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Veröffentlicht am 30.05.2021

Zwischen Licht und Schatten

Die Leuchtturmwärter
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Drei Leuchtturmwärter verschwinden über Nacht spurlos von ihrem Leuchtturm mitten auf dem Meer. Zurück bleiben ihr verlassenes zweites Zuhause, ein gedeckter Tisch, eine von innen verriegelte Tür, zwei ...

Drei Leuchtturmwärter verschwinden über Nacht spurlos von ihrem Leuchtturm mitten auf dem Meer. Zurück bleiben ihr verlassenes zweites Zuhause, ein gedeckter Tisch, eine von innen verriegelte Tür, zwei Uhren, die zur selben Zeit stehen geblieben sind. Und die Frauen der drei Wärter, deren bis dahin bereits einsames Leben an Land eine ganz neue Tiefe bekommt.

In Logbucheinträgen, Gesprächen mit einem Autor, der eine Geschichte über das Geschehen vor zwanzig Jahren schreibt, und Briefen setzt sich Stück für Stück zusammen, was auf dem Leuchtturm geschehen ist. Und weit davor, denn die Wurzeln dessen liegen weit in der Vergangenheit, haben sich Jahr für Jahr mehr miteinander verstrickt und enger gezogen.

Jeder der Wärter kommt zu Wort, jede der drei Frauen. Jede der Figuren hat ihren ganz eigenen Blick auf das Geschehen, ihre ganz eigene Antwort auf die Fragen nach dem Wie und Warum. Und dabei kommt so einiges zutage, was weit zurückreicht. Der Leser lernt die Charaktere sehr eindrücklich und intensiv kennen, verfolgt ihren Lebensweg teils von ihrer Geburt bis in die Gegenwart. Zutiefst menschliche Gefühle kommen an die Oberfläche, die Schatten, die wir alle in uns tragen, sodass sich über den Verlauf des Buches unzählige Möglichkeiten aufbauen, was passiert sein könnte.

Am Ende bekommt der Leser die Antworten auf seine Fragen, wobei für mich nicht alles geklärt wurde. Daher bin ich nicht ganz zufrieden mit der Auflösung, bin aber tief beeindruckt von der Erzählweise der Autorin, dem feinen Netz, das sie gesponnen hat, der Tiefe, die in dieser Geschichte und ihren Charakteren steckt. Emma Stonex ist ein großartiger Roman gelungen, der mir vor allem aufgrund seiner Erzählweise in Erinnerung bleiben wird, die so nah an den tiefgründigen Charakteren ist. Dabei begeistert sie darüber hinaus mit der feinfühligen Beschreibung dessen, was es bedeutet, einen Leuchtturm sein Zuhause zu nennen. Nicht nur die Arbeiten, die die Männer vornehmen, bringt sie dem Leser nahe, die Abläufe und die Verantwortung, die dieser Beruf mit sich bringt, sondern vor allem das Gefühlsleben der Wärter, die die Einsamkeit als ihren Freund bezeichnen. Und auch in die Frauen, die Daheimgebliebenen, versetzt sie sich auf so feinfühlige und empathische Weise, dass ich als Leserin keinen Zweifel daran habe, dass es sich genau so anfühlen muss, die Frau an der Seite eines Leuchtturmwärters zu sein. Mit Sicherheit werde ich die beeindruckenden Bauwerke von nun an mit einem ganz neuen Blick betrachten.

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Veröffentlicht am 23.05.2021

Was für ein Buch!

Stay away from Gretchen
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Der Klappentext dieses Buches kann nur in Ansätzen wiedergeben, was diese Geschichte alles beinhaltet. In Wahrheit steckt noch so viel mehr darin.

Durch den Protagonisten Tom wird der Leser mitgenommen ...

Der Klappentext dieses Buches kann nur in Ansätzen wiedergeben, was diese Geschichte alles beinhaltet. In Wahrheit steckt noch so viel mehr darin.

