Profilbild von TochterAlice

TochterAlice

Lesejury Star
offline

TochterAlice ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit TochterAlice über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.04.2021

Wilde Mischung

Der Erzherzog, der den Schwarzmarkt regierte, Matrosen liebte und mein Großvater wurde
0

Nämlich eine aus einem Heldenepos, einer Familiengeschichte und einer sehr unkonventionellen Aufarbeitung der schmerzhalten Zeitgeschichte der Ukraine.

Es wird auf zwei Zeitebenen erzählt: Die eine betrifft ...

Nämlich eine aus einem Heldenepos, einer Familiengeschichte und einer sehr unkonventionellen Aufarbeitung der schmerzhalten Zeitgeschichte der Ukraine.

Es wird auf zwei Zeitebenen erzählt: Die eine betrifft Wilhelm, das ist der titelgebende Erzherzog, dem man noch viel mehr zuschreiben kann, als im Titel angegeben ist. Wir folgen ihm von Anfang bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, wo sich seine Spur verliert. Oder auch nicht. Es kommt darauf an, wem bzw. welcher Version man am Ende Glauben schenken will. Er entstammt quasi einer Nebenlinie der Habsburger, die schon zu Zeiten der KuK- Monarchie auf heute ukrainischem Territorium residierte.

Sein Status erlaubt ihm zunächst so einige Freiheiten, allerdings nimmt er sich diese auch noch, als sie schon längst nicht mehr erlaubt sind. Aber erlaubt ist aus Wilhelms Sicht alles, was nicht ausdrücklich verboten ist und er lebt definitiv nach dieser Maxime, die ihm so manches Mal zum Verhängnis wird.

Der andere Strang beschäftigt sich mit Wilhelms Enkelin Halyna, einem Kind der Sowjetunion beziehungsweise dessen Nachfolgeregime in der Ukraine. Von KuK-Glanz ist hier keine Spur, diese Verbindung wird nicht einmal erwähnt. Nein, hier erleben wir eine Frau, die mit dem schnöden Alltag in der postsowjetischen Ukraine fertig werden muss, wobei weder ihr Mann Hryz noch der Sohn Oles zu kurz kommen sollen. Um sie ranken sich weniger ihre Eltern als vor allem die Großmütter beider Seiten. Zumindest in ihrer Jugend.

Ein Roman, für den ich trotz - behaupte ich jetzt einfach mal - überdurchschnittlichen Kenntnissen zu Osteuropa längst nicht ausreichend vorbereitet war. Autorin Natalka Sniadanko galoppiert durch die Zeitgeschichte, wobei sie gerne auch mal auf ungeschehene Pfade abbiegt - man könnte auch sagen, sie spinnt Seemannsgarn. Um das zu können, muss man erstmal sehr gut Bescheid wissen und dazu ausgesprochen eloquent sein. Die Autorin ist beides und hat mich damit hoffnungslos überfordert! Dadurch konnte ich den Roman, der zugegebenermaßen teilweise sehr große Längen aufweist, nur teilweise genießen.

Veröffentlicht am 21.04.2021

Zu Zwillingen zusammenwachsen

Sternzwillinge
0

Alex hat ja schon einiges erlebt in letzter Zeit und vor allem der Tod ihres Großvaters hat ihr ganz schön zugesetzt. Und jetzt muss sie sogar noch in dessen Bett schlafen - die erste Nacht war ziemlich ...

Alex hat ja schon einiges erlebt in letzter Zeit und vor allem der Tod ihres Großvaters hat ihr ganz schön zugesetzt. Und jetzt muss sie sogar noch in dessen Bett schlafen - die erste Nacht war ziemlich gruselig. Aber sie hat ja ihre Clique, mit der sie durchs Dorf turnt und Spaß hat - außer, wenn sie, wie jetzt, eine Mutprobe bestehen muss.

Das schafft sie nicht direkt, aber Klaus, der Anführer der Dorfclique, hat so einige Ideen und so landen sie in einem alten Haus mit fehlender Außenwand, in dem alle zusammen eine Nacht verbringen. Aber warum Alex als Einzige wach bleibt und Klara kennen lernt, die offenbar in dem Haus wohnt - das ist ihr schleierhaft, vor allem, weil sie dieses sehr nette und dennoch ziemlich eigenartige Mädchen den anderen vorstellen möchte.

