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Veröffentlicht am 02.04.2021

Edna, das Schwabenkind

Als wir uns die Welt versprachen
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Die Autorin Romina Casagrande bringt mit ihrem berührenden Roman „Als wir uns die Welt versprachen“ das Schicksal tausender Schwabenkinder in Erinnerung. Der Schreibstil der Autorin ist voller Poesie, ...


Die Autorin Romina Casagrande bringt mit ihrem berührenden Roman „Als wir uns die Welt versprachen“ das Schicksal tausender Schwabenkinder in Erinnerung. Der Schreibstil der Autorin ist voller Poesie, Frau Casagrande entwirft eindrucksvolle Stimmungsbilder. Die Erzählung wechselt zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Vieles wird nur angedeutet und erschließt sich erst später. Das macht es umso spannender.

Edna hatte Schlimmes erfahren in ihrer Kindheit. Sie war erst zehn, als sie ihr Vater für Geld in die Fremde zum Arbeiten schickte und damit in eine ungewisse Zukunft. Sie war eines jener Schwabenkinder die während der Sommermonate über die Alpen kamen, um in Oberschwaben zu arbeiten um ihre Familien zu unterstützen

Edna erwartete ein hartes Leben beim Großbauern, den die Kinder heimlich „Struwelpeter“ nannten. Seitdem hatte Edna in ihrem Leben viele Struwelpeter kennengelernt. Halt gab ihr damals ein Junge namens Jacob. Vor Jacob hatten alle Respekt. Er schien alle Regeln zu übertreten und trotzdem durchzukommen. So sah ihn jedenfalls Edna. Sie bewunderte Jacob. Er nannte sie Zimperliese. Jacob hatte sie später gerettet hat und vom Hof wegbracht. Wie das vor sich ging, darüber erfahren wir sicher noch im weiteren Verlauf der Geschichtet.

In der Jetztzeit ist Edna alt. Ihr wurde bereits ein Platz in einer Seniorenresidenz zugesagt. Adela, die den Dorfladen betreibt, kümmerte sich rührend um die alte Dame. Dann kommt der Tag an dem Edna in einer Zeitschrift von einem Unglück in Ravensburg liest und dieses eine Foto entdeckt. Sie ist sich sicher, der Mann auf dem Foto ist ihr Jacob. Sie hat bei Jacob noch eine Schuld abzutragen, sie muss ein Versprechen einlösen. So macht sich Edna zusammen mit Emil auf den beschwerlichen Weg, Jacob in Ravensburg im Krankenhaus zu besuchen. Ich fragte ich mich unwillkürlich: Oje, ist sie denn von allen guten Geistern verlassen. Was für ein hirnrissiger Plan. Eine alte Frau, mit Papagei in einer Karre, in einem Umhang gehüllt und mit einer Baseballkappe auf dem Kopf. Was für ein seltsames Bild muss sie für die Menschen abgegeben haben?

Edna verliert ihr Portemonnaie und muss sich auf der Straße durchschlagen. Doch sie lernt auch die unterschiedlichsten Menschen kennen, die ihr auf ihrem Weg immer wieder weiterhelfen, Menschen Herz zeigen, denen ihre Mitmenschen nicht egal sind.

Edna, als Charakter mochte ich sehr. Wobei ich bezweifle, dass sich Damen ihres Alters tatsächlich dieser Strapaze aussetzen würden. Auch die anderen Protagonisten waren sehr gut gezeichnet. Ich mochte sie alle.

Eine eindringliche Geschichte, die mich tief erschüttert und berührt hat, und die mich bewogen hat, über das Schicksal der Schwabenkinder nachzulesen. Was für eine schlimme Zeit.

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Veröffentlicht am 21.03.2021

TEACH THE ELEPHANT

Folge deinem Bauchgefühl
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Nein, es ist kein neuer Diätratgeber. In diesem Buch geht es um ehr als Kalorien zählen. Die Autorin fordert auf, die Verantwortung für unser Essverhalten in die Hand zu nehmen. Denn es gibt keinen heiligen ...



