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Veröffentlicht am 29.03.2021

Trotz hoher Spannung eine Enttäuschung für mich

Ostseefalle
4


„Doch zum Schluss hatte ich immer mehr den Eindruck, dass da jemand mit uns spielte. Es war rein gar nichts so, wie wir es erwartet hatten. Nichts, was zu den Vorgaben aus den Lehrbüchern passte. Es kam ...


„Doch zum Schluss hatte ich immer mehr den Eindruck, dass da jemand mit uns spielte. Es war rein gar nichts so, wie wir es erwartet hatten. Nichts, was zu den Vorgaben aus den Lehrbüchern passte. Es kam mir zeitweise vor wie eine Prüfung, die wir ablegen mussten …“ (ebook, S. 86)

Meine Meinung:
Auch wenn ich (noch) nicht alle Bände um „Pia Korittki“ gelesen habe, so bin ich doch ein Fan dieser Reihe. Auch der mittlerweile 16. Band beginnt wieder im gewohnten Stil: Das Auffinden eines präparierten menschlichen Schädels in einem alten, heruntergekommenen Haus setzt den Startpunkt zu einem herausfordernden Cold Case für Pia. In gewohnter und geliebter Weise präsentiert Eva Almstädt uns Leserinnen eine ganze Reihe von Figuren, die alle einen Bezug zum Opfer hatten. Durch Heimlichtuereien, besonders auffälliges oder eben auch besonders unauffälliges Benehmen setzt die Autorin alle geschickt in Szene, streut diverse Verdachtsmomente und legt mögliche Spuren aus, um uns Leserinnen auf die falschen Fährten zu locken.

Neben den Protagonisten, die mir inzwischen regelrecht ans Herz gewachsen sind (allen voran natürlich Pia und der einmalige Broders), und dem holsteinischen Charme ist dies für mich die zentrale Stärke dieser Krimireihe, die mich bislang ein ums andere Mal vollkommen überzeugt hat: die extrem geschickt aufgebauten „whodunit“-Plots! So auch diesmal, so dass mich die im ersten Drittel fehlende Spannung, was dem Cold Case Charakter geschuldet war, erstmal nicht weiter gestört hat. Nach dem rd. ersten Drittel war es dann aber auch fix vorbei mit der „fehlenden Spannung“. Durch einen vollkommen überraschenden Storytwist schnellt die Spannung innerhalb weniger Seiten von Null auf 100 – und verbleibt bis zum Ende dieses Buches auf diesem extrem hohen Niveau. Das hat schon echte Pageturner-Qualitäten!

Warum dann also die eher schlechte Bewertung meinerseits? Entgegen aller Gewohnheiten bei dieser Reihe wirkt die Auflösung des Falls auf mich sehr konstruiert – der Cold Case ist nur Mittel zum Zweck und gerät vollkommen in den Hintergrund. Die zu Beginn so geschickt in Szene gesetzten „Verdächtigen“ verblassen bis zur Unkenntlichkeit und die Lösung dieses Falls hätte man beim Lesen eigentlich kaum erahnen können. Selbst das eigentliche Opfer dieses tragischen falls bleibt leider blass – ihre Geschichte unnahbar. Das konnte und kann Eva Almstädt eigentlich viel besser! Für mich persönlich ist in diesem Band der Charme dieser Reihe weitgehend verloren gegangen. So richtig Spaß haben wird man mit diesem Band wohl nur, wenn mal alle Vorgängerbände gelesen hat. Ich kann leider nicht weiter ins Detail gehen, ohne hier zu viel zu verraten.

FAZIT:
Trotz hoher Spannung doch enttäuschend. Nur für absolute Fans und Kenner dieser Reihe zu empfehlen

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  • Spannung
  • Erzählstil
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Veröffentlicht am 17.02.2021

Der Anwalt und der „Killer-Beamte“ – unterhaltsam zu lesen, aber mit zu wenig Spannung

Die siebte Zeugin
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„Zwischen Schwarz und Weiß gibt es manchmal auch noch Raum für mehr“ (S. 315)

Meine Meinung:
Der Start einer neuen Justiz-Krimi-Reihe von Florian Schwiecker („Verraten“) und Michael Tsokos („Fred Abel“- ...

