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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.11.2021

Sehr bewegende Geschichte!

Bis wir uns wiedersehen
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Wie kann man solches Leid ertragen?

Dieser Roman hat mich zutiefst berührt. Aber worum geht es hier? Es ist vor allem die persönliche Leidensgeschichte der Fey von Hassel, der Tochter des Botschafters ...

Wie kann man solches Leid ertragen?

Dieser Roman hat mich zutiefst berührt. Aber worum geht es hier? Es ist vor allem die persönliche Leidensgeschichte der Fey von Hassel, der Tochter des Botschafters Ulrich von Hassel, der in Rom stationiert war und der im Herbst 1944 von den Nazis wegen des Attentatsversuchs auf Hitler hingerichtet worden war. Im Weiteren werden die Angehörigen der Attentäter verhaftet. Sie wird von der Gestapo zunächst zu Befragungen aus ihrem Haus abgeholt. Dabei werden ihr die beiden kleinen Söhne Corrado und Roberto weggenommen und in ein ihr unbekanntes Kinderheim gebracht.
Sehr akribisch und detailreich wird hier beschrieben, was sich in den nächsten Wochen und Monaten zugetragen hat. Von einem Gefängnis zum anderen wird sie mit weiteren sog. prominenten Häftlingen gebracht. Sie wird von Norditalien nach Österreich verbracht, von dort nach Norddeutschland ins KZ Stutthoff, dann zurück ins KZ Buchenwald und KZ Dachau. Schließlich werden sie und andere Gefangene in ein Berghotel gebracht.

Es handelt sich vorliegend nicht um einen Roman. Vielmehr wird diese Geschichte durch zahlreiche Zitate und persönliche Anmerkungen der vielen Beteiligten unterstützt. Dadurch erhält dieses Buch einen dokumentarischen Touch. Aber das ist so gut eingewebt, dass das einem beim Lesen gar nicht groß auffällt. Atemlos und mit größtem Erstaunen habe ich verfolgt, welche Torturen Fey von Hassel sowie ihre Mitgefangenen zu erleiden hatten. Man kann das hier gar nicht beschreiben. Die Gräueltaten der Nazis sind unbeschreibbar. Der Alltag in einem KZ wird geschildert, die Flucht aus den KZs vor den herannahenden russischen Truppen, die Pläne Heinrich Himmlers, sich selbst zu retten und die Gefangenen als Geisel in der Hinterhand zu halten, die unmenschlichen Verhörmethoden der Gestapo uvm.. Im KZ Stutthoff waren 1944 ca. 60.000 Menschen inhaftiert, 12 Mio russische Bürger wurden durch Deutsche im zweiten Weltkrieg ermordet, mehr als 2 Millionen Flüchtlinge aus Ostpreußen auf der Flucht vor den Russen, 13 Mio Kinder ohne Eltern in Europa, mehr als 1,5 Mio ermordete Kinder durch die Nazis, darunter 1 Mio jüdische Kinder.

Dieser Roman ist sehr bewegend. Für alle Leser, die sich für das Thema interessieren, ein absolutes Muss.

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Veröffentlicht am 31.08.2021

Spannender Fall im Nachkriegsdeutschland

Zwischen Schutt und Asche
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Mit 𝙕𝙬𝙞𝙨𝙘𝙝𝙚𝙣 𝙎𝙘𝙝𝙪𝙩𝙩 𝙪𝙣𝙙 𝘼𝙨𝙘𝙝𝙚 aus dem 𝙕𝙚𝙞𝙡𝙚𝙣𝙛𝙡𝙪𝙨𝙨 𝙑𝙚𝙧𝙡𝙖𝙜 hat 𝙏𝙝𝙤𝙢𝙖𝙨 𝙃𝙚𝙧𝙯𝙗𝙚𝙧𝙜 einen klasse Krimi geschrieben.

Es ist Mai 1946, die Alliierten haben Westdeutschland besetzt. In Hamburg sind die Engländer. ...

