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Veröffentlicht am 07.02.2021

Sonneberg - Im Wandel der Zeit

Wo wir Kinder waren
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Wo wir Kinder waren ein Roman von Kati Naumann (Harper Collins Verlag)

Flora saß neben Otto und betrachtete die kostbaren Porzellanköpfe, die in einer Kiste auf der Bank lagen. Ein Teil von ihnen war ...

Wo wir Kinder waren ein Roman von Kati Naumann (Harper Collins Verlag)

Flora saß neben Otto und betrachtete die kostbaren Porzellanköpfe, die in einer Kiste auf der Bank lagen. Ein Teil von ihnen war schon bemalt, andere warteten noch darauf, ein Lächeln zu bekommen.
Flora fragte Otto: „Kannst du so schöne Gesichter malen?“ Otto wusste, dass er es konnte. Und schließlich hatte sie nicht gefragt, ob er es durfte. Also sagte er: „Ja.“ S.21

Drei Erben der ehemals erfolgreichen Puppenfabrik aus der zerstrittenen Familie Langbein blicken zurück auf eine traditionsreiche Vergangenheit dieser Familie.

Doch die Autorin erzählt nicht nur eine Familiengeschichte, sondern die beispiellose Geschichte einer ganzen Stadt, Sonneberg im Süden Thüringens. Denn in dem Zweig der Spielzeugherstellung waren am Anfang des 20. Jahrhunderts fast alle Familien im Ort beteiligt. In einzelnen Rückblicken blickt Kati Naumann vom Werdegang der einstigen heimischen Produktion der Puppen bis zum Aufstieg einer Weltspielwarenstadt zurück. Anhand der Episoden aus der Vergangenheit etabliert sie ein Beispiel deutscher Geschichte, historisch und wirtschaftlich gesehen. Unter dem Einfluss politischer Entscheidungen entschieden sich Menschenschicksale mit weitreichenden Folgen für eine ganze Region.

Die ausgezeichnete Recherche erkennt man in jedem Satz. Die Einflüsse der eigenen Familiengeschichte der Autorin fließen nahtlos in den Text ein und formulieren die historische Geschichte zu einem stimmigen Gesamtkontext.

Die einzelnen fiktiven Figuren sind glaubhaft dargestellt. Besonders die Charaktere des Teils aus der Vergangenheit konnten mich mitreisen und überzeugen.

Der Aufbau der Geschichte funktioniert gut und der Text liest sich dank des flüssigen und einfachen Schreibstils interessant. Der Stammbaum der Familie Langbein am Anfang und Ende des Buches trägt zur Verständlichkeit und zeitlichen Einordnung bei. Eine Danksagung, ein Interview mit der Autorin und die Zeittafel der Spielzeugindustrie in Sonneberg ergänzen das Geschriebene. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Einband, dem Cover, dessen Gestaltung mir besonders gefallen hat.

Fazit: Ich bin in der DDR, in Thüringen geboren, heimatverbunden und begeisterte Leserin von Kati Naumanns Romanen. Daher hat mir diese Erzählung aus Sonneberg sehr gut gefallen. Wo wir Kinder waren verbindet eine über Jahrhunderte mit dem Spielzeug verwobene Tradition mit der Moderne und den Gegebenheiten der Geschichte. Ich kann das Buch uneingeschränkt weiterempfehlen, da es mir stimmungsvolle Lesestunden bereitet hat.

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Veröffentlicht am 10.01.2021

Ritter, Stolz und Glaube, mittelalterliches Magdeburg zum Leben erweckt

Die Jüdin von Magdeburg
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Die Jüdin von Magdeburg ein historischer Roman von Ruben Laurin (Bastei Lübbe)

...„Eine Pfütze gleich neben dem Altar!“, platzte es aus ihr heraus, noch bevor sie ihn begrüßt hatte. „Das muss man sich ...

Die Jüdin von Magdeburg ein historischer Roman von Ruben Laurin (Bastei Lübbe)

...„Eine Pfütze gleich neben dem Altar!“, platzte es aus ihr heraus, noch bevor sie ihn begrüßt hatte. „Das muss man sich nur einmal vorstellen: Es regnet herein, es regnet auf den Altar!“ S.92

Die gealterte, mystische Mechthild spricht bisweilen aus, was nicht jedem Obrigen und Machthungrigen behagt. Ihre eigenes Schicksal ist eng mit der Geschichte Magdeburgs verknüpft. Die historische Persönlichkeit versucht die ihr anvertrauten Lieben zu schützen, wobei sie sich und ihrem Glauben treu bleibt. Die Geschlechterrolle, Fehltritte und der allgegenwärtige Glaube bieten einiges an Zündstoff und Konflikte sind somit vorprogrammiert. ...

