandemie mit Gedanken, wie sie wohl jeder von uns schon hatte

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