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Veröffentlicht am 06.06.2021

Einfühlsame Liebesgeschichte, verbunden mit einer Stadtführung durch Paris

Und dann war es Liebe
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Hannah ist 30 Jahre alt, wohnt in London und arbeitet dort als Personalreferentin in einer Kanzlei. Sie ist die Protagonisten des Romans „Und dann war es Liebe“ von Lorraine Brown. Aus dem Titel heraus ...

Hannah ist 30 Jahre alt, wohnt in London und arbeitet dort als Personalreferentin in einer Kanzlei. Sie ist die Protagonisten des Romans „Und dann war es Liebe“ von Lorraine Brown. Aus dem Titel heraus ist ergibt sich bereits eine Ahnung darüber, dass es eine unerwartete Entwicklung zweier Figuren geben und deren Zuneigung im Laufe der Zeit wachsen wird. Der Umschlag des Buchs ist bis in die Klappen hinein wunderschön gestaltet und verführt dazu den Liebesroman in die Hand zu nehmen.

Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Simon hat Hannah einige Tage in Venedig Urlaub gemacht. Auf der Rückfahrt nach Amsterdam zur Hochzeit von Simons Schwester verlässt sie den Platz neben ihrem Freund, der bereits schläft, und sucht sich in einem anderen Waggon einen neuen, damit auch sie angelehnt in den Schlaf findet. Der Zug wird unbemerkt von beiden geteilt und Hanna findet sich statt in Amsterdam in Paris wieder. Den Mitreisenden Léo, der zwar in Paris wohnt, aber ebenfalls von Italien aus auf dem Weg nach Amsterdam war, hat das gleiche Pech ereilt. Beide verpassen den Anschlusszug. Nach einigem Zögern und mit schlechtem Gewissen nimmt Hannah Léos Angebot an, ihr die Stadt zu zeigen.

Hannah ist schlecht organisiert und wird immer dann hektisch, wenn ein Problem auftritt, zu dem sie keine direkte Lösung hat. An der Seite von Simon ist sie jedoch in den letzten Wochen und Monaten ruhiger geworden und nimmt sich die Zeit auch mal nachzudenken. Daher denkt sie, dass ihre Liebe zu ihm ihr guttut. Sie stammt aus einfachen Verhältnissen. Als junge Frau hat sie sich gerne vergnügt, obwohl sie heute erkennt, dass das ihre Mutter geärgert hat, denn diese hat sie allein erzogen und sich kaum einmal eigene Wünsche erfüllt. Simons Familie ist betucht und Hannah fühlt sich im Kreis seiner Angehörigen nicht immer wohl.

In Paris lernt sie Léo zunächst als eher kühl und abweisend kennen, doch er wird schnell zugänglich und sehr offen. Im Laufe der Zeit stellt sich heraus, dass er viel Wert auf Vertrauen legt. Die Stimmung zwischen beiden ist erst angespannt, aber sie lockert sich mit und mit. Hannah spürt eine unbekannte Aufregung über all die Sehenswürdigkeiten und Lokalitäten die Léo ihr zeigt. Gemeinsam lachen sie und irgendwann spürt Hannah, dass sich ihr Miteinander verändert hat. Damit steht aber auch für sie die große Frage im Raum, wie sie ihr Verhältnis zu Simon im Vergleich dazu einordnen soll.

Lorraine Brown führte mich als Leserin an die schönsten Orte von Paris, einer Stadt in der ich schon mehrfach gewesen bin. Man spürte die Begeisterung der Autorin für die Hauptstadt Frankreichs und für die Köstlichkeiten, die hier angeboten werden. Allerdings verlangsamt die Fahrt zu den Sehenswürdigkeiten und der Einkauf und Verzehr der Leckereien die Liebesgeschichte, was zu wenigen Längen führt. Bereits im ersten Drittel zeigt sich durch eine Aussage von Hannah, dass sie nicht zum ersten Mal in Paris ist und aufgrund des früheren Besuchs schlechte Erinnerungen mit der Stadt verbindet. Sehr lange fragte ich mich, woran das liegt, bis die Autorin das Geheimnis aufdeckt.

