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Veröffentlicht am 03.02.2021

Perfekter Schmöker!

Elbleuchten
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Wenn ich 1886 in Hamburg gelebt hätte – was hätte ich für eine Freundin wie Lily Karsten gegeben! Lily ist eine junge Frau, die trotz ihrer privilegierten Lage das Herz am rechten Fleck hat und sich auf ...

Wenn ich 1886 in Hamburg gelebt hätte – was hätte ich für eine Freundin wie Lily Karsten gegeben! Lily ist eine junge Frau, die trotz ihrer privilegierten Lage das Herz am rechten Fleck hat und sich auf ihre wohlhabende Familie rein gar nichts einbildet. Mit ihren knapp 20 Jahren ist sie natürlich im besten Alter, um aufzubegehren – was sie anfangs zögerlich, dann aber immer heftiger tut. Aber warum? Warum sollte eine junge Frau - verlobt mit einem gutaussehenden, reichen Mann - ihre Privilegien in Frage stellen?

 

Die Antwort heißt: Jo. Jo ist Johannes Bolten, ein Hafenarbeiter, dem Lily durch Zufall bei einer Schiffstaufe begegnet und der beherzt eingreift, als durch Lilys Schuld bzw. Unüberlegtheit ein anderer Arbeiter verletzt wird. Lily hat starke Schuldgefühle gegenüber dem Verletzten, möchte helfen, weiß aber nicht, wie sie das am besten anstellen soll. Zumal ihre Familie alles tut, um den guten Ruf ihrer Reederei zu wahren und das „unglückliche Ereignis“ zu vertuschen. Jo wird Lilys „Mittelsmann“, der sie unbeschadet durch das berüchtigte Gängeviertel lotst und ihr hilft, ihre Schuld bei der Familie ein Stück weit zu begleichen.

 

Und dann wird Jo mehr für sie. Die wohlerzogene Tochter aus gutem Hause merkt, dass ihre Eltern sie vor vielen Wahrheiten abgeschirmt haben, dass die „wirkliche Welt“ in Hamburg ganz anders aussieht, als sie es mit ihren Teekränzchen und Bällen gewohnt ist. Lilys Ehrgeiz ist gepackt – sie will helfen. Als dann noch an ihrem Lehrerinnenseminar (ein Beruf, den sie wohl nie ausüben wird, da er ihr nach der Heirat verboten wäre) eine neue Mitschülerin auftaucht, die in der Schweiz Medizin studiert hat, werden Lily die Standesunterschiede, Missstände und Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen endgültig klar. Und sie beginnt, Stück für Stück, eine andere zu werden – was weitreichende Folgen für ihre ganze Familie hat.

 

Es ist schwer, die Handlung dieses umfangreichen Romans in eine kurze Zusammenfassung zu pressen, denn er ist trotz seiner Länge sehr temporeich und es passiert unheimlich viel. Das tut dem Lesefluss gut – es wird an keiner Stelle langatmig oder gar langweilig. Ganz im Gegenteil, die Geschichte hat viel Schwung, und später dann viel Dramatik! Der Plot ist gut aufgebaut, die Ereignisse greifen ineinander und lösen eine Kettenreaktion aus, an dessen Ende (zunächst) eine zerrüttete Familie steht. Geschickt platzierte Cliffhanger lassen einen jetzt schon ungeduldig die Fortsetzung erwarten.

 

Und noch einmal kurz zur Figur der Lily, denn sie hat mich sehr fasziniert. Der Autorin gelingt es, eine junge Frau zu erschaffen, die trotz des Settings 1886 unheimlich frisch und modern wirkt, ohne aus der Zeit gefallen zu sein. Schon die Eingangsszene, als Lily sich vertrödelt und (fast) zu spät zur Schiffstaufe kommt, ist so lebhaft geschildert, dass man unwillkürlich mitten hineingezogen wird ins Geschehen. Die Fähigkeit, solche Romanheld*innen zu erschaffen, ist eine Gabe, die außergewöhnlich ist.

 

Deshalb freue ich mich umso mehr, diesen Roman gelesen zu haben – es war eine spannende, unterhaltsame und mitreißende Zeitreise ins alte Hamburg und für mich ein perfekter Schmöker! Ich hibbel wirklich schon sehnsüchtig dem zweiten Teil entgegen – zum Glück ist es bis zum angekündigten Erscheinungstermin im April 2021 nicht mehr so lange hin!