Und dann soll sie noch mit jemandem gemeinsam ein Werk vollenden, das vor langer Zeit von Zwillingen begonnen wurde - dabei ist sie gar kein Zwilling. Macht nichts, sagt einer von denen, die ihr auf dem Weg dorthin zu Gefährten werden: ihr werdet zusammenwachsen. Und das kann Alex sich so gar nicht vorstellen, vor allem, als sie erfährt, um wen es geht!

Autorin Monika Spang hat ein besonderes und ziemlich ungewöhnliches Kinder- und Jugendbuch geschrieben. Ich war sehr gespannt auf diese sehr eigene Geschichte, musste dann aber erkennen, dass sie nur in Teilen spannend war - aus meiner Sicht gibt es stellenweise Längen, anderswo geht es zu schnell voran, so dass ich zeitweilig die Übersicht verloren und das Buch erst mal zur Seite gelegt habe.

Der Schluss hat mich dann mit einigem versöhnt - nicht nur ist er rund, nein, er beinhaltet auch eine sehr schöne Botschaft, die wir uns alle hinter die Ohren schreiben sollten.

Veröffentlicht am 18.04.2021

Eine neue Welt für Ware

Hier im echten Leben
0

Aber zunächst ist Ware stinksauer, soweit dem sensiblen Jungen das überhaupt möglich ist: dass seine Ferien bei der Großmutter abrupt enden, weil sie sich bei einem Sturz verletzt, das kann er sehr gut ...

Aber zunächst ist Ware stinksauer, soweit dem sensiblen Jungen das überhaupt möglich ist: dass seine Ferien bei der Großmutter abrupt enden, weil sie sich bei einem Sturz verletzt, das kann er sehr gut nachvollziehen, aber dass er ins verhasste Feriencamp seiner Heimatstadt abgeschoben wird, weil seine Eltern keine Zeit für ihn haben - das findet er alles andere als toll.

Wobei ich ihn gut verstehen kann, in dem Camp passiert eigentlich überhaupt nichts spannendes - es wird marschiert und gelaufen, es finden sportliche Spiele statt - und viel mehr wird da nicht geboten. Das hätte mir auch nicht besser gefallen, als es bei Ware der Fall ist.

Aber dann entdeckt er etwas Spannendes: gleich neben dem Gelände, auf dem das Camp stattfindet, liegt eine Kirchenruine. Und da drin werkelt ein Mädchen, Jolene - was sie Ware aber erst nach einiger Zeit verrät. Denn Ware wechselt vom Camp in die Kirche. Jolene schafft dort einen ganz besonderen Garten und macht zunächst keinen Hehl daraus, dass sie das allein machen möchte. Doch Ware bleibt hartnäckig und lässt sich nicht vertreiben - langsam nähern sie sich einander an und irgendwann sind sie ein Team. Zu dem gelegentlich auch das Mädchen Ashley stößt, das leider Schlimmes zu berichten weiß - die Kirche soll vollkommen abgerissen, das Grundstück für andere Zwecke genutzt werden.

Ware und Jolene versuchen alles, um das Grundstück zu retten - wird es ihnen gelingen?

Ein Buch, das zeigt, dass etwas Schönes entstehen kann, auch wenn nicht alles so klappt, wie man es sich erhofft. Und natürlich, dass man im Team stärker ist als allein.

Und Ware erfährt auch, dass er auf seine Lieben bauen kann, wenn es wirklich mal brennt.

Ein Buch zu einem interessanten Thema, das sich leider über lange Strecken ziemlich langwierig und leider auch langweilig entwickelt, allerdings wird der Leser, der am Ball bleibt, durch die Ereignisse am Ende reich belohnt. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das ein jeder schafft!

Veröffentlicht am 22.03.2021

Das Haus des Grauens

Darling Rose Gold
0

Es ist schon sehr lange in Familienbesitz, wenn auch mit Unterbrechungen: es gehörte zunächst Familie Watts, dann deren Tochter Patty Watts, danach gab es eine kleine Unterbrechung und anschließend kaufte ...

Es ist schon sehr lange in Familienbesitz, wenn auch mit Unterbrechungen: es gehörte zunächst Familie Watts, dann deren Tochter Patty Watts, danach gab es eine kleine Unterbrechung und anschließend kaufte deren Tochter Rose Gold Watts es zurück und holte ihre Mutter Patty zu sich.