"Und dann war es Liebe" von Lorraine Brown ist eine einfühlsame Liebesgeschichte zwischen den beide Protagonisten Hannah und Léo, die sich innerhalb weniger Stunden näherkommen. Die Autorin lässt Hannah aus der Ich-Perspektive erzählen und macht auf diese Weise die Entwicklung ihrer Gefühle nachvollziehbar. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 23.05.2021

Liebesgeschichte in den schottischen Highlands zweier sehr unterschiedlicher Charaktere

Das Lied der Wölfe
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Der Roman „Das Lied der Wölfe“ von Rena Fischer ist eine Liebesgeschichte, zwischen den beiden besonderen Protagonisten Nevis und Kaya. Das Cover entführt die LeserInnen in die schottischen Highlands mit ...

Der Roman „Das Lied der Wölfe“ von Rena Fischer ist eine Liebesgeschichte, zwischen den beiden besonderen Protagonisten Nevis und Kaya. Das Cover entführt die LeserInnen in die schottischen Highlands mit ihrer unvergleichlichen Landschaft. Die dunklen Wolken am Himmel deuten bereits auf einige Schwierigkeiten hin, die auf dem Weg der Hauptfiguren liegen und lagen und die es zu besiegen gilt. Im Titel spiegelt sich der Grund für die Anwesenheit von Kaya in Schottland wider, denn sie ist als Wolfsforscherin an einem Projekt zur Ansiedlung von Wölfen vor Ort beteiligt.

Kaya Lehmann ist 28 Jahre alt und arbeitet als Biologin an einem Wolfsforschungsinstitut in Deutschland. Sie hat sich bereit erklärt, für ein Jahr dabei behilflich zu sein, in Schottland ein Informationszentrum über Wölfe aufzubauen. Nach einer gescheiterten Beziehung ist sie seit etwa zwei Jahren Single. Ihre Leidenschaft gilt ihrem Beruf.

Seit über zehn Jahren ist Nevis MacKinley, 29 Jahre alt, im Militärdienst, zuletzt gehörte er einer britischen Eliteeinheit an. Allerdings lebt er nach einer Verletzung im Einsatz seit geraumer Zeit wieder Zuhause in einem Herrenhaus in den Highlands in der Nähe von Loch Ness. Seine Eltern wohnen getrennt, weil seine Mutter es bevorzugt, in der Stadt zu leben. Sein Vater ist Milliardär, die Ansiedlung von Wölfen ist sein Hobby. Nevin besucht monatlich ein militärischen Stresszentrum zur psychologischen Betreuung vor allem aufgrund seiner Flashbacks.

Die Kapitel wechseln zwischen den Figuren Kaya und Nevis hin und her, erkennbar am Schriftsatz. Andeutungen machen recht schnell deutlich, dass bei beiden etwas in der Vergangenheit geschehen sein muss, an dem sie bis heute zu tragen haben. Von ihrer Kollegin war Kaya bereits darüber informiert worden, dass sie in Schottland auf ein gewisses Traditionsbewusstsein treffen würde. Es überrascht sie daher nicht im Herrenhaus einen gepflegten Stil vorzufinden, dem sich Nevis jedoch gerne widersetzt. Er hält sich auch nicht mit seiner abneigenden Haltung zum Wolfsprojekt zurück. Einige irritierende Situationen führen dazu, dass Kaya und Nevis einander keinen Zugang zueinander finden, um eine offene Aussprache zu führen.

Rena Fischers Begeisterung für die schottischen Highlands ist zwischen den Zeilen zu spüren. Gekonnt setzt sie ein Wolfsrudel in diese Umgebung und dank ihrer guten Recherche konnte ich als Leserin einiges über das Leben von Wölfen und deren Verhältnis zum Menschen erfahren. Gerne baut sie auf allen Ebenen liebevoll kleine Details ein, die allerdings im Mittelteil zu gewissen Längen führen. Einfühlsam beschreibt sie den Hintergrund für die seelischen Probleme von Nevis, aus deren Grund er Abstand zu Kaya hält. Da beide Protagonisten in der Ich-Form erzählen hatte ich einen gewissen Vorsprung gegenüber Nevis beziehungsweise Kaya, deren jeweiliges Verhalten zu begreifen. Die Autorin zeigt, wie wichtig Verständnis füreinander, Liebe und Respekt in einer Beziehung sind.

