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Veröffentlicht am 03.04.2021

Weil nicht sein darf, was nicht sein kann

Der Verdacht
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„Violet ist ein Wunschkind, und Blythe möchte die liebevolle Mutter sein, die ihr selbst so sehr fehlte. Doch als man ihr das Neugeborene in den Arm legt, fühlt sich alles falsch an. Da ist nur Ablehnung, ...

„Violet ist ein Wunschkind, und Blythe möchte die liebevolle Mutter sein, die ihr selbst so sehr fehlte. Doch als man ihr das Neugeborene in den Arm legt, fühlt sich alles falsch an. Da ist nur Ablehnung, und je älter das Mädchen wird, desto mehr wächst die Angst vor Violet und ihrem feindseligen Verhalten, das sich Blythe nicht erklären kann. Alles nur Einbildung? Oder ist das Mädchen tatsächlich absichtsvoll böse? Fox, der seine Tochter von ganzem Herzen liebt, beobachtet seine Frau mit wachsendem Misstrauen. Bis eines Tages das größtmögliche Unglück über die Familie hereinbricht – und Blythe sich ihrer Wahrheit stellen muss.
Wenn man sein Kind bedingungslos lieben möchte, aber die Angst das überwältigendere Gefühl ist. »Der Verdacht« erzählt von schicksalhaften Familienbanden, von Obsession und der Zerbrechlichkeit von Glück – ein zutiefst aufwühlender Roman von großer Sogkraft, erschütternder Klarheit und stilistischer Brillanz.“ – Zitat Klappentext

Den vollständigen Klappentext habe ich hier vorangestellt, weil ich es als schwierig erachte, über dieses Buch zu sprechen, ohne zwangsläufig Inhalte zu verraten, was einen Lesegenuss schmälern könnte. Die Buchbeschreibung verrät schon recht viel.
Was sie nicht transportiert ist die großartige Umsetzung des thematisch schwierigen Plots. Der Autorin gelingt es, eine Spannungskurve zu zeichnen, welche mich in ihren Bann zieht, mir andererseits Entspannung gönnt, um mich im Finale „einfach stehen zu lassen“.

Die Handlung selbst bewegt sich auf drei Ebenen: Großmutter, Mutter und Blythe in der Gegenwart als Hauptprotagonistin. Die Herkunft eines Menschen macht ihn zu dem, was er ist. Insofern hilft mir die generationsüberschreitende Erzählung, die Gefühls- und Gedankenwelt sowie das Handeln von Blythe zu verstehen.

Könnte diese Geschichte Realität sein? Ich kann es nicht beurteilen. Dafür weiß ich zu wenig über Mutterschaft, wie sich ein Lebewesen entwickelt oder welche Faktoren für die Ausbildung eines Charakters greifen.

„Der Verdacht“ ist ein rundum gelungener Debüt-Roman, mit dem Ashley Audrain in das Thema „Mutterschaft“ eintaucht, welches in meiner Wahrnehmung im Außen oft rosarot geschildert wird, im Inneren jedoch auch eine große Schwere bergen kann, was eine Mutter keinesfalls abwertet. Dass es „das Böse“ an sich geben könnte, mag ich in dieser Form jedoch nicht glauben.

Eine begeisternde Lese-Erfahrung, welche klassische Denkmuster hinterfragt und Raum für Diskussion, auch in der Gesellschaft, bietet.

Das Cover, welches in der Grundform schlicht, durch das Rot auf Grau jedoch auch kontrastreich, erscheint, spielgelt in der Zartheit und Zerbrechlichkeit der Mohnblumen den Inhalt gut wider.


Dieses eBook habe ich im Rahmen des Angebots von PenguinRandomhouse-Testleser vorab lesen dürfen.


Ashley Audrain, Der Verdacht, Roman, eBook, Penguin Verlag, 17,99 €, 320 Seiten in der Print-Ausgabe, Erscheinungstermin 29.03.2021

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Veröffentlicht am 21.03.2021

Wenn Träume fliegen lernen

Es war einmal in Italien
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Italien, 1870 – Was könnten ein Waisenjunge, eine Gräfin und ein Zirkusmädchen gemein haben?!? Und doch kreuzen und verbinden sich die Lebenspfade von Pietro, Nella und Marta in Rom. Die „Ewige Stadt“ ...

Italien, 1870 – Was könnten ein Waisenjunge, eine Gräfin und ein Zirkusmädchen gemein haben?!? Und doch kreuzen und verbinden sich die Lebenspfade von Pietro, Nella und Marta in Rom. Die „Ewige Stadt“ leidet unter der Knute des päpstlichen Staates und des Einflusses der Adligen. Das gemeine Volk lebt in Armut; Gewalt und Elend sind an der Tagesordnung. Im Untergrund bildet sich Widerstand; das Volk kämpft für die Wiedervereinigung Italiens durch die Befreiung Roms.

