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Veröffentlicht am 17.11.2021

Die große Abrechnung - Showtime unterm Weihnachtsbaum

Reality Show
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Was für eine tolle Buchidee! Nach dem Lesen des Klappentextes war ich schon schwer begeistert.

Darum geht es:

In nicht allzu ferner Zukunft, wir schreiben das Jahr 2028, ist die Demokratie für die Menschen ...

Was für eine tolle Buchidee! Nach dem Lesen des Klappentextes war ich schon schwer begeistert.

Darum geht es:

In nicht allzu ferner Zukunft, wir schreiben das Jahr 2028, ist die Demokratie für die Menschen in Deutschland noch weniger spürbar als heute. Eine Partei mit dem sinnigen Namen "Der rechte Weg" ist an der Macht. Die Menschen haben den Eindruck, dass egal was sie wählen, entweder Pest oder Cholera für sie dabei herauskommt. Die meisten Bürger schuften tagein und tagaus ohne jemals auf einen grünen Zweig zu kommen. Eine Gruppe junger Leute will das nicht länger hinnehmen und plant über mehrere Jahre einen Coup, der die Bevölkerung wieder an der Macht beteiligen soll. Ausgerechnet an Heiligabend wird auf allen Kanälen eine Show gesendet, der sich keiner entziehen kann, die Realityshow. Dafür wurden die Persönlichkeiten, die die wahre Macht in unserem Land haben und die sich im Laufe der Jahre unfassbare Vermögen zusammengerafft haben, als Geiseln genommen und als Kandidaten präsentiert, über die das Publikum jetzt richten soll. Anne Freytag greift tief in die Trickkiste des Trash-TV. Viele ethische Fragen werden aufgeworfen. Natürlich bedient diese pompöse Fernsehshow mit der Möglichkeit zur Selbstjustiz am Couchtisch niedrigste Instinkte, auch beim Leser.Und haben die Menschen nicht ein Recht wütend zu sein? Darüber erlaubt sich die Autorin kein Urteil, gibt aber zu bedenken, dass unsere täglichen Kaufentscheidungen, unsere "Geiz ist geil" Mentalität unzweifellos täglich mit dazu beiträgt, dass z.b ein Imperium für Fast Fashion Millionengewinne verzeichnet. Können wir uns als Käufer wirklich davon freisprechen nichts gewusst zu haben? Wohl eher nicht, aber man verdrängt die Arbeitsbedingungen in den Entwicklungsländern halt gerne.

Die Geschichte ist packend und rasant und auch als Hörbuch gelesen von Matthias Koeberlin ein Genuss. Allerdings hat die Vielzahl der Personen dazu geführt, dass ich schon ab und zu den Überblick verloren habe. Deshalb habe ich manche Passagen bewusst doppelt gehört. Man muss sich ein bisschen konzentrieren, um den Faden nicht zu verlieren. Das ist aber das einzige kleine Manko, bei einem für mich fantastischen Buch. Ich mochte es sehr, fand es sprachlich ausgefeilt und unterhaltsam.

Ich gebe 4,5 Sterne. Unbedingt lesenswert!


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Veröffentlicht am 01.10.2021

Toller Spannungsroman

Wer das Feuer entfacht - Keine Tat ist je vergessen
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Mit „ Wer das Feuer entfacht“ hat Paula Hawkins nach ihrem Sensationserfolg „Girl on the train“ und dem Nachfolger „Into the water“ einen weiteren Spannungsroman geschrieben, auf den ich sehr gespannt ...

Mit „ Wer das Feuer entfacht“ hat Paula Hawkins nach ihrem Sensationserfolg „Girl on the train“ und dem Nachfolger „Into the water“ einen weiteren Spannungsroman geschrieben, auf den ich sehr gespannt war.

Im Fokus der Geschichte stehen drei Frauen, die schreckliche Dinge erlebt haben, die sie nachhaltig traumatisiert haben.

Aber die Geschichte beginnt wie so oft mit einem rätselhaften Prolog in kursiver Schrift, bei dem ich laut loslachen musste. Erst wird eine blutbesudelte Atmosphäre geschaffen und eine Frau kämpft offensichtlich um ihr Leben, dann wertet jemand das Geschriebene als Schundroman und schmeißt es in die Ecke. Das war schon mal eine köstliche Abweichung vom üblichen Thriller.

Was es mit diesem Einstieg in den Roman auf sich hat, wird natürlich nicht verraten.

Eine Leiche lässt auch nicht lange auf sich warten. Ein junger Mann wurde auf einem Boot niedergestochen, und die junge Laura, die mit ihm einen One Night Stand hatte, wird schnell der Tat verdächtigt. Interessant war, dass jede Person, die neu in die Geschichte eingeführt wurde in irgendeiner Beziehung zu einer der bisher bekannten anderen Personen stand. Das fand ich raffiniert und spannend. Außerdem hatte ich das Gefühl nach jeder Information, die die Autorin dem Leser zukommen ließ, wieder neue Theorien aufstellen zu müssen, wer der Täter oder die Töterin sein könnte. Dieses Gefühl hielt sich tatsächlich fast bis zum Buchende, und auch das gefiel mir, denn ich möchte ja zum Schluss noch überrascht werden.