Und zwar aus dem Knast, wo sie ihretwegen saß. Sie hatte nämlich Rose Gold von klein auf eingeredet, sie sei schwerstbehindert, könne nicht laufen, nicht lernen, sie könne nichts essen und Haare würden ihr auch nicht wachsen.

Alles totaler Humbug, was Rose Gold aber erst nach Jahren feststellte. Und ihre Aussage brachte die Mutter Patty ins Gefängnis, für ganz fünf Jahre.

Warum dann war Rose Gold anschließend bereit, ihr Leben - und das ihres kleinen Sohnes Adam - mit Patty zu teilen, die sich im Übrigen nie einer Schuld bewusst war.

Zunächst weiß man gar nicht, was auf den Leser zukommt, wenn man damit beginnt, dieses überaus heftige Buch zu lesen. Es ist keine schöne Lektüre, schon gar nicht eine, bei der es dem Leser warm ums Herz wird.

Ganz im Gegenteil, mir ist es wieder und wieder kalt den Rücken hinunter gelaufen.

Also Obacht: es kann sein, dass es Ihnen nach dieser Lektüre nicht sehr gut geht. Sie erfordert viel Mut - und, wie ich meine - ein ausgeglichenes, offenes Gemüt, das sich nicht so leicht erschüttern lässt. Denn sie ist extremst verstörend und dieses ungute Gefühl, dieser Schrecken, hallt auch noch nach, lange nachdem man das Buch aus der Hand gelegt hat.

Also: kein schönes Buch. Eigentlich ein grauenhaftes. Aber ein sehr gut geschriebenes. Autorin Stephanie Wrobel weiß genau, worauf sie hinauswill und was sie ihren Lesern antut. Ob sie das dazu gehörige Risiko kennt, dessen bin ich mir nicht so sicher. Denn - so sehr ich die Qualtät dieses Buches zu schätzen weiß, ich werde so schnell keinen weiteren Band aus ihrer Feder mehr in die Hand nehmen - zu bedrohlich erscheinen mir die Folgen.

Dennoch, wenn Sie richtig heftige Psychothriller mögen, die lange nachwirken, dann ist dies mit Sicherheit die richtige Lektüre für Sie!

Veröffentlicht am 25.02.2021

Lucy und Rebecca

Die Frau vom Strand
0

Lucy, die mit Freunden ein überaus erfolgreiches Start-Up für Computerspiele der besonderen Art aufgebaut und Rebecca, Physiotherapeutin in Elternzeit, sind ein Ehepaar, das einander sehr zugetan ist. ...

Lucy, die mit Freunden ein überaus erfolgreiches Start-Up für Computerspiele der besonderen Art aufgebaut und Rebecca, Physiotherapeutin in Elternzeit, sind ein Ehepaar, das einander sehr zugetan ist. Doch schnell wird klar: hier gibt Rebecca den Ton an. Lucy ist ihre erste gleichgeschlechtliche Partnerin, sie wurde und wird zudem noch von Männern umschwärmt. Ja, Rebecca ist ein Schuss, der sich den/die Partner*in aussuchen kann und entsprechend tanzt Lucy nach ihrer Pfeife, auch wenn sie sich dessen nicht unbedingt bewusst ist.

Aber: Rebecca wollte ein Kind. Sie hat jetzt eine Tochter. Sie wollte nicht mehr in Hamburg, sondern in Rerik an der Ostsee leben, obwohl das Lucy, die in Hamburg arbeitet, Umstände macht. Beides hat sie erreicht und genießt nun ihr zurückgezogenes Leben mit Kind.

Bis auf einmal eine Frau, die sie unter ganz besonderen Umständen kennengelernt und mit der sie sich angefreundet hat, spurlos verschwunden ist. Und bald darauf passiert noch was viel, viel Schlimmeres. Und es bringt Verbindungen mit sich, an die niemand auch nur zu denken wagte.

Petra Johann hat hier einen sehr ungewöhnlichen Thriller geschaffen: mit sehr charismatischem Personal. Die Entwicklungen waren für mich nicht immer klar und schlüssig nachzuvollziehen, dennoch konnte ich das Buch nicht aus der Hand legen! Für Thrillerfreunde, die einen Sinn für Abgründe im Alltag haben, genau die richtige Lektüre!