Ein hervorragend recherchierter, erschreckend lebensnaher Roman
Ohne Strom / Ohne Strom - Wo sind deine Grenzen? - Band 1Mit seinem Debütroman „Ohne Strom 1“ wagt sich Markus Mattzick gleich an eine ganz große Vision – mit Erfolg! Der erste von zwei zusammengehörigen Teilen schildert detailliert den rapiden Niedergang einer ...
Mit seinem Debütroman „Ohne Strom 1“ wagt sich Markus Mattzick gleich an eine ganz große Vision – mit Erfolg! Der erste von zwei zusammengehörigen Teilen schildert detailliert den rapiden Niedergang einer Gesellschaft, die ohne Strom nicht funktionieren kann.
Als plötzlich in ganz Deutschland ohne Vorwarnung sämtliche elektrischen Geräte zu funktionieren aufhören, bricht das Leben, wie wir es kennen, in sich zusammen. Keine Kommunikation, keine Produktion, keine Lieferketten, kein Transport … die rund 2000 Bewohnerinnen des kleinen Örtchens Umbach beginnen schnell damit, sich zu organisieren, aber wer sich zum Zeitpunkt der Katastrophe anderswo aufhielt, muss einen gefährlichen, langen Weg auf sich nehmen. Während bei ihrer Familie in Umbach alles Mögliche von Nahrungsbeschaffung über medizinische Versorgung bis zu Kommunikationswegen neu erschaffen werden muss, befindet sich Simone auf der gefährlichen Wanderung in ihr Heimatdorf und muss dabei feststellen, wie unterschiedlich die Menschen auf die Katastrophe reagieren – und welch schreckliche Blüten diese Reaktionen treiben können.
Auf jeder Seite des Romans wird deutlich, wie gut Hintergründe, mögliche Schwierigkeiten und Potenziale einer solchen Krise recherchiert wurden. Es ist erstaunlich, an was alles gedacht werden muss, wenn der schlimmste Fall eintritt, und entsprechend ist die Vielfalt der im Roman geschilderten Aspekte unglaublich spannend. Fast dokumentarisch wird erzählt, wie sich ein Dorf völlig neu organisiert und wie ein Land ins Chaos driftet. Dabei kommen unterschiedliche Stimmen zu Wort, die ganz unterschiedliche Ansätze verfolgen – manche bewahren ihre Integrität länger als andere, bei manchen ist die Zivilisationsdecke so dünn, dass es nur einen kleinen Kratzer braucht, um alle Hemmungen abzuwerfen.
Leichten Punktabzug gibt es für die oft etwas hölzernen Dialoge, die eine Distanz zwischen den Protagonistinnen und mir als Leserin herstellen. Der dokumentarische Stil passt hervorragend zur Beschreibung der Katastrophe und ihrer Auswirkungen, Emotionales bleibt dahinter allerdings oft zurück. Immer wieder sind Reaktionen einzelner Charaktere und Unterhaltungen eher unnatürlich, sodass die Identifikation schwerfällt.
Trotz dieser leichten Abstriche ist „Ohne Strom 1“ eine absolut bahnbrechende dystopische Fiktion mit vielen aktuellen Bezügen und Diskurspotenzial – die Lust auf den zweiten Band ist auch nach 500 Seiten ungetrübt. Wer sich auf ein intensives, detailliertes und spannendes Szenario einlassen möchte, wird sicher Freude an diesem Buch haben.