Die Geschichte, die in London spielt ist schon düster,und die Charaktere in der Mehrzahl nicht sympathisch. Das Schicksal hat den Protagonistinnen Laura, Miriam und Clara wirklich übel mitgespielt und manch ein Leser mag die Anhäufung von Unglück vielleicht als übertrieben empfinden. Sie waren allesamt sehr tragische Figuren, denen ich Mitgefühl entgegenbringen konnte, auch wenn ich ihr Handeln oft nicht gutheißen konnte. Auch die Nebenfiguren waren gelungen.

Paula Hawkins fesselnden Schreibstil , keine losen Enden, die am Schluss noch übrig blieben, machten das Buch zu einem Genuss.

Ein kleiner Kritikpunkt für mich war lediglich die Polizeiarbeit, die recht lasch erschien, aber die Ermittler bleiben in der Geschichte auch total im Hintergrund.

Von mir gibt es eine begeisterte Leseempfehlung und 4,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 02.05.2021

Seelenwärmer

Pandatage
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Danny Maloony ist restlos überfordert mit dem Leben. Viel zu früh ist er Vater geworden, und dann stirbt seine Frau Liz, mit der er alles immer irgendwie hat regeln können bei einem Autounfall. Sein Sohn ...

Danny Maloony ist restlos überfordert mit dem Leben. Viel zu früh ist er Vater geworden, und dann stirbt seine Frau Liz, mit der er alles immer irgendwie hat regeln können bei einem Autounfall. Sein Sohn Will redet seit diesem Tag kein einziges Wort mehr, und Danny verliert auch noch seinen Job auf der Baustelle. Seinem Vermieter ist er schon zwei Monatsmieten schuldig, und wie es aussieht, wird dieser nicht lange zappeln und für die Eintreibung der Mietschulden auch Gewalt anwenden. Danny sieht also keinen rosigen Zeiten entgegen und hat leider auch keinen richtigen Beruf erlernt oder Verwandte, die ihm aus der Patsche helfen könnten.

Seine Geschäftsidee scheint dann auch eher eine Verzweiflungstat zu sein, als ein gut durchdachter Buisinessplan. Die Kleinkünstlerszene im Hydepark lässt ihn denken, dass er mit einem Kostüm und etwas Herumgehopse schon zu Geld kommen könne. So erwirbt er ein Pandakostüm, dass nicht hübsch aber billig ist und versucht sein Glück. Leider kann er überhaupt nicht tanzen......

In "Pandatage" gelingt es dem Autor James Gould-Bourn , dass die Leser mitfühlen und zwar nicht nur mit dem überforderten Vater, sondern auch mit dem unglücklichen Sohn, der die engste Bezugperson verloren hat, die er hatte. Sein Vater war immer arbeiten. Er kennt ihn gar nicht so wirklich, hat das Kümmern fast immer seiner Frau Liz überlassen. Die ganze Situation, so tragisch sie ist, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Dazu eine gute Prise englischer Humor, skurile aber meist liebenswerte Charaktere und voilà, ist ein besonderes Wohlfühlbuch entstanden, dass Herz und Seele wärmt. Der Autor spielt bewusst mit Klischees und trotzdem ist das Ende nicht so vorhersehbar wie man zunächst denkt.

Dieser Debütroman ist voller Situationskomik und macht einfach Spaß. Mich hat er wunderbar unterhalten.


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Veröffentlicht am 15.04.2021

Freiheit für Italien

Es war einmal in Italien
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Der Waisenjunge Pietro kann sein Glück kaum fassen. Ausgerechnet er wird von der Contessa ausgewählt. 16 Jahre ist er alt und kann durch Adoption der Hölle des Waisenhauses entkommen.

Auch Marta hatte ...

Der Waisenjunge Pietro kann sein Glück kaum fassen. Ausgerechnet er wird von der Contessa ausgewählt. 16 Jahre ist er alt und kann durch Adoption der Hölle des Waisenhauses entkommen.

Auch Marta hatte keinen leichten Start ins Leben. Sie war an Ketten gefesselt wie ein Hund als Melo vom Wanderzirkus das mißhandelte Kind einfach mitnimmt in ein besseres Leben.

Seine Protagonisten führt Luca di Fulvio im Kirchenstaat Rom zusammen und dass, kurz bevor hier der Freiheitskampf für ein einiges Italien ausbricht.

Der Autor hat einen bildgewaltigen historischen Roman geschaffen, ein regelrechtes Epos mit über 700 Seiten, was einen allerdings nicht abschrecken sollte, denn es macht wirklich Spaß in das Italien von 1870 zurückkatapuliert zu werden . Insbesondere wenn man das heutige Rom kennt, bereitet es großes Vergnügen die ganzen bekannten Plätze und Gebäude in einer gänzlich anderen Zeit zu erleben.