„Zwischen Schwarz und Weiß gibt es manchmal auch noch Raum für mehr“ (S. 315)

Meine Meinung:
Der Start einer neuen Justiz-Krimi-Reihe von Florian Schwiecker („Verraten“) und Michael Tsokos („Fred Abel“- / „Paul Herzfeld“-Reihe) – das musste ich einfach lesen! Versprochen wird ja ein „Justiz-Krimi voller Insider-Einblicke, den man nicht mehr aus der Hand legen kann“ und dass Rechtsmediziner Dr. Justs Jarmer „eine überraschende Entdeckung macht“…
Entsprechend neugierig und mit hohen Erwartungen bin ich an das Buch herangegangen. Der Anfang sorgt auch sogleich für Aufsehen, als der bis dato unbescholtene Familienvater Nikloas Nölting anscheinend wie aus heiterem Himmel in einer Bäckerei um sich schießt. Im Folgenden versucht Anwalt Rocco Eberhardt, Licht ins Dunkel zu bringen und Nöltings Motiv für die Tat herauszufinden, denn dieser schweigt beharrlich. Dies war durchaus interessant zu lesen, denn nach und nach kommen einzelne Puzzlestücke ans Tageslicht, die zunächst eher verwirren als für Klarheit sorgen. Doch bereits ab ca. der Mitte des Buches werden die Hintergründe des Falls aufgeklärt – für meinen Geschmack viel zu früh, denn danach war für mich die Luft raus. Selbstverständlich war es interessant zu lesen, wie Rocco seine Verteidigung aufbaut und wie er am Ende den Fall vor Gericht abschließen kann – mit einem Ende, das in sich rund ist und mir durchaus gefallen hat. Doch für einen guten Krimi ist mir das einfach zu wenig.
Kommen wir also nun zu den Punkten, in denen mich dieses Buch doch eher enttäuscht hat:
1. Es war mir persönlich zu wenig Spannung für einen Krimi. Lediglich an zwei, drei Stellen blitzte mal so etwas wie Spannung auf, war dann aber nach wenigen Seiten auch schon wieder passé. Auch ein guter Justiz-Krimi braucht für meinen Geschmack einfach eine ordentliche Portion Spannung.
2. Die neue Reihe stellt das Team Rocco Eberhardt (Anwalt) & Dr. Justus Jarmer (Gerichtsmediziner) in den Vordergrund und stellt diese beiden sogar auf der Umschlaginnenseite vor (super gemacht!). Doch leider ist der Part von Dr. Jarmer in diesem Buch sehr übersichtlich. Auch die „überraschende Entdeckung“, die er ganz zu Beginn macht, hätte wohl jeder Rechtsmediziner in Deutschland ebenfalls sofort gemacht.
3. Der Titel: „Die 7. Zeugin“ impliziert für mich, dass diese einen sehr überraschenden, alles entscheidenden Auftritt hinlegen wird. Gut, alles entscheiden war er sicherlich, aber von Überraschung keine Spur, dafür war es vollkommen vorhersehbar, was sie aussagt.
4. Zu Beginn wird immer wieder auf dem großen Zerwürfnis zwischen Rocco und seinem Vater „herumgeritten“. Als dieses dann aufgeklärt wurde, war ich ehrlich gesagt sehr enttäuscht. Ich hätte mir hier eine bedeutendere und ungewöhnlichere Ursache gewünscht und nicht etwas, das (leider) sehr weit verbreitet und fast schon „alltäglich“ ist. Und dass Rocco jahrelang schmollt, anstatt seinen Vater zur Rede zu stellen, passt überhaupt nicht zu dem ansonsten gestandenen und selbstsicheren Juristen.
Kurzum ein Buch, das mich durchaus unterhalten hat und mit der Schilderung juristischer Vorgehensweisen auch interessant ist. Aber für einen Krimi hat dieser Auftaktband der neuen Reihe noch eine gehörige Portion Luft nach oben!
FAZIT:
Ein Auftakt mit zu wenig Spannung und weiteren kleinen Schwächen, aber mit gutem Potenzial für die Folgebände.

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Veröffentlicht am 25.09.2020

Der Beginn eines großen Drachen-Abenteuers – mit leichten Anlaufschwächen

Wings of Fire 1
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“Fünf Eier, geschlüpft in der hellsten Nacht,
fünf Drachlinge, geboren zu enden die Schlacht.“ (S. 17)

Meine Meinung:
Die US-Bestseller-Autorin Tui T. Sutherland ist Mitglied des Autorenteams Erin Hunter ...

“Fünf Eier, geschlüpft in der hellsten Nacht,
fünf Drachlinge, geboren zu enden die Schlacht.“ (S. 17)

Meine Meinung:
Die US-Bestseller-Autorin Tui T. Sutherland ist Mitglied des Autorenteams Erin Hunter („Warrior Cats“). Ihre in den USA sehr erfolgreiche „Wings of Fire“-Serie erschien bereits in 2015 / 2016 teilweise im Loewe Verlag (wurde dort aber nicht beendet) und wurde nun im Adrian Verlag (u.a. „Dog Man“ und „Captain Underpanties“) mit dem Original-US-Artwork neu aufgelegt.