In ihrem Roman „Das Lied der Wölfe“ verflechtet Rena Fischer mehrere Themen miteinander. Die Ansiedlung von Wölfen im schottischen Hochland verbindet sie mit einer bewegenden Liebesgeschichte der beiden Protagonisten, die seelische Verletzungen aufweisen. Die Autorin beschreibt einfühlsam die langsame Annährung und die zunehmende Anziehung zueinander des ungleichen Paars. Gerne vergebe ich hierfür eine Empfehlung an Leser von romantischen Geschichten mit besonderem Flair.

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  • Cover
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  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.04.2021

Erfordert die Aufmerksamkeit des Lesers

Adas Raum
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In ihrem Roman „Adas Raum“ deckt Sharon Dodua Otoo nicht nur sprachlich ein breites Spektrum ab, sondern reist auch zeitlich durch Jahrhunderte. Hinter dem Namen Ada stehen viele Frauen, die Bekannteste ...

In ihrem Roman „Adas Raum“ deckt Sharon Dodua Otoo nicht nur sprachlich ein breites Spektrum ab, sondern reist auch zeitlich durch Jahrhunderte. Hinter dem Namen Ada stehen viele Frauen, die Bekannteste unter ihnen ist vermutlich die britische Mathematikerin Ada Lovelace. Die Autorin zieht Verbindungen zwischen Personen und Dingen. Schleifen nennt sie die Übergänge zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Welt. Die Covergestaltung passt sich der erzählerischen Vielfalt farblich an und doch sind bei einem zweiten Blick feine Linien zu erkennen die Einschnitte bilden so wie sie im realen Leben vorkommen, auch bei den Frauen im Roman.

Zunächst sind es drei weibliche Figuren, deren Geschichte Sharon Dodua Otoo in den Fokus stellt. Sie erfasst jeweils eine kurze Episode aus dem Leben der Ada genannten Frauen. Am Ende des Mittelalters lebt Ada in Ghana, wurde ihrem Stamm entrissen und als Sklavin in die Nähe der Goldküste gebracht, wo sie die Ankunft der Portugiesen erlebt. Nach der bereits erwähnten englischen Ada, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in London lebt und einen Seitensprung vor ihrem Mann verbirgt, setzt die Autorin ihren Fokus auf die Polin Ada, die als Prostituierte im KZ Mittelbau-Dora arbeiten muss. Im Zeitgeschehen ist die schwangere Ada, die im hier und jetzt in Berlin nach einer Wohnung sucht, die vierte Protagonistin des Romans.

Es sind nicht nur die aufgeführten Adas, die in der Ich-Form aus ihrem Leben erzählen, es sind auch Dinge in ihrem Umfeld, denen eine berichtende Aufgabe zukommt. Titelgebend ist beispielsweise ein Raum, der Ada im Lagerbordell zur Verfügung steht. Es ist aber auch ein Reisigbesen, ein Türklopfer und ein Reisepass, die die Erzählerrolle zwischenzeitlich übernehmen, was die Geschichte durch die wechselnden Perspektiven nicht immer leicht lesbar macht. Jeder Abschnitt fließt in den nächsten über und verknüpft die verschiedenen Leben und Jahrhunderte.

Sharon Dodua Otoo zeigt wie flüchtig ein Leben ist, wie es oft von außen her bestimmt wird. Unabhängig von Hautfarbe und gesellschaftlichem Stand trägt jede der Adas einen Hang zur Selbstverwirklichung in sich. Sie weist auf Rassismus sowie Vorurteile und Klischees über Frauen hin und stellt Moment des Aufbegehrens von Frauen genauso wie deren Machtlosigkeit innerhalb der Möglichkeiten dar, die jedem zur Verfügung stehen. Keine der Adas ist allein, die Autorin stellt jeder eine weibliche Person zur Seite, die zuhört und Ratschläge erteilt, aber auch die gemeinsamen Meinungen in die Welt tragen kann.

Die Autorin Sharon Dodua Otoo zeigt in ihrer komplex zusammengesetzten, mystisch angehauchten Geschichte „Adas Raum“ wie Frauen in den letzten Jahrzehnten auf verschiedenen Kontinenten um einen würdigen Platz in der Gesellschaft kämpfen und gekämpft haben. Aufgrund der Konstruktion auf mehreren Ebenen erfordert der Roman zum Verständnis Geduld und belohnt den Leser dann mit einer abwechslungsreichen, nachdenklich stimmenden Erzählung.