„Es war einmal in Italien“ schildert deutlich und ohne Weichzeichner die Lebensumstände der römischen Bürger in jenen Tagen. Dessen ungeachtet gelingt es Luca di Fulvio mit seiner Sprache Bilder der Hoffnung, des Aufbruchs und der Liebe zu zeichnen, welche Not und Elend stellenweise vergessen lassen. Ich erfahre, wie wichtig es ist, seine Herkunft sowie seinen Platz im Leben zu kennen.

Was stellenweise wie ein schönes Märchen daherkommt, verschont mich nicht mit knallharter Realität. Dem Autor gelingt der Spagat zwischen diesen extremen Gegensätzen, so dass ich das Elend hinnehmen und mit den Protagonisten ihre Träume leben kann. Ich befinde mich in Rom, bin ganz nah am Geschehen und es entstehen wunderschöne, aber auch brutale Bilder. Im Finale keimt das Pflänzchen Hoffnung, dass Träume in Erfüllung gehen und sich alles zum Guten wenden mag.

Die Protagonisten entspringen sicherlich der Fantasie di Fulvios. Die Revolution zur Befreiung Roms mit ihrem Vorgeplänkel und ihren Folgen sind Geschichte. Die Lebensumstände der Menschen sowie die historischen Gegebenheiten scheinen mir sehr gut recherchiert und gelungen transportiert.

Das Cover, schlicht und doch wunderschön gestaltet, verbirgt seinen großartigen, bildgewaltigen, emotionalen Inhalt auf diesen ersten Blick. Absolute Leseempfehlung!


Luca di Fulvio, Es war einmal in Italien, Roman, eBook, Lübbe Verlag, 11,99 €, 720 Seiten in der Print-Ausgabe, Erscheinungstermin 12.10.2020

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Veröffentlicht am 13.02.2021

"Heimat" kann ein Ort sein...

Jahresringe
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Leonore strandet auf ihrer Flucht aus Ostpreußen in Lich-Steinstraß. Dort trifft sie den Bäcker Jean (Hannes) Immerath, welcher ihr unerwartet köstlichste Moppen und Obdach anbietet. Eine helfende Hand ...

Leonore strandet auf ihrer Flucht aus Ostpreußen in Lich-Steinstraß. Dort trifft sie den Bäcker Jean (Hannes) Immerath, welcher ihr unerwartet köstlichste Moppen und Obdach anbietet. Eine helfende Hand im Haus und in der Bäckerei gegen eine eigene, kleine Wohnung.

Schnell macht Leonore sich unentbehrlich im Hause Immerath. Ihre freie Zeit verbringt sie mit Spaziergängen im nahegelegenen Bürgewald. Obwohl die Menschen im Ort – ungeachtet der verstreichenden Zeit – sie stets als Fremde betrachten und ihr distanziert bis feindselig gegenübertreten, hat Leonore eine neue Heimat für sich gefunden.

Doch erneut stehen die Zeichen auf Aufbruch. Der Braunkohletagebau Hambach wird erschlossen, Lich-Steinstraß wird umgesiedelt.

Andreas Wagner lässt mich in mehreren Zeitsprüngen den Lebensweg von Leonore, ihrem Sohn Paul sowie den Enkelkindern Jan und Sarah verfolgen. Dabei bekomme ich ein Gefühl dafür, was „Heimat“ bedeutet.
Parallel erfahre ich viel über den Braunkohletagebau im Gebiet Hambacher Forst und was das Leben im Einzugsgebiet eines Tagebaues für eine Region und seine Menschen bedeutet.

Der Autor weckt von Anfang an mein Interesse an seinem Buch und dieser biografisch gehaltenen Geschichte. Ich empfinde die Darstellung der zum Teil doch recht schwierigen Realität als angenehm sachlich, auch wenn in meiner Wahrnehmung die „dagegen“-Perspektive bevorzugt transportiert wird, was meiner persönlichen Haltung entgegenkommt, bin ich doch relativ nah am Thema „Hambacher Forst“. An der einen und anderen Stelle ist nach meinem Empfinden mit dem Autor die Fantasie etwas „durchgegangen“, was der Qualität des Romans nicht schadet. Ein gelungenes Debüt.

Für das Cover, welches schlicht, aber auch wunderschön gestaltet ist, hätte ich aufgrund des Titels ein anderes Bild erwartet. Die Maiglöckchen spielen jedoch auch eine wichtige Rolle zwischen den Buchdeckeln, was sich mir „natürlich“ erst nach dem Lesen des Buches erschließt.

