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Veröffentlicht am 15.10.2021

Spannend, geheimnisvoll, gruselig

Malvina Moorwood (Bd. 2)
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Malvina Moorwood kann es kaum fassen: In der Baugrube hinter dem Schloss ihrer Familie legt der Bagger ein Skelett frei. Ihr Großvater gerät in Verdacht, damit etwas zu tun zu haben, doch als die Polizei ...

Malvina Moorwood kann es kaum fassen: In der Baugrube hinter dem Schloss ihrer Familie legt der Bagger ein Skelett frei. Ihr Großvater gerät in Verdacht, damit etwas zu tun zu haben, doch als die Polizei ihn befragen will, verschwindet er einfach.
Christian Loeffelbein greift in dem zweiten Band der Reihe auf das bekannte Setting zurück. Ich-Erzählerin ist die spontane und mutige elfjährige Malvina, weitere Hauptpersonen sind ihre Familie und ihr verlässlicher Freund Tom Baxter, der gerne knifflige Rätsel löst. Und als halb heimeliger, halb gruseliger Ausgangspunkt des Geschehens dient auch hier das alte, ehrwürdige Moorwood Castle mitsamt seiner Umgebung, die ständig im Nebel zu liegen scheint.
Die Geschichte ist spannend und geheimnisvoll. Kleine Probleme am Wegesrand sorgen für eine gewisse Vielschichtigkeit und erleichtern vermutlich die Identifizierung der jungen Leserschaft mit der jungen Heldin. Gruselelemente und übernatürliche Ereignisse lassen Nackenhaare sich aufstellen. Einiges erklärt sich später ganz natürlich, anderes … da gibt es ja noch den alten, längst verstorbenen Lord. Ob der nicht doch noch ein wenig mitmischt?
Der Weg bis zur Aufklärung des Falles ist mühsam, Stück für Stück arbeiten sich die beiden jungen Detektive vor. Neue Gesichter tauchen auf, Zusammenhänge erweisen sich als ziemlich komplex, manchmal sogar als verwirrend, im Großen und Ganzen funktioniert das aber ganz gut. Lediglich besonders sensible Kinder der Zielgruppe 9-11 Jahre werden vielleicht mit einigen beängstigenden Begegnungen nicht ganz entspannt umgehen können. Für die anderen bleibt neben einem fesselnden Leseerlebnis vielleicht die Sehnsucht, wenigstens bei einem Teil der vielen Rätsel, die hier auftauchen, auch eine Chance zu erhalten. Denn leider sind die mit dem Wissenstand des Lesenden meistens nicht lösbar, in der Regel wird man durch den Informationsvorsprung der Protagonisten abgehängt.
Ein großer Pluspunkt geht an die Covergestaltung, die ist dank der Illustrationen von Julia Christians wieder bemerkenswert gut geraten und enthält viele Details, die im Buch wichtige Rollen spielen.

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Veröffentlicht am 20.09.2021

Eine wunderbar erzählte Familiengeschichte

Die letzten Romantiker
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Im Jahr 2079 trägt die 102-jährige Dichterin Fiona Skinner Gedichte aus ihrem Werk vor. Eine junge Zuhörerin, die sich als Luna vorstellt, erregt ihre Aufmerksamkeit und veranlasst sie, ihre Geschichte ...

Im Jahr 2079 trägt die 102-jährige Dichterin Fiona Skinner Gedichte aus ihrem Werk vor. Eine junge Zuhörerin, die sich als Luna vorstellt, erregt ihre Aufmerksamkeit und veranlasst sie, ihre Geschichte zu erzählen.
Tara Conklin ist eine großartige Erzählerin. Leichtfüßig, abseits gängiger Floskeln und unter Umgehung jeglicher Klischees ergreift ihre alte Protagonistin das Wort, kehrt zurück in die Kindheit und lässt zunächst den unbeeinträchtigten und vorurteilsfreien Blick einer Vierjährigen gleichermaßen über heitere wie bedrückende Ereignisse wandern. Das Aufwachsen der vier Geschwister, der frühe Tod des Vaters, die anschließende Herausforderung durch die depressive Erkrankung der Mutter - all das wird unbestechlich genau und mit leisem, hintergründigen Humor ausgebreitet. Sie selbst, ihre beiden Schwestern Renee und Caroline und ihr Bruder Joe sind wunderbar gezeichnet, fassbar und glaubhaft, konsequent in ihren Verhaltensweisen, in ihren Entwicklungen.
Immer wieder fließt das Wissen um ein schlimmes, unbestimmtes Ereignis ein, was Spannung erzeugt und über alles eine dünne düstere Decke legt. Zudem will man Antworten haben: Wer ist die junge Frau? Was bedeutet sie der alten Dichterin?
Da braucht es allerdings etwas Geduld, denn trotz aller Erzählkunst zieht sich die Geschichte manchmal ein wenig, während wir das Heranwachsen der Kinder begleiten, ihre Beziehungen untereinander und zu anderen erleben, uns von besonderen Ereignissen erfreuen oder erschrecken lassen, mit ihnen leiden und trauern.
Dass der aktuelle Ausgangspunkt so weit in die Zukunft gelegt wird, ist ein Kunstgriff, der eine Schilderung der Kindheit im Amerika der Siebziger erlaubt und gleichzeitig das Umfassen mehrerer Generationen. Über die Situation in der Zukunft erfährt man sehr wenig, ganz klar ist das nicht Thema des Buches.
Vielmehr ist es das Hineinsehen in eine Familie, eine spezielle, eine besondere Familie, die stellvertretend für viele in Liebe verbunden ist, ihre Probleme hat, von diesen manche lösen kann und manche nicht, die miteinander verbunden ist, machmal auch in Schuld und Hilflosigkeit, und sich nie in Gleichgültigkeit verliert.