Das Buch beginnt mit einer Karte des phantastischen Reiches Pyrrhia, einer mehrseitigen Vorstellung der sieben Drachengattungen und zur perfekten Einstimmung mit der „Prophezeiung der Drachen“. Ein wirklich vielversprechender Start, obgleich mir persönlich das Artwork der Loewe-Ausgaben besser gefallen hat. Schnell hatte ich beim Lesen das Gefühl, dass sich die Autorin selbst noch nicht ganz sicher ist, was für ein Buch sie schreiben möchte und an welche Zielgruppe es sich richten soll. Die fünf Drachlinge, die von ihren drei Erziehern (wie sie im Buch benannt werden) mehr gedrillt als liebevoll großgezogen werden, machten auf mich zunächst einen sehr kindischen Eindruck und auch der Schreibstil las sich stellenweise eher wie in einem Kinderbuch. Worte wie „Grmpf“ (S. 32), „Ups“ (S. 47), „Waaaaaah!“ (S. 49) und „Aaaaaargh!“ (50) finde ich für ein Buch, das sich selbst ernst nehmen möchte, irgendwie nicht wirklich passend. Nun ja, dachte ich mir, ist halt eher ein Buch für die jüngeren Kids. Doch dann beißt ein Drache mal eben einem Zweibeiner den Kopf ab: „dann spuckte sie den Kopf wieder aus. Er rollte durch das Gras, während der Körper, aus dessen Hals Blut spritzte, langsam umkippte.“ (S. 123) – Nee, das ist wirklich nichts für junge Kids, was sich auch im Folgenden wiederholte („Dann tropfte eine Seite seines Gesichts langsam nach unten, wie schmelzendes Eis.“ (S. 200). Inzwischen wurde die Altersangabe von 10 auf 12 Jahre hochgesetzt, was ich für passend halte (dann wiederum passt aber nicht das kindische Geplänkel vom Anfang).

Im rd. ersten Drittel konnte mich das Buch somit ganz und gar nicht begeistern – bis hier hätte ich maximal 2 Sterne vergeben. Doch dann nahm die Geschichte endlich an Fahrt auf, wurde spannender und von der Erzählweise in sich konsistenter – Tui Sutherland schien endlich ihren „Weg“ gefunden zu haben. Gegen Ende dieses Buches hatte ich mich dann endlich in die Geschichte hineingelesen, auch wenn mir Manches noch immer nicht so zusagt, wie z.B. Clays manchmal nervig über-naive Art oder auch das andauernde Gefühl, dass ich Scarlet, die böse Königin der Himmelsflügler, als echte Antagonistin nicht wirklich ernst nehmen konnte.

Am Ende hatte ich dann aber doch das Gefühl, dass sich diese Serie trotz einiger Startschwierigkeiten zu einer echt guten Leseunterhaltung entwickeln könnte – worauf ja auch die 13 (!) Original-Bände hindeuten. So vergebe ich hier gut gemeinte drei Sterne mit einem erwartungsvollen Ausblick.

FAZIT:
Eine spannende Grundidee, aber ein noch holpriger Start. Die Reihe hat echtes Potenzial, aktuell ist aber noch ordentlich Luft nach oben vorhanden.

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Veröffentlicht am 29.06.2020

Eine phantastische Grundidee – aber leider viel verschenktes Potenzial, kopflos handelnde Charaktere und zu viel Zufall

Das Buch der gelöschten Wörter - Zwischen den Seiten
7

„Schon als Kind hatte ich dem Zauber einer Geschichte nie widerstehen können und mich bereitwillig in diese selbst herbeigeführte Entführung begeben. War den Freunden, die ich auf den Seiten gefunden hatte, ...

„Schon als Kind hatte ich dem Zauber einer Geschichte nie widerstehen können und mich bereitwillig in diese selbst herbeigeführte Entführung begeben. War den Freunden, die ich auf den Seiten gefunden hatte, in ihre Welt gefolgt und hatte dort Abenteuer, Heldentaten und zarte Liebesgeschichten erlebt. So viele Bücher begleiteten mich über die Jahrzehnte, treu, still und immer da, wenn ich Trost oder Ablenkung zwischen ihren Seiten suchte. Und mitunter waren mir Figuren aus einer geliebten Geschichte sogar realer vorgekommen als manche Menschen, denen ich Tag für Tag begegnete.“ (Kapitel 11)