Mit 𝙕𝙬𝙞𝙨𝙘𝙝𝙚𝙣 𝙎𝙘𝙝𝙪𝙩𝙩 𝙪𝙣𝙙 𝘼𝙨𝙘𝙝𝙚 aus dem 𝙕𝙚𝙞𝙡𝙚𝙣𝙛𝙡𝙪𝙨𝙨 𝙑𝙚𝙧𝙡𝙖𝙜 hat 𝙏𝙝𝙤𝙢𝙖𝙨 𝙃𝙚𝙧𝙯𝙗𝙚𝙧𝙜 einen klasse Krimi geschrieben.

Es ist Mai 1946, die Alliierten haben Westdeutschland besetzt. In Hamburg sind die Engländer. Sie bauen eine neue Polizeistation auf mit dem neuen, etwas undurchsichtigen Leiter der Hamburger Kriminalpolizei Hans Maler sowie dem Leiter der Mordkommission Kommissar Thiesen. Ihm zur Seite gestellt wird der junge Kommissar Pfeifer. Drei junge Frauen wurden brutal ermordet. In diesen Zeiten, in denen es im zerbombten Hamburg in erster Linie um das eigene Überleben geht, geraten diese Ereignisse schnell in den Hintergrund. Thiesen und Pfeifer versuchen die Mörder zu finden. Doch das ist nicht so einfach. Denn immer noch haben die beiden gegensätzlichen Kommissare mit alten Nazi-Seilschaften zu kämpfen. Und zudem kann nicht alles ohne die britische Besatzung geregelt werden.

Mir hat zum einen die Story sehr gut gefallen. Eine Mordermittlung kurz nach Kriegsende. Ich selbst kenne solche Zeiten natürlich nur aus den Medien. Aber dennoch konnte ich mir anhand der sehr bildhaften und guten Schreibweise des Autors all die Trümmer und zerbombten Häuser sehr gut vorstellen. Die Infrastruktur war zerstört. Die Kommissare müssen entweder zu Fuß unterwegs sein oder dürfen in Jeeps der Tommies mitfahren. Zigaretten werden von englischen Soldaten mit ihrem Gewehren verschenkt, eine wahrlich fast unbezahlbare Ware in diesen Zeiten. Kann man doch damit Essen und notwendige Kleidung eintauschen.
Die beiden Kommissare sind trotz ihrer unterschiedlichen Charaktere sehr sympathisch und authentisch gezeichnet. Thiesen ist eher der konservative, raubeinige Typ, Pfeifer hingegen gewieft, schlitzohrig und positiv denkend. Die geschilderten Ereignisse stimmen einen traurig und nachdenklich. Was mussten die Frauen nicht alles tun, um für sich und die Familie zu überleben (Stichwort Hungerprostitution). Auch Pfeifer und seine Familie haben es nicht leicht und haben den Krieg nicht ungeschoren überstanden. Die beiden ermitteln gegen alle Widerstände zwischen Schutt und Asche, um die Mörder zu finden. Alles nicht so leicht, wenn auch noch Banden ihre Territorien abstecken.
Mir hat dieser Krimi wirklich gut gefallen. Ich freue mich bereits auf Band 2 Zwischen Leben und Tod.


Ich geb vier von fünf Sternen.

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Veröffentlicht am 05.06.2021

Brunetti und die Jagd auf Umweltsünder!

Geheime Quellen
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Commissario Brunetti wird in ein Hospiz gerufen, in der die im Sterben liegende Benedetta Doso ihm ein Versprechen abringt. Er solle den Tod ihres Mannes untersuchen, der vor kurzem einen tödlichen Unfall ...

Commissario Brunetti wird in ein Hospiz gerufen, in der die im Sterben liegende Benedetta Doso ihm ein Versprechen abringt. Er solle den Tod ihres Mannes untersuchen, der vor kurzem einen tödlichen Unfall hatte. Er sei ermordet worden und habe „schlechtes“ Geld gehabt, Geld für ihre Erkrankung. Und so ermittelt Brunetti zusammen mit seiner Kollegin Claudia Griffoni in diesen scheinbaren harmlosen Verkehrsunfall und stößt bald auf Ungereimtheiten im beruflichen Umfeld von Vittorio Fadalto. Er arbeitete für ein Trinkwasser-Unternehmen im Veneto, war sehr akribisch und unbeliebt.