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Veröffentlicht am 05.06.2021

Berührend und stark erzählt

So wie du mich kennst
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Die Schwestern Karla und Marie waren als Kinder unzertrennlich. Doch während Marie nach New York geht und sich dort einen Namen als Fotografin macht, bleibt Karla als Lokalreporterin dort, wo sie aufgewachsen ...

Die Schwestern Karla und Marie waren als Kinder unzertrennlich. Doch während Marie nach New York geht und sich dort einen Namen als Fotografin macht, bleibt Karla als Lokalreporterin dort, wo sie aufgewachsen ist. Dann wird Marie unvermittelt durch einen Unfall aus dem Leben gerissen.
Es ist Anika Landsteiners sensible, präzise und zeitgemäße Sprache, die auf Anhieb einfängt. Von der ersten Zeile an ist man mitten im Geschehen, begleitet Karla mit der Urne im Arm auf dem Weg zum Elternhaus. Begleitet sie in ihrem unfassbaren Schmerz, ihrer verzweifelten Trauer. Teilt all die Fragen, die sich auftun.

Karla erzählt im Wechsel mit Marie, beide aus Ichperspektive, die eine aus der Zeit nach dem Unglück heraus, wobei es häufige Rückblenden gibt, die andere zwangsweise aus der Zeit zuvor. Rasch gewinnen die Frauen an Konturen, ihre Unterschiedlichkeit wird ebenso verdeutlicht wie ihre tiefe Verbundenheit. Das gelingt äußerst authentisch und überzeugend, weckt Wehmut und Betroffenheit.
Die Aufgabe, Maries Wohnung in New York aufzulösen, wächst zu einem schier unüberwindbaren Hindernis heran. Dort angekommen, muss Karla überrascht erkennen, dass es zwischen ihr und ihrer Schwester Geheimnisse gab. Sie begibt sich auf Spurensuche, begegnet Menschen, die in dem Leben der Schwester eine Rolle spielten.
Bemerkenswert ist auch, wie die Stadt New York aus ihrem Kulissendasein heraustritt und beinahe eine eigene Rolle spielt. Symbiosen bildet, zum Beispiel mit der ichbezogenen Lynn, die man sich anders und an einem anderen Ort gar nicht vorstellen kann.
Dieses Buch handelt von Freundschaft, Liebe und Trauer. Gleichzeitig offenbart sich ein weiteres äußerst bedrückendes Thema, das zunehmend an Bedeutung gewinnt und schließlich in verschiedenen Varianten zum Ausdruck kommt.
Vielleicht verwirren die Zusammenhänge ein wenig, vielleicht gibt es ein Quäntchen zu viel Problematik in dieser Geschichte. Doch das mag jeder für sich entscheiden.


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Veröffentlicht am 16.11.2020

Kurzweilige und unterhaltsame Gedanken zum Thema Mode

Männer in Kamelhaarmänteln
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In diesem kleinen Band, den Elke Heidenreich vorlegt, geht es um Kleidung. Textile Stücke aller Art liefern das Stichwort oder die Grundlage zu den Gedanken oder Erinnerungen, die hier versammelt sind. ...