Meine Meinung:
„Zwischen den Seiten“ ist der zweite Band der Reihe und man sollte Band 1 („Der erste Federstrich“) zuvor gelesen haben, da die Handlung direkt daran anknüpft. Der Cliff-Hanger aus Band 1 wird zügig aufgelöst und die Suche des Bundes nach dem unbekannten Anführer der Absorbierer, der sich selbst „Quan Surt“ nennt, geht munter weiter…

Noch immer bin ich absolut fasziniert von der Grundidee, die sich „Mary E. Garner“ (alias Mirjam Münteferings / aka „Pippa Watson“) für ihre Trilogie erdacht hat und von den nahezu unendlichen Möglichkeiten, die daraus für die schriftstellerische Freiheit resultieren. Bei Band 1 hatte ich kritisiert, dass mir streckenweise einfach die Spannung gefehlt hat und die Hauptstory nicht konsequent vorangetrieben worden ist. Im Folgeband nun geht es mit der Haupthandlung (der Suche nach Quan Surt und der Aufklärung der Hintergründe) deutlicher voran, was mich wirklich gefreut hat. Enttäuschend fand ich dabei aber, dass nahezu alle „Ermittlungserfolge“ eher dem Zufall, ja manchmal sogar schon der Tollpatschigkeit der Protagonistin Hope Turner geschuldet waren. Wie ein absoluter Naivling stolpert sie von einer gefährlichen Situation in die nächste und kommt dabei den Verschwörern auf die Spur. Das hätte ich mir anders gewünscht: mit mehr Gespür, Taktik und Verstand! Dass dabei auch immer wieder die (eigentlich noch gar nicht vorhandene) „Dreiecksbeziehung“ zwischen Hope, Rufus und Kenan breiten Raum einnimmt und ständig für Gezicke und Geschmolle sorgt, hat mich im zunehmenden Verlauf immer mehr genervt. Hier sollte die Autorin für meinen Geschmack zügig mal einen Punkt machen und Hope sich entscheiden lassen – für den einen oder anderen (oder keinen!) und das dann mit allen Konsequenzen durchziehen.

Obgleich mich – wie gesagt – diese Welt noch immer vollkommen fasziniert, sich die Geschichte sehr flüssig lesen lässt und mich insgesamt doch kurzweilig unterhalten hat, bin ich alles in allem doch enttäuscht. Mary E. Garner gelingt es einfach nicht, das Potenzial, das sich hier bietet, wirklich auszuschöpfen. An einer Stelle im Buch blitzt beispielsweise die Welt von Robert Louis Stevensons „Die Schatzinsel“ auf – was hätte DAS spannend und abenteuerlich werden können!... War es dann aber leider nicht. Das war genau wie im ersten Band mit dem kurzen Ausflug in das Buch „Dracula“ von Bram Stroker (da wurde es nur für ein paar Zeilen spannend, als Hope beinahe von einer Kutsche überfahren worden wäre). Bitte, liebe Mary E. Garner, nutze die abenteuerlichen Klassiker der Weltliteratur, um in diesen sowohl Deine Story voranzubringen (mit einer echten Katz- & Maus-Jagd) als auch für spannende Momente zu sorgen, die auch zum Setting passen.

Enttäuschend fand ich es darüber hinaus, dass sich ein lang gehegter und eigentlich zu naheliegender Verdacht, tatsächlich bestätigt hat. Das war mir viel zu einfach, da hätte ich mir mehr Raffinesse und Täuschung gewünscht. Eine andere Enthüllung präsentierte dafür einen Charakter, der mir zuvor viel zu blass und unscheinbar gewesen ist – hier hätte ich mir einen prominenteren Charakter gewünscht. Last but not least habe ich den Sinn des Prologs tatsächlich erst kapiert, nachdem mir eine andere Leserin den Tipp gegeben hat, wie das Ganze zur Story passt (gut, vielleicht lag das auch an mir…).

Weiterhin fünf Sterne für die wunderbare Grundidee und jeweils einen Stern Abzug für das nicht ausgeschöpfte Potenzial sowie für die Enttäuschungen bei den Enthüllungen. Das Dreiecks-Beziehungs-Generve und die Schusseligkeit Hopes lasse ich mal außen vor…

FAZIT:
So eine fantastische Welt voller Möglichkeiten, doch leider so viel verschenktes Potenzial und viel zu vorhersehbare Entwicklungen…

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  • Erzähltstil
  • Figuren
Veröffentlicht am 22.01.2020

Eine faszinierende Grundidee mit einer etwas enttäuschenden Umsetzung

Der Hof der Wunder
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„Ich bin die schwarze Katze und das ist meine Jagd“

Meine Meinung:
Paris, 1828: Nach dem Scheitern der Französischen Revolution bestimmen zwei Parallelwelten das Leben in der Stadt an der Seine. Ein feudales ...

