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Veröffentlicht am 29.12.2020

Zwei unterschiedliche Frauen gehen ihren Weg

Lockruf der Fremde
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Im Februar 1931 reist die deutsche Künstlerin Alice mit ihren erwachsenen Kindern Leonora und Paul nach Berlin. Alice ist in Mexico mit einem mexikanischen Politiker verheiratet, der indigene Wurzeln hat. ...

Im Februar 1931 reist die deutsche Künstlerin Alice mit ihren erwachsenen Kindern Leonora und Paul nach Berlin. Alice ist in Mexico mit einem mexikanischen Politiker verheiratet, der indigene Wurzeln hat. Alice entspricht dem nationalsozialistischen Schönheitsideal. Auch Paul hat ein europäisches Erscheinungsbild. Nur Leonora ist das Ebenbild ihres Vaters und hat von Anfang an Probleme . Angenommen und respektiert fühlt Leonora sich nur von dem jüdischen Arzt Goldmann, der ein Armenhospital betreibt. Paul verliebt sich in die verarmte Adlige Friderike, deren Bruder ein überzeugter Nazi ist. Als die Bedrohung durch die Schlägergruppen der Nationalsozialisten immer größer wird, kehrt die Familie zurück nach Mexico. Paul begibt sich auf eine Expedition nach Peru, um die Inkasiedlung Machu Picchu zu erforschen. Als Paul als verschollen gilt, macht sich die Familie auf, ihn zu suchen.

Die Autorin beginnt ihren Roman in Berlin, wo das tägliche Leben bereits stark durch den Nationalsozialismus geprägt ist. Übergriffe sind an der Tagesordnung, ohne dass die Polizei eingreift. Die Anfeindungen, denen Alice Familie ausgesetzt ist, werden immer heftiger und verabscheuungswürdiger. Besonders betroffen haben mich die Ereignisse um Dr. Goldmann, der die arme Bevölkerung behandelt und durchfüttert und dennoch von den Nazis diffamiert wird. Das hässliche Gesicht der Nazis zeigt sich besonders deutlich in der Person von Friderikes Bruder, den ich von Herzen nicht leiden konnte. Dann der Wechsel nach Mexico. Auch hier gibt es große soziale Spannungen, unter denen vor allem die Ureinwohner leiden. In Mexico steht Leonora im Mittelpunkt, die versucht einen eigenen Weg zu gehen und mit der Ablehnung ihrer Mutter kämpft. Alice ist emanzipiert und versteht nicht, dass Leonora sich in der traditionellen Rolle der Frau wohl fühlt. Noch spannender wird das Buch, als die Familie sich auf die Suche nach Paul macht. Hier thematisiert die Autorin das Aufeinandertreffen der alten Kultur und ihre Gebräuche mit der Modernen, die alles alte ablehnt.

Mir hat das Buch unglaublich gut gefallen. Es war eine ausgewogene Mischung aus Abenteuer und geschichtlichen und sozialen Hintergrundinformationen. Mit Friderike und Leonora hat die Autorin zwei sympathische und sehr unterschiedliche Frauenfiguren geschaffen, die jede für sich ihren Platz in der Gesellschaft sucht und findet. Der Roman ist in meinen Augen lesenswert, weil er Abenteuer, Liebe und geschichtliche Fakten perfekt miteinander verwebt und dadurch sehr gute Unterhaltung bietet.

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Veröffentlicht am 17.12.2020

Überzeugender Abschluss einer lesenswerten Trilogie

Die Arglist des Teufels
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Sophia und ihr Mann Heinrich gehen weiterhin getrennte Wege. Ihr Widersacher, der Stadtschreiber Schumann, hat bisher durch Arglist eine Aussöhnung der Eheleute verhindert. Sophia gelingt es tatsächlich ...

Sophia und ihr Mann Heinrich gehen weiterhin getrennte Wege. Ihr Widersacher, der Stadtschreiber Schumann, hat bisher durch Arglist eine Aussöhnung der Eheleute verhindert. Sophia gelingt es tatsächlich ein Codebuch zu erhalten , das es ihr ermöglicht das geheimnisvolle Buch zu entschlüsseln. Bekommt Sophia nun das langersehnte Rezept gegen die Pest ? Als Sophia durch einen Brief erfährt, dass ihr Mann Heinrich schwer erkrankt in Pirna ist, macht sie sich sofort durch das Krieg bedrohte Land auf die Heimreise. Dort erwartet sie eine böse Überraschung.

