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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.06.2021

Wichtiges Thema gut umgesetzt

Das Wasserhaus
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Wem gehört das Wasser? Gehört es einigen Wenigen, die die Macht haben, Besitzansprüche anzumelden? Oder hat jeder Mensch gleichermaßen Anspruch auf unbegrenzten Zugang zu sauberem Wasser? Diese Frage stellt ...

Wem gehört das Wasser? Gehört es einigen Wenigen, die die Macht haben, Besitzansprüche anzumelden? Oder hat jeder Mensch gleichermaßen Anspruch auf unbegrenzten Zugang zu sauberem Wasser? Diese Frage stellt Reinhard Schultze kontinuierlich immer wieder. Man kommt also nicht umhin, sich mit dieser Problemstellung auseinanderzusetzen und den eigenen Umgang mit der Ressource Wasser zu überdenken.

Unter der Kategorie #malwasanderes möchte ich euch unbedingt „Das Wasserhaus“ von Reinhard Schultze ans Herz legen. Er versteht es gekonnt, den Kern der Handlung im Großen wie im Kleinen aufzugreifen und nach und nach miteinander zu verweben. So dreht es sich nicht allein um das Wasserprojekt in Afrika, für das Ma sich ungeahnt in Gefahr begibt. Daneben kommen auch ihre Kinder immer wieder auf die ein oder andere Art mit dem Thema in Berührung. So zieht sich der Kampf um eine unserer wichtigsten Ressourcen wie ein roter Faden auf unterschiedlichste Weise durch den Roman.

Schultze zeichnet realistische, wohl durchdachte Charaktere, die die verschiedensten Positionen beziehen. Neben dem akuten Kampf um sauberes Wasser in Afrika, steht ebenso unser Konsumverhalten sowie der sorglose Umgang mit Ressourcen im Mittelpunkt des Geschehens. Die Handlung bot so manche Szenen, die es erlaubt hätten, einen Klimathriller aus der Story zu machen. Gerade der Verzicht darauf verdeutlicht jedoch, wie wichtig und gefährlich zugleich der Kampf um Wasser sein kann.

Auch sprachlich gestaltet Schultze einen Handlungsverlauf auf hohem Niveau. Zunächst etwas befremdlich war für mich der völlige Verzicht von Anführungszeichen bei der Verwendung wörtlicher Rede. Letztendlich hat dieses gestalterische Element aber noch mehr Nähe zur Handlung geschaffen. Schultze konnte mich mit seiner Art zu erzählen vollkommen abholen und begeistern.

Tatsächlich tue ich mich oftmals mit dickeren Büchern schwer. Im Fall von „Das Wasserhaus“ hätte ich mir hingegen sogar gewünscht, dass es nach der Abstimmung über das Familienerbe mindestens genau so ausführlich weitergeht. Leider hat der Roman dann doch schneller ein Ende gefunden als erhofft. Ich hätte gern noch mehr von Ma, ihrer Familie und dem Wasseraufbereitungsprojekt erfahren.

Persönliches Fazit: Ich möchte euch diesen Roman unbedingt ans Herz legen. Reinhard Schultze greift in seinem Buch ein Thema auf, das wichtiger nicht sein könnte und welches uns alle betrifft.

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Veröffentlicht am 21.06.2021

Schockierendes Familiendrama

Saint X
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Die 18-jährige Alison verschwindet bei einem Familienurlaub auf der Insel Saint X. Ihre Leiche wird kurze Zeit später gefunden und es deutet einiges darauf hin, dass Alison ermordet wurde. Die Polizei ...

Die 18-jährige Alison verschwindet bei einem Familienurlaub auf der Insel Saint X. Ihre Leiche wird kurze Zeit später gefunden und es deutet einiges darauf hin, dass Alison ermordet wurde. Die Polizei tappt jedoch im Dunkeln. Ihre Schwester Claire ist zu diesem Zeitpunkt 7 Jahre alt und kann die Ereignisse zunächst noch nicht begreifen. Jetzt, im Erwachsenenalter, will Claire der Sache endlich auf den Grund gehen. Sie ändert ihren Namen in Emily und recherchiert, was das Zeug hält. Dabei stößt sie auf erschreckende Erkenntnisse, die ihre Welt mit einem Mal völlig auf den Kopf stellen…

Alexis Schaitkin erzählt die Geschichte aus diversen Perspektiven. Diese sind anfangs vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, zeigen letztendlich aber das ganze Ausmaß des Familiendramas auf. Denn eins ist sicher: In diesem Roman ist gar nichts so, wie es zunächst scheint! Jeder hat seine Geheimnisse, seine Lügen, seine Schuld. Jeder sieht, was er sehen will, was er sehen kann, was er zu sehen hofft.

Mit Claire ist der Autorin eine ganz außergewöhnliche Protagonistin gelungen. Jahrelang war sie nur die kleine Schwester und dachte, sie müsse durch den Mord an Alison die Familie zusammenhalten. Doch aus Claire ist eine wunderbare und mutige Frau geworden, die einfach nicht aufgeben kann und will. Ihre euphorische Suche nach der Wahrheit hat mich sehr beeindruckt und es gab den ein oder anderen Moment, in dem ich sie gerne in meine Arme geschlossen hätte.

