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Veröffentlicht am 17.04.2021

Historisches Familienepos

Die Perlenprinzessin. Rivalen
1

Das Autorenpaar Iny Lorentz hat mit „Die Perlenprinzessin – Rivalen“ den opulenten ersten Teil der aus drei Teilen bestehenden historischen Familiensaga vorgelegt.

Simon Simonsen und Mina Thadde mögen ...

Das Autorenpaar Iny Lorentz hat mit „Die Perlenprinzessin – Rivalen“ den opulenten ersten Teil der aus drei Teilen bestehenden historischen Familiensaga vorgelegt.

Simon Simonsen und Mina Thadde mögen sich sehr, er will um ihre Hand anhalten. Da noch ein anderer Bewerber um die Gunst der schönen Mina buhlt, ruft Cornelius Thadde, ihr Vater, zu einem Wettstreit auf. Jeder der beiden ist Kapitän je eines Handelsschiffes, an dem Cornelius Anteile hält und so schickt er die Männer in die Karibik mit der Aussicht, dass derjenige Mina zur Frau bekommt, der als erster mit wertvollerer Ladung zurück ist.

Um zwei Reeder-Familien rankt sich der Auftakt dieser dreiteiligen Familiensaga. Wir sind auf hoher See, ankern an exotischen Häfen und fahren zurück in den Heimathafen Hamburg. Mit Simon, der rechtschaffen so manches Abenteuer bestehen muss genauso wie mit Jörgen Mensing, der in diesem Wettrennen auf hoher See den Sieg davonträgt. Beide sind sie sehr gut darin, ein großes Handelsschiff zu kommandieren und es wieder heil in seinen Heimathafen zu bringen. Seeleute sind nicht gerade die feinsinnigsten Gestalten, hier wird so manches Klischee bedient.

Es ist der Beginn einer Feindschaft zweier Familien, die ihren Ursprung mit der Werbung um Mina hat. Zwei ganz und gar gegensätzliche Charaktere sind als Schiffseigner unterwegs. Der eine ist zufrieden, dass er genug Aufträge hat, immer wieder sein Schiff mit wertvollen Gütern beladen und somit ordentlich Gewinn erzielen kann. Wogegen der andere immer mehr will, besser sein möchte und alle lauteren und vor allen unlauteren Mittel zuhilfe nimmt, um sein Vermögen zu mehren und seinen Gegner, denn so sieht er ihn, Stück für Stück zu vernichten. Diese Fehde zieht sich über die nächste und die übernächste Generation, immer kommt es aus der einen Familie, deren Mitglieder mit gezinkten Karten spielen. Gut und Böse sind schnell ausgemacht.

Iny Lorentz entführt den Leser ins Hamburg des 18. Jahrhunderts. Dabei fliest neben der Hauptgeschichte historisches mit ein wie etwa die Zeit der französischen Besatzung mit all den damit verbundenen Schreckszenarien bis hin zur Vertreibung all jener, die nicht genug hatten, um über den Winter zu kommen.

Trotz der vielen Familiengeflechten, den Seeleuten, den Franzosen und Engländern sowie weiteren Hamburgern war ich bald in ihrer Mitte, was auch dank des Personenregisters am Ende sowie dem sehr brauchbaren Glossar gut gelang. So konnte ich mich ganz einlassen auf eine Reise durch die Weltmeere, auf das Leben der Daheimgebliebenen, war bei so manchem Löschen der Fracht dabei, die vorher gut eingekauft sein wollte.

Was mir nicht so gut gefiel, waren – je weiter die Geschichte sich entwickelte – die Zeitsprünge. Wurde den Protagonisten anfangs noch genug Raum gegeben, war die nächste Generation schon schneller abgehandelt, die Erzählung wurde zusehends gerafft.
Ein spannender Auftakt, der mit der Reise der übernächsten Generation auf die entlegene Südsee-Insel Hiva Oa ihren Fortlauf nimmt.