Nein, es ist kein neuer Diätratgeber. In diesem Buch geht es um ehr als Kalorien zählen. Die Autorin fordert auf, die Verantwortung für unser Essverhalten in die Hand zu nehmen. Denn es gibt keinen heiligen Gral. Auch keinen Zauberspruch. Sie rät, den Ursachen auf den Grund zu gehen. Wofür steht eigentlich die Schokolade? Und wie kann ich dieses Gefühl von Befriedigung anderswo finden? Ursachenforschung statt Symptombekämpfung. Darin stimme ich der Autorin Johanna Fischer vollkommen zu. Wir sind verantwortlich für unsere Entscheidungen, für die Erfüllung unserer Bedürfnisse und unser persönliches Glück. Die Autorin schreibt: „Wenn du etwas willst, musst du etwas dafür tun, du kannst nicht von anderen erwarten, dass sie dich glücklich machen.“ Genauso sind wir nicht verantwortlich für andere, jeder ist seines Glückes Schmied. Niemand sollte zu viel Energie verschwenden, um zu erklären, warum etwas nicht funktioniert, sondern vielmehr seine Energie in die Suche nach den Gründen stecken, warum es funktionieren wird.

Die Autorin empfiehlt, auf den eigenen Körper zu hören, ihm zu vertrauen.

Wir erfahren wichtiges Basiswissen über Mikro- und Macronährstoffe und erfahren, was die Autorin unter proaktive Ernährung versteht. Listen der proaktiven Lebensmittel befinden sich in den jeweiligen Kapiteln.

Die Frage ist: Warum tun wir eigentlich oft das nicht, was wir eigentlich wissen? Genau das ist das Problem, das viele von uns haben. Wir kennen uns mit Nahrungsmitteln und Kalorien sehr gut aus, aber es hakt trotzdem. Der Rat der Autorin: TEACH THE ELEPHANT, NOT THE RIDER. Ein absolut einleuchtender Ansatz, der mir persönlich ein Aha-Erlebnis verschafft hat. Für mich überhaupt der wichtigste Punkt in diesem Buch, da ich mich mit Ernährung sehr gut auskenne und eigentlich nicht noch ein weiteres Diätbuch benötige.

Der mentale Schwerpunkt in diesem Buch ist tatsächlich sehr erhellend. Nun weiß ich wie ich meinen inneren Schweinehund beikommen kann. Meine Motivation ist angesprungen und ich habe große Lust, diese Ratschläge in meinen Alltag zu integrieren.

Fazit: Daumen hoch. Diesen Ratgeber kann ich von ganzem Herzen empfehlen. ❤️

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Veröffentlicht am 21.03.2021

Gedächtnis verrutscht

Stay away from Gretchen
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»›Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten‹, soll August Bebel gesagt haben. Ich wünsche Ihnen eine geruhsame Nacht.« Auf diesen Spruch wartet die 84-jährige ...

»›Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten‹, soll August Bebel gesagt haben. Ich wünsche Ihnen eine geruhsame Nacht.« Auf diesen Spruch wartet die 84-jährige Greta jeden Abend vor dem Fernseher, zum Abschluss der Nachrichten, die Tom, ihr Junge, moderiert. Greta wohnt allein in einer Wohnung mit einhundertsechzig Quadratmetern. Ihr Mann ist schon seit 18 Jahren verstorben. Wann hatte sie ihren Sohn zum letzten Mal persönlich gesehen, er wohnt doch nur wenige Kilometer von ihr entfernt? Sie ruft ihn an, bemerkt dabei gar nicht, dass sie nur auf Band spricht.

Ich habe tatsächlich die Luft angehalten, als sich die alte Dame ins Auto setzt und nach Irrwegen auf der Autobahn landet, wo sie hilflos hinter ihrem Steuer sitzt. Vier Stunden ist sie unterwegs bevor sie mit leerem Tank liegenbleibt und aufgegriffen wird. Sie ist völlig verwirrt. Dringender Verdacht auf Demenz, sagt der Arzt im Krankenhaus zu Thomas

So startet die Geschichte in der Gegenwart. Doch es gibt auch noch Gretas Geschichte in der Vergangenheit und die beginnt mit dem 1. September 1939, als der Schuldirektor verkündet: "Jetzt ist Krieg!" und endet im Juli 1953. Und diese Geschichte ist über allen Maßen spannend, berührend, grausam, menschlich und unmenschlich zugleich.