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Veröffentlicht am 19.04.2021

Zirkusmagie in einem kalabrischen Dorf in den 1970ern

Der Zirkus von Girifalco
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Der zweite Roman des Italieners Domenico Dara „Der Zirkus von Girifalco“ spielt erneut in dem kleinen kalabrischen Ort, in dem er aufgewachsen ist. Zeitlich ist die Geschichte einige Jahre nach den Ereignissen ...

Der zweite Roman des Italieners Domenico Dara „Der Zirkus von Girifalco“ spielt erneut in dem kleinen kalabrischen Ort, in dem er aufgewachsen ist. Zeitlich ist die Geschichte einige Jahre nach den Ereignissen im vorigen Buch angesiedelt, dessen Kenntnis zum Leben aber nicht benötigt wird. Es hat mich gefreut, dass Doktor Vonella, eine der fiktiven Charaktere, noch tätig ist. Die Handlung spielt im süditalienischen Hochsommer über wenige Wochen hinweg.

Bevor ein Zirkus sich Mitte August durch Zufall in Girifalco einfindet und für die Einwohner glücklicherweise Ersatz bietet für die erwarteten und ausgebliebenen Kirmesattraktionen zum Patronasfest San Roccos, stellt der Autor dem Leser eine Reihe seiner Figuren vor, die im Folgenden eine größere Rolle einnehmen werden. Es ist ein bunter Reigen von Personen, die Domenico Dara in den Mittelpunkt stellt. Dazu gehört Luciano, genannt Lulù, der in der Nervenheilanstalt in Girifalco lebt und von einem Schafhirten gelernt hat auf Blättern zu musizieren. Die sanfte Conetta wünscht sich seit Jahren innig, dass sie schwanger wird und der gleichmütige Archidemu hofft darauf, dass er eines Tages seinen deutlich jüngeren Bruder wiederfindet, der als Kind beim Spielen unauffindbar verschwunden ist. Angelo hingegen fällt in der Dorfgemeinschaft durch seine blonden Haare auf und sehnt sich danach, seinen Vater kennenzulernen über den seine alleinstehende Mutter sich nicht äußert. Die verbitterte Mararosa plagt die Eifersucht auf die glückliche Rosaria, die mit dem Händler Sarvatùras verheiratet ist und der alternde Schneider Venanziu bemüht sich darum, seinen Lustgewinn zu maximieren. Jede der Hauptfiguren ist auf ganz besondere Art und Weise vom Einzug des Zirkusses betroffen und findet eine Verbindung zu einem der Artisten.

Durch seine Ortskenntnis vermittelt der Autor ein authentisches Bild des Handlungsorts. Seine Figuren sind liebevoll im Detail beschrieben, aber auch zahlreich, was den Überblick manchmal erschwert, aber eine Dorfgemeinschaft treffend wiedergibt. Zorn, Hass und Neid, Missgunst, Stolz, Vorurteile, Freude, Mitleid, Hilfsbereitschaft und Freundschaft stehen hier nebeneinander und sind wie in jedem Ort der Welt auch hier zu finden. Die Szenen wechseln ständig zwischen den einzelnen Personen, was das Lesen nicht einfach macht. Schon als der Zirkus eintrifft, die Protagonisten die geklebten Werbeplakate in Augenschein nehmen und ihre Gefühle beim Betrachten offengelegt werden, war ich gespannt, welche Geschichte sich dazu jeweils entspinnen wird.

Domenico Dara breitet auf poetische Weise die Lebens- und Denkart seiner Figuren in einem breiten Spektrum vor dem Leser aus. Der Zirkus entfaltet Anziehungskraft auf die Bewohner und gleichzeitig trägt auch die Zurschaustellung von Reliquien zum Patronatsfest dazu bei, dass sich etwas Mysteriöses über den Ort legt, das zum Glauben, Wünschen und Träumen einlädt. Der Autor philosophiert über manche Gesetzmäßigkeiten der Natur, die berühmte Denker aufgeschrieben haben. Das Dorfleben in Girifalco sieht er im Ausgleich zwischen Gut und Böse, zu dem die Einwohner mit ihrem Verhalten beitragen, die aber davon nichts ahnen.