Der fesselnde und lebhafte Schreibstil war perfekt für meinen Lesegeschmack. Auch die Zeitsprünge und Perspektivwechsel haben den Plot aufgelockert und meine Neugier geweckt. Die Autorin ist auf viele Details sehr präzise eingegangen und hat diese ausführlich geschildert. Ich fand dies aber gar nicht störend, sondern habe auch das Drumherum interessiert verfolgt. Abschließend war ich sichtlich schockiert, welche Reaktionen und Auswirkungen der Mord an Alison auf so einige Menschen hatte.

Dies ist kein Thriller, was man nicht vergessen darf. Dennoch hat es Schaitkin geschafft, eine gewisse Atmosphäre zu erschaffen, die mich als Leser voll abgeholt hat. Auch die lebhafte Beschreibung der frei erfundenen Insel ist ihr hervorragend gelungen und hat mich voll überzeugt.

Persönliches Fazit: Ein schockierendes Familiendrama, das mich gefesselt und bestens unterhalten hat. Der Autorin ist mit „Saint X“ ein tolles Debüt gelungen, das obendrein noch eine wichtige Message vermittelt. Für mich ein sehr empfehlenswerter Roman, der noch lange nachwirkt.

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Veröffentlicht am 28.05.2021

Keine leichte Kost

Immer noch wach
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Alex ist glücklich, denkt er, mit genau dem Leben, das er lebt. Mit seinem besten Kumpel Bene hat er ein Café eröffnet und mit der Frau seiner Träume lebt er zusammen. Was soll jetzt noch passieren?

Fast ...

Alex ist glücklich, denkt er, mit genau dem Leben, das er lebt. Mit seinem besten Kumpel Bene hat er ein Café eröffnet und mit der Frau seiner Träume lebt er zusammen. Was soll jetzt noch passieren?

Fast jeder kennt ihn, diesen Moment im Leben, an dem man denkt: "Alles ist perfekt, kann jemand bitte auf „Pause“ drücken?" Man macht sich keine Gedanken um morgen, sondern genießt das Jetzt. An diesem Punkt ist auch Alex angelangt, als er die niederschmetternde Diagnose Krebs erhält. Heilung nicht möglich. Spätestens hier hatte der Autor mich. Mich hat das emotional ziemlich mitgenommen, so authentisch hat er alles geschildert. Am liebsten hätte ich Alex gedrückt und gesagt, dass alles wieder gut wird. Aber das tut es selten.

Obwohl das Augenmerk der Story auf Alex liegt, kommen Bene und Lisa ebenfalls nicht zu kurz. Zwar finde ich ihre Darstellung insgesamt etwas einseitig und blass, weil ich eher das Gefühl hatte, dass sie Alex’ Charakter unterstreichen und es in ihren Abschnitten weniger um sie geht. Doch im Gesamten passte es zur Story und fällt beim Lesen kaum auf. Alex’ Schilderungen, besonders aus seiner Zeit im Hospiz, sind sehr realistisch beschrieben und gehen ans Herz. Er ist jemand, den man so schnell nicht mehr vergisst und dessen Schicksal einen weiterhin unterbewusst begleitet. Denn das, was er durchmacht, haben andere im wirklichen Leben auch ertragen müssen. Es ist also nicht bloß reine Fiktion. Man schlägt die Buchdeckel zu und weiß, dass es viele wie Alex da draußen gab, gibt und geben wird.

Generell gefiel mir sehr gut, dass die Kapitel kurz gehalten waren. Auch der zeitliche Perspektivwechsel hat sein Übriges dazu getan. Hier könnte man bei einer Neuauflage überlegen, eine grobe Zeitangabe voranzustellen – ich musste immer einige Zeilen lesen, bevor ich sicher wusste, in welcher Zeitebene ich mich befinde.

Dieser Debütroman ist keine leichte Kost, und ich muss dem Autor ein Lob dafür aussprechen, wie er dieses sensible Thema verarbeitet hat, ohne dass es unrealistisch erscheint oder gar erzwungen.

Persönliches Fazit: Ein sehr bewegender Roman, der nachdenklich stimmt und noch lange nachhallt. Allerdings nicht für LeserInnen geeignet, die mit solchen Themen nicht gut umgehen können.

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Veröffentlicht am 25.05.2021

Spannender Shutdown

Searching Lucy
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Die 17-jährige Amber ist verzweifelt. Erst verschwindet ihr Vater und kurz darauf ihre Zwillingsschwester Lucy. Die Polizei findet keine Hinweise auf ihren Verbleib. Doch Amber kann sich damit nicht abfinden ...