Brunetti ermittelt mit Griffoni und Ispettore Vianello in der Firma des Toten, führt Gespräche mit Kollegen und Kolleginnen und auch mit der Familie des Toten. Nach und nach wird klar, dass es um gravierende Wasserverschmutzungen und Schadstoffbelastungen geht, die vertuscht werden, aber auch um die Frage, ob Wasser privatisiert werden sollte. Wasser ist ein lebenswichtiges Elixier und sollte nicht unnötig verschwendet werden. Etwas, das man sich immer wieder vergegenwärtigen muss bei all den aktuellen Problemen in der Welt. Denn nicht nur in Venedig, das selbst von viel verschmutztem Wasser umgeben ist, ist das ein Thema, es geht uns alle an.

Venedig selbst scheint immer mehr dem Massentourismus zu unterliegen. Seit Jahren schon schreibt Donna Leon über die Belastung dieser eigentlich schönen Stadt. Aber überall nur Touristen, große Ozeandampfer direkt vor Ort und natürlich auch viele Verbrechen in der Stadt. Diebstähle sind an der Tagesordnung. Zwei Romamädchen betreiben zudem ihr Unwesen und der Vice-Questore Patta, der in keinen Brunetti-Roman fehlen darf, sorgt sich scheinbar um das Wohl und Wehe der Bürger der Stadt, doch wie immer geh es ihm hauptsächlich darum, gut in der Öffentlichkeit dazustehen.

Brunetti ist ein äußerst sympathischer und charismatischer Charakter, der immer wieder Rat in seinen klassischen römischen und griechischen Dichtern sucht und nur ein Ziel hat, die Wahrheit zu finden und für Gerechtigkeit zu sorgen.

Doch was Gerechtigkeit im Einzelfall ist, ist nie so leicht festzustellen. Rat und Erholung findet Brunetti dann immer wieder bei seiner Frau Paola und seinen Kindern sowie bei einem Gläschen Wein.

Ein ruhiger Krimi mit viel venezianischem Flair, dem ich 4 von 5 Sternen gebe.

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Veröffentlicht am 17.05.2021

Toller Auftakt um Münchens Hauptkommissar Tom Perlinger!

Die Montez-Juwelen
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Wer von Euch kennt München oder wäre gerne mal in der bayrischen Hauptstadt? Wer diesen Krimi gelesen hat, kennt sich gut in Münchens Innenstadt aus. Denn dort ist der Schauplatz dieses ersten Krimis der ...

Wer von Euch kennt München oder wäre gerne mal in der bayrischen Hauptstadt? Wer diesen Krimi gelesen hat, kennt sich gut in Münchens Innenstadt aus. Denn dort ist der Schauplatz dieses ersten Krimis der Autorin Sabine Vöhringer. Mit Tom Perlinger, dem Hauptkommissar mit amerikanischen Wurzeln, hat sie eine sehr interessante und sympathische Ermittlerfigur geschaffen. Er kommt gerade aus Amerika zurück, wo er sich von einem Anschlag auf ihn in Düsseldorf vor einem Jahr erholt hat. Und noch bevor er seinen Dienst antritt, ist er mitten in einem Mordfall, in dem sein Halbbruder Max, der Wirt des Hackerhauses, involviert ist. Er hat alle Hände voll zu tun, um den Mordfall aufzuklären. Das wird ihm nicht nur durch seinen unsympathischen und neidischen Kollegen Mayrhofer erschwert, sondern auch vergessen geglaubte Gefühle zur Restaurantleiterin Christl erschweren die Ermittlungen. In diesem Krimi kommen sehr viele unterschiedliche, aber sehr ausgeprägte Personen vor, dass man schon mal leicht den Überblick verlieren kann. Doch ein Personenregister gleich am Anfang hilft ungemein, die Personen und die damit verbundenen Handlungsstränge auseinander halten zu können. Sabine Vöhringer hat hier mit Leichtigkeit in den Plot die bayrische Sprache, Gebräuche und Sehenswürdigkeiten eingebaut. Die Spannung in diesem verzwickten Krimi ist gleichbleibend hoch. Die historischen Bezüge zu Ludwig I und zu Lola Montez kommen auch nicht zu kurz und werden angenehm und kurzweilig durch den weiteren sehr interessanten Charakter Hubertus Lindner spielerisch vermittelt.