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Veröffentlicht am 25.01.2021

Die Anfänge der Pädiatrie in Deutschland

Kinderklinik Weißensee - Zeit der Wunder (Die Kinderärztin 1)
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Berlin, 1911. Gerade wurde das erste reine Kinderkrankenhaus Berlins eröffnet – die Kinderklinik Weißensee. Am Stadtrand gelegen, soll sie den kleinen Patienten eine erstklassige, auf ihre Bedürfnisse ...

Berlin, 1911. Gerade wurde das erste reine Kinderkrankenhaus Berlins eröffnet – die Kinderklinik Weißensee. Am Stadtrand gelegen, soll sie den kleinen Patienten eine erstklassige, auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Versorgung gewährleisten. Sogar eine Milchaufbereitungsstelle mit eigener Kuhhaltung gibt es auf dem Gelände der Klinik, um Babys im Bedarfsfall eine gute Ernährung zukommen zu lassen.

 

Dafür, dass das alles vor über 100 Jahren installiert wurde, klingt es doch sehr fortschrittlich, was in dieser Klinik geleistet werden sollte. Und diese Klinik gab es tatsächlich, sie war bis ins Jahr 1997 noch in Betrieb und die Autorin hat sich an der Geschichte des Bauwerks und seiner Beschäftigten orientiert.

 

Nur ihre Protagonistinnen sind fiktiv: die Schwestern Marlene (19) und Emma (17), aufgewachsen im Waisenhaus, die – für viele unverständlich – eine höhere Bildung aufweisen und vom Oberarzt persönlich als Elevinnen (also Schwesternschülerinnen) für die Klinik ausgewählt wurden.

 

Der Klinikalltag und die Ausbildung zur Kinderkrankenschwester werden umfassend geschildert, natürlich nicht ohne die Mädchen auch erste Erfahrungen in Liebesdingen sammeln zu lassen. Das Buch bietet eine sehr gute Mischung aus medizinischem Hintergrund und Unterhaltung. So war es für mich zum Beispiel sehr interessant zu erfahren, wie früher Diagnosen gestellt, wie Operationen durchgeführt und welche Anforderungen an Ärzte und Pflegepersonal gestellt wurden.

 

Das alles verbindet die Autorin sehr unterhaltsam mit dem Privatleben der Schwesternschülerinnen, die zwischen Konkurrenzkampf und erster Liebe durch eine Zeit gehen, die sie als sehr intensiv erleben. Dabei wird deutlich, dass Marlene nach Höherem strebt und nach ihrer Ausbildung gern noch Medizin studieren würde, um Kinderärztin zu werden – ein Unterfangen, das nicht einfach ist für ein fasst mittelloses Waisenmädchen. Emma hingegen findet ihre Erfüllung in dem Pflegeberuf und ist am glücklichsten, wenn sie den kranken Kindern ein Lächeln aufs Gesicht zaubern kann.

 

Warum sich die Schwestern emotional sehr voneinander entfernen und ob sie ihre jeweils gesteckten Ziele erreichen können, das solltet ihr selbst lesen. Denn auch, wenn die Themen Medizin und ehrgeizige junge Frauen im beginnenden 20. Jahrhundert bei weitem keine neuen mehr sind in der Unterhaltungsliteratur, hat mich das Buch doch absolut gepackt. Der angenehme, detaillierte Schreibstil der Autorin sorgt dafür, dass man regelrecht die Zeit vergisst – und genau so sollte gute Unterhaltungslektüre sein. Deshalb 5 Sterne und eine Leseempfehlung für alle, die einen richtig schönen historischen Schmöker zu schätzen wissen.

 

PS. Der Nachfolgeband ist für September 2021 angekündigt. Ich freu mich schon drauf und möchte unbedingt wissen, wie es für Marlene und Emma weitergeht!!!

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Veröffentlicht am 21.01.2021

I am very amused!

Das Windsor-Komplott
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Die Queen, wie sie leibt und lebt. Nicht einfach einzufangen in einem Roman, gleich recht mit der ungewöhnlichen Idee, dass Her Majesty höchstselbst Verbrechen aufklärt. Nicht nur ein neuer Einfall der ...