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Sie kennen keine Gnade

Der Abstinent
1

Düster geht es los an diesem nasskalten November des Jahre 1867 in Manchester. Drei Unabhängigkeitskämpfer werden gehängt. Die Fenians gegen die englische Polizei. Es heißt Mann gegen Mann – unerbittlich, ...

Düster geht es los an diesem nasskalten November des Jahre 1867 in Manchester. Drei Unabhängigkeitskämpfer werden gehängt. Die Fenians gegen die englische Polizei. Es heißt Mann gegen Mann – unerbittlich, gefühllos und äußerst brutal. Sie kennen keine Gnade.

Constable James O´Connor, von Dublin nach Manchester versetzt, bekommt nach seinen Alkoholexzessen hier nochmal eine Chance. Um an die Fanians heranzukommen, bedient er sich der Spitzel. Ein gefährliches Unterfangen, zumal die Iren vor keiner Grausamkeit zurückschrecken.

Stephen Doyle, ein amerikanischer Ire und von Kämpfen besessener Kriegsveteran, heftet sich an O´Connors Fersen. Unter falschem Namen setzt er über, wird jedoch an seiner auffälligen Narbe erkannt. In den Gassen von Manchester taucht er unter, seine Helfer sind überall und nirgends.

In den Fenian-Kneipen treffen sich alle, auch die Spitzel der Polizei sind darunter. Einmal enttarnt, ist das Leben der hier eingeschleusten verwirkt und als Zeichen der Stärke knöpft dann die Obrigkeit einen von der Gegenseite auf. Ein nie endendes Drama.

Ein historischer Roman, der einem Thriller nahe kommt. „In der Schlacht sind alle gleich und man hat geradezu die Pflicht, seine hässliche Seite zu zeigen“ so denkt und handelt Doyle. Und genau so lese ich dieses Buch, werde in all diese abstoßenden Handlungen direkt hineingezogen. Täuschen und tricksen haben beide Seiten drauf, die Iren mit ihrem dicht verwobenen Netz an Sympathisanten haben mit den Jahren ihre Vorgehensweise perfektioniert.

„Eine fiktive Geschichte, die auf historischen Tatsachen beruht.“ Anders als üblich und nicht vorhersehbar endend hat Ian McGuire einen bedrückend dichten Roman über einen Kampf für Wahrheit und Gerechtigkeit, gegen Tyrannei und Lügen vorgelegt, der mich überzeugt hat.

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Eine starke junge Frau

Die Bildhauerin
1

Die Academie Colarossi im Paris des Jahres 1881 ist ihr Ziel. „Ich bin Bildhauerin“ stellt sich die siebzehnjährige Camille Claudel dem jungen Achille-Claude Debussy nach ihrem unfreiwilligen Zusammenstoß ...

Die Academie Colarossi im Paris des Jahres 1881 ist ihr Ziel. „Ich bin Bildhauerin“ stellt sich die siebzehnjährige Camille Claudel dem jungen Achille-Claude Debussy nach ihrem unfreiwilligen Zusammenstoß vor. Erstaunt von der blutjungen Träumerin meint er, der Pianist, der sich in den himmlischen Sphären der Musik sieht, eines dieser Malweiber vor sich zu haben. Ihre Wege werden sich noch öfter kreuzen.

Ein gelungener Anfang, der mich sofort in diese Zeit zurückversetzt. Camilles erster Förderer war Boucher. Nachdem dieser nach Florenz ging, machte er sie mit dem sehr viel älteren Auguste Rodin bekannt, dem sie bald nicht nur Muse war. Beruflich und privat war sie an ihn gebunden, er unterstütze sie, half ihr, sich auf dem umkämpften Kunstmarkt zu behaupten, machte sie mit einflussreichen Kunstliebhabern bekannt.

Pia Rosenberger zeichnet das Bild einer begabten jungen Frau, die trotz vieler Hindernisse ihren eigenen Weg verfolgt. Schon früh wusste sie, dass sie für ein konventionelles Leben nicht geschaffen war. Ihre ganze Leidenschaft galt der Bildhauerei. Die Beziehung zu Rodin, ihre Jahre mit ihm wird hier thematisiert. Eine starke Frau, eine bemerkenswerte Künstlerin, die sich in dieser Männerdomäne nie beirren ließ.