Herbert Grönemeyer singt in seinem Lied „Heimat“: „Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl…“ - Ich kenne keinen Ort und auch nicht das Gefühl. Durch „Jahresringe“ habe ich den Eindruck, Heimat kann sehr wohl ein Ort sein…


Andreas Wagner, Jahresringe, Roman, Gebundenes Buch, Droemer Verlag, 20,00 €, 256 Seiten, Erscheinungstermin 01.09.2020

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Veröffentlicht am 18.01.2021

Der Dachs hat's gewusst

Grimmbart
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„Grimmbart“ ist der achte Fall von Kommissar Kluftinger. Eigentlich bleibt nicht viel zu dem Buch zu sagen. „Kluftinger“ ist Kult. Entweder man mag den eigenwilligen Kommissar oder eben nicht. Ich mag ...

„Grimmbart“ ist der achte Fall von Kommissar Kluftinger. Eigentlich bleibt nicht viel zu dem Buch zu sagen. „Kluftinger“ ist Kult. Entweder man mag den eigenwilligen Kommissar oder eben nicht. Ich mag ihn…


In „Grimmbart“ befindet sich Klufti mehrfach in einer Ausnahmesituation.
Auf der einen Seite heiratet sein einziger Sohn, weswegen nicht nur sein Zuhause ihm zunehmend fremd wird, sondern selbstverständlich auch die Brauteltern aus Japan anreisen werden, was etliche Fettnäpfchen bereithalten dürfte.
Auf der anderen Seite wirft der neue Fall viele Fragen auf und bedarf im Umkreis durchlauchter Personen Umgangsformen, die der Kommissar sich einerseits nicht merken kann, andererseits auch nicht wirklich als notwendig erachtet.
Und als wenn das nicht alles schon mehr wäre, als ein Allgäuer Urgestein ertragen kann, erscheint der Umgang mit der neuen Vorgesetzten sowie deren Vorstellungen von moderner Polizeiarbeit ein Seiltanz zu werden.

Die Schloss-Herrin ist verschwunden und mit ihr ein wertvolles Gemälde. Die Baronin ist alsbald gefunden, ermordet und drapiert wie die Frau auf dem abgängigen Gemälde, welches verschollen bleibt. Schnell wird klar, dass der Baron bankrott ist, das Schloss und seine Vermarktung in den Händen des zwielichtigen Verwalters liegen. Verdächtige bieten sich viele an, aber sowohl Motiv und Täter bleiben lange im Verborgenen.

Kommissar Kluftinger geht sein eigenes Tempo, lässt sich nicht beeinflussen und aufgrund seiner legendären Geistesblitze wird im furiosen Finale eine wunderschöne Hochzeit jenseits kultureller und sprachlicher Barrieren gefeiert und – irgendwie unvermeidbar – parallel der Mörder dingfest gemacht.


Klüpfel / Kobr, Grimmbart, Kriminalroman, Taschenbuch, Droemer Knaur Verlag, 9,99 €, 480 Seiten, Erscheinungstermin 24.09.2015

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Veröffentlicht am 30.12.2020

Anrührende, aber auch knallharte Realität

Immer montags beste Freunde
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New York in den achtziger Jahren. Eine Frau und ein Junge schließen Freundschaft. So einfach. So unmöglich.
Sie ist weiß, er ist schwarz. Sie ist erwachsen, er ist ein Kind.

Laura Schroff nimmt mich ...

New York in den achtziger Jahren. Eine Frau und ein Junge schließen Freundschaft. So einfach. So unmöglich.
Sie ist weiß, er ist schwarz. Sie ist erwachsen, er ist ein Kind.

Laura Schroff nimmt mich mit auf die Reise durch die Freundschaft zwischen ihr und Maurice sowie ihrer beider Leben. Die Betrachtung der Geschehnisse in New York, beginnend im Jahr 1986, erfolgt aus dem inneren Kreis heraus, die Wahrnehmung aus dem Äußeren bleibt weitgehend unerwähnt. Und doch trägt Laura keine Scheuklappen, wird die Realität in ihrer ganzen Bandbreite offengelegt.

Dieses Buch hat mich berührt, mein Interesse geweckt, mich fröhlich, nachdenklich und auch traurig gestimmt, mich der nächsten Seite, dem nächsten Kapitel entgegenstreben lassen. Es begleitet mich durch meinen Alltag, wirft Fragen auf, fordert Selbstreflexion.

Diese Geschichte hat das Potential zu einem modernen Märchen, verliert jedoch nicht die Bodenhaftung, befruchtet den Glauben an das Gute. Sie unterstreicht meine Erfahrung im Kleinen, einen anderen Menschen zu erfreuen, um im Rückblick festzustellen, dass ich selbst beschenkt worden bin…

Das Cover ist schlicht, aber Interesse weckend gehalten, das Buch angereichert durch ein informatives Vorwort sowie eine Fotostrecke.

Ich durfte „Immer montags beste Freunde“ in der eBook-Version als „Testleser“ der Penguin-Random-House-Verlagsgruppe lesen.


Laura Schroff / Alex Tresniowski, Immer montags beste Freunde, Biografischer Roman, eBook, Diana Verlag, 9,99 €, 304 Seiten in der Print-Ausgabe, Erscheinungstermin 12.10.2020

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