Die Queen, wie sie leibt und lebt. Nicht einfach einzufangen in einem Roman, gleich recht mit der ungewöhnlichen Idee, dass Her Majesty höchstselbst Verbrechen aufklärt. Nicht nur ein neuer Einfall der Autorin SJ Bennett, sondern vor allem auch eine Herausforderung, denn es ist nicht einfach, eine Kriminalgeschichte mit der Queen als Detektivin zu erzählen, ohne dass es unglaubwürdig wird.

 

Und deshalb gleich vorweg: wer hier eine schrullige Miss Marple erwartet, liegt falsch. So richtig falsch. Elizabeth II. ist und bleibt Königin mit Leib und Seele – und damit äußerst diplomatisch und diskret. Sie zieht die Fäden im Hintergrund, ohne jemals aus ihrer Rolle zu fallen - genau so, wie sie es auch im wahren Leben tun würde. Und vor dieser Leistung der Autorin habe ich höchsten Respekt.

 

Der erste „Fall“ für die Queen of Crime führt tief ins Innere des königlichen Haushalts. Ein junger russischer Pianist wird nach einer Soiree auf Schloss Windsor in seinem Gästezimmer tot aufgefunden. Die Zeichen deuten zunächst auf einen unglücklichen Unfall. Doch mit einer untrüglichen Nase für Zusammenhänge hegt die Königin Zweifel. Während die Metropolitan Police sofort eine politische Schandtat Putins wittert und hektisch (und mit Scheuklappen) drauflos ermittelt, geht es die Queen erwartungsgemäß bedacht und taktvoll an.

 

Sie lässt ihre junge Privatsekretärin Rozie, die erst seit einem halben Jahr dem royalen Haushalt dient, einige kleine „Aufgaben“ erledigen. Kontakt zu alten Bekannten der Königin aufnehmen, sie zum Beispiel auf einen Drink nach Windsor einladen – um der alten Zeiten willen. Dass diese alten Bekannten zufällig auch Experten für russische oder Wirtschaftsspionage sind, muss man ja nicht erwähnen. Eine kleine beiläufige Frage zur derzeitigen Stimmung in China genügt… und bald weiß die Queen mehr als ihr Geheimdienst. Und weiß dieses Wissen wiederum äußerst geschickt einzusetzen.

 

Es ist wirklich höchst amüsant zu sehen, wie Elizabeth ganz ruhig und bedächtig, aber sehr klug die Fäden im Hintergrund zieht und damit sowohl die Polizei als auch ihre Geheimdienste zum Narren hält. Bis sie die Zeit als gekommen sieht, ihr Wissen vorsichtig an die relevanten Personen weiterzugeben – selbstverständlich, ohne dass diese auch nur ahnen, woher die Informationen kommen und sich schließlich nach der erwartungsgemäßen Aufklärung des Falles auch noch damit vor ihrer Majestät brüsten. Die wiederum Fassung bewahrt und sich die „Erfolgsgeschichte“ mit einem leisen Lächeln anhört.

 

Fazit: die Queen ist in ihrem Charakter und ihrer Vorgehensweise in diesem Krimi perfekt getroffen. Genau so würde ich erwarten, dass sie mit einem solchen Todesfall umgeht. Sie ist unbestritten die Hauptperson dieses Buches, auch wenn sie sehr umsichtig und ruhig agiert. Für kleine Schmunzler zwischendurch sorgt insbesondere Philip, der in seiner direkten und unverblümten Art immer wieder die eine oder andere Wahrheit ausspricht. Er hätte aus meiner Sicht gern noch eine etwas größere Rolle in diesem Roman haben dürfen – aber vielleicht ändert sich das ja im Folgeband, der bereits angekündigt ist für Anfang 2022. Für mich war dieses Buch jedenfalls ein königliches Vergnügen!

    

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Veröffentlicht am 17.01.2021

Zwischen Rodelhang und Uni-Seminar – Elsa sucht ihr Glück

Elsas Glück
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 Man könnte denken, dieser Roman bietet nichts Neues und reiht sich nur ein in die mittlerweile vielen Bücher, die in den 1920er Jahren spielen und eine junge Frau als Protagonistin haben. Einerseits ...