Der Autor hat ein Gespür für diese längst vergangene Zeit. Zuweilen derb und direkt, zeitgemäß und eindringlich beschreibt er das Machtgefüge und die Abhängigkeit des Einzelnen von höfischer und kirchlicher Gunst. Es entsteht ein lebendig klares, realistisches Bild vom Mittelalter mit diesem Detailausschnitt von Magdeburg um 1250 bis 1278.

Die Charaktere sind beispiellos authentisch und wunderbar glaubhaft gezeichnet. Mit der Jüdin Esther und dem jungen Knappen Wolfram, dem einnehmenden Markgraf Otto von Brandenburg und der ach so feinen Heilwig sowie dem einnehmenden Ritter Gero von Greifenstein und dem hinterhältigen Priestermönch Gallus von Trier erlebt der Leser aufregende Momente. Die Figuren sind vielfältig und beleben die Geschichte auf berührende und bedrückende Art und Weise.

Die Personenliste mit historischen und fiktiven Figuren zu Anfang des Buches ist hilfreich, eine weitgefasste Zeittafel dient der Einordnung der vormaligen Geschehnisse. Besonders gut gefallen hat mir die Karte von Magdeburg anno 1250n.Ch. Während des Lesens habe ich die Wege des ein oder anderen Protagonisten durch die Stadt verfolgt. Ein ergänzendes Nachwort des Autors verdeutlicht die geschichtlichen Zusammenhänge und nachfolgenden Jahre dieser bewegten Ritterzeit. Das Glossar hilft bei erklärungsbedürftigen Worten weiter. Alles in allem finde ich diese Details sehr gelungen. Auch das Cover ist passend und ansprechend gestaltet. Neben dem Klappentext ist dies ein Kriterium, warum ich diesen Roman gern lesen wollte.

In den Text fließt ein Element des Mittelalters, der Minnesang ein. Der Autor hat dies gekonnt, in fast heiterer Form umgesetzt. Wie wichtig dies in Bezug auf das Werben und Leben war, wird auf informative und erfrischende Weise im Roman eingeflochten.

Zahlreiche Einzelthemen fließen hier ein. So auch die Stellung der Juden und deren wichtige Bedeutung für die damalige Zeit. Oftmals stand ihre Bedeutung und ihr Ansehen in keiner Relation zur allgemeinen Behandlung und zweifelhaften Wertschätzung, die ihnen von den Christen mehr oder weniger entgegengebracht wurde.

Nochmals wird die Historie und die Hintergründe des Dombaus beleuchtet. Hier erfolgen interessante Einblicke.

Fazit: Mit "Die Jüdin von Magdeburg" liefert Ruben Laurin, wie schon "Die Kathedrale des Lichts" und "Das Weisse Gold der Hanse" einen großartigen Roman in einem einzigartigen Schreibstil ab. Mich konnte die Geschichte durchweg begeistern und hat meine Erwartungen übertroffen. Die, in vorangegangenen Rezessionen bemerkten Fehler, störten den Lesefluss nicht. Es überwiegt der fesselnde Erzählstil und die Verflechtung der charakterstarken Figuren. Ich kann die Lektüre gern weiterempfehlen, da mir der Autor mit dem vorliegenden Roman wunderbare Lesestunden beschert hat. Es war eine bildliche Zeitreise in eine bewegte Zeit unserer Geschichte.

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Veröffentlicht am 27.12.2020

Duftender Rauch für die Sinne und die Seele

Räuchern in Winterzeit und Raunächten
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Räuchern in Winterzeit und Raunächten eine Anleitung mit inspirierenden Tipps von Christine Fuchs (Nymphenburger Verlag)

„Rauch und Duft wirken gerade in der Winterzeit und verstärkt in den Raunächten ...