Ich bin zwischen Buch und Hörbuch, wunderbar vertont von Philipp Schepmann, hin und her gewechselt. Neben dem Freiheitskampf der Italiener bekommen wir als Leser und Zuhörer auch etwas mit über die Anfänge der Fotografie, denn Pietro kommt in Kontakt mit einem Adeligen, der seine Leidenschaft fürs Fotografieren an den Jungen weitergibt. Doch während der Principe die schönen Dinge des Lebens festhält, möchte Pietro die Wahrheit auf den Fotoplatten festhalten, die im ärmlichen Rom 1870 auch einmal darin besteht, Kinder abzulichten, die mit Pferdeäpfeln spielen, sich schimmliges Brot teilen oder eine Ratte, die durch die Straßen läuft.

Auch Marta ist zu einer starken Persönlichkeit herangereift, die sich plötzlich als Patriotin begreift und auch wenn sie eine Frau ist , nicht auf ihr politisches Engagement verzichten möchte. Blut spritzt nicht nur als die Schlacht in Rom beginnt, sondern auch, als Pietro vom rechten Weg abkommt und sich einer Bande von Kriminellen anschließt, die unter ihrem Anführer Albanese rauben und morden.

Neben der brutalen Realität des 19. Jahrhunderts kommt aber auch die Liebe nicht zu kurz. Vielleicht wird es hier sogar ein bisschen kitschig aber das habe ich Luca di Fulvio, der sprachgewaltig einen tollen atmosphärischen Roman geschrieben hat, nicht übel nehmen können.

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Veröffentlicht am 26.03.2021

Ode an die Jugend

Der große Sommer
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Frieder hat es verbockt. Den geplanten Sommerurlaub mit seiner Familie kann er vergessen. Er wird in den Ferien für die Nachprüfungen in Mathe und Latein büffeln müssen, und dafür soll er zu seinen Großeltern. ...

Frieder hat es verbockt. Den geplanten Sommerurlaub mit seiner Familie kann er vergessen. Er wird in den Ferien für die Nachprüfungen in Mathe und Latein büffeln müssen, und dafür soll er zu seinen Großeltern. Ausgerechnet sein strenger Großvater soll dafür sorgen, dass er auch wirklich lernt. Zu seiner großen Überraschung wird es trotzdem der Sommer seines Lebens werden, ein Sommer in dem er sich zum ersten Mal verliebt, in dem er viel über das Leben lernt, über Freundschaft, Angst und Tod über Respekt und Vertrauen. Es wird der Sommer an den er in späteren Jahren immer wieder zurückdenken wird, denn es war der Sommer an der Schwelle des Erwachsenwerdens.

Der Roman spielt irgendwann in den 80erJahren in einer unbenannten Stadt. Frieder's Familie ist insofern schon etwas besonderes, weil es eine kinderreiche Familie ist, bei der immer ein Grundchaos herrscht. Die Familienmitglieder gehen freundlich und liebevoll miteinander um, und zu seiner Schwester Alma, die nur wenig jünger ist als er und die aufgrund eines Praktikums ebenfalls nicht mit in die Ferien fährt, hat Frieder ein besonders inniges Verhältnis. Auch sein bester Freund Johann wird den größten Teil der Ferien in der Stadt sein. Und dann ist da noch Beate, die er zufällig im Schwimmbad kennengelernt hat und in die er sich sofort heftigst verliebt hat. Für dieses Vierergespann bleibt in der lernfreien Zeit Raum für Unternehmungen und wagemutige Aktionen und für Beate und Frieder auch die Chance sich näher zu kommen.

Ewald Arenz schafft es in seinem Roman das Gefühl der Jugend wieder heraufzubeschwören. Ich konnte diese Mischung aus Naivität,Unbeschwertheit , Wagemut und Unbesiegbarkeit sehr gut nachfühlen. Die Charaktere wirken absolut authentisch und vielschichtig. Der fast unnahbare Großvater, den Frieder noch vor kurzem hatte siezen müssen, hat auch eine sehr liebenswerte und fürsorgliche Seite, die auch der Icherzähler entdeckt. Die Liebe der Großeltern hat mich berührt. Die Gespräche zwischen Großmutter und Enkel waren bewegend . Die coole Fassade von Johann bröckelt , als dieser einen schweren Schicksalsschlag erleidet und die Freundschaft der Gruppe wird auf die Probe gestellt.

Der Sommer ist mit dem Beginn des neuen Schuljahres so unwiderruflich vorbei, wie die Unschuld der Kindheit. Deshalb klingt auch ein bisschen Wehmut mit, wenn Frieder Jahre später auf diese Zeit zurückblickt. Ewald Arenz ist ein wunderbar einfühlsamer Erzähler, der nicht nur den Sprung ins Erwachsenenleben gut eingefangen hat, sondern auch die 80er Jahre in seiner Erzählung hat aufleben lassen, und ich mochte seinen Roman wirklich sehr.

4,5 Sterne gibt es von mir für diesen sehr lesenswerten, warmherzigen Roman.

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