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Veröffentlicht am 24.05.2021

Toller Roman über eine weibliche Radsport-Ikone

Die Rebellion der Alfonsina Strada
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Das Buch hat mich sofort angesprochen, denn mir fehlen in der Bücherlandschaft, in der tagtäglichen Berichterstattung und auch im normalen Leben die bewundernden Berichte über die starken Frauen im Sport. ...

Das Buch hat mich sofort angesprochen, denn mir fehlen in der Bücherlandschaft, in der tagtäglichen Berichterstattung und auch im normalen Leben die bewundernden Berichte über die starken Frauen im Sport. Es geht hauptsächlich um die männlichen Sportler und das finde ich mehr als schade. Umso größer war die Freude, dieses Buch über eine der Wegbereiterinnen des Radsports für Frauen zu finden.

Es beschreibt, aus welch einfachen Verhältnissen Alfonsina Strada sich nach vorne gekämpft hat und an sich geglaubt hat. Es erzählt, wie offen die Zeit damals noch gewesen sein muss in Hinblick darauf, dass es gemischte Rennen gab, heutzutage undenkbar. Allein der Gedanke daran, dass den Frauen durch die offizielle Möglichkeit der Teilnahme an einem der großen Männerrennen auch die große mediale Aufmerksamkeit geschenkt werden könnte wie den männlichen Kollegen, hat einen großen Charme. So gucken sie auch heute noch in die Röhre und bekommen nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdienen würden, geschweige denn Preisgelder in gleicher Höhe.

Simona Baldelli beschreibt aber auch die Anfeindungen, die Alfonsina ertragen musste und wie schwer die Kriegs- und Nachkriegsjahre waren. Die Entwicklung vom Italien nach dem ersten Weltkrieg und der Aufstieg Mussolinis wird nicht ausgespart, sondern ist ein wichtiger Teil. Durch diesen Rechtsruck büßen gerade die Frauen wieder Freiheiten ein, die sie sich während dem ersten Weltkrieg erkämpft hat. Sie werden wieder an den Herd geschickt, so ist auch zu erklären, dass die großen Radrennen nur noch von Männer gefahren werden können. Auch verdeutlicht das Buch, unter welchen Entbehrungen die Menschen damals gelitten haben.

Der Roman zeigt, was dazu gehört, um eine solche Leistung zu vollbringen, diesen Willen, etwas gegen Widerstände durchzuziehen und die Schmähungen, die es heute im Internet und immer noch in den Zeitschriften gibt, gab es auch schon damals, Erfolg hat viele Neider und damals wie heute, wurde ein unglaublicher Druck auf erfolgreiche Menschen aufgebaut. Alfonsina musste lange und hart dafür arbeiten, dass sie in Radsportkreisen auch bei den männlichen Kollegen Respekt bekam, für sie hat sich dieser Weg am Ende gelohnt und sie konnte ihr Ziel erreichen.

Es ist eine starke Erzählung über bewundernswerte Sportlerin, die gegen die Konventionen ihrer Zeit ihren Weg findet und ihn auch geht. Das hat mir sehr gut an dem Buch gefallen und ich empfehle es allen, die sich für den Radsport und seine Pionierinnen interessieren.

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Veröffentlicht am 06.05.2021

Eine Reise in die Vergangenheit

Die Geschichte von Kat und Easy
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1973 war das Jahr der Freundschaft von Kat und Easy und es war das Jahr, in dem diese Freundschaft zerbrach. Nach einem halben Jahrhundert treffen die beiden Frauen sich wieder auf Kreta wieder und ergründen ...

1973 war das Jahr der Freundschaft von Kat und Easy und es war das Jahr, in dem diese Freundschaft zerbrach. Nach einem halben Jahrhundert treffen die beiden Frauen sich wieder auf Kreta wieder und ergründen gemeinsam, wie es kommen konnte, dass das, was so schön war, kaputt ging.

Kat ist in der Geschichte die Coole und Easy die Hübsche, Brave, die aber nicht weiß, wie sie auf andere wirkt. Gemeinsam wollen sie 1973 durchstarten. Auf Kreta treffen dann die Vergangenheit und die Realität zusammen. Dieser Mix von Vergangenheit und Gegenwart, vom jungen und alten Ich der Hauptpersonen und dem Geheimnis um Fripp macht den Charme dieses Buchs aus. Aber auch die Spuren, die das abrupte Ende der Freundschaft, im Leben der beiden hinterlassen hat, sind deutlich sichtbar.

Es ist ein Buch, das gelungen mit Klischees aus den 70er Jahren spielt, Altbekanntes wieder hochkommen lässt wie das unabdingbare Mixtape und cool auf Feten abhängen und Bier trinken, obwohl es eklig schmeckt. Dann gibt es diesen einen coolen Typen, der auch noch Hesse liest und schon älter ist und dann noch zwei Mädchen. Perfekt inszeniert und die Spannung wird bis zum Schluss gehalten. Parallel kann man nachlesen, wie das Leben der beiden Protagonistinnen verlaufen ist und was sich auch nach all den Jahren immer noch nicht geändert hat und wie sehr Vergangenheit das Jetzt prägen kann.