Durch den Protagonisten Tom wird der Leser mitgenommen in die Medienwelt. Er erfährt, was sich hinter den Kameras abspielt, wird mitgenommen zu Berichterstattungen, Interviews. Den Beruf des Nachrichtensprechers betrachte ich nach dem Lesen mit ganz neuen Augen. Es gehört so viel mehr dazu, als fünfzehn Minuten lang von den aktuellsten Geschehnissen zu berichten, möglichst ohne sich dabei zu versprechen.

2015 ist die Flüchtlingskrise auf einem ihrer Höhepunkte. Schonungslos und mit ihrem ganz eigenen Blick reist Susanne Abel mitsamt ihren Lesern zurück in diese Zeit. Erinnerungen werden geweckt, Bilder werden lebendig. Die meisten von ihnen sind sehr unschön.

Greta und Tom, Mutter und Sohn, erzählen, was es bedeutet, wenn Vergangenheit und Gegenwart sich vermischen, wenn Erinnerungen verloren scheinen, nur um dann umso eindrücklicher lebendig zu werden. Aus der Perspektive der Erkrankten und der eines Angehörigen wird die Krankheit Demenz beleuchtet. Und wie! Besonders die Textstellen, in denen Greta selbst zu Wort kommt, der Leser in ihren Kopf reist und einen Eindruck davon bekommt, wie sich diese Krankheit anfühlen könnte, haben mich bewegt.

Und dann sind da die Kapitel, die in der Vergangenheit spielen, beginnend mit der Zeit des Zweiten Weltkriegs und darüber hinaus. So eindringlich beschreibt die Autorin, was es bedeutet hat, in dieser Zeit aufzuwachsen, zu erleben, wie der Vater in den Krieg zieht, was Flucht bedeutet und wie es sich anfühlt, vertrieben worden und nicht willkommen zu sein. Gretas Schicksal geht noch so viel weiter, aber mehr möchte ich dazu an dieser Stelle nicht sagen. Nur, dass ihr Leben Spuren hinterlassen hat. Dass ich so sehr mit ihr mitgefühlt habe. Und sie ist nur eine von vielen, die ein ähnliches Schicksal ereilt hat.

Und dadurch spannt sich auf so geniale, wenn auch tragische Weise der Bogen in die Gegenwart. Denn es sind die Bilder der Flüchtlingskrise 2015, die die Erinnerungen an ihr eigenes Schicksal in Greta wachrütteln.

Das alles steckt in diesem Buch. Und noch so viel mehr. Und dazu erzählt auf so lebendige, eindringliche und bewegende Weise, dass es sich gleichzeitig so anfühlt, als hätte ich einen über fünfhundert Seiten dicken Wälzer gelesen, und doch nicht. Ich bin sehr beeindruckt!

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Veröffentlicht am 07.05.2021

Großartig erzählt!

Die Geschichte von Kat und Easy
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Mehr als vierzig Jahre sind vergangen, seit Kat und Easy gemeinsam in einer Silvesternacht in das Jahr 1973 gerutscht sind, das so vieles verändert hat. Sie selbst, ihre Freundschaft, das Leben in ihrer ...

Mehr als vierzig Jahre sind vergangen, seit Kat und Easy gemeinsam in einer Silvesternacht in das Jahr 1973 gerutscht sind, das so vieles verändert hat. Sie selbst, ihre Freundschaft, das Leben in ihrer kleinen Stadt. Doch etwas ist geblieben. Der Kern, der ihre Freundschaft ausgemacht hat. Und so sehen sie sich wieder, unter besonderen Umständen, und was so lange unausgesprochen zwischen ihnen hing, kommt zur Sprache.