„Ich bin die schwarze Katze und das ist meine Jagd“

Meine Meinung:
Paris, 1828: Nach dem Scheitern der Französischen Revolution bestimmen zwei Parallelwelten das Leben in der Stadt an der Seine. Ein feudales Königshaus, das unverändert in Saus und Braus lebt, bestimmt die Geschicke der von Armut und Hunger geplagten Pariser Bevölkerung. Derweil hat sich in der Pariser Unterwelt eine zweite Gesellschaftsschicht gebildet, die das Verbrechen und die Kriminalität streng organisiert hat. Neun Gilden haben die Stadt unter sich aufgeteilt und herrschen mit eisernem Regiment jeweils über einen Bereich: Die Gilde der Diebe, die Gilde der Meuchelmörder (auch die Todesbringer genannt), die Gilde der Bettler (auch Geister genannt), die Gilde des Fleisches (Menschenhandel & Zwangsprostitution), die Gilde des Glücks (Glücksspiel), die Gilde der Schreiber (Fälschungen, Erpressung, Geldwäsche, Falschgeld), die Gilde der Schmuggler, die Gilde der Träumer (Rauschgift) und die Gilde der Söldner (bezahlte Gewalt). Zusammen bilden sie den legendenumwobenen „Hof der Wunder“. Als eines Tages die junge Azelma von ihrem schmierigen Vater an die Gilde des Fleisches verkauft wird, bricht für ihre Schwester Nina ihre ganze Welt zusammen. Um Azelma zu retten, treibt es Nina in die Fänge der Diebesgilde…

Die Grundidee eines „alternativen Paris“, das von verschiedenen Verbrechergilden beherrscht wird, fand ich von Anfang an sehr faszinierend. Schnell nimmt die Geschichte an Fahrt auf, denn Nina empfiehlt sich mit einem beeindruckenden „Gesellenstück“ selbst bei Tomasis Vano, dem Herrscher der Diebesgilde – ein sehr vielversprechender Start, der mich schnell gefesselt hat!

Doch leider hat mich die Geschichte im weiteren Verlauf zunehmend enttäuscht. Die Handlung verläuft viel zu eindimensional und gradlinig. Eigentlich geht es die ganzen 400 Seiten nur darum, dass Nina zunächst ihre Schwester Azelma, dann das Waisenmädchen Ettie aus den Fängen des widerwärtigen „Tigers“, des Herrschers der Gilde des Fleisches, retten will. Damit ist die Handlung dieses Buches tatsächlich schon weitestgehend erzählt. Nur punktuell tauchen Themen wie die Nachwirkungen der gescheiterten Französischen Revolution oder Menschenhandel und Zwangsprostitution auf. Hier hätte man aus dem interessanten Grundkonstrukt der Story viel mehr machen können, ja machen müssen, um diesem Roman Tiefgang und Raffinesse zu verleihen. Ich hätte mir eine intelligente Geschichte erhofft, die nicht nur linear verläuft, sondern auch Verästelungen hat, Haken schlägt und zeitweise mehrgleisig läuft. Durch die verschiedenen Gilden wäre das sicherlich problemlos möglich gewesen, doch letztlich spielen auch hier nur drei bis vier Gilden eine spürbare Rolle, während alle anderen mehr oder minder bedeutungslos bleiben. Hier hat die Autorin für meinen Geschmack sehr viel Potenzial verschenkt.

Dennoch ist es für ein Debut durchaus beeindruckend, was Kester Grant hier geschaffen hat, auch wenn es eben doch noch einiges an Luft nach oben gibt. Insgesamt vergebe ich hierfür gerne drei Sterne, was keine schlechte, sondern eine solide Bewertung ist.

Zum Hörbuch:
Die Hörbuchproduktion hat mir voll und ganz gefallen. Die Schauspielerin und Synchronsprecherin Marie Bierstedt, die ihre Stimme u.a. Kirsten Dunst, Kate Beckinsale und Anne Hathaway leiht, hat eine sehr angenehme Stimme, ein passendes Lesetempo und eine abwechslungsreiche Modulation. Obgleich Jahrgang 1974, passt ihre Stimme sehr gut zur jungen Protagonistin Nina. So hat es mir durchweg Spaß gemacht, ihr zu lauschen und mich von der Geschichte treiben zu lassen.

FAZIT:
Ein durchaus beeindruckendes Debut, das allerdings Einiges an Potenzial verschenkt.

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