Einen kleinen Wermutstropfen hat die Geschichte für mich allerdings. Ich hätte mir gewünscht, wenn auch die Rolle der Eltern ein wenig mehr von Kat in ihren Rückblicken beleuchtet worden wäre. Sie finden immer wieder einen kurzen Platz, aber der Einfluss, den auch sie auf die ganze Entwicklung hatten, kommt ein wenig zu kurz aus meiner Sicht.

Neben der Geschichte selbst haben mich die Beschreibungen Kretas begeistert, denn wie Susann Pásztor den unglaublich windigen Süden der Insel beschreibt, die erste Begegnung mit dem dortigen Raki und den Kieselstrand haben mich direkt dorthin versetzt und sich mit meinen eigenen Erinnerungen vermischt. Dies hat das Lesen dieses Buchs für mich zu einer doppelten Freude gemacht.

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Veröffentlicht am 28.04.2021

Eine ungewöhnliches Buch einer für ihre Zeit ungewöhnlichen Frau

Die Beichte einer Nacht
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Heleen ist in einer psychiatrischen Klinik bzw. damals nannte man es noch Nervenheilanstalt. In einer Nacht beginnt sie einer Nachtschwester ihrer Lebensgeschichte zu erzählen. Sie beginnt mit ihrer schweren ...

Heleen ist in einer psychiatrischen Klinik bzw. damals nannte man es noch Nervenheilanstalt. In einer Nacht beginnt sie einer Nachtschwester ihrer Lebensgeschichte zu erzählen. Sie beginnt mit ihrer schweren Kindheit in einer kinderreichen Familie als ältestes von zehn Kindern und endet mit dem Grund, der sie in die Klinik brachte.

Es ist ein ungewöhnliches Buch. Ungewöhnlich allein schon deshalb, weil es schon 1930 von Marianne Philips geschrieben wurde und – wie man im Nachwort, das ihre Enkelin geschrieben hat – auch autobiografische Elemente enthält und eine Art Therapie für die Autorin war. Ungewöhnlich ist es auch, weil es in einem Monolog geschrieben wurde. Die Hauptperson erzählt einer nicht näher beschriebenen Nachtschwester innerhalb von zwei Nächten ihre komplette Lebensgeschichte.

Diese Lebensgeschichte ist beklemmend, denn Heleen ist schon als Kind alles andere als glücklich, schafft es aber sich hochzuarbeiten und sich ein für sie schönes Leben zu erarbeiten und nimmt dafür einiges in Kauf. Sie ist eine starke Frau, die unabhängig lebt, was zur damaligen Zeit nicht unbedingt so selbstverständlich war. Das, was sie sich vornimmt, erreicht sie und sie passt sich nicht an.

Als sie ihre Schwester Lientje zu sich nimmt und sie ihre große Liebe kennenlernt, ist sie für eine Zeit lang glücklich, aber es kommt, wie es kommen muss, sie wird wieder unglücklich und ist unglaublich eifersüchtig auf so vieles. Dies wird so eindringlich geschildert, diese inneren Qualen dieser Frau werden greifbar. Sie leidet und steigert sich immer mehr in diese Gefühle hinein, bis es zu einer Art Wahn wird. Es ist beklemmend und als Leserin spürt man als dies und die Kämpfe, die Heleen austrägt. Sie übernimmt die volle Verantwortung, für das, was in ihrem Leben passiert ist.

Es ist ein ganz intensives Buch mit ganz vielen Gefühlen, die über die Leserin hereinbrechen. Ich habe anhand der Buchbeschreibung nicht mit solch intensiven Gefühlen gerechnet. Es lässt die Traurigkeit spüren und es hat mich traurig gemacht, dass sie nicht früher eine Behandlung bekommen hat, denn das hätte ihr vermutlich heute einiges erspart.

Ein Buch, dass ich gerne empfehle, da es nicht nur 1930, als es das erste Mal erschien, ungewöhnlich war, sondern es immer noch ist und sehr stark geschrieben wurde von Marianne Philips, die auch eine sehr ungewöhnliche Frau war.

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Veröffentlicht am 27.02.2021

Der Sommer, in dem Sam erwachsen wurde

Hard Land
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Es geht um Sommer, erste Liebe und Erwachsenwerden, den Tod eines Elternteils als junger Mensch zu verarbeiten – ein Spagat zwischen Leichtigkeit und einem Verlust, der einen an allem zweifeln lassen kann. ...

Es geht um Sommer, erste Liebe und Erwachsenwerden, den Tod eines Elternteils als junger Mensch zu verarbeiten – ein Spagat zwischen Leichtigkeit und einem Verlust, der einen an allem zweifeln lassen kann. Gelingt es Benedict Wells, dies umzusetzen?