Alles in allem ein gelungener Auftakt um Hauptkommissar Perlinger. Mit verdienten vier Sternen kann ich dieses Buch jedem Krimiliebhaber empfehlen.

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Veröffentlicht am 08.03.2021

Sünden werden gerächt!

Französische Sünden
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Nicole de Vert hat es wieder einmal geschafft – ich bin sehr begeistert von Französische Sünden, dem dritten Band um die deutsch-französische Privatermittlerin Margeaux Surfin, die in der Provence lebt, ...

Nicole de Vert hat es wieder einmal geschafft – ich bin sehr begeistert von Französische Sünden, dem dritten Band um die deutsch-französische Privatermittlerin Margeaux Surfin, die in der Provence lebt, nachdem sie vor Jahren als Kommissarin in Stuttgart einen Serienmörder gefasst hatte und sie wegen des Todes ihrer Mutter ihren Polizeidienst in Stuttgart quittiert hatte.

Die bisher von mir gelesenen Krimis Provenzalisches Blut und Provenzalische Rache sowie diesen Band kann ich wirklich sehr empfehlen. Sie schreibt so gut, man kann die Landschaften, in denen sich die Geschichten abspielen, vor Augen sehen, die Wärme und Hitze der Sonne sowie die Meeresbrisen spüren und die Lavendelfelder geradezu riechen. Es kommt trotz Mord und Totschlag immer wieder Urlaubsfeeling auf. Ich werde irgendwann einmal in die Provence fahren.
Durch die vielen kurzen Kapitel mit kleinen Cliffhangern kommt man relativ rasch durch das Buch. Immer wieder springt die Autorin gekonnt zwischen den Ermittlungsorten in Stuttgart und in Frankreich hin und her, man ist bei den Ermittlungen immer hautnah dabei. Und immer wieder gibt es Abschnitte, in der – der Täter / die Täterin (kein Spoiler produzieren) – etwas über sich, ihre Gedankenwelt und Motivlagen preisgibt wie das nachfolgende Buchzitat:

„Hat jeder Mensch eine so böse Seite, die hervorkommt, wenn man ihn nur genügend quält? Oder bist du bereits böse geboren und hast immer eine Maske getragen, die jetzt zerrissen ist und dein wahres Ich offenbart“ (Seite 300 der Buchausgabe).

Besonders gut gefallen mir immer mehr die Protagonisten. Alle sind mir mittlerweile sehr ans Herz gewachsen. Ich würde mir eine Serienverfilmung wünschen. Die Charaktere sind wirklich sehr gut ausgearbeitet, sie wirken dadurch sehr real und realistisch. Allen voran Margeaux Surfin, die dank ihrer Fähigkeit, die Mimik der Personen zu lesen und zu entschlüsseln und so ihre Gedankengänge erkennt, gefällt mir sehr gut. Frank Kaiser, der Kommissar aus Stuttgart unterstützt sie erneut bei ihren Ermittlungen genauso wie Matze König, der Computernerd.

Schließlich werden die Handlungsstränge aus Band 1 und 2 fortgesetzt, was keineswegs langweilig, sondern gerade sehr gelungen ist. Dabei nimmt sie zu Beginn sehr gekonnt Bezug auf die Geschehnisse aus den vorherigen Büchern, ohne allzu viel zu verraten oder etwas im Dunkeln zu lassen. Man muss daher die ersten beiden Bücher nicht gelesen haben, das ist hier aber doch empfehlenswert. Die Story ist sehr ausgefeilt und erst zum Schluss klären sich die verschiedenen Handlungsstränge auf.

Lediglich die Spannung hat mir ein wenig gefehlt. Das ist aber überhaupt nicht negativ. Das Buch hat mich von Anfang bis Ende gefesselt und ich freue mich auf weitere Ermittlungen mit Margeaux Surfin. Der aktuelle Band Französische Verstrickungen ist am 01.03.2021 erschienen.

Zum Schluss gibt es wieder einige Rezepte zum Nachkochen und Nachbacken.

Alles in allem gebe ich 4 von 5 Sternen.

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