Die 17-jährige Amber ist verzweifelt. Erst verschwindet ihr Vater und kurz darauf ihre Zwillingsschwester Lucy. Die Polizei findet keine Hinweise auf ihren Verbleib. Doch Amber kann sich damit nicht abfinden und macht sich selbst auf die Suche nach ihren Familienangehörigen, indem sie in alle Häuser von - aus ihrer Sicht - Verdächtigen einbricht und alles durchsucht. Irgendwo müssen die beiden ja stecken! Unentdeckt einzubrechen ist jedoch gar nicht so einfach, und so bringt sie sich in manche verzwickte Situation und letztlich auch in Gefahr.

Die Geschichte ist aus Ambers Sicht erzählt und man kann gut nachempfinden, wie verloren und überfordert sie sich fühlt.

Zitat Pos. 230:
"Als würde es nicht reichen, dass nur ein Familienmitglied von jetzt auf gleich verschwindet. Als bräuchte man diese Erfahrung in der doppelten Dosis: zweimal Verzweiflung, zweimal dieses absurd schwarze Loch, durch das man immer weiter fällt. Kein Boden in Sicht. Wurmloch aus purem Schmerz."

Aber es ist nicht nur Amber, die leidet. Da sind auch noch ihre Mutter, die sich im Alkohol ertränkt, und ihr kleiner Bruder Tom, für die Amber stark sein muss. Es ist erschütternd mitzuverfolgen, wie das ganze Familienleben auseinanderbricht.

Die Autorin hat den jugendlichen Protagonisten in der wörtlichen Rede eine altersangepasste Sprache verpasst, die zwar authentisch, aber vielleicht manchmal etwas gewöhnungsbedürftig war, was aber vielleicht auch an meinem Alter lag. Nichtsdestotrotz kann man Ambers emotionales Chaos gut verstehen und fiebert mit, ob sie auf etwas Hilfreiches stößt. Dabei durchlebt man mit ihr auch sämtliche Probleme von jungen Erwachsenen, über Liebe und Freundschaft, bis hin zu den Narben der Vergangenheit. Denn Amber bekommt unerwartete Hilfe von jemandem, der sie wirklich versteht. So richtig spannend wird es dann nochmal zum Ende, als die beiden tatsächlich auf eine Spur stoßen.

Persönliches Fazit: Ein Jugendthriller, der emotional und ruhig beginnt, aber mit einem spannenden Shutdown endet. Ich empfehle dieses Buch allen Lesern, die über die psychischen Belastungen lesen möchten und nicht auf einen blutigen Thriller aus sind.

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Veröffentlicht am 25.05.2021

Sogartige Wirkung

Die Leuchtturmwärter
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Wir schreiben das Jahr 1972. Drei Männer übernehmen die Wache auf dem sich im Meer befindenden Leuchtturm MAIDEN ROCK. Als ihre Ablösung kommt, sind sie plötzlich wie vom Erdboden verschwunden und lassen ...

Wir schreiben das Jahr 1972. Drei Männer übernehmen die Wache auf dem sich im Meer befindenden Leuchtturm MAIDEN ROCK. Als ihre Ablösung kommt, sind sie plötzlich wie vom Erdboden verschwunden und lassen insbesondere ihre Familien in Ungewissheit zurück. Niemand versteht, was vorgefallen ist.

Der Autor Dan Sharp beschließt 20 Jahre später, das Thema für seinen neuen Roman aufzugreifen, und löst damit eine Kettenreaktion an Ereignissen aus.

Emma Stonex webt gekonnt eine Geschichte, die geheimnisvoll und rätselhaft den Leser immer tiefer in die Abgründe der Wahrheit hineinzerrt. Zwischen den dramatischen Monologen und gut konstruierten Schlüsselszenen werden immer wieder Fragen aufgeworfen, die dazu animieren, weiterzulesen und mitzufiebern. Somit wird die Spannung stets hoch gehalten.

Jeder der Protagonisten kommt ausreichend zu Wort und man erfährt über ihre Ängste, ihre Beziehungen zu ihren Frauen und wie das Leben auf engsten Raum abläuft. Parallel dazu erzählen die Ehefrauen, wie sie 20 Jahre danach über die vergangenen Erlebnisse denken. Es kommt eine sehr beklemmende und unheimliche Atmosphäre auf, denn irgendwas scheint nach wie vor nicht zu stimmen. Und während der Leser mit Themen wie Einsamkeit, Schuld und Wahnsinn konfrontiert wird, leitet die Autorin ihn vorsichtig durch den verwirrenden Plot, damit er nicht den Anschluss verpasst. Dabei lässt sie genug Raum für eigene Spekulationen und ermöglicht es, dem Rätselfreund ein paar logische Spielereien durchzuführen.

Interessant an der Story ist, dass sie auf wahren Begebenheiten beruht: Im jahr 1900 verschwanden drei Wärter spurlos von einem abgelegenen Leuchtturm auf der Insel Eilean Mòr in den Äußeren Hebriden.

Persönliches Fazit: Ein ruhiger Roman mit unterschwelliger Spannung, dessen sogartige Wirkung sich erst nach und nach entfaltet, einen dann aber nicht mehr loslässt.

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