Episoden aus ihrer Kindheit sowie ihrer Familie werden zwischendurch erzählt, wie etwa die schlafende Taube, welche ihre kindlichen Hände erschufen, sie dürfte sechs Jahre alt gewesen sein. Seither sah Camille in einem unförmigen Klumpen Lehm sofort die Gestalt, die sie daraus modellieren wollte. In ihrem Vater hatte sie eine Stütze, er sah ihr Talent.

In der Reihe „Außergewöhnliche Frauen zwischen Aufbruch und Liebe“ beleuchtet dieser biografische Roman hauptsächlich ihre Zeit mit Rodin - eine talentierte Frau, die sich in ihren Zielen nie beirren ließ. Ihre Zeit nach Rodin hätte ich mir zumindest als kurze Episode gewünscht, um das Bild rund zu machen.

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Veröffentlicht am 29.03.2021

Die innere Freiheit finden

Gefangen und frei
1

„Der New-York-Times Bestsellerautor David Sheff beschreibt die wahre Geschichte eines zum Tode Verurteilten, der im Gefängnis zum Buddhisten wurde.“

Das erste Mal treffe ich auf Jarvis Jay Masters im ...

„Der New-York-Times Bestsellerautor David Sheff beschreibt die wahre Geschichte eines zum Tode Verurteilten, der im Gefängnis zum Buddhisten wurde.“

Das erste Mal treffe ich auf Jarvis Jay Masters im Frühjahr 1986 im Staatsgefängnis San Quentin. Dahin wurde der inzwischen 24jährige Afroamerikaner vor fünf Jahren aus Harbor City, Kalifornien, gebracht. Ursprünglich verurteilt zu 20 Jahren Haft wegen bewaffnetem Überfall in 13 Fällen droht ihm nun die Todesstrafe, wenn er wegen Beihilfe zum Mord an einem Gefängniswärter für schuldig befunden wird. Er findet über die Meditation zum Buddhismus und somit zu einer nie gekannten innerlichen Freiheit.

Die Geschichte von Jarvis hat mich tief beeindruckt. Was war das doch für ein auf und ab der Gefühle. Er hat die richtigen Leute an seiner Seite wie etwa Melodie Ermachild, die ihrem Klienten verspricht, ihn nicht im Stich zu lassen. Sie bringt ihn dazu, alles aufzuschreiben, führt ihn hin zur Meditation. Damit fängt er an, in sich zu gehen, ganz bei sich zu sein. Um wiederum in einem weiteren Schritt Richtung Buddhismus zu gelangen.

„Eine wahre Geschichte“ lese ich da, so bin ich möglichst unvoreingenommen an das Buch herangegangen, auch wenn es nicht immer gelingen mochte. Es erzählt von einer sehr starken Persönlichkeit, aus der – wäre er in ein anderes Umfeld hineingeboren – alles hätte werden können. So wurde er einer, der „seine Freiheit verlieren musste, um sie in sich selbst zu finden“.

David Sheff erzählt eine Geschichte, an der ich beim Lesen aber doch so manches Mal zweifle. Kann es sein, dass ein im Todestrakt Einsitzender die innere Ruhe findet, um zu meditieren? Er ist auf sich selbst gestellt, hat niemanden, der ihn motiviert. Und trotzdem setzt er sich jeden Morgen auf den Boden – atmet ein – atmet aus. Seine Vergangenheit, bestehend aus Hass und Gewalt hat er hinter sich gelassen, er ist ein neuer, ein besserer Mensch. Und doch schleicht sich immer wieder der Gedanke ein, ob das sein kann, dass hier, umgeben von Schwerkriminellen, ein so gar nicht Unbescholtener sich komplett verwandelt? Aber ich lese gebannt weiter, bin tief beeindruckt ob seiner Willensstärke.