Susann Pásztor hat mich mit "Die Geschichte von Kat und Easy" unglaublich beeindruckt. Diese Geschichte ist so gut erzählt. So dicht, so klug, so intensiv. Die Worte der Autorin, ihr Erzählstil, haben einen ganz eindringlichen Sog auf mich ausgeübt. Zusammen mit den so echten und lebensnahen Charakteren bin ich mit jedem neuen Kapitel von der Vergangenheit in die Gegenwart und wieder zurück gesprungen und habe nach und nach aufgedeckt, was so lange im Dunkeln lag. Dabei hat die Autorin mich zum Lachen gebracht, mich aber auch tief berührt. Sie schreibt so wundervoll echt und authentisch, dass es sich für mich so angefühlt hat, als wäre ich selbst ein Teenager zu der Zeit gewesen, in der der Roman spielt, dabei wurde ich erst mehr als zehn Jahre später geboren.

Ganz viel Tiefe liegt in diesem Buch, zwischen den Zeilen. Die Charaktere haben so feine Verflechtungen miteinander. Es macht einfach nur Spaß, sie zu entwirren und ihnen zu folgen.

Eine ganz klare Empfehlung von mir!

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Veröffentlicht am 22.03.2021

Großartig erzählt!

Miss Bensons Reise
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Was mich an diesem Buch am allermeisten begeistert und auch überrascht hat, ist der Erzählton der Autorin. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie so charmant, humorvoll und stellenweise sogar sarkastisch ...

Was mich an diesem Buch am allermeisten begeistert und auch überrascht hat, ist der Erzählton der Autorin. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie so charmant, humorvoll und stellenweise sogar sarkastisch und ironisch über das Schicksal ihrer Protagonistinnen erzählt. Aber ich habe es so sehr genossen, zu schmunzeln, oft sogar laut aufzulachen und mich in der Welt rund um Miss Benson und ihre Begleiterin Enid zu verlieren. Dabei nimmt die Handlung stets überraschende Wendungen an und bekommt eine unerwartete Ernsthaftigkeit und Spannung, die ich so ebenfalls nicht erwartet hatte. Hier und da hatte die Erzählung kleinere Längen, aber die sind schnell verflogen. Und so war "Miss Bensons Reise" eine wunderbare Geschichte über zwei Frauen Anfang der Fünfzigerjahre, die aus unterschiedlichen Gründen die Welt bereisen und dabei nicht nur zusammen, sondern vor allem über sich hinaus wachsen.

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Veröffentlicht am 14.02.2021

So toll erzählt!

Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid
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Dieses Buch, dessen Titel zu lang ist, um ihn in die Rezension zu schreiben, hat mich restlos begeistert. Die Autorin erzählt so toll und intensiv, dass man als Leser förmlich am Buch klebt und es gar ...

Dieses Buch, dessen Titel zu lang ist, um ihn in die Rezension zu schreiben, hat mich restlos begeistert. Die Autorin erzählt so toll und intensiv, dass man als Leser förmlich am Buch klebt und es gar nicht mehr weglegen mag. Die Handlung wechselt sich zwischen Gegenwart und Vergangenheit ab. In der Vergangenheit gibt es einige Zeitsprünge, sodass der Leser auf dieser Zeitebene einige Jahre verbringt. Das hat eine enorme Spannung erzeugt, vor allem weil man als Leser weiß, welche Ereignisse mit dem Fortschreiten der Jahre auf die Charaktere des Buches warten. Das düstere Kapitel Deutschlands zur Zeit des Zweiten Weltkrieges wird beleuchtet, und das mit einer ganz besonderen Intensität, die mir so gut gefallen hat. Die Autorin schafft es, eine so intensive Nähe zu ihren Figuren aufzubauen, dass man als Leser mittendrin im Geschehen ist. Ich habe das Lesen so sehr genossen. Am Ende waren mir ein, zwei Details etwas zu viel des Guten. Gerade in der Neuzeit hätte ich mir die eine oder andere Entwicklung anders gewünscht. Aber ich konnte das Buch sehr zufrieden zuklappen und freue mich, dass es in meinem heimischen Bücherregal einen Platz gefunden hat. <3

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