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Veröffentlicht am 17.01.2021

Eine Reise die Mut macht

Miss Bensons Reise
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London 1950

Seitdem ihr Vater, vor vielen Jahren, in einem Naturkundebuch einen goldenen Käfer aus Neukaledonien gezeigt hat, träumt Margery Benson eines Tages den Käfer zu entdecken. Doch dieser Traum ...

London 1950

Seitdem ihr Vater, vor vielen Jahren, in einem Naturkundebuch einen goldenen Käfer aus Neukaledonien gezeigt hat, träumt Margery Benson eines Tages den Käfer zu entdecken. Doch dieser Traum verblasst sich über die Jahre hinweg. Margery ist mittlerweile 46 Jahre alt, arbeitet als Hauswirtschaftslehrerin, obwohl sie selbst nicht mal kochen kann, und lebt ein einsames Leben. Nach einem grauenhaften Tag in der Schule und nach geklauten paar Stiefeln, beschließt Margery sich endlich ihr Traum zu erfüllen. Sie kratzt ihre Ersparnisse zusammen, rüstet sich für ihre Expedition nach Neukaledonien aus und gleichzeitig sucht sie nach einer Expeditionsleiter. Doch Nachkriegszeiten in London, wo die Leute ums Lebensmittel kümmerten und kein Mensch, der wusste, wo Neukaledonien sein sollte, hat ihre Annonce sehr wenig Resonanz. Kurz vordem Abreise entscheidet Margery für Enid. Doch als Enid mit gelben Haaren, in knappen, pinken Kostüm mit winzigen Hütchen vor ihr steht, war alles spät für einen Rücktritt. Nun, die Reise kann losgehen...

Wenn ich ehrlich bin, als ich dem Cover zum ersten mal gesehen habe, dachte ich: Noch kitschiger geht es nicht wohl. Doch Rachel Joyce hat mich mit ihrem neuen Roman auf so eine ungewöhnliche Reise mitgenommen, dabei spielte das Cover gar keine Rolle.

Joyces Schreibstil ist leicht, sehr bildhaft aber vor allem Wendungsreich, sodass ich von Anfang bis zu Ende keine Langeweile beim Lesen hatte. Es gibt zwar Gegebenheiten die mir unrealistisch und kitschig wirkten aber die im Gesamtpaket passend, sogar stellenweise notwendig waren.
Die Autorin lässt ihre Fantasie mit ihrer Protagonistinnen blühen und versüßt sie die ganze mit Situationskomik. Schwarzer Humor, die nicht jedermanns Sache ist aber mich total amüsiert hat. Die Figuren sind weder gutartig noch böse. Die haben eigenen Last zutragen, haben Ecken und Kanten und verschiedene Interessen an das Leben. Allein diese Vielschichtigkeit macht das Buch für mich was Besonderes.

Obwohl die Geschichte unrealistisch und skurril war, war es für mich absoluter Lesevergnügen! Mich hat es lange nicht mehr ein Buch so richtig gleichzeitig amüsiert und nachdenken erregt, wie dieses hier. Ich kann es nur weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 29.12.2020

Ein spannendes Familiendrama

Die Schweigende
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München, 2019.
Angelika, Imke, Anne... Drei Erwachsene Töchter von Karin und Jens Remy. Töchter, die nicht verschiedener sein können. Obwohl die sehr unterschiedlich sind, verbindet die Schwestern zwei ...

München, 2019.
Angelika, Imke, Anne... Drei Erwachsene Töchter von Karin und Jens Remy. Töchter, die nicht verschiedener sein können. Obwohl die sehr unterschiedlich sind, verbindet die Schwestern zwei Gefühle für immer: Mutter Karins Gefühlslosigkeit und Vater Jens Liebe. Die Mädels hingen sehr an ihrem Vater und umso mehr bricht ihr Leben zusammen als er plötzlich stirbt. Doch auf dem Sterbebett nimmt er Imke ein Versprechen ab. Sie soll nach einem Peter suchen...

1956.
Die lebenslustige Karin liebt Elvis Presley, ihre Blue Jeans und träumt davon später Ärztin zu werden. Doch ihre Vorlieben und Wünsche kann im Nachkriegsdeutschland sehr schnell gefährlich werden...

Wieder eine fesselnde und berührende Familiengeschichte von Ellen Sandberg. Und wieder habe ich mit angehaltendem Atem aber auch stellenweise Tränen in den Augen innerhalb zwei Tagen durchgelesen und das schafft bei mir nicht jeder AutorIn. Diesmal hat sie ein dunkles Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte aufgegriffen, welche mich als Mutter immer aufs neue erschüttert: Erziehungsheime. Ich habe einige Bücher über Misshandlungen in Kinderheimen gelesen aber Dank dem sehr bildhaftem und schonungslosem Erzählstil der Autorin, erlebt man hier die Geschehen Haut nah. Die Story fängt wie eine ganz normale Familiengeschichte an, man lernt die vielseitigen Charaktere und unterschiedliche Zeiten kennen. Doch ab Mitte des Buches nimmt Geschichte Fahrt und ab da an, konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen.

Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Mutter Karin, auf zwei Zeitebene, und von ihren drei erwachsene Töchter, die sehr unterschiedlich sind. Besonders Anne hat mich auf den Palmen gebracht aber es ist halt wie im Wahren Leben unter die Schwestern. Ich finde die Darstellung sehr authentisch.

„Die Schweigende“ ist eine fiktive, tragische, spannende Familiendrama, welche mit detailgetreuer Recherche sehr echt wirkt. Von mir eine absolute Leseempfehlung!!!

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Veröffentlicht am 11.11.2020

Klein aber Fein!

Albas Sommer
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1874, Spanien

Alba und ihre keine Schwester Luisa wachsen wohlhabend und gut behütet in Spanien auf. Die Schwestern lieben alles, was mit der Natur verbunden sind und als ins Sommerhaus im Tal von Valdecabriel ...

1874, Spanien

Alba und ihre keine Schwester Luisa wachsen wohlhabend und gut behütet in Spanien auf. Die Schwestern lieben alles, was mit der Natur verbunden sind und als ins Sommerhaus im Tal von Valdecabriel einziehen, genießen sie die wilde Landschaft des Albarracin-Gebirges. Sie streifen stundenlang durch die Natur, sammeln Pflanzen und Schmetterlinge für ihrem eigenen Herbarium. Dabei unterstützt sie ihre Mutter mithilfe der örtlichen Priester. Der neue Priester ist selbst ein Naturverbunde-Mensch und mit Begeisterung unterrichtet er die Mädchen. Als seinem langjährigen Freund, den bekannten deutschen Botaniker Heinrich Willkomm in Valdecabriel zu Besuch kam und Alba ihre neu entdeckte Pflanze zeigte, verändert sich für das junge Mädchen ihr Leben schlagartig...

Nachdem ich das Buch innerhalb in einem Tag beendet habe, frage ich mich, wie man so eine gefühlsvolle und spannende Geschichte in 230 Seiten erzählen kann? Es geht hier um die erste Liebe, Familienleben und die Liebe zur Natur. Es ist eine Historische Coming-of-Age Geschichte von ein mutiges junges Mädchen. Die spanische Autorin nimmt ihre Leser ruhig aber eindringlich nach ihre Heimat mit und erzählt sie sehr bildhaft aus Albas schönste und traurigste Sommer. Mit Alba durch die Natur zu streifen, neue Blumen entdecken mit ihr erstaunen und Lieben erwärmt einen dem Herz. Die Kapitel sind kurz und der Schreibstil ist sehr leicht, sodass man Gefühl hat durch die Seiten fliegen.

Es ist eine wunderbare, kurzweilige, Wohlfühlgeschichte, welche mir schöne Lesestunden beschert hat.

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Veröffentlicht am 08.11.2020

Sehr wichtiges Thema!

Unsere Körper sind euer Schlachtfeld
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„Die Entdeckung des Mannes, daß seine Genitalien als Waffe zu gebrauchen sind, um damit Furcht und Schrecken zu verbreiten, muss neben dem Feuer und der ersten groben Streitaxt als eine der wichtigsten ...

„Die Entdeckung des Mannes, daß seine Genitalien als Waffe zu gebrauchen sind, um damit Furcht und Schrecken zu verbreiten, muss neben dem Feuer und der ersten groben Streitaxt als eine der wichtigsten Entdeckungen in prähistorischer Zeit angesehen werden.“

Wenn es um Krieg geht, liest/hört/sieht man die Berichte nur über die Männer, und zwar warum? Genau diese Frage beschäftigte die Autorin einige Jahrelang. Christina Lamb, mehrfach ausgezeichnete Kriegskorrespondentin, hat mich einfühlsam aber schonungslos in eine Reise mitgenommen, die ich nie mehr vergessen werde! Ich bin in fünfzehn Kapitel von Europa nach Asien, Süd Amerika bis zum Afrika gereist. Ich habe mit schwitzigen, zitternden Händen, wutentbrannt und tränen überströmt viele Frauenschicksale gelesen und deren Fotos angeschaut. Ich bin 37 Jahre Alt, lese ich seit 30 Jahren leidenschaftlich und kaum hat ein einziges Buch mich so dermaßen fertig gemacht, wie das Buch hier! Was die Frauen hier erzählen sind grausam, erschütternd, geht nicht nur unter die Haut, sondern trifft einen mit Wucht ins Mark. Egal ob es in den 40'er, 70'er, 90'er oder ganz frisch mit dem Syrien Krieg, egal welche Hautfarbe, ob Christ, Muslim oder gar keine Religion, beim jedem Krieg leiden die Frauen, Mädchens, Babys darunter. Wenn es um Manns vergnügen ging, sind die Frauen im brennende Mittelpunkt! Was diese Männer aber vergessen, ohne Frauen gibt es keiner Männer!