Die letzte Zeile ist gelesen, ich brauche noch eine Weile, ehe ich das Buch zuklappe. Bin sprachlos, bin voller Bewunderung für diesen Mann, der sich selbst in den Zustand völliger Zufriedenheit versetzt hat. Sein Weg war lang, er hatte gegen viele Gefühle angekämpft, um zuletzt doch mit sich selbst im Reinen zu sein.

„Nur wir selbst können uns aus unserem eigenen Leiden befreien.“ Ein Buch, das viele Gefühle, ja Zweifel freisetzt und das doch so viel Zuversicht gibt.

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Veröffentlicht am 28.03.2021

Eine beeindruckende Reise zu den Halligen

Die Farbe des Nordwinds
1

„Die Farbe des Nordwinds“ von Klara Jahn ist ein sehr informatives Stück lebendigen Hallig-Lebens, eingebettet in zwei Geschichten - die eine im Heute und die andere erzählt vom Damals.

Eine Küstenschwalbe ...

„Die Farbe des Nordwinds“ von Klara Jahn ist ein sehr informatives Stück lebendigen Hallig-Lebens, eingebettet in zwei Geschichten - die eine im Heute und die andere erzählt vom Damals.

Eine Küstenschwalbe möchte Liske sein, Ellen eine Schnecke mit Haus. Die eine sehnt sich nach dem vollen, dichten Leben, die andere nach Ruhe - vielleicht gerade weil in Beider Leben das Gegenteil vorherrscht. Ellen zog mit ihrer Mutter alle Nase lang um, Liske rührte sich mit ihrem Vater nicht vom Fleck. „Wir sind sowas wie Schwestern“ sagten sie damals.

Wo sind sie hin, Liskes Träume? Sie wurde hier gebraucht, hat ihre Sehnsüchte der Wirklichkeit geopfert, ist hier verwurzelt und weiß genau, wie das Leben auf der Hallig funktioniert. So wie sie auch funktioniert. Raue Schale - weicher Kern? Da lass ich mich überraschen.

Die Autorin nimmt den Leser mit Ellen mit auf ihre Reise, in ihr neues Zuhause. Auf der Hallig, die sie schon als junges Mädchen geliebt hat, will sie die Kinder unterrichten. Hier möchte sie Wurzeln schlagen, mit den Halliglüd auf ihren Warften leben. Zwei Geschichten erzählt uns Klara Jahn wechselseitig – die eine im Hier und Jetzt mit Ellen und Liske und die andere führt uns 200 Jahre zurück in die Vergangenheit.

Im HEUTE war zu Anfang nicht viel, da war ich schon ein wenig enttäuscht, dachte: So eine Geschichte, die ich schon hunderte Male so ähnlich gelesen habe. Aber je weiter ich las, desto mehr war ich bei den einzelnen Personen. Jede für sich hatte was und sie alle hatten Ecken und Kanten.

Sehr anschaulich und mit zunehmendem Interesse erfuhr ich, eingebettet in die Story, vieles über die Halligen. Das Gleichgewicht zwischen Fauna und Flora. Mensch gegen Natur. Wie weit darf er eingreifen, was sollte er besser lassen? Ein Leben im Einklang der Natur. Mir gefällt diese Art, wie Wissen nähergebracht wird.

Das DAMALS gefiel mir richtig gut, da war ich von Anfang an intensiv dabei. Raue Zeiten waren das, die Tage angefüllt mit Arbeit und der Aberglaube hatte wohl einen nicht zu geringen Platz. Über die große Februarflut 1825 habe ich gelesen und so einiges über die Geschichte der Halligen erfahren.

Man merkt dem Buch an, dass die Halligen, deren Schutz und deren Kampf im Klimawandel, der nicht aufzuhalten ist, eine Herzensangelegenheit der Autorin sind. Ein eindrucksvolles Leseerlebnis, diese Reise ins nordfriesische Wattenmeer. Informativ, berührend, unterhaltsam.

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