Greta verbringt ihre Kindheit in Ostpreußen, als der Vater in den Krieg muss. Ihr wird als Kind die Nazi-Propaganda eingepflanzt und so verehrt sie, wie so viele, diesen Adolf Hitler. Dann gilt ihr Vater in Russland als verschollen und die Familie befindet sich auf der Flucht vor der anrückenden russischen Armee. Unvorstellbar, was Greta und ihrer Familie widerfahren ist. Auch als Flüchtlinge sind sie nirgend willkommen. Ich kann mich jetzt umso besser in die Flüchtlinge versetzen, die in der heutigen Zeit aus Kriegsgebieten nach Deutschland kommen. Auch sie sind von vielen hier nicht erwünscht und auch das faschistische Gedankengut ist bereits wieder in vielen Köpfen vorhanden.

In Heidelberg lernt sie die schwarzen GI Robert Cooper kennen. Hier lesen wir von Rassismus der Gis in den eigenen Reihen. Die schwarzen Soldaten dürfen zwar in den Krieg ziehen und ihr Vaterland verteidigen, sind jedoch weniger Wert als ein weißer Soldat. Ich möchte hier nicht zu viel von der Geschichte verraten. Mich haben gerade dieser Rassismus und die Mischlingsproblematik stark betroffen gemacht.

Von all dem hatte Thomas nichts gewusst. Seine Mutter hat nie davon gesprochen. Allmählich bekommt er eine Ahnung vom Leben seiner Mutter
Tja, und nun zum Hauptprotagonisten. Ich mochte Thomas anfangs überhaupt nicht. Er wurde mir zunehmend unsympathischer. Er ist ein typischer Vertreter der Generation „Ellbogen“, für die nur ein Höher/Größer/Weiter/Schneller zählt. Ich fand es seine arrogante Art, besonders seiner Ersatzassistentin Jenny gegenüber, abscheulich. Allerdings gewinnt er im Laufe der Geschichte, und je mehr er über seine Mutter erfährt, an Menschlichkeit. Gretchen mochte ich. Sie weiß, dass was nicht mit ihr stimmt und das macht ihr Angst. Sie versucht es zu vertuschen. Interessant ist, dass sie, trotz Demenz, noch in der Lage ist Kreuzworträtsel zu lösen. „Das Gedächtnis verrutscht im Alter“, sagt Greta. In ihren jungen Jahren hat Greta mehr aushalten müssen, als man sich vorstellen kann. Ich hielt beim Lesen oft die Luft an.

Der Schreibstil der Autorin ist gut lesbar und voller Dramatik. Susanne Abel lässt den Leser in eine andere Zeit eintauchen. Man fühlt sich mitten im Geschehen. Ich habe mitgelebt und gelitten. Die Charaktere sind lebensecht.

Fazit: Ein grandioser gut recherchierter Debütroman, der mich jede Sekunde fesseln konnte.

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Veröffentlicht am 19.03.2021

Voll witziger Comicroman!

Das ungeheimste Tagebuch der Welt!, Band 1: Wie mein bescheuerter Bruder Klassensprecher in meiner Klasse wurde … (Comic-Roman aus zwei Perspektiven für Kinder ab 10 Jahren)
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Karline und Paul sind Geschwister einer Patchwork-Family. Als Paul in der Schule hängenbleibt, kommt er in Karlines Klasse und wird zu allem Übel auch noch Klassensprecher. Kein Wunder das Karline voll ...

Karline und Paul sind Geschwister einer Patchwork-Family. Als Paul in der Schule hängenbleibt, kommt er in Karlines Klasse und wird zu allem Übel auch noch Klassensprecher. Kein Wunder das Karline voll genervt ist.

Karline bekommt Pauls Tagebuch sprich TABU zufällig in die Hände und lässt es sich nicht nehmen, ausgiebig darin zu lesen. Paul will ein berühmter DJ werden. Einfach lächerlich, der Typ. Auch Karlines Tagebuch kommen wir zu lesen und erfahren so was in den beiden vorgeht.