Frau: Erwachsene Person weiblichen Geschlechts, laut Duden. Nein! Ich bin nicht nur ein weibliches Geschlecht! Ich bin eine Tochter, Enkelin, Schwester, Tante, Freundin, Kollegin... Ich bin eine Mutter von einer Tochter... Bitte schließt eure Augen nicht, macht den Mund auf, denn etwas Feminismus schadet unsere Welt nicht!

Einer der wichtigsten Bücher die ich je gelesen habe. Ich muss immer noch schwer schlucken aber möchte ich das Buch an jedem ans Herz legen. Definitiv mehr als fünf Sterne verdient.

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Veröffentlicht am 05.11.2020

Traurig aber Wahr

Das Mädchen, das ein Stück Welt rettete
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„Die Welt ist schön, aber die Menschen machen sie hässlich“

„Vor Przemśl war mein Leben voller Hühner“ fängt an eine sechzehnjährige zu erzählen.
Stefania; eine der neun Kinder von Familie Podgórska. ...

„Die Welt ist schön, aber die Menschen machen sie hässlich“

„Vor Przemśl war mein Leben voller Hühner“ fängt an eine sechzehnjährige zu erzählen.
Stefania; eine der neun Kinder von Familie Podgórska. Bis zu ihrem dreizehnten Geburtstag wächst sie auf einem Bauernhof in Polen auf, wo die Schweine stinken und die Hühner lauthals gackern. „Es war eine perfekte Kindheit. Und ich fand es schrecklich.“ erzählt sie aus ihrer Kindheit. Kaum dreizehn, gepackt mit voller Hoffnung verlässt sie ihre alleinerziehende Mutter mitsamt kleine Schwester und zieht sie bei ihren älteren Schwestern in Przemśl ein. Sie findet ein Ausbildungsplatz in einem „Tante-Emma-Laden“, welche die jüdische Familie Diamant gehört, wo sie herzlich wie ein Familienmitglied angenommen wurde. „Ketzele“ nennt die Frau Diamant sie immer liebevoll und wenn sie zwischen den Konservendosen anfängt zum Singen, „Hör jetzt bloß nicht auf. Du bist meine Morgenunterhaltung“ sagt Izio.
Izio Diamant; jüngster Sohn, Medizinstudent und verliebt in Stefania. Die frisch verliebten träumen von einer gemeinsamen Zukunft, doch dann beginnt der Zweite Weltkrieg.
Entsetzt musste die sechzehnjährige miterleben, wie die Diamants und jahrelange liebgewordene jüdische Nachbarn ins Ghetto ziehen müssen.
Das junge Mädchen tut, was sie kann und versorgt die Familie mit aller nötigsten. Doch nur Izios Bruder Max gelingt im letzten Moment die Flucht und Stefania zögert nicht eine Sekunde, Max bei sich zu verstecken.
Eine nach dem andren, von schrecklicher Angst, Trauer und Hungersnot getriebene zwölf weitere Juden finden auf ihrem Dachboden Zuflucht. Bis eines Tages die Nazis vor ihrem Haus stehen...

Was für eine grandiose Geschichte! Mein größtes Dankeschön geht an die Insel Verlag, für das Veröffentlichen des Buches denn ich habe das Buch an meiner Tochter weitergegeben und ich denke, dass es einer der besten Jugendromane, die man Lesen muss, um unsere Geschichte zu verstehen.

Gekonnt hat mich die US-amerikanische Kinder- und Jugendbuchautorin in den erschütternden Zweiten Weltkrieg Jahren mitgenommen und sehr eindringlich, in großartigen Bildern und Szenen mir die finsteren, schmerzhaften Seiten des Krieges präsentierten. Die Verfolgung, Missbraucht und Tötung von Juden geht einem unter die Haut. Deren Leiden sind so bildhaft auf dem Papier gebracht, sodass man das Gefühl hat, mitten im Geschehen zu sein.

Der Roman beruht auf die Lebensgeschichte von Stafania Podgórska, die leider kurz vor dem Veröffentlichen starb. Ein sehr mutiges Mädchen, die für immer in meinem Gedächtnis bleiben wird.

Eis ist eine tief berührende, traurige dennoch hoffnungsvolle Geschichte, welche eine von der besten Bücher die ich dieses Jahr gelesen habe. Absolute Leseempfehlung von mir.

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