Ich war schon vom Vorgängerband begeistert und bin auch vom Abschluss der Geschichte restlos überzeugt. Dazu beigetragen hat der angenehm zu lesende Schreibstil der Autorin und die vielen historischen Details, die ganz nebenbei in die spannende und mitreißende Geschichte einfließen. Dadurch, dass die Eheleute getrennte Wege gehen, habe ich als Leser zwei verschiedene Wirkungskreise kennengelernt. Durch Sophia konnte ich einen Blick auf das Burgleben der damaligen Zeit werfen und bekam interessante Informationen zu den Wiedertäufern. Besonders beindruckend fand ich die Beschreibung einer Operation. Ich hätte nicht vermutet, dass so etwas damals schon möglich war. Welch ein Kontrast dazu die Welt, die mir Heinrich in Nürnberg eröffnet. Hier habe ich mich in den Sphären der Wissenschaft bewegt. Auch hier war ich verblüfft, wie groß der Wissensstand war. Die Romanhandlung selbst hat mich durch ein Wechselbad der Gefühle geschickt. Mal war es Trauer oder Wut, aber auch Freude hatte ihren Platz.

Für mich war das Buch pures Lesevergnügen wunderbar abgerundet durch ein sehr informatives Nachwort.

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Veröffentlicht am 29.11.2020

Annas Wille zu überleben

Trümmermädchen
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Köln 1941 Mitten im Krieg wächst die 8jährige Anna trotz allem beschützt bei ihrer Tante Marie und deren Mann Matthias, der eine Bäckerei betreibt, auf. Das ändert sich über Nacht, als Matthias an die ...

Köln 1941 Mitten im Krieg wächst die 8jährige Anna trotz allem beschützt bei ihrer Tante Marie und deren Mann Matthias, der eine Bäckerei betreibt, auf. Das ändert sich über Nacht, als Matthias an die Ostfront versetzt wird. Gemeinsam mit dem polnischen Fremdarbeiter Joseph versucht Marie die Bäckerei am laufen zu halten. Doch das Haus wird durch Bomben zerstört. Noch schlimmer wird es nach Kriegsende, als Hunger und ein unerbittlicher Winter Köln fest im Griff haben. Nur durch Annas Schwarzmarktgeschäfte bleibt die Familie, zu der mittlerweile auch der kleine Karl, Marie Sohn, gehört gerade so am Leben. Zu allem Unglück erkrankt Karl an Tuberkulose und das lebensrettende Penicillin ist nicht verfügbar. Wenn nur Matthias aus dem Krieg zurück wäre, doch der ist in Russland verschollen. Auch Anna wartet sehnsüchtig auf die Liebe ihres Lebens.
Die Autorin erzählt die Geschichte abwechselnd aus Maries und Annas Sicht. Das fand ich gelungen, da ich so die Ereignisse sowohl aus Sicht der Erwachsenen als auch der eines Kindes erleben durfte. Der Beginn ist geradezu heiter. Marie, Matthias und Anna sind eine glückliche Familie trotz des Krieges. Um so härter schlägt das Schicksal zu, als Matthias an die Front muss. Und als wäre der Krieg nicht genug, macht der Innungsmeister Büll Marie das Leben schwer, da Marie sich seinen Annäherungsversuchen widersetzt. Während des Krieges ein überzeugter Nazi, ist ihm auch nach Kriegsende das Glück hold. Er nutzt Maries Notlage erbarmungslos aus. Ich habe Büll von Herzen gehasst. Interessant war die Entwicklung der beiden Frauen. Zuerst ist Marie diejenige, die sich aufopferungsvoll um die beiden Kinder kümmert. Das ändert sich nach Kriegsende. Marie scheint allmählich die Hoffnung zu verlieren. Der Kampf um etwas Nahrung kostet ihre ganze Kraft. Die Kinder beginnen, sich ihr zu entfremden. Anna übernimmt immer mehr Verantwortung, kümmert sich um Karl und stellt sich den Gefahren des Schwarzmarktes. Beide Figuren sind mir dennoch ans Herz gewachsen, wobei ich ein wenig mehr mit Marie gelitten habe. Anna war manchmal ein sehr pubertierender Teenager.
Insgesamt muss ich der Autorin ein aufrichtiges Kompliment machen für ihre anschaulichen Schilderungen des Hungerwinters. Durch eindringliche Bilder und wenige Sätze war auch für mich der Schrecken dieser Zeit gegenwärtig und nachvollziehbar. Die Sprache war nie pathetisch und ich hatte auch nie das Gefühl, die Autorin würde zu sentimental werden.
Von mir für diesen bewegenden und historisch interessanten Roman 5 Sterne und eine überzeugte Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 22.11.2020

Schuld und Sühne

Ein Lied in der Nacht
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Raja findet nach dem Unfalltod seiner Frau Sita wieder zurück ins Leben. Eine große Hilfe hierbei sind die Bewohner des Kinderheims Dar-as-Salam. Als Moussa, eines der Kinder, auf einem Zeitungsbild seinen ...