 Man könnte denken, dieser Roman bietet nichts Neues und reiht sich nur ein in die mittlerweile vielen Bücher, die in den 1920er Jahren spielen und eine junge Frau als Protagonistin haben. Einerseits stimmt das, andererseits bietet diesor Roman eine so wunderbare Stimmung und so herzliche Charaktere, dass man sich dem einfach nicht entziehen kann.

 

Wie schon im Vorgängerband „Lottes Träume“ spielen Wintersport und die Liebe zur kalten Jahreszeit eine große Rolle, auch wenn das Buch weitestgehend in Wien spielt, wo die Winter wohl eher nicht skigeeignet sind. Ganz abzusehen davon, dass auch im Jahre 1928 der Skisport noch in seinen Anfängen steckt. Während wir im ersten Teil Lotte auf ihrem Weg begleitet haben, spielt nun ihre Tochter Elsa die Hauptrolle. Und Elsa ist eine wunderbar ambitionierte junge Frau, der zwar aufgrund ihrer wohlhabenden Familie alle Türen offen stehen, die aber dennoch mit Vorurteilen zu kämpfen hat. Und das macht den Reiz dieses Romans aus. Es geht nicht um das arme Mädchen, das sich unter großen Anstrengungen hocharbeitet. Nein, hier geht es darum, dass man als gut situierte junge Frau genauso in eine Schublade gesteckt wird.

 

Elsa studiert Pädagogik und interessiert sich sehr für Kinder aus ärmeren Schichten. Sie besucht die kürzlich eingerichteten Heime, in denen Kinder untergebracht sind, die von ihren Eltern getrennt wurden, weil diese nicht für ihren Lebensunterhalt aufkommen können. Sie ist jedoch entsetzt, als sie sieht, dass die Kinder nicht psychologisch begleitet werden, ja dass ihre Auffälligkeiten noch nicht einmal hinterfragt werden. Statt dessen werden sie schnell abgestempelt und im schlimmsten Fall in Irrenhäuser verlegt.

 

Elsas Kommilitonen – in der Mehrzahl junge Sozialdemokraten aus der Arbeiterschicht – belächeln Elsa mehr, als dass sie ihren Ansatz teilen. „Wie willst denn du wissen, was in so einem Kind vorgeht, wenn du selbst mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurdest?“ argumentiert insbesondere Otto, den Elsa zwar anziehend, aber auch sehr bestimmend findet. Einzig der eher ruhige Moritz scheint ihren Antrieb und ihre Sichtweisen zumindest ein Stück weit zu verstehen. Elsa hat es nicht leicht, sich mit ihrem familiären Hintergrund im Freundeskreis zu behaupten. Doch sie bleibt hartnäckig – und findet dabei nach einigen Wirrungen auch ihre große Liebe.

 

Mir hat gut gefallen, dass parallel zu Elsas Erlebnissen auch die Geschichte ihrer Eltern, Lotte und Jakob, weitererzählt wird. Auch ihr Leben verlief nicht leicht, und Jakob kämpft nach einem Kriegstrauma gegen innere Dämonen. Ohne es zunächst zu merken, tyrannisiert er seine Familie und macht insbesondere Lotte das Leben schwer. Die Autorin lässt hier behutsam die Anfänge der Psychologie und Psychotherapie einfließen und zeigt, wie Jakob sich bemüht, sein Trauma zu bewältigen.

 

In vielen zauberhaft schön beschriebenen Szenen werden zudem der Winter und dessen schöne Seiten beschrieben, z. B. als Elsa und Lotte den Heimkindern Skiunterricht erteilen. Diese Passagen sind einfach wunderbar zu lesen und das Buch rutscht einem förmlich zwischen den Fingern durch – huch… wo sind denn die letzten 2 Stunden hin? J Und genau so muss es sein bei guter Unterhaltungsliteratur, so dass ich hier gern volle 5 Sterne vergebe und eine Leseempfehlung (für beide Bücher der Reihe) ausspreche!

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Veröffentlicht am 31.12.2020

Fast auf der Intensivstation...