Räuchern in Winterzeit und Raunächten eine Anleitung mit inspirierenden Tipps von Christine Fuchs (Nymphenburger Verlag)

„Rauch und Duft wirken gerade in der Winterzeit und verstärkt in den Raunächten auf zwei Ebenen. Der Duft sommerlicher Kräuter während der dunklen Wintermonate sorgt zum einen dafür, dass sich die Stimmung hebt und Zuversicht ausbreitet. Zum anderen vermittelt er ganz selbstverständlich den Kontakt mit der unsichtbaren Welt. ...“ S.17

Dieser informative Ratgeber wirkt auf mich wie eine Rückbesinnung auf das Ursprüngliche. Mythen, Legenden und Traditionen, verpackt in kurzen Episoden und Geschichten lassen den Leser in die fast vergessene Räucherkultur eintauchen. Die Autorin beleuchtet die Verbundenheit mit der Natur und das Leben im Jahreslauf, vereint im religiösen Brauchtum. Dabei berücksichtigt sie die Abfolge der jahreszeitlichen Feste und gibt interessante Einblicke sowie inspirierende Anregungen zu passenden Räuchermischungen. Es findet sich ein empfohlener Ablaufplan mit Tagesfragen und Raum für persönliche Erlebnisse für die Zeit der Raunächte. Eine kurze Zusammenfassung hilft bei der Auswahl der passenden Räucherutensilien. Hier kann man seinen ganz eigenen Weg zu den Stimmungen in der Winterzeit finden. Mit diesen Ritualen kann man innehalten und zur Ruhe kommen. Selbst beim Lesen macht sich schon eine angenehme Stimmung breit.
Ich habe dieses alte Ritual dank des Räucherkistchens mit neun verschiedenen Räucherwerken, welches separat erhältlich ist, ausprobiert. Ich bin begeistert von den natürlichen Gerüchen, die beim Erhitzen der getrockneten Naturmaterialien entstehen. Wobei mir das Zirbenholz mit den Zirbennadeln am besten gefallen haben. Des Weiteren habe ich reine getrocknete Pflanzen wie Salbei, Wachholder, Rosmarin, Lavendel und Majoran aus der Apotheke verwendet und experimentiere damit. Die verschiedenen Kräuter, Harze und Rinden dienen der Raumbeduftung und Reinigung. Die Erklärungen im Buch sind leicht verständlich und helfen bei der Umsetzung.

Danke, werte Frau Fuchs für die Wiederentdeckung dieses hilfreichen Brauchtums. Es funktioniert und ich kann diesen Ratgeber uneingeschränkt weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 27.12.2020

Die faszinierende Geschichte hinter der Marke Veuve Clicquot

Madame Clicquot und das Glück der Champagne
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Madame Clicquot und das Glück der Champagne ein Roman von Susanne Popp (Rowohlt Verlag)

„Clicquot? Verzeihung, wer ist Clicquot, Madame?“, sagte Josephine in die sekundenlange stille hinein, die plötzlich ...

Madame Clicquot und das Glück der Champagne ein Roman von Susanne Popp (Rowohlt Verlag)

„Clicquot? Verzeihung, wer ist Clicquot, Madame?“, sagte Josephine in die sekundenlange stille hinein, die plötzlich im Saal herrschte.
„Das bin ich, mit Verlaub, Eure Exzellenzen. Gestatten, Veuve Clicquot-Ponsardin, Champagnerproduzent und-lieferant.“ S.127

Reims, Champagne 1805: Barbe-Nicole Clicquot, geborene Ponsardin, reift nach dem Tod ihres Mannes Francois zu einer pragmatischen Geschäftsfrau mit entsprechendem Durchsetzungsvermögen. Sie übernimmt trotz Gegenwinds ihrer Familie mit 27 Jahren die Geschäfte um den Weinhandel und die Schaumweinproduktion ihres verstorbenen Mannes. Mit Hilfe eines neuen Herstellungsverfahrens und durch Ehrgeiz und Geschick sowie einer Portion Neugierde perfektioniert sie den Geschmack des Champagners. Durch diese Einzigartigkeit will sie ihre Konkurrenten überflügeln und verdreht mit ihrem Mut und Charme so manchen Herren den Kopf.

Eingebettet in einen sehr gut recherchierten Kontext erzählt die Autorin Episoden aus dem Leben der Witwe Clicquot. Die Umstände dieser Zeit und daraus resultierende Schwierigkeiten in Bezug auf Barbes Stellung als Frau in der Gesellschaft sowie als Geschäftsfrau werden eindringlich dargelegt. Interessant gestalten sich die Risiken und Chancen in Bezug auf die Handelsbeziehungen unter den gegebenen historischen Rahmenbedingungen. Neben den spannend erzählten Fakten kommt Barbes Gefühlsleben nicht zu kurz. Gleich zwei Männer interessieren sich für die faszinierende Frau. Doch nur als Witwe mit ihrem prägnanten Namen kann sie die Champagnerproduktion fortführen.
Madame Clicquot und das Glück der Champagne ist ein durchweg gelungener Roman von einer Frau hinter der traditionsreichen Champagnermarke Veuve Clicquot.