Mit großem Einfühlungsvermögen und Beschreibungen von ironisch bis anzüglich und von rau bis mitfühlend erzählt Domenico Dara in seinem Roman "Der Zirkus von Girifalco" von den Begebenheiten rund um seine gut ausformulierten Charaktere in einem kleinen kalabrischen Dorf, während ein Zirkus über zwei Wochen zu Gast weilt. Ich empfehle den Roman gerne an Leser mit Sinn für Philosophie weiter.

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Ironisches Vergnügen für Ingrid-Noll-Fans

Kein Feuer kann brennen so heiß
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Getreu der ersten, etwas verkürzten Zeile des alten Volkslieds „Kein Feuer kann brennen so heiß“ wird von Ingrid Noll in ihrem gleichlautenden Roman „die Liebe, von der niemand nichts weiß“ thematisiert. ...

Getreu der ersten, etwas verkürzten Zeile des alten Volkslieds „Kein Feuer kann brennen so heiß“ wird von Ingrid Noll in ihrem gleichlautenden Roman „die Liebe, von der niemand nichts weiß“ thematisiert. Wie es dazu kommt, dass die Protagonistin sich ihrem Liebhaber einfach nackt präsentiert ähnlich der jungen Frau auf dem Gemälde von Boulet, welches das Cover ziert, erfuhr ich als Leserin im Laufe der Geschichte.

Die Altenpflegerin Lorina Miesebach hat ihren Dienst bei einer alten Dame angetreten, die im Rollstuhl sitzt. Von klein auf an wird sie in der Familie als ungeschickt angesehen und empfindet sich selbst auch so. Ihr Vertrag beinhaltet die Übernachtung im Haus ihrer Arbeitgeberin. Außer ihr ist noch die Haushaltshilfe Nadine angestellt und der Masseur Boris kommt mehrmals in der Woche. Jeder hat einen eigenen Schlüssel zum Haus. Eines Morgens sitzt Boris am Bett von Lorina und bietet ihr an, für sie Frühstück zu machen. Dabei bleibt es bei den nächsten Besuchen nicht. Doch die Vorstellungen einer Beziehung gehen bei beiden auseinander. Nachdem Boris nicht mehr erscheint, sorgen ein neuer junger Masseur, auf den Lorina bald ein Auge wirft, ein Hund und später noch der Neffe von Lorina für frischen Wind im Haushalt.

In ihrem typisch sarkastisch lakonischen Stil beschreibt Ingrid Noll die Aufgaben der neuen Angestellten Lorina und deren beginnendes Verhältnis mit Boris. Die Protagonistin erzählt in der Ich-Form. Auf diese Weise brachte mir die Autorin die manchmal dubiosen und zeitweilig widerstreitenden Gefühle der Figur näher. Nachdem es zu den ersten Streitigkeiten kommt, ahnte ich schon, dass Lorina sich bitterböse rächen wird. Zwar rechnet sie mit Auswirkungen ihres Tuns, aber nicht in dem dann folgenden Ausmaß. Wie gewohnt, versucht die Autorin ihre Protagonistin als vermindert schuldig darzustellen. Danach vermutete ich hinter jeder neuen Wendung im Haushalt eine kommende Situation, in der Lorina es jemandem heimzahlen wird. Doch obwohl eine hintergründige Spannung vorhanden blieb, war einiges vorhersehbar, zwar amüsant aber ohne große Höhen. Der erbschleichende Neffe der betreuten Dame sorgt immer mal wieder für kleine Wendungen im Geschehen, die bei Lorina und ihren Mitbewohnern für Wirbel sorgen und diese auf den Boden der Tatsachen zurückholen.

Mit ihrem Roman „Kein Feuer kann brennen so heiß“ bietet Ingrid Noll dem Leser wieder kurzweilige Unterhaltung. Zu Beginn der Erzählung weist sie auf das wichtige Thema des Pflegenotstands in Deutschland hin. Obwohl der Spannungsbogen recht flach blieb, fühlte ich mich gut unterhalten. Das Buch ist ein Muss für alle Ingrid Noll-Fans und bietet ironisches Vergnügen für alle Leser.

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