Eingefroren am Nordpol
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Was bin ich nur für ein Weichei! Dieser Gedanke kam mir oft beim Lesen dieses Buches. Insbesondere, nachdem ich kürzlich von einem Hundespaziergang durchgefroren zurückkam, das Buch in die Hand nahm und ...

Was bin ich nur für ein Weichei! Dieser Gedanke kam mir oft beim Lesen dieses Buches. Insbesondere, nachdem ich kürzlich von einem Hundespaziergang durchgefroren zurückkam, das Buch in die Hand nahm und dort von „angenehmen“ -8 °C las. Bei mir waren 0 °C gewesen… Naja, Polarforscher ticken eben anders, dachte ich mir. Aber losgelassen hat mich das Thema nicht.

 

Denn wenn man darüber nachdenkt, mit welchem Elan und welchem Enthusiasmus die Besatzung der Polarstern ihre Expedition durchgeführt hat trotz aller Widrigkeiten (Polarnacht mit 24h Dunkelheit pro Tag, Temperaturen bis -42 Grad)… es ist einfach nur bewundernswert. Um möglichst viele Klimadaten aus der arktischen Zone sammeln zu können, dockte die Polarstern an einer großen, möglichst stabilen Scholle an und ließ sich im Arktiseis einfrieren – den ganzen arktischen Winter lang, bis das Eis das Schiff wieder freigab. Nur so konnte man Feldforschung bzw. in diesem Fall Eisforschung betreiben, die wirklich sinnvolle neue Daten erhebt und die unsere Wissenschaftler weiterbringt in der Frage, von welchen Faktoren das Klima der Arktisregion besonders abhängt, wie es sich entwickelt und leider auch in der Frage, wann mit dem großen Sterben der Arktisregion zu rechnen ist. Eins kann man jetzt schon sagen: sie ist schon fast auf der Intensivstation.

 

Markus Rex, der Expeditionsleiter von MOSAiC, wie diese Forschungsreise offiziell hieß, beschreibt eindrücklich und auch für wissenschaftliche Laien verständlich, wie ein Jahr „Eiszeit“ von statten ging. Von den immensen Vorbereitungen über den Alltag auf der Polarstern und der Scholle bis zu den interessanten, aber auch gefährlichen Eisbärbegegnungen nimmt er den Leser mit in diese rauhe, aber äußerst fragile Welt.

 

An einer Stelle seines Berichts war ich sehr bestürzt und wirklich traurig – für mich der Punkt, ab dem ich angefangen habe, darüber nachzudenken, was ich selbst im Kleinen für den Klimaschutz tun kann. Gegen Ende der Expedition erreichte die Polarstern für einige Messungen den Nordpol. Wow, dachte ich, der Nordpol, und hatte sofort das Bild einer undurchdringlichen Eiswüste mit Sturm und riesigen Schneefeldern vor Augen. Der Bericht des Forschers war ernüchternd, wenn nicht gar erschütternd: der Nordpol war durchzogen von Wasserrinnen, viel Eis war geschmolzen und trieb nur bruchstückweise im ansonsten offenen Wasser. Wenn das nicht höchst alarmierend ist, weiß ich auch nicht. Spätestens dieser Bericht hat mich aufgerüttelt. Schon jetzt gibt es im Sommer keine feste Eisdecke mehr am Pol. Auch das Wintereis verschwindet langsam und in wenigen Jahrzehnten wird der Pol wohl zumindest im Sommer komplett eisfrei sein. Was das für unsere Erde und das Wetter bedeutet, kann noch niemand voraussagen. Nur eins ist sicher: entspannter wird es nicht.

 

Deshalb möchte ich dieses Buch ganz vielen Menschen ans Herz legen. Es ist nicht hochwissenschaftlich geschrieben, sondern wirklich ein Leseabenteuer (mit wissenschaftlichen Anteilen, zugegeben). Aber um das Bewusstsein für unseren Planeten zu schärfen, ist es ein wahrer Schatz. Ich garantiere euch, ihr werdet die Welt anders sehen nach der Lektüre dieses Buchs. Ihr werdet vielleicht ein wenig sensibler sein für das Wohl unserer Erde – und dieses Gefühl sollte möglichst viele Menschen erreichen. Deshalb: unbedingt lesen!

 

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