Raja findet nach dem Unfalltod seiner Frau Sita wieder zurück ins Leben. Eine große Hilfe hierbei sind die Bewohner des Kinderheims Dar-as-Salam. Als Moussa, eines der Kinder, auf einem Zeitungsbild seinen Peiniger aus der Vergangenheit erkennt, sind sich Raja und Vikram sofort einig, die Schuldigen der gerechten Strafe zuzuführen. Gemeinsam mit Vikrams Frau Sameera begeben sie sich in die Schlangengrube der Verbrecher und geraten in Lebensgefahr. Nicht genug erhebt Vikrams dunkle Vergangenheit ihr hässliches Haupt. Das feste Band der Freundschaft zwischen Vikram und Raja steht vor einer großen Zerreißprobe.

Das ist bereits der 5. Band der beiden Autorinnen, der mich in das faszinierende Kashmir entführt. Es ist mittlerweile beinahe wie ein Nach-Hause-Kommen, auf die vertrauten Figuren zu treffen. Dabei gefällt mir gut, dass die Handlung verhalten beginnt. Es ist eine gelungene Mischung aus Rückblicken auf Vergangenes, um in die Handlung rein zu finden und neuen Informationen. Im weiteren Verlauf der Ereignisse merkt man schnell, dass die Autorinnen auch hervorragende Krimischriftstellerinnen sind. Die Ermittlungen von Raja und Vikram, um den Kinderschänderring zu Fall zu bringen, sind sehr spannend, wobei die in meinen Augen exotischen Rahmenbedingungen gekonnt mit einfließen. Ein anderes großes Thema des Romans ist Schuld und Vergebung. Nach welchem Maßstab beurteile ich einen Menschen ? Nach seinen Taten in der Vergangenheit oder würdige ich sein aufrechtes Bemühen um Wiedergutmachung ? Auch diese elementaren Fragen werden unterhaltsam präsentiert, ohne zu langweilen. Im Gegenteil aus ihnen ergibt sich ein neues dramatisches Element der Erzählung.

Für mich war der Roman beste Unterhaltung und eine überzeugende Mischung aus spannender Krimihandlung und den kleinen und großen Nöten der beiden Freunden Raja und Vikram mit ihren Familien, eingebettet in den besonderen Zauber Kashmirs.

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Veröffentlicht am 19.11.2020

Hamburg im 1. Weltkrieg

Die Hafenschwester (2)
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Martha hat ihren Platz im Leben gefunden. Ihr, ihrem Mann Paul und den Kindern geht es gut. Zu ihrer Freude klappt es mit einem Besuch in Amerika bei ihrer Freundin Milli, die ebenfalls ihr Glück gefunden ...

Martha hat ihren Platz im Leben gefunden. Ihr, ihrem Mann Paul und den Kindern geht es gut. Zu ihrer Freude klappt es mit einem Besuch in Amerika bei ihrer Freundin Milli, die ebenfalls ihr Glück gefunden hat. Doch dann ziehen schwarze Wolken auf. Der 1. Weltkrieg beginnt. Paul wird eingezogen und schwer verletzt. Auch andere Familienmitglieder trifft es hart. Als der 1. Weltkrieg mit den Matrosenaufständen endet, sind alle froh, diese entbehrungsreichen Jahre überstanden zu haben. Die Zukunft erscheint nun in goldenem Licht.

Das Buch bietet in meinen Augen den besten und unterhaltsamsten Geschichtsunterricht, den ich je hatte. Die Autorin lässt mich viele wichtige Ereignisse und deren Auswirkungen auf das tägliche Leben des Einzelnen durch Marthas Familie miterleben. Dabei sind die Erlebnisse vielfältig wie das Leben selbst. So durfte ich mit Paul das Dampfschiff Imperator, das größte Passagierschiff der Welt, besichtigen .Ich wusste nicht, dass es in Hamburg bereits einen Vergnügungspark ähnlich der heutigen gab. Dann erlebe ich die Schrecken und Einschränkungen des Krieges. Die Autorin widmet breiten Raum den Entwicklungen der Medizin auf dem Gebiet der Prothetik und der Gesichtschirurgie . Das fand ich sehr spannend. Was mich zudem fasziniert hat, waren die Einblicke in die chinesische Lebensweise zur damaligen Zeit. Die Autorin macht das geschickt, in dem sie Marthas Bruder Heinrich eine Chinesin heiraten lässt. Der Roman endet hoffnungsfroh mit dem Ende des Kaiserreiches.

Ich bin vom Buch aufrichtig begeistert. Fast jeder Satz bietet eine geschichtliche Information, aber immer unterhaltsam verpackt. In der Gesamtschau entwirft die Autorin ein lebendiges, interessantes Bild der damaligen Zeit mit abwechslungsreichen Einblicken in das Leben einer politisch interessierten Familie.

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