Fazit: Ich habe diesen äußerst interessanten Roman mit dem wundervollen Cover sehr gern gelesen. Gelungene Charaktere und ein einzigartiger Schreibstil erwecken die Bilder zum Leben. Mit dieser bemerkenswerten Frau alle Höhen und Tiefen zu meistern, fühlt sich einfach gut an. Ich kann diese Erzählung aus dem historischen Herzen Frankreichs uneingeschränkt weiterempfehlen. Das ist tolle Unterhaltungsliteratur, bei der man sein Wissen aufbessern kann!

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Veröffentlicht am 07.12.2020

Gelungene Fortsetzung

Gut Greifenau - Silberstreif
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Gut Greifenau-Silberstreif der fünfte Band der Familemnsaga von Hanna Caspian (KNAUR Verlag)

Rebecca griff nun nach dem Rohrstock und brach ihn mit einer einzigen Bewegung entzwei. Dann ging sie einen ...

Gut Greifenau-Silberstreif der fünfte Band der Familemnsaga von Hanna Caspian (KNAUR Verlag)

Rebecca griff nun nach dem Rohrstock und brach ihn mit einer einzigen Bewegung entzwei. Dann ging sie einen Schritt vor. „In der Grafschaft derer von Auwitz-Aarhayn untersteht jeder Mann und jede Frau und ganz besonders jedes Kind dem Schutz unseres Hauses. Eines alten Hauses einer alten Familie, die in jeden einzelnen vaterländischen Krieg der letzten Jahrhunderte ihre Söhne geschickt hat. Eines der Tradition wie der Moderne verpflichteten Hauses, dem ganz besonders das Wohl und die Bildung der jungen Generationen am Herzen liegt.“ S.358

Herbst 1923: Die Hyperinflation hinterlässt ihre Spuren auch auf dem herrschaftlichen Gut Greifenau. Die politische Situation der Weimarer Republik ist unstabil und die Verunsicherung in der Bevölkerung wächst. Die Fakten zur Geschichte Deutschlands kennt man aus der Schule, doch Hanna Caspian erweckt in ihrer Familiengeschichte um Gut Greifenau Geschichte zum Leben. Ohne große Ausschweifungen, sondern anhand der unterschiedlichsten Figuren und deren Schicksalen, erlebt der Leser die Auswirkungen der geschichtlichen und damit verbundenen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. So sind es viele einzelne Erzählungen, die in diesem Roman zusammenfinden. Stände und Klassen sowie die traditionelle Rollenverteilung ringen mit zaghaften Versuchen um das Aufweichens der klassischen Struktur. Die einzelnen Figuren tragen ihren Teil dazu bei, Hausherren wie auch das Personal, gut Betuchte, wie einfache Leute.
Jeder Protagonist hat Ecken und Kanten, macht Fehler und verleiht der Geschichte durch bestimmte Charakterzüge seinen Reiz. Ein Wiedersehen mit Nikolaus, der gern Befehle gibt, Katharina mit ihrer Hartnäckigkeit, Feodora, die an der Vergangenheit hängt, machen diesen Roman so lebendig.
Die Erzählung ist mitreißend, spannend und durchweg gelungen erzählt. Zahlreiche Themen der damaligen Zeit werden anschaulich dargestellt und ergeben im Gesamtkontext einzelne Fäden, die sich zu einem roten Strang zusammenziehen. Die Autorin glänzt, wie in den vorangegangenen Teilen, durch eine ausgezeichnete Recherche.
Die gelungene Aufmachung runden anschauliches Kartenmaterial sowie ein Personenregister ab.

Fazit: Hier kann man regelrecht abtauchen zwischen Tränen, Liebe, Intrigen und Hoffnungen. Die Geschichten der Personen Gut Greifenaus aller Auwitz-Aarhayns sowie deren Bediensteten aus den Vorgängerbänden werden weitererzählt. Eine Saga, die fesselt und tolle Lesestunden birgt. Ich freue mich sehr auf den sechsten Teil dieser bewegenden Familiengeschichte.

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