Und gerade das ist voll cool, wie meine Enkelin sagt, dass der Leser beide Perspektiven kennenlernen darf. Text und Illustrationen sind super gelungen. Es macht auch als Erwachsener Freude im Buch zu blättern und zu lesen.

Wer Gregs Tagebuch mag wird auch „Das geheimste Tagebuch der Welt“ mögen. Mir hat es Spaß gemacht und meine Enkeltochter liebt es. Wir freuen uns schon auf den zweiten Band!

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Veröffentlicht am 14.03.2021

Geht unter die Haut

Das achte Kind
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Der Autor und Journalist Alem Grabovac verarbeitet in „Das achte Kind“ fiktiv seine Familiengeschichte in einer ehrlichen und zu tiefst berührenden Geschichte, die sich allerdings als harter Tobak herausstellt.

Die ...

Der Autor und Journalist Alem Grabovac verarbeitet in „Das achte Kind“ fiktiv seine Familiengeschichte in einer ehrlichen und zu tiefst berührenden Geschichte, die sich allerdings als harter Tobak herausstellt.

Die Geschichte beginnt in den siebziger Jahren. Die Mutter Smilja wächst in extremst ärmlichen Verhältnissen in Kroatien auf. Sie lernt den Bosnier Emir kennen und lieben. Sie kommen beide mit großen Hoffnungen als Gastarbeiter nach Deutschland und finden auch schnell eine Arbeit. Doch während der Mutter fleißig und zuverlässig ist, ist der Vater ein verantwortungsloser Tunichtgut. Er treibt sich lieber in Kneipen rum. Als Alem 1974 geboren wird, ist es Smilja klar, dass sie nicht zuhause bei ihrem Baby bleiben kann, und auf Emir ist kein Verlass. Sie findet schließlich eine deutsche Pflegefamilie bei der Alem, während der Woche, als achtes Kind aufwachsen kann. Es zerreißt ihr das Herz, aber es ist letztendlich die beste Entscheidung für das Kind. Emir entwickelt sich zum Kleinganoven. Als ihm in Deutschland der Boden zu heiß wird, irgendwelche Typen sind hinter ihm her, setzt er sich in seine Heimat ab und landet später im berüchtigten Gefängnis Goli Otok in Jugoslawien. Smilja findet einen neuen Partner. Doch auch Dusan ist ein gewalttätiger Säufer, bei dem Alem, der die Wochenenden bei seiner Mutter verbringt, nichts zu lachen hat. Alem wächst auf in den Glauben, dass sein Vater bei einem Arbeitsunfall ums Leben kam.

Mich hat die Geschichte gepackt. Scheinbar emotionslos erzählt der Autor von Alem. Der schlichte und schnörkelloser Schreibstil wirkte umso drastischer. Der Roman ist in drei Bücher unterteilt. Im ersten geht es um die Mutter Smilja, das zweite ist Alem gewidmet und im letzten Buch geht es um Emir.

Von allem Protagonisten hat konnte die Pflegemutter mein Herz erreichen. Sie hat sich für Alem eingesetzt und ihn in ihre Familie aufgenommen wie ein eigenes Kind. Ihr Mann hat leider meine Sympathien verloren, als sich nach und nach herausstellte, dass er ein alter unverbesserlicher Nazi ist, der aus der Geschichte nichts gelernt hat. Alems Mutter tat mir leid. Die mutige junge Frau aus dem ärmlichen Kroatien, schaffte es nicht sich gegen ihre Männer zu behaupten. Mit Alem selber hatte ich großes Mitleid. Ich habe mit dem kleinen Kerl sehr gelitten und fand es erstaunlich, dass er sich trotz dieser schlechten Ausgangsbedingen seinen Weg in ein gutes Leben gefunden hat.

Es geht in diesem Roman um die Problematik der Migration von Gastarbeitern in den 70iger Jahren, um nicht aufgearbeitete Geschichte, um die ewig Gestrigen, um innerfamiliäre Gewalt, nicht zuletzt um Schuld und Vergebung.

Ein Buch das unter die Haut geht. Allerdings keine leichte Lektüre.

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