In diesem kleinen Band, den Elke Heidenreich vorlegt, geht es um Kleidung. Textile Stücke aller Art liefern das Stichwort oder die Grundlage zu den Gedanken oder Erinnerungen, die hier versammelt sind.
Unter den Kapitelüberschriften Rot, Gold, Grün, Schwarz, Weiß gibt es kurze Geschichten zu lesen, die mit viel Witz, ein wenig Nostalgie, Augenzwinkern, Selbstironie und ja, machmal auch mit etwas Sentimentalität weit über das Thema Mode hinausweisen. Nicht immer erschließen sich die Zuweisungen, aber das schmälert den Lesegenuss in keiner Weise.
Die Autorin gibt eine Menge Privates preis. Nichts scheint ihr heilig, nichts scheint ihr peinlich zu sein. Das Ergebnis sind erfrischend offene Texte, die neben der scheinbaren Leichtigkeit immer auch nachdenklich, aber nie moralisierend sind.
Da geht es beispielsweise um ein Papierkleid, wie es sie in den Sechzigern gab, und die unangenehme Situation, in welche ihre Trägerin gerät. Oder um die Bestattung des Lieblingstieres in angemessener Hülle. Um den Kamelhaarmantel, den kein Mann richtig zu tragen versteht, abgesehen vom Vater. Oder um eine kleine Überraschung bei dem Blick auf Karl Lagerfelds Socken.
Neben ihr treten also auch andere Personen auf, viele Prominente, deren Namen vor allem der älteren Generation, die an diesem Buch sicher viel Freude hat, geläufig sein dürften. Verschont werden wenige von ihnen, mal mehr mal weniger wohlwollend wird mit den übrigen verfahren.
Ab und an ist ein Foto eingefügt, meistens zeigt es die Autorin in zeittypischen Outfits, und unterstreicht den Eindruck des Persönlichen.
Besonders erwähnenswert, weil keineswegs mehr selbstverständlich, ist das Inhaltsverzeichnis, das auf den letzten Seiten einen Überblick gewährt und rasches Wiederfinden einzelner Episoden ermöglicht.
Im Großen und Ganzen eine vergnügliche und sehr kurzweilige Unterhaltung für Menschen, die gerne Lachen und Nachdenken verknüpfen.

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Veröffentlicht am 11.11.2020

Von einem Versuch, traurig und verletzt das Leben fortzusetzen

Der Moment zwischen den Zeiten
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Paula Cids Leben ist aus den Fugen geraten. Ihr Lebenspartner wird durch einen Unfall aus dem Leben gerissen, unmittelbar nachdem er ihr eröffnet hat, sie wegen einer anderen verlassen zu wollen.
Die katalanische ...

Paula Cids Leben ist aus den Fugen geraten. Ihr Lebenspartner wird durch einen Unfall aus dem Leben gerissen, unmittelbar nachdem er ihr eröffnet hat, sie wegen einer anderen verlassen zu wollen.
Die katalanische Autorin Marta Orriols macht es sich nicht leicht mit dieser Geschichte. Dem Gefühl der Trauer wird das der Verletzung zur Seite gestellt. Immer wieder gewinnt eines der beiden die Oberhand, schwierig für die 42-jährige Neonatologin, hier Frieden zu schließen. Den findet sie eigentlich nur bei ihrer Arbeit im Krankenhaus, wo sie verbissen und bis zur Verausgabung um das Leben der Frühgeborenen kämpft.
Innerhalb dieser besonderen Konstellation entsteht das Spannungsfeld, in welchem die Ärztin um Orientierung ringt. Derart plötzlich gleich mit einem doppelten Schock konfrontiert, versucht sie, das Geschehene einzuordnen, den Geliebten loszulassen, der ohnehin für sie schon verloren war, und begibt sich gleichzeitig auf seine Spuren. Will verstehen, findet Hilfe bei Freunden, Trost bei ihrem Vater und versucht sich in erotischer Begegnung. Was immer sie tut, es steht unter dem Stern der beendeten Liebe. Wut, Resignation, Schuldgefühle, innere Dialoge mit einem Karussell von Fragen, die nach Antworten lechzen, verzehren sie. Konfrontationen mit Belanglosigkeiten strengen sie ebenso an wie die Begegnung mit der jungen und schönen Carla, für die sich Mauro entschieden hatte.
Wie unausweichlich gefangen sie ist, zeigt sich auch daran, dass die Ich-Erzählerin sich immer wieder an das Du, an Mauro wendet.
Teilweise gelingt die Darstellung Paulas innerer Welt authentisch, poetisch und mit philosophischer Tiefe, um an anderen Stellen beinahe ins Triviale abzurutschen. Sensibel und eigenwillig geht sie ihren schweren Weg und beweist, was der Abschied von einem nahen Menschen ist: ein individueller Prozess, der sich immer unterscheidet von denen anderer Betroffener.

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