Ich hatte mich total auf dieses Buch gefreut, da ich den Stil Benedict Wells‘ mag und auch die Geschichte klang interessant. Ich lese gerne Bücher, die sich mit dem Erwachsenwerden beschäftigen und wenn sie dann auch noch in der Zeit spielen, in der ich selbst jung bzw. an der Schwelle zum Erwachsenenalter war, umso lieber. Die Grundvoraussetzung war also gegeben. Und dann habe ich begonnen, das Buch zu lesen und war ziemlich schnell von der Geschichte um Sams Mutter getriggert, da auch meine Mutter an Krebs erkrankte, als ich noch sehr jung war.

Was mir auch erst schwer fiel, war die Darstellung der 80er Jahre, sie passt nicht sehr mit meiner Erinnerung an diese Zeit zusammen. Ich habe auch Bruce Springsteen und Billy Idol gehört und diese schrecklichen Sachen getragen, aber das war es auch schon. Für mich waren auch endlose Sommer im Freibad dabei und ganz andere Erlebnisse. Dann habe ich mir den gut gemachten Trailer zu dem Buch angeschaut und das Interview mit dem Autor und es wurde mir klar, dass das einfach seine Vorstellung der Zeit ist. Er hat gar nicht so sehr versucht, diese Zeit genau nachzubilden, sondern seine Gedanken dazu. Und dann passt das auch wieder. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf konnte ich mich dann auch mehr auf die schöne Sprache konzentrieren und die Geschichte auf mich wirken lassen.

Es ist nicht der tiefe Sinn oder Anspruch des Autors, die 80er Jahre genau abzubilden, sondern sein Gefühl davon und das ist ihm gelungen, auch wenn es nicht mein Gefühl ist. Er hat die Zweifel, die Lebenslust, die Angst und die Trauer Sams und die Beziehung zu seinen Eltern so gut beschrieben und das ist der Sinn dieser Geschichte. Wo und wann sie spielt, ist dann letztendlich egal, denn das, was bewegt, ist bei mir angekommen und bewegt hat es mich sehr.

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Veröffentlicht am 17.02.2021

Anders als erwartet, es überrascht

Eine Liebe, in Gedanken
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Edgar und Toni sind in den sechziger Jahren ein Liebespaar und dann geht Edgar beruflich nach Hongkong - ohne Toni. Hier könnte die Geschichte zu Ende sein, fängt aber hier erst an, den Toni konnte sich ...

Edgar und Toni sind in den sechziger Jahren ein Liebespaar und dann geht Edgar beruflich nach Hongkong - ohne Toni. Hier könnte die Geschichte zu Ende sein, fängt aber hier erst an, den Toni konnte sich ihr ganzes Leben nie ganz von dieser Liebe lösen.

Ich habe ein bisschen gebraucht, bis ich mich entschieden hatte, wie ich das Buch finde. Die Liebesgeschichte hat mich unglaublich wütend gemacht, ich habe richtig gespürt, wie verletzt Toni gewesen sein muss und wie der gesellschaftliche Druck damals war und das hat mich noch wütender gemacht.

Nachdem sich meine Wut etwas gelegt hatte, habe ich mich mit der Beziehung von Toni und ihrer Tochter beschäftigt und das hat mich versöhnt. Ihre Tochter spricht bzw. denkt so liebevoll von ihrer Mutter und von der Liebe ihrer Mutter zu Edgar. Es ist ihr so wichtig, ihre Mutter zu verstehen, zu verstehen, warum sie danach nie richtig glücklich geworden ist in ihren Beziehungen. Sie erzählt so liebevoll über ihre Mutter und wie sie es geschafft hat, ihrer Tochter selbst den Besuch des Gerichtsvollziehers noch schön geredet hat und die Zeiten, in denen der Strom abgestellt wurde, schön für ihre Tochter gemacht hat. Das war eine der liebenswerten Eigenschaften Tonis, sie hat aus wenig ganz viel gemacht und das merkt man der Erinnerung ihrer Tochter an.

„Ein schönes Leben zeigen“ – das war das, was Toni konnte und dadurch hat sie ihrer Tochter so wahnsinnig viel mitgegeben, was diese wiederum an ihre Tochter Hanna weitergibt und das hat mich dann wieder mit dem Buch versöhnt. Das ist für mich die wahre Liebe, in Gedanken in diesem Buch. Vielleicht ist es nicht die Absicht von Kristine Bilkau gewesen, aber bei mir hat sie das erreicht damit.

Die Sprache war auch in diesem Buch wieder etwas, was mich begeistert hat. Es gelingt Kristine Bilkau die Zwischenfarben zu beschreiben, ihrer Art sich auszudrücken, verdankt die Leserin die vielen Grautöne, es gibt nicht nur Schwarz und Weiß. Die Liebesgeschichte zwischen Edgar und Toni war nicht das, was mich an dem Buch begeisterte, sondern die Sprache und die Liebe, die es zwischen Toni und